VwGH 2007/08/0244

VwGH2007/08/024421.11.2007

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer. Dr. Köller, Dr. Lehofer und Mag. Nedwed als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Marzi, über die Beschwerde des E J in Wien, vertreten durch Dr. Zoe van der Let-Vangelatou, Rechtsanwalt in 1040 Wien, Schleifmühlgasse 5, gegen den auf Grund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom 3. August 2007, Zl. LGSW/Abt. 3- AlV/05661/2007-11404, betreffend Einstellung des Bezugs von Arbeitslosengeld, zu Recht erkannt:

Normen

AlVG 1977 §24 Abs1;
AlVG 1977 §24 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde und dem ihr angeschlossenen angefochtenen Bescheid ergibt sich folgender Sachverhalt:

Mit Bescheid des Arbeitsmarktservice Wien Jugendliche vom 5. Juni 2007 wurde der Bezug von Arbeitslosengeld des Beschwerdeführers ab 1. Mai 2007 eingestellt.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung des Beschwerdeführers keine Folge gegeben und der erstinstanzliche Bescheid bestätigt. Begründend führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer habe in seiner Berufung im Wesentlichen eingewendet, er sei Asylwerber und sein Asylverfahren befinde sich im Stand der Berufung; er verfüge daher noch immer über die vorläufige Aufenthaltsberechtigung gemäß Asylgesetz und sei zum Aufenthalt in Österreich berechtigt. § 7 Abs. 3 Z. 2 AlVG sei damit erfüllt.

Die belangte Behörde stellte fest, dass der Beschwerdeführer im Wesentlichen ab 14. September 2006 Arbeitslosengeld bezogen habe. Nach Mitteilung der Bundespolizeidirektion, fremdenpolizeiliches Büro, vom 16. Mai 2007 sei gegen ihn auf Grund einer rechtskräftigen Verurteilung am 2. Mai 2005 ein auf 10 Jahre befristetes Aufenthaltsverbot erlassen worden; dieses Aufenthaltsverbot sei rechtskräftig. Das Aufenthaltsverbot sei auf Grund der Übergangsbestimmung nach § 125 Abs. 3 Fremdenpolizeigesetz (FPG) als Rückkehrverbot nach § 62 FPG zu bewerten.

Nach Auskunft des Bundesasylamtes habe der Beschwerdeführer einen Asylantrag gestellt, das Verfahren sei zunächst in zweiter Instanz mit 28. November 2006 eingestellt worden. Nach Auskunft des Bundesasylamtes vom 1. August 2007 werde das Berufungsverfahren seit 18. Juni 2007 wieder fortgeführt.

Ein Rückkehrverbot gemäß § 62 FPG habe zur Folge, dass dem Beschwerdeführer das vorläufige Aufenthaltsrecht als Asylwerber entzogen werde, ihm aber bis zur Beendigung des Asylverfahrens faktischer Abschiebeschutz zukomme. Dies bedeute, dass er den Ausgang des Asylverfahrens in Österreich abwarten dürfe. Das entzogene Aufenthaltsrecht an sich werde auch durch eine aufschiebende Wirkung seiner an den Unabhängigen Bundesasylsenat erhobenen Berufung nicht wieder hergestellt. Der Beschwerdeführer verfüge dadurch über keine ausreichende aufenthaltsrechtliche Position zur Aufnahme einer unselbständigen Beschäftigung. In der Zeit vom 28. November 2006 bis zum 17. Juni 2007 habe der Beschwerdeführer auf Grund der Einstellung des Asylverfahrens jedenfalls kein vorläufiges Aufenthaltsrecht als Asylwerber gehabt. Er besitze auch keinen Aufenthaltstitel auf Grund anderer Bundesgesetze. Der Beschwerdeführer stehe damit der Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung, weil ihm in Ermangelung eines Aufenthaltstitels keine Beschäftigungsbewilligung erteilt werden könne und ein Leistungsbezug somit nicht beendet werden könnte. Die gesetzlichen Bestimmungen des Arbeitslosenversicherungsgesetzes würden jedoch eine eindeutige Verknüpfung der Berechtigung zum Aufenthalt mit dem Zweck der Aufnahme und Ausübung einer unselbständigen Beschäftigung in der Leistungsverpflichtung nach dem AlVG vorsehen. Eine Leistung sei nur dann zu gewähren, wenn auch eine unselbständige Beschäftigung aufgenommen werden könne und dürfe. Mangels Vorliegens eines geeigneten Aufenthaltstitels erfülle der Beschwerdeführer somit nicht die Voraussetzungen für die Verfügbarkeit gemäß § 7 Abs. 3 Z. 2 AlVG.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde macht der Beschwerdeführer der Sache nach Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend und beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des Bescheides.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Gemäß § 7 Abs. 1 Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 (AlVG) hat Anspruch auf Arbeitslosengeld, wer - neben der Erfüllung weiterer, hier nicht strittiger Voraussetzungen - der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht. Der Arbeitsvermittlung steht gemäß § 7 Abs. 2 AlVG zur Verfügung, wer eine Beschäftigung aufnehmen kann und darf (§ 7 Abs. 3) und arbeitsfähig, arbeitswillig und arbeitslos ist. Eine Beschäftigung aufnehmen kann und darf gemäß § 7 Abs. 3 Z. 2 AlVG in der Fassung BGBl. I Nr. 102/2005, eine Person, die sich berechtigt im Bundesgebiet aufhält, um eine unselbständige Beschäftigung aufzunehmen und auszuüben.

