VwGH 2006/14/0052

VwGH2006/14/005224.7.2007

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. Robl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Kinsky, über die Beschwerde des G L in W, vertreten durch die Intercura Treuhand- und Revisionsgesellschaft m. b.H. in 1010 Wien, Bösendorferstraße 2, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom 24. September 2003, Zl. RV/2497-W/02, betreffend Einkommensteuer 1998 bis 2000, zu Recht erkannt:

Normen

EStG 1988 §16;
EStG 1988 §4 Abs4;
EStG 1988 §16;
EStG 1988 §4 Abs4;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer betrieb in den Streitjahren als Einzelunternehmer eine "Akquisitionstätigkeit", aus der er Einkünfte aus selbständiger Arbeit erklärte (Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG 1988), und bezog daneben Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit von der C. GmbH, einem im Bereich der Personal- und Unternehmungsberatung tätigen Unternehmen.

Im Einkommensteuerbescheid 1998 wurde im Rahmen der Einkünfte aus selbständiger Arbeit die Ausgabenposition "Inanspruchnahme Haftungsfall (1,818.686 S)" als Aufwendung im Zusammenhang mit einer Bürgschaft mangels betrieblicher Veranlassung des Eingehens dieser Bürgschaft nicht anerkannt.

In der dagegen erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer vor, dass er im Rahmen einer Geschäftsführungstätigkeit - "wie bei GesmbH's üblich" - die persönliche Haftung für Kredite der A. GmbH habe übernehmen müssen, die auf Grund der tristen wirtschaftlichen Lage dieser Gesellschaft leider schlagend geworden sei. Trotz dieser Schwierigkeiten habe der Beschwerdeführer auf Grund der während seiner Tätigkeit bei der A. GmbH gesammelten Erfahrung seine Kontakte zu den ehemaligen Oststaaten ausbauen können. Da die schlagend gewordenen Haftungen einerseits eng mit der Geschäftsführungstätigkeit des Beschwerdeführers in Zusammenhang gestanden seien, andererseits der Vergleich mit den Banken auch die einzige Möglichkeit zur Abwendung eines Privatkonkurses gewesen sei, handle es sich um Betriebsausgaben oder in eventu um eine außergewöhnliche Belastung im Sinne des § 34 EStG 1988.

Das Finanzamt wies die Berufung mit Berufungsvorentscheidung vom 12. Juli 2001 ab. Haftungsübernahmen (Bürgschaftszahlungen) seien nur bei betrieblicher Veranlassung als Betriebsausgaben abzugsfähig. Bei einem Gesellschafter-Geschäftsführer seien die Aufwendungen für eine Bürgschaft zu Gunsten der Gesellschaft grundsätzlich auf die Beteiligung zu aktivieren. Die Vorlage von Verträgen mit Kreditinstituten, aus denen hervorgehe, dass die Schuldenübernahme freiwillig erfolgt sei, sowie die Zahlungsbelege allein reichten zum Nachweis einer betrieblichen Veranlassung nicht aus. Die Übernahme einer Bürgschaft für Schulden einer GmbH durch ihren Geschäftsführer könne bei dessen Inanspruchnahme als Bürge zu keiner außergewöhnlichen Belastung führen, weil bereits der Bürgschaftsübernahme als unternehmergleiches Wagnis keine Zwangsläufigkeit im Sinne der Bestimmung des § 34 EStG 1988 zukomme.

In den Einkommensteuerbescheiden 1999 und 2000 wurden unter Hinweis auf die Begründung des Vorjahresbescheides bzw. der Berufungsvorentscheidung Ausgabenpositionen in Höhe von 620.000 S (für das Jahr 1999) und in Höhe von 74.078,70 S (für das Jahr 2000) nicht als Betriebsausgaben anerkannt.

In der vor der belangten Behörde durchgeführten mündlichen Berufungsverhandlung vom 17. September 2003 legte der Beschwerdeführer eine schriftliche Zusammenfassung des Sachverhaltes mit folgendem Inhalt vor:

Der Beschwerdeführer sei bereits Mitte der 80er Jahre beruflich als geschäftsführender Gesellschafter der M. GmbH in den damaligen COMECON-Staaten tätig gewesen. Er habe sich dabei erhebliches Know-how in den Handelsusancen, allerdings auch durch das Knüpfen von persönlichen Kontakten, erarbeitet. Auf Grund dieser Kenntnisse habe er Anfang der 90er Jahre eine Beschäftigung im Management der C. Gruppe mit dem Schwerpunkt Betreuung und Ausbau des Ostgeschäftes erreicht. Der Beschwerdeführer sei für den Auf- und Ausbau der C. Tochtergesellschaften in den Staaten Slowakei, Tschechien, Ungarn, Russland, Polen und Rumänien zuständig gewesen. Durch die Trennung von der M. GmbH in den Jahren 1992 und 1993 habe dem Beschwerdeführer der Verlust seiner mühsam aufgebauten Handelskontakte gedroht, die letztendlich von wesentlicher Bedeutung für Erstbeauftragungen im Personalberatungssektor gewesen seien. Der Kontakt zu einem Unternehmer (Mag. B.) mit hervorragenden wirtschaftlichen und politischen Kontakten in Österreich und Kroatien, habe den Beschwerdeführer veranlasst, in den Jahren 1994 und 1995 zwei Handelsgesellschaften (darunter die A. GmbH) mit aufzubauen, mit denen über die Pflege und den Ausbau des bisherigen Kontaktnetzes hinaus auch der bis dahin auf Grund der Kriegssituation brach liegende Raum Kroatien/Slowenien habe geschäftlich aufgearbeitet werden können. Zum Aufbau dieser Handelsgesellschaften hätten beide Geschäftsführer (Mag. B und der Beschwerdeführer) persönliche Haftungen übernommen. In der Folge hätten sich beide Handelsgesellschaften nach Anfangserfolgen dramatisch schlecht entwickelt, wobei Hauptursache dafür kriminelle Geschäftspraktiken eines kroatischen Geschäftsfreundes des Mitgeschäftsführers des Beschwerdeführers gewesen sein dürften. Der Beschwerdeführer habe zwischenzeitlich auf Grund seiner ausgezeichneten Ostkontakte nicht nur die C. Gruppe nach Osteuropa hin entsprechend positionieren, sondern darüber hinaus eine strategische Anbindung an einen internationalen Beratungskonzern erreichen können, wodurch die steuerpflichtigen Einnahmen des Beschwerdeführers in den Berufungsjahren deutlich angestiegen seien. Wegen der schlagend werdenden Haftungen hätten jedoch erhebliche Teile des Einkommens des Beschwerdeführers dafür verwendet werden müssen, um in einer außergerichtlichen Einigung mit den Banken einen Privatkonkurs zu vermeiden, welcher der Karriere und dem erheblichen steuerpflichtigen Einkommen des Beschwerdeführers ein jähes Ende bereitet hätte.

Der Niederschrift über die mündliche Berufungsverhandlung ist zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer u.a. ausführte, Mag. B kennen gelernt zu haben, mit dem er wegen dessen guter Kontakte zu wichtigen Geschäftspartnern eine "gemeinsame Firma" (die A. GmbH) aufgebaut habe, nicht zuletzt deshalb, um daraus Einkünfte zu erzielen. Und zwar Einkünfte auch im Rahmen der C. Gruppe. Der Unternehmensgegenstand der A. GmbH sei der Transport und der Handel mit Waren aller Art gewesen, während die C. Gruppe, welcher der Beschwerdeführer auch als Geschäftsführer angehöre, Personal- und Unternehmensberatung betrieben habe. Der steuerliche Vertreter habe - so weitere Ausführungen lt. Niederschrift - zunächst angegeben, dass "die streitgegenständlichen Einkünfte aus selbständiger Arbeit aus den Kontakten mit Mag. B entstanden" seien. Über Befragung sei klargestellt worden, dass "die streitgegenständlichen Vermittlungsprovisionen von verschiedenen Auftraggebern geleistet wurden, im Wesentlichen jedoch aus der C. Gruppe". Der Beschwerdeführer sei als Gesellschafter-Geschäftsführer der A. GmbH am 9. November 1995 ausgeschieden. Die Banken hätten jedoch ihn und Mag. B trotzdem nicht aus den Haftungen entlassen. Aus der A. Gruppe seien keine Geschäftsführerbezüge an den Beschwerdeführer geflossen. Dies deshalb, weil der Beschwerdeführer daran interessiert gewesen sei, seine Position in der C. Gruppe auszubauen.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde den Berufungen des Beschwerdeführers keine Folge. Zur Frage der Anerkennung von Bürgschaftszahlungen als Betriebsausgabe bei den Einkünften sei es entscheidend, ob die Übernahme einer Bürgschaft "in Ausübung des Berufes" erfolgt sei und ein unmittelbarer Zusammenhang mit der Tätigkeit des Steuerpflichtigen bestehe. Der Verwaltungsgerichtshof habe die Abzugsfähigkeit einer Bürgschaftszahlung im Rahmen der Einkünfte aus selbständiger Arbeit durch einen an der Gesellschaft beteiligten Gesellschafter-Geschäftsführer mit der Begründung verneint, dass die Übernahme von Verpflichtungen der Gesellschaft seitens des Gesellschafters grundsätzlich als Einlage zu werten sei. Die Einlage diene primär dem Fortbestand der Gesellschaft und erst sekundär der Sicherung allfälliger Geschäftsführerbezüge. Die Verpflichtung zur Übernahme von Haftungen bzw. Zahlungsverpflichtungen für die Gesellschaft gehöre nicht zu den beruflichen Obliegenheiten eines Geschäftführers. Der Erfassung von Vermögensverlusten aus schlagend werdenden Bürgschaften als Betriebsausgaben stehe entgegen, dass derartige Kapitalzuführungen durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst seien und daher auf die Anschaffungskosten der Beteiligung zu aktivieren seien. Die dem Beschwerdeführer aus der Haftungsübernahme erwachsenen Kosten seien nach Ansicht der belangten Behörde durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst und als Gesellschaftereinlage zu werten. Die strittigen Aufwandspositionen seien nicht der einkommensteuerrechtlich relevanten Betätigung "Akquisitions- /Vermittlungstätigkeit", die seit Anfang 1998 ausgeübt werde, zuzuordnen, sondern als Vermögensverluste dem Engagement des Beschwerdeführers bei der A. GmbH, welches "bezogen auf den Abschluss des Bürgschaftsvertrages (im März 1995) rund 3 Jahre zurücklag".

