VwGH 2007/05/0217

VwGH2007/05/021720.11.2007

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Pallitsch und Dr. Moritz als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schmidl, über die Beschwerde der A Automatenservice GmbH in L, vertreten durch Summer - Schertler - Stieger, Rechtsanwälte in 6900 Bregenz, Kirchstraße 4, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 24. Juli 2007, Zl. uvs- 2007/19/1248-2, betreffend eine Beschlagnahme (weitere Partei: Tiroler Landesregierung), zu Recht erkannt:

Normen

GSpG 1989 §53 Abs1 Z1;
VStG §39;
GSpG 1989 §53 Abs1 Z1;
VStG §39;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schwaz vom 3. Oktober 2006 wurde

"die Beschlagnahme

  1. 1. eines Spielapparates Diplomat, Nr. BG-2002142 sowie
  2. 2. eines Spielapparates Diplomat, Nr. BG-2002157, jeweils samt dazugehöriger Schlüssel,

    welche sich in der S-Tankstelle in (...), Pächter Herr F. S., in der Räumlichkeit nach dem Eingang rechts befanden, gemäß § 52 Glücksspielgesetz und § 32 Tiroler Veranstaltungsgesetz unter Anwendung des § 39 Abs. 1 Verwaltungsstrafgesetzes"

    angeordnet.

    Begründet wurde die Beschlagnahme damit, dass bei der Bezirkshauptmannschaft Schwaz bzw. beim zuständigen Polizeikommissariat anonyme Anzeigen eingegangen seien, wonach bei den Spielapparaten in der oben näher bezeichneten Shell-Tankstelle um hohe Summen gespielt werde. Am 2. Oktober 2006 habe ein Spieler bei der Polizeiinspektion Jenbach niederschriftlich zu Protokoll gegeben, er habe tags zuvor EUR 2.500,-- in den Automaten geworfen und zwischendurch eine Gewinnausschüttung von EUR 1.400,-- von der Kassierin ausbezahlt erhalten. Der Gewinnausschüttungsbetrag sei unter dem Wort "Kredit" beim Automaten ersichtlich gewesen. Nach Ausbezahlung des Gewinns sei von der Kassierin an der Rückseite des Automaten durch Knopfdruck der Kreditbetrag auf Null gestellt worden. Um sicher zu stellen, dass die in Verdacht stehenden Verwaltungsübertretungen nicht weiter fortgesetzt würden, und um die Strafe des Verfalls zu sichern, seien durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes die Spielapparate in Beschlag genommen worden. Eine Beschlagnahmebestätigung sei Herrn F. S. ausgehändigt worden. Die Automaten seien von der Beschwerdeführerin aufgestellt worden.

    Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Berufung, in welcher ausgeführt wurde, dass es sich bei den gegenständlichen Automaten nicht um Spielapparate handle, welche einer Bewilligung der Behörde im Sinne des Tiroler Veranstaltungsgesetzes bedürfen. Automaten seien vom Geltungsbereich des Glücksspielgesetzes ausdrücklich ausgenommen. Der Bundesgesetzgeber habe keinerlei Bedenken gegen den Betrieb der gegenständlichen Automaten. Der Landesgesetzgeber greife durch § 25 Abs. 1 Z. 3 Tiroler Veranstaltungsgesetz in die Glücksspielkompetenz des Bundes ein und normiere für die vom Bundesgesetzgeber für zulässig erklärten Glücksspielautomaten ein Verbot.

    Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde die Berufung der Beschwerdeführerin als unbegründet abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde aus, eine Beschlagnahme sei bereits dann zulässig, wenn auch nur der Verdacht einer mit Verfall bedrohten Übertretung bestehe. Die Übertretung müsse nicht erwiesen sein, da in einem solchen Fall bereits der Verfall ausgesprochen werden könne. Im Beschlagnahmeverfahren sei kein Ausspruch über das strafbare Verhalten an sich zu treffen. Es bestünden keine Bedenken, wenn die Bezirkshauptmannschaft Schwaz von einem Sachverhalt ausgegangen sei, für den auch der Verfall vorgesehen sei. Es lasse sich auf Grund der Beweisergebnisse der Schluss ableiten, dass es sich bei den gegenständlichen Spielapparaten um Geld- bzw. allenfalls sogar Glücksspielapparate handle, welche von der Beschwerdeführerin aufgestellt worden seien und dem Verbot des Tiroler Veranstaltungsgesetzes bzw. dem Glücksspielmonopol unterlägen. Das Tiroler Veranstaltungsgesetz treffe lediglich Regelungen bezüglich jener Geldspielapparate, die nicht dem Glücksspielmonopol unterliegen.

    Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die Beschwerdeführerin macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

    Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Behörden stützten die Beschlagnahme der oben bezeichneten Spielapparate sowohl auf § 52 Glücksspielgesetz als auch auf § 32 Tiroler Veranstaltungsgesetz.

