Normen
EStG §16 Abs1;
EStG §20 Abs1 Z1;
EStG §20 Abs1 Z2 lita;
EStG §16 Abs1;
EStG §20 Abs1 Z1;
EStG §20 Abs1 Z2 lita;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer ist Staatsbürger der Republik Bosnien-Herzegowina. Im Rahmen der Arbeitnehmerveranlagung für 2001 machte er unter dem Titel Familienheimfahrten zu seiner in Bosnien-Herzegowina lebenden Familie Werbungskosten in Höhe von 25.920 S geltend. Der Beschwerdeführer führte aus, dass er bis zu seiner Pensionierung am 1. Juli 2001 bzw. der Zustellung des Pensionsbescheides vom 3. September 2001 regelmäßig von seinem inländischen Arbeitsort in Linz an seinen Familienwohnsitz in Bosnien-Herzegowina gefahren sei, womit jedenfalls Aufwendungen für die Hin- und Rückfahrten verbunden seien. Seine Ehefrau habe für die Zeit seiner Beschäftigung seine Landwirtschaft in Bosnien-Herzegowina bewirtschaftet. Nach erfolgter Pensionierung sei der Beschwerdeführer wieder zu seiner Familie an seinen Familienwohnsitz in Bosnien-Herzegowina zurückgekehrt.
Im Einkommensteuerbescheid 2001 anerkannte das Finanzamt die beantragten Werbungskosten nicht. In der Begründung verwies das Finanzamt darauf, dass der Beschwerdeführer bereits seit 1966 nachweislich in Österreich erwerbstätig sei, nicht mehr für minderjährigen Kinder unterhaltspflichtig sei und auch die Landwirtschaft in Bosnien von ihrer Größe her keiner Landwirtschaft entspreche, mit der man steuerlich relevante Einkünfte erziele. Die Beibehaltung des Familienwohnsitzes in Bosnien-Herzegowina sei daher privat veranlasst.
In der Berufung führte der Beschwerdeführer aus, dass seine Ehefrau und seine mangels Selbsterhaltungsfähigkeit noch mit ihm in seinem Haushalt lebenden drei Kinder Staatsbürger der Republik Bosnien-Herzegowina seien und daher für einen dauernden Aufenthalt in Österreich je eine "quotenpflichtige Niederlassungsbewilligung" benötigen würden. Auf Grund der geringen Anzahl der jährlich zugewiesenen Quotenplätze sei das für Oberösterreich mit jahrebis jahrzehntelangen Wartezeiten verbunden. Dem Beschwerdeführer und seiner Familie sei daher schon allein auf Grund der fremdenrechtlichen Bestimmungen betreffend die Erteilung von Niederlassungsbewilligungen zum Zweck des Familiennachzuges eine Verlegung des Familienwohnsitzes nach Österreich nicht zumutbar gewesen. Die Erteilung von Niederlassungsbewilligungen an die bereits volljährigen Kinder sei hingegen gemäß § 20 Fremdengesetz überhaupt nicht möglich gewesen.
Die belangte Behörde wies die Berufung mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet ab. Zu den vom Beschwerdeführer namhaft gemachten Gründen für eine Unzumutbarkeit meinte die belangte Behörde, dass der Beschwerdeführer bereits seit 1966 in Österreich erwerbstätig sei, somit mit dem Berufungsjahr bereits 35 Jahre seines Erwerbslebens in Österreich verbracht habe. Dem Vorbringen des Beschwerdeführers habe die belangte Behörde nicht entnehmen können, aus welchen Gründen es unzumutbar gewesen sei, während dieser Jahre den Familienwohnsitz in die Nähe des Arbeitsplatzes zu verlegen. Seine Kinder seien 1962, 1965 und 1966 geboren, somit sei die jüngste Tochter im Berufungsjahr 35 Jahre alt gewesen. Erwachsene Kinder durch laufende persönliche Besuche zu betreuen oder für sie den eigenen Haushalt weiter aufrecht zu erhalten, sei nicht erforderlich. Bezüglich des landwirtschaftlichen Grundbesitzes von ca. 4 ha sei einzuräumen, dass dieser zweifellos geeignet sei, die Eigenversorgung einer Familie in Bosnien-Herzegowina zu unterstützen, wenn auch ein steuerpflichtiges relevantes Einkommen dadurch nicht erzielt werden könne. Dass es seiner Ehefrau wegen der Bewirtschaftung der Landwirtschaft unzumutbar gewesen sei, ihren Wohnsitz nach Österreich zu verlegen, insbesondere in den vielen Jahren, in denen die Kinder nun bereits erwachsen seien, erscheine nicht mehr nachvollziehbar. Da diese Kinder mangels Selbsterhaltungsfähigkeit noch in seinem Haushalt lebten, seien diese in der Lage, die Landwirtschaft zu betreuen.
