VwGH 2006/03/0157

VwGH2006/03/015720.3.2007

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Handstanger und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des Dr. G S in T, vertreten durch Opperer-Schartner Rechtsanwälte GmbH in 6410 Telfs, Eduard-Wallnöfer-Platz 1, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 20. September 2006, Zl LWSJF-2148/2, betreffend Abschussplan, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §39 Abs2;
AVG §52;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
JagdG Tir 2004 §37 Abs8;
JagdRallg;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
AVG §39 Abs2;
AVG §52;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
JagdG Tir 2004 §37 Abs8;
JagdRallg;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Land Tirol hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid wurde der Abschuss von Rotwild im Jagdrevier EJ T für das Jagdjahr 2006/2007 abweichend vom Antrag gemäß § 37 Abs 8 des Tiroler Jagdgesetzes 2004 (TJG) festgesetzt.

Begründend führte die belangte Behörde - nach einer Darstellung des Verfahrensgangs und der Rechtslage - im Wesentlichen Folgendes aus:

Bevor auf die Verhältnisse im Jagdgebiet des Beschwerdeführers näher eingegangen werde, sei die großräumige Entwicklung im Bezirks Innsbruck-Land darzustellen. Diesbezüglich sei dem von der Erstbehörde vorgelegten Sammelakt "Bezirkshauptmannschaft Innsbruck-Land, Berufungen gegen Abschusspläne 2006/2007" Folgendes zu entnehmen: Im genannten Bezirk sei im Jagdjahr 2006 ein Rotwildbestand in den stattgefundenen Frühjahrjahreszählungen von 3.614 Stück erfasst worden. Auf Grund der Tatsache, dass im genannten Bezirk in den letzten Jahren trotz steigender Abschusszahlen (2003: 1.477 Stück, 2004: 1.744 Stück, 2005: 1.900 Stück) ein permanentes Ansteigen des tatsächlichen Wildstandes festzustellen gewesen sei (gezählter Wildstand ohne Dunkelziffer von 15 %: 2003: 2.644 Stück, 2004:

2.834 Stück, 2005: 3.142 Stück, und 2006: 3.614 Stück), sei davon auszugehen, dass die bekannt gegebenen Wildstandszahlen nicht dem tatsächlichen Bestand an Rotwild in den Revieren entsprechen würden. Es müsse vielmehr so sein, dass eine nicht unerhebliche Anzahl von Wildstücken bei diesen Zählungen nicht erfasst habe werden können. Es sei daher nachvollziehbar, dass die Erstbehörde beim Rotwild zum erhobenen Wildstand die seit dem Jahr 1994 jährlich berücksichtigte Dunkelziffer von 15 % hinzugezählt und den Abschussempfehlungen des Bezirksjägermeisters folgend die Abschusspläne vorgeschrieben habe. Konkret habe die Behörde im Bezirk einen Rotwildstand von 4.162 Stück angenommen (Winterzählung 2006 + 15 % Dunkelziffer). Bei Berücksichtigung eines Zuwachses von 35 % des Gesamtbestandes errechne sich ein theoretischer Sommerstand von 5.618 Stück Rotwild. Unter den gegebenen Umständen erweise es sich als nicht ausreichend, bloß den Zuwachs an Rotwild abzuschöpfen, sodass die Erstbehörde ihrer Abschussplanung generell höhere Abschussquoten zu Grunde gelegt habe. Das bedeute für alle Hegebezirke eine spürbare Anhebung der Abschusszahlen. Es sollte das dringlichste Ziel sein, mindestens einen Stopp im Rotwildzuwachs zu erreichen; um den Interessen der Landeskultur zu entsprechen, wäre natürlich eine Reduzierung des Rotwildbestandes erforderlich. Die dargestellte Entwicklung sei auf die einzelnen Hegebezirke umzulegen.

Die erhobenen Winter- und prognostizierten Sommerstände, die als Planungsgrundlage gedient hätten, seien in einer in den angefochtenen Bescheid aufgenommenen Tabelle (gegliedert nach "Zählung 2006 (ohne Dunkelziffer)", "Winterstand 2006 mit Dunkelziffer von 15 %", "Sommerstand 2006 (Zuwachs von 35 %)" und "Abschöpfung") getrennt für die einzelnen Hegebezirke wiedergegeben worden.