Gemäß § 24 Abs. 1 erster Satz AlVG ist das Arbeitslosengeld einzustellen, wenn eine der Voraussetzungen für den Anspruch wegfällt.

2. Der Beschwerdeführer tritt den Feststellungen im angefochtenen Bescheid, wonach über ihn auf Grund einer rechtskräftigen Verurteilung am 2. Mai 2005 ein auf zehn Jahre befristetes rechtskräftiges Aufenthaltsverbot erlassen wurde, ebensowenig entgegen, wie den Feststellungen, dass das Asylverfahren mit 28. November 2006 eingestellt und seit 18. Juni 2007 wieder fortgeführt wurde. Er macht jedoch geltend, die belangte Behörde habe sich mit seiner (in der Berufung erhobenen) Behauptung, die Auskunft der Bundespolizeidirektion "stimme nicht" und er wäre zum Aufenthalt berechtigt, nicht auseinander gesetzt und ihm dazu auch kein Parteiengehör gewährt.

Der Beschwerdeführer behauptet damit nicht, dass über ihn kein Aufenthaltsverbot verhängt worden sei, sondern wendet sich gegen die von der belangten Behörde vorgenommene Beurteilung, er habe zum hier maßgeblichen Zeitpunkt über keine Berechtigung zum Aufenthalt in Österreich verfügt. Dabei handelt es sich jedoch um eine - von der belangten Behörde als Tatbestandsmerkmal zu beurteilende - Rechtsfrage, zu der Parteiengehör nicht gewährt werden muss (vgl z.B. das hg. Erkenntnis vom 27. Jänner 1997, Zl. 93/10/0190).

3. Soweit der Beschwerdeführer geltend macht, er sei als Asylwerber zum Aufenthalt berechtigt und die belangte Behörde habe nicht ermittelt, "ob z.B. die Berufung im Asylverfahren nicht aufschiebende Wirkung entfaltet", ist ihm entgegenzuhalten, dass nach den nicht bekämpften Feststellungen im angefochtenen Bescheid das Asylverfahren im Zeitraum vom 28. November 2006 bis 17. Juni 2007 eingestellt war. Die belangte Behörde hat nicht festgestellt, wann der Beschwerdeführer seinen Asylantrag gestellt hat, wovon abhängig ist, ob auf das Asylverfahren das AsylG 2005 oder die frühere Rechtslage anzuwenden ist. Dies kann im konkreten Fall aber dahingestellt bleiben, da dem Beschwerdeführer während des Zeitraums der Einstellung des Asylverfahrens jedenfalls kein Aufenthaltsrecht zukam (§ 19 AsylG bzw. § 13 AsylG 2005).

4. Der Beschwerdeführer rügt in diesem Zusammenhang auch, dass der Zeitraum vom 28. November 2006 bis zum 17. Juni 2007 (also jener Zeitraum, in dem sein Asylverfahren eingestellt war) wiederholt angeführt werde, ohne dass erkennbar und nachvollziehbar sei, wieso der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Erlassung der Entscheidung in zweiter Instanz keinen Anspruch auf Bezug von Arbeitslosengeld gehabt habe.

Dazu ist festzuhalten, dass mit dem erstinstanzlichen Bescheid über die Einstellung des Bezugs von Arbeitslosengeld ab dem 1. Mai 2007 abgesprochen wurde. Durch die bescheidmäßig verfügte Einstellung des Arbeitslosengeldes ist eine Unterbrechung des Leistungsbezugs eingetreten (vgl. das hg. Erkenntnis vom 8. September 1998, Zl. 98/08/0151). Die regionale Geschäftsstelle hätte gemäß § 46 Abs. 7 AlVG daher dann ohne gesonderte Geltendmachung und ohne Wiedermeldung über den Anspruch (auf weiteren Bezug des Arbeitslosengeldes nach dem Unterbrechungszeitraum) zu entscheiden gehabt, wenn ihr das Ende des Unterbrechungszeitraumes "im Vorhinein bekannt" war und die Unterbrechung den Zeitraum von 62 Tagen nicht überschritten hat.