Es treffe zwar zu, dass eine Verlegung des ständigen Familienwohnsitzes kurze Zeit vor Beendigung der Berufstätigkeit nicht mehr zumutbar sei. Wenn jedoch ein Steuerpflichtiger während eines Zeitraums von 35 Jahren in großer Entfernung von seinem Familienwohnsitz seiner Berufstätigkeit nachgegangen sei und niemals Vorkehrungen getroffen habe, um den Familienwohnsitz in die Nähe des Arbeitsplatzes zu verlegen, dann liege auch in der Zeit der unmittelbar bevorstehenden Pensionierung kein Grund vor, die Aufwendungen als beruflich veranlasst anzusehen.
Weiters führt die belangte Behörde aus, dass für den Beschwerdeführer auch mit dem Hinweis auf lange Wartezeiten für die Erlangung einer Niederlassungsbewilligung nichts für seinen Standpunkt zu gewinnen sei, wenn er während all der Jahre niemals den Versuch unternommen habe, eine solche zu erhalten.
Da der Beschwerdeführer zu keiner Zeit versucht habe, eine Wohnsitzverlegung vorzunehmen, sei anzunehmen, dass der Wohnsitz in Bosnien-Herzegowina aus persönlicher Vorliebe oder sonstigen privaten Gründen beibehalten worden sei. Eine steuerliche Berücksichtigung der Familienheimfahrten sei aus diesen Gründen nicht möglich.
Gegen diesen Bescheid wendet sich die Beschwerde. Der Beschwerdeführer weist auf die fremdenrechtlichen Bestimmungen vor dem Jahr 1992 hin (Inkrafttreten des Aufenthaltsgesetzes 1992), nach welchen ein Nachzug der gesamten Familie eines Gastarbeiters aus dem ehemaligen Jugoslawien nur eingeschränkt möglich bzw. zulässig gewesen sei. So sei beispielsweise der Nachweis einer für Inländer ortsüblichen Unterkunft für die gesamte nachziehende Familie des in Österreich beschäftigten Gastarbeiters und der Nachweis ausreichender Einkünfte für den Erhalt der gesamten Familie in Österreich erforderlich gewesen. Bauhilfsarbeiter, wie auch der Beschwerdeführer, seien ab Mitte der 60er, in den 70er und 80er-Jahren oftmals unentgeltlich oder gegen geringes Entgelt in Firmenquartieren ihrer Dienstgeber oder in kleinen so genannten "Gastarbeiter-Schlafstellen" untergebracht worden. Dort sei eine Mitunterbringung von Familienangehörigen nicht vorgesehen gewesen. Eine Mitübersiedelung der gesamten Familie nach Österreich im Zeitpunkt des Beschäftigungsbeginnes in Österreich sei nicht zumutbar gewesen, da eine Erhaltung in Österreich auf Grund der von Hilfsarbeitern erzielten geringen Einkommen wirtschaftlich und auch wegen der fremdenrechtlichen Bestimmungen nicht möglich gewesen sei.
Der Beschwerdeführer verweist auf seine im Verfahren vorgelegten Reisepässe, aus welchen hervorgehe, dass ihm erstmalig im Jahr 1995, sohin ca. 5 bis 6 Jahre vor seinem Arbeitsende in Österreich und vor dessen Rückkehr nach Bosnien-Herzegowina, eine unbefristete Aufenthaltsbewilligung erteilt worden sei. Weiters gehe aus dem vorgelegten Befreiungsschein hervor, dass er bis zum Ende seiner beruflichen Tätigkeit in Österreich jeweils lediglich über eine befristete, gemäß den Bestimmungen des AuslBG zu verlängernde Arbeitsbewilligung verfügt habe.