Eine außergewöhnliche Belastung gemäß § 34 EStG 1988 liege mangels Zwangsläufigkeit der Aufwendungen nicht vor.

Über die Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht "auf rechtsrichtige Anwendung des § 4 Abs. 4 EStG beim vorliegenden Sachverhalt dadurch verletzt, dass die belangte Behörde diese Bestimmung unrichtig angewendet und meine Kosten aus der Inanspruchnahme aus einer Haftung nicht als Betriebsausgabe" anerkannt hat.

Nach dem Vorbringen des Beschwerdeführers im Verwaltungsverfahren erfolgte die Übernahme der in Rede stehenden Bürgschaften ("wie bei GesmbH's üblich") zum Aufbau u.a. der A. GmbH , mit der auch der "brach liegende Raum Kroatien/Slowenien geschäftlich aufgearbeitet" hätte werden sollen, "nicht zuletzt deshalb, um daraus Einkünfte zu erzielen". Damit lag der Übernahme der Bürgschaften aber eine gesellschaftsrechtliche Veranlassung zu Grunde. Selbst zur Position eines Gesellschafter-Geschäftsführers hat der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausgesprochen, dass Bürgschaftszahlungen eines Gesellschafter-Geschäftsführers grundsätzlich durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst sind und sich einem Abzug als Betriebsausgaben (Werbungskosten) bei den Geschäftsführereinkünften entziehen (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 3. August 2004, 99/13/0252, mwN), wobei dies entgegen der in der Beschwerde vertretenen Meinung nicht nur für den Fall eines Alleingesellschafters gilt (vgl. beispielsweise das hg. Erkenntnis vom 31. März 2004, 2004/13/0021). Mögen auch im Beschwerdefall lt. dem Beschwerdevorbringen die zwischen 1994 und 1996 als Geschäftsführer der A. GmbH gewonnenen Kontakte zu selbständigen Einkünften ab 1998 geführt haben, "da naturgemäß neu gewonnene internationale Kontakte mit entsprechender zeitlicher Verzögerung zu Einkünften führten", ändert dies nichts an der Zuordnung der Bürgschaftsübernahmen an die - davon getrennt zu sehende - Stellung des Beschwerdeführers als Gesellschafter der A. GmbH. Welcher Art die "exzellenten Kontakte" konkret waren, die der Beschwerdeführer nur im Rahmen des Aufbaus der A. GmbH hätte erwerben und bei seiner späteren "Akquisitionstätigkeit" hätte verwerten können, legt im Übrigen auch die Beschwerde nicht bestimmt dar.

Da auch die (nach offensichtlichen Misserfolgen der A. GmbH) erfolgten Haftungszahlungen wegen schlagend gewordener Bürgschaft in der Gesellschafterposition wurzelten, kann auch kein Veranlassungszusammenhang mit den betrieblichen Einkünften der Streitjahre dadurch hergestellt werden, dass die Haftungszahlungen nach dem Vorbringen des Beschwerdeführers auch der Verhinderung eines Privatkonkurses bzw. der Zerstörung der "persönlichen Reputation" (mit der Folge eines Einnahmenverlustes) gedient hätten.

Die Beschwerde erweist sich damit als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Von der beantragten mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 24. Juli 2007

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