Da der Beschwerdeführer im vorliegenden Fall Berufung gegen den Bescheid über die Einstellung des Arbeitslosengeldbezuges erhoben hat, wäre die belangte Behörde berufen gewesen, bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 46 Abs. 7 AlVG nicht nur über die Einstellung, sondern zugleich auch über den Weiterbezug nach dem Unterbrechungszeitraum zu entscheiden.

5. Dem Vorbringen des Beschwerdeführers könnte daher dann (und insoweit) Berechtigung zukommen, wenn (bzw. als) sich der Beschwerdeführer nach der - binnen weniger als 62 Tagen ab Einstellung des Arbeitslosengeldbezugs erfolgten und zum Entscheidungszeitpunkt der belangten Behörde bereits bekannten - Fortsetzung seines Asylverfahrens am 18. Juni 2007 im Sinne des § 7 Abs. 3 Z. 2 AlVG berechtigt im Bundesgebiet aufgehalten hätte, um eine unselbständige Beschäftigung aufzunehmen und auszuüben.

§ 4 Abs. 3 Z. 7 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG), BGBl. Nr. 218/1975 idF BGBl. I Nr. 101/2005, sieht vor, dass eine Beschäftigungsbewilligung nur erteilt werden darf, wenn - neben anderen hier nicht zu prüfenden Voraussetzungen - der Ausländer über den Status eines subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 AsylG 2005 verfügt oder einen Asylantrag eingebracht hat, über den seit drei Monaten nicht rechtskräftig abgesprochen wurde, und das Verfahren nicht eingestellt wurde (§ 24 AsylG 2005, allenfalls in Verbindung mit § 75 Abs. 1 AsylG 2005). Auch wenn aber im vorliegenden Fall - nach der Fortsetzung des Asylverfahrens am 18. Juni 2007 - im Entscheidungszeitpunkt der belangten Behörde ein seit mehr als drei Monaten nicht rechtskräftig erledigter Asylantrag vorlag, so ist hier zusätzlich zu berücksichtigen, dass der Beschwerdeführer auf Grund des über ihn verhängten Aufenthaltsverbots, welches gemäß § 125 Abs. 3 FPG iVm § 62 FPG als Entzug des Aufenthaltsrechts des Asylwerbers gilt, keine Aufenthaltsberechtigung geltend machen kann.

Es kann daher dahingestellt bleiben, ob angesichts der eingeschränkten Möglichkeit zur Erlangung einer Beschäftigungsbewilligung nach § 4 Abs. 3 Z. 7 AuslBG für Asylwerber und subsidiär Schutzberechtigte grundsätzlich Verfügbarkeit iSd § 7 AlVG gegeben sein kann, da der Beschwerdeführer auch nach Fortführung des Asylverfahrens auf Grund des bestehenden Rückkehrverbots über keine Berechtigung zum Aufenthalt im Bundesgebiet verfügt. Er hält sich daher im Sinne der Bestimmung des § 7 Abs. 3 Z. 2 AlVG, die materiell auf die jeweils geltenden, den Aufenthalt des Fremden im Bundesgebiet regelnden Bestimmungen verweist, nicht berechtigt im Bundesgebiet auf, um eine unselbständige Beschäftigung aufzunehmen und auszuüben.

6. Soweit der Beschwerdeführer geltend macht, dass aus dem Spruch und aus der Begründung des angefochtenen Bescheides nicht erkennbar sei, auf welcher gesetzlichen Grundlage dieser beruhe, ist ihm entgegenzuhalten, dass im Spruch des angefochtenen Bescheides die maßgebenden Bestimmungen des AlVG (§ 24 Abs. 1 iVm § 7 AlVG) angeführt sind und diese auch in der Begründung des angefochtenen Bescheides wiedergegeben werden.

In diesem Zusammenhang macht der Beschwerdeführer allerdings auch - im Widerspruch zu seinem soeben dargelegten Vorbringen - geltend, dass sich die belangte Behörde im Spruch des angefochtenen Bescheides nicht nur auf § 7, sondern auch auf § 24 AlVG berufe, obwohl sie gleichzeitig den erstinstanzlichen Bescheid, der sich nur auf § 7 bezogen habe, bestätige.

Auch dies begründet jedoch keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides. Gemäß § 59 Abs. 1 AVG hat der Spruch unter anderem die angewendeten Gesetzesbestimmungen anzuführen; dies ist im Beschwerdefall im angefochtenen Bescheid, der inhaltlich den erstinstanzlichen Bescheid bestätigt hat, geschehen. Eine allenfalls unterbliebene Anführung einer Gesetzesbestimmung im erstinstanzlichen Bescheid, die im nunmehr angefochtenen zweitinstanzlichen Bescheid zutreffend im Spruch ergänzt wurde, vermag keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides zu begründen.

7. Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtswidrigkeit nicht vorliegt, war die Beschwerde daher gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 21. November 2007

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