Die Arbeitslosigkeit liege für ganz Bosnien-Herzegowina bei 50%, in den ländlichen Gebieten höher. Daher habe der Beschwerdeführer neben der Ehefrau mangels Selbsterhaltungsfähigkeit auch seine drei (volljährigen) Kinder erhalten müssen. Auf Grund des Unterschieds in den Lebenshaltungskosten sei dem Beschwerdeführer die Erhaltung der gesamten Familie am Familienwohnsitz in Bosnien-Herzegowina wesentlich leichter möglich gewesen als in Österreich. Die Aufgabe des Grundbesitzes im Heimatstaat sei nicht zumutbar gewesen, weil er oftmals die einzige Versorgungsbasis für die gesamte Familie darstelle.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Wie der Verwaltungsgerichtshof schon wiederholt ausgesprochen hat, ist die Beibehaltung des Familienwohnsitzes aus der Sicht einer Erwerbstätigkeit, die in unüblicher Entfernung von diesem Wohnsitz ausgeübt wird, niemals durch die Erwerbstätigkeit, sondern immer durch Umstände veranlasst, die außerhalb dieser Erwerbstätigkeit liegen. Berufliche Veranlassung der mit der doppelten Haushaltsführung verbundenen Mehraufwendungen des Steuerpflichtigen und deren daraus resultierende Qualifizierung als Werbungskosten liegen nach ständiger Rechtsprechung nur dann vor, wenn dem Steuerpflichtigen die Verlegung des Familienwohnsitzes an den Ort seiner Beschäftigung nicht zuzumuten ist, wobei die Unzumutbarkeit unterschiedliche Ursachen haben kann. Solche Ursachen müssen aus Umständen resultieren, die von erheblichem objektiven Gewicht sind. Momente bloß persönlicher Vorliebe für die Beibehaltung des Familienwohnsitzes reichen nicht aus (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 15. November 2005, 2005/14/0039). Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Frage, ob einem Arbeitnehmer zuzumuten ist, seinen Wohnsitz in den Nahebereich seiner Arbeitsstätte zu verlegen, nach den Umständen des Einzelfalles zu beurteilen.
Der Beschwerdeführer konnte im Verwaltungsverfahren darauf verweisen, dass nach den fremdenrechtlichen Bestimmungen ein Familiennachzug auf Grund der geringen Anzahl der jährlich zugewiesenen Quotenplätze für Oberösterreich mit jahre- bis jahrzehntelangen Wartezeiten verbunden gewesen wäre.
Er hat weiters im Verwaltungsverfahren aufgezeigt, dass seine Frau am Familienwohnsitz in Bosnien-Herzegowina für ihn seine Landwirtschaft bewirtschafte, die der gesamten Familie als Versorgungsbasis diene. Er hat in diesem Zusammenhang vorgebracht, es sei wirtschaftlich nicht zumutbar gewesen, den Wohnsitz zu verlegen, da es wesentlich einfacher gewesen sei, die Familie in Bosnien zu erhalten. Auf Grund der wesentlich höheren Lebenshaltungskosten in Österreich wäre die Versorgung der Familie in Österreich nicht möglich gewesen.
Die belangte Behörde hat zu Unrecht diese - im Sachverhaltsbereich unbestrittenen - Umstände als für die Unzumutbarkeit nicht ausreichend angesehen (vgl. in diesem Zusammenhang bereits die hg. Erkenntnisse vom 15. November 2005, 2005/14/0039, und vom 18. Oktober 2005, 2005/14/0046). Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom 19. Oktober 2006, 2005/14/0127, zum Ausdruck gebracht, dass schon die (in Bezug auf das Recht auf Familiennachzug restriktiven) fremdenrechtlichen Bestimmungen jedenfalls bis zum "Fremdenrechtspaket 2005" eine Unzumutbarkeit der Wohnsitzverlegung begründen.
Die belangte Behörde hat die Unzumutbarkeit der Wohnsitzverlegung im Wesentlichen daraus abgeleitet, dass der Beschwerdeführer 35 Jahre durchgehend in Österreich gearbeitet hat, bevor er 2001 in den Ruhestand getreten und nach Bosnien-Herzegowina zurückgekehrt ist.
Dass die 30-jährige Dauer des Aufenthalts des Beschwerdeführers in Österreich der Beurteilung der Unzumutbarkeit der Wohnsitzverlegung nicht entgegensteht, hat der Verwaltungsgerichtshof im Ergebnis bereits im zit. hg. Erkenntnis vom 15. November 2005, 2005/14/0039, zum Ausdruck gebracht. Jenes Erkenntnis betraf nämlich die Familienheimfahrten der Jahre 1999 bis 2001 eines seit 1972 in Österreich berufstätigen Beschwerdeführers. Fremdenrechtliche Regelungen oder die Bewirtschaftung einer Landwirtschaft sind Umstände, die auch langfristig der Zumutbarkeit der Wohnsitzverlegung entgegen stehen können.
Bei dieser Sachlage erweist sich die im angefochtenen Bescheid zum Ausdruck gebrachte Ansicht der belangten Behörde, die Verlegung des Familienwohnsitzes an den Beschäftigungsort des Beschwerdeführers in Österreich sei zumutbar gewesen, als unzutreffend.
Der angefochtene Bescheid ist daher mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet. Er war daher gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II 333/2003.
Wien, am 21. Juni 2007
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