Im vorliegenden Fall gelte das besondere Interesse der Hegegemeinschaft O. Diesem Hegebezirk gehörten neben der vom Beschwerdeführer gepachteten Eigenjagd T auch die Jagdgebiete P, U, Te, W, Z, Zi, Al, T-O, Zberg, Z-N, Z-W und M an. Der Hegebezirk umfasse eine Fläche von 10.979 ha, welche zur Gänze bejagbar sei. Der Lebensraum für Rotwild werde im Jagdkataster mit 7.076 ha, für Gamswild mit 5.577 ha und für Rehwild mit 7.576 ha angegeben.

Die belangte Behörde stellte, getrennt für die einzelnen Jagdreviere des Hegebezirkes O, die folgenden Winter- und Sommerstände (getrennt jeweils nach den Angaben des Bezirksjägermeisters und des Abschussplanes) und eine "Abschöpfung" wie folgt dar:

 

"Winterstand

Sommerstand (Planungsgrundl.)

Abschöpfung

 

BJM

Ab.Pl.

BJM

Ab.Pl.

 

A

3

k.A.

0

k.A.

3

T

68

68

75

75

29

T- O

40

40

54

54

21

Te

33

33

44

47

19

Ob

13

13

18

18

8

U

22

24

26

29

11

W

45

45

61

61

28

Z

9

k.A.

15

k.A.

7

Z- N

4

7

6

14

2

Zi

8

4

12

6

3

Z- W

4

9

0

12

4

Zberg

4

k.A.

0

k.A.

4

Summe

253

243

311

316

139"

Der Bezirksjägermeister habe einen Winterstand von insgesamt 255 Stück Rotwild für den Hegebezirk dadurch errechnet, dass er dem Zählergebnis von 222 Stück eine 15 %ige Dunkelziffer hinzugerechnet habe. Unter Annahme eines Zuwachses von 35 % habe der Bezirksjägermeister einen Sommerstand von 344 Stück Rotwild errechnet. Gehe man von diesem Bestand aus, reduziere sich "die Prozentzahl des Abschusses des Sommerstandes vom 44,7 % auf 41 %". Ausgehend von dem vom Beschwerdeführer genannten Sommerstand von 75 Stück (für das beschwerdegegenständliche Jagdrevier) errechne sich bei der für den Hegebezirk vorgesehenen durchschnittlichen Abschussquote von 41 % ein zu tätigender Abschuss von aufgerechnet 31 Stück, wobei nur 29 Stück vorgeschrieben worden seien.

Die belangte Behörde könne sich der Meinung des Hegemeisters, der die Vorschreibung von 120 Stück Rotwild im Hegebezirk als ausreichend angesehen habe, weil die Wildstände annähernd gleich geblieben seien, nicht anschließen. Trotz aller Unschärfen könne nämlich als gesichert gelten, dass die Rotwildpopulation im Bezirk Innsbruck-Land in den letzten Jahren "geradezu explodiert" sei. Die vom Bezirksjägermeister gemeldeten Zählergebnisse (195 Stück im Jagdjahr 2004/2005, 196 Stück im Jagdjahr 2005/2006 und 222 Stück im Jagdjahr 2006/2007) belegten ein Ansteigen der Rotwildbestände auch im genannten Hegebezirk. Es sei deshalb nachvollziehbar, wenn die Erstbehörde als Reaktion auf diese Entwicklung auch im Hegebezirk O höhere Abschusszahlen vorgeschrieben habe. Auch wenn es zuträfe, dass die Bestände im Raum T und Umgebung annähernd gleichgeblieben seien (was durch die genannten Zahlen widerlegt werde), würde dies an der Gesamtbeurteilung wenig ändern, weil "ein angemessener Wildstand im Sinne des § 37 Abs 2 TJG 2004 nur erreicht werden kann, wenn alle an einem Strang ziehen".

Das Bestehen von tatsächlichem "Handlungsbedarf" lasse sich auch am Zustand des Waldes ablesen. Die belangte Behörde gab in diesem Zusammenhang den Inhalt des Schreibens der Bezirksforstinspektion Innsbruck vom 21. April 2006 wieder, in dem die Wildschadensituation wie folgt beschrieben werde:

"Hegebezirk

Gemeinde T

Waldzustand:

Naturverjüngung der erforderlichen Hauptbaumarten Fichte

(Kiefer) zum Großteil möglich.

Naturverjüngung der erforderlichen Nebenbaumarten Tanne u. Buche nur bedingt kleinstand-örtlich möglich und vorhanden.

Konsequenz und Vorschläge der BFI Innsbruck für den Hegebezirk Insgesamt ist in allen Jagdrevieren der Druck auf die Vegetation viel zu stark; daher ist eine Verringerung des Wildstandes (insbesondere Rotwild) möglichst rasch anzustreben und auf Dauer zu halten; daher:

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