Die Beschwerdeführerin bestreitet auch vor dem Verwaltungsgerichtshof, dass es sich bei den beiden Spielapparaten um Apparate im Sinne des § 19 Tiroler Veranstaltungsgesetz handelt. Es handle sich beim Betreiben der Automaten vielmehr um Glücksspiel im Sinne des § 4 Glücksspielgesetz.

Folgende Rechtslage ist im Beschwerdefall zu beachten:

1. Glücksspielgesetz, BGBl. Nr. 620/1989, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 145/2006:

"Glücksspiele

§ 1. (1) Glücksspiele im Sinne dieses Bundesgesetzes sind Spiele, bei denen Gewinn und Verlust ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängen.

...

§ 2. (1) Ausspielungen sind Glücksspiele, bei denen der Unternehmer (Veranstalter) den Spielern für eine vermögensrechtliche Leistung eine vermögensrechtliche Gegenleistung in Aussicht stellt.

(2) Eine Ausspielung mittels eines Glücksspielapparates liegt vor, wenn die Entscheidung über Gewinn und Verlust durch eine mechanische oder elektronische Vorrichtung durch den Apparat selbst, also nicht zentralseitig, herbeigeführt oder zur Verfügung gestellt wird.

(3) Ein Glücksspielautomat ist ein Glücksspielapparat, der die Entscheidung über Gewinn und Verlust selbsttätig herbeiführt oder den Gewinn selbsttätig ausfolgt.

(4) Eine Ausspielung liegt auch dann vor, wenn die Möglichkeit zur Erlangung der Gegenleistung (Abs. 1) zwar nicht vom Unternehmer (Veranstalter) erbracht wird, aber von diesem oder einem Dritten entsprechend organisiert, veranstaltet oder angeboten wird.

Glücksspielmonopol

§ 3. Das Recht zur Durchführung von Glücksspielen ist, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt wird, dem Bund vorbehalten (Glücksspielmonopol).

Ausnahmen aus dem Glücksspielmonopol

§ 4. (1) Glücksspiele, die nicht in Form einer Ausspielung durchgeführt werden, unterliegen nicht dem Glücksspielmonopol, wenn kein Bankhalter mitwirkt oder der Einsatz 0,50 Euro nicht übersteigt.

(2) Ausspielungen mittels eines Glücksspielautomaten unterliegen nicht dem Glücksspielmonopol,

wenn

1. die vermögensrechtliche Leistung des Spielers den Betrag oder den Gegenwert von 0,50 Euro nicht übersteigt und

2. der Gewinn den Betrag oder den Gegenwert von 20 Euro nicht übersteigt.

...

Straf- und Verfahrensbestimmungen

§ 52. (1) Es begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Behörde mit Geldstrafe bis zu 22 000 Euro zu bestrafen,

...

5. wer Glücksspielapparate oder Glücksspielautomaten, die dem Glücksspielmonopol unterliegen, außerhalb einer Spielbank betreibt (Veranstalter) oder zugänglich macht (Inhaber);

...

(2) Gegenstände, mit deren Hilfe in das Glücksspielmonopol eingegriffen wurde, unterliegen, sofern sie nicht gemäß § 54 einzuziehen sind, dem Verfall.

§ 53. (1) Die Behörde kann die Beschlagnahme der Glücksspielapparate, Glücksspielautomaten, der sonstigen Eingriffsgegenstände und der technischen Hilfsmittel anordnen, und zwar sowohl wenn der Verfall als auch wenn die Einziehung vorgesehen ist, wenn

1. der Verdacht besteht, dass

a) mit Glücksspielapparaten, Glücksspielautomaten oder sonstigen Eingriffsgegenständen, mit denen in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen wird, fortgesetzt gegen eine oder mehrere Bestimmungen des § 52 Abs. 1 verstoßen wird, oder

..."

2. Tiroler Veranstaltungsgesetz 2003, LGBl. Nr. 86, zuletzt geändert durch das Gesetz LGBl. Nr. 72/2004:

"§ 2

Begriffsbestimmungen

...

(6) Spielapparat ist eine technische Einrichtung, die der Durchführung wenigstens eines Spieles dient und die gegen Entgelt betrieben wird.

(7) Geldspielapparat ist ein Spielapparat, bei dem einem Spieler vermögenswerte Gewinne ausgefolgt oder in Aussicht gestellt werden, gleichgültig, ob Gewinn oder Verlust ausschließlich oder überwiegend vom Zufall abhängen oder nicht. Spielapparate, die nach ihrer Art und Beschaffenheit eine Gewinnausspielung erwarten lassen, gelten auch dann als Geldspielapparate, wenn in Hinweisen und Ankündigungen die Erzielung eines Gewinnes ausgeschlossen wird.

...

§ 19.

Verbote

(1) Verboten sind

...

b) die Aufstellung und der Betrieb von Geldspielapparaten und von Spielapparaten, die eine verrohende Wirkung ausüben oder das sittliche Empfinden erheblich verletzen. Eine verrohende Wirkung ist jedenfalls dann anzunehmen, wenn Gegenstand des Spieles die in naturalistischer Weise dargestellte Tötung oder Verletzung von Menschen oder Tieren ist;

...

§ 32.

Strafbestimmungen

(1) Wer

...

d) eine Veranstaltung trotz eines Verbotes nach § 19 Abs. 1 oder entgegen einer zeitlichen Beschränkung nach § 20 durchführt,

begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe bis zu 15 000 Euro zu bestrafen.

...

(3) Der Verfall von Gegenständen ist nach Maßgabe des § 17 VStG zulässig, sofern der Wert eines solchen Gegenstandes in einem angemessenen Verhältnis zum Grad des Verschuldens und zum Ausmaß der Schädigung der Interessen nach diesem Gesetz steht.

..."

3. Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl. Nr. 52, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 117/2002:

"...

Beschlagnahme von Verfallsgegenständen

§ 39. (1) Liegt der Verdacht einer Verwaltungsübertretung vor, für die der Verfall von Gegenständen als Strafe vorgesehen ist, so kann die Behörde zur Sicherung des Verfalls die Beschlagnahme dieser Gegenstände anordnen.

(2) Bei Gefahr im Verzug können auch die Organe der öffentlichen Aufsicht aus eigener Macht solche Gegenstände in Beschlag nehmen. Sie haben darüber den Betroffenen sofort eine Bescheinigung auszustellen und der Behörde die Anzeige zu erstatten.

...

(6) Gegen den Bescheid, mit dem eine Beschlagnahme angeordnet wird, ist in sinngemäßer Anwendung des § 51 Berufung, jedoch ohne aufschiebende Wirkung zulässig.

..."

Während also das Glücksspielgesetz in seinem § 53 eine besondere Beschlagnahme kennt, richten sich die Voraussetzungen einer Beschlagnahme nach dem Tiroler Veranstaltungsgesetz 2003 nach § 39 VStG. Für die Anordnung einer Beschlagnahme sowohl nach § 39 Abs. 1 VStG als auch nach § 53 Abs. 1 Z. 1 GlSpG genügt u. a. jedoch der bloße Verdacht, dass eine bestimmte Norm, deren Übertretung mit Verfall sanktioniert ist, übertreten wurde (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 17. März 2006, Zl. 2004/05/0127).

Die belangte Behörde hat festgestellt, dass die Beschwerdeführerin an einem näher bezeichneten Standort zwei Spielapparate aufgestellt hat, bei denen der Einsatz für ein Spiel EUR 0,50 übersteigt und die die Entscheidung über den Gewinn und Verlust selbsttätig herbeiführen. Ein allfälliger Gewinn kann auch den Betrag von EUR 20,-- übersteigen. Gegen die diesbezüglichen Begründungsdarlegungen im angefochtenen Bescheid und die von der belangten Behörde getroffenen Feststellungen bestehen keine Bedenken, zumal die Beschwerdeführerin dagegen keine substantiellen Einwände vorgetragen hat.

Ausgehend von diesen Feststellungen besteht jedenfalls der Verdacht, dass die Beschwerdeführerin gegen die Bestimmung des § 52 Abs. 1 Z. 5 GlSpG verstoßen hat und die Beschlagnahme der Glücksspielautomaten im Sinne des § 53 Abs. 1 Z. 1 lit. a leg. cit. berechtigt war. Es kann daher im Beschwerdefall dahinstehen, ob auch der Verdacht einer Verwaltungsübertretung im Sinne des § 32 Tiroler Veranstaltungsgesetz vorliegt.

Auf Grund der Feststellungen im angefochtenen Bescheid kann die Beschwerdeführerin auch nicht die in § 4 Abs. 1 GlSpG geregelten Ausnahmen aus dem Glücksspielmonopol für sich in Anspruch nehmen.

Zur Anregung gemäß Art. 234 (EG) lässt die Beschwerdeführerin jegliche Begründung vermissen; insbesondere zeigt sie nicht auf, welche Bestimmung des Gemeinschaftsrechtes einer Auslegung durch den EuGH bedarf. Auch der Verwaltungsgerichtshof vermag nicht zu erkennen, inwieweit die hier angewendeten Bestimmungen gegen Gemeinschaftsrecht verstoßen sollten.

Damit erweist sich die Beschwerde insgesamt als unbegründet, sodass sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Die belangte Behörde führte über Antrag der Beschwerdeführerin eine mündliche Verhandlung durch. Ungeachtet ihres Parteiantrages konnte daher der Verwaltungsgerichtshof von einer Verhandlung gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG Abstand nehmen, stammt die angefochtene Entscheidung doch von einem Tribunal im Sinne des Art. 6 MRK und die Beschwerdeführerin hatte schon im Verwaltungsverfahren daher Gelegenheit, ihren Standpunkt einer als Tribunal eingerichteten Behörde in öffentlicher mündlicher Verhandlung vorzutragen (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 18. Oktober 2001, Zl. 2000/07/0229). Der Unabhängige Verwaltungssenat ist ein derartiges Tribunal (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 27. Jänner 2006, Zl. 2003/04/0160).

Wien, am 20. November 2007

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