VwGH 2004/03/0172

VwGH2004/03/017219.12.2006

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Handstanger, Dr. Berger, Dr. Lehofer und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des M S in B, vertreten durch Dr. Peter Sellemond, Dr. Walter Platzgummer und Mag. Robert Sellemond, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Speckbacherstraße 25, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 19. August 2004, Zl IIIa2-2046/4, betreffend Abschussplan, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §39 Abs2;
AVG §52;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
JagdG Tir 2004 §37 Abs2;
JagdG Tir 2004 §37 Abs8;
JagdG Tir 2004 §37;
JagdRallg;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
AVG §39 Abs2;
AVG §52;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
JagdG Tir 2004 §37 Abs2;
JagdG Tir 2004 §37 Abs8;
JagdG Tir 2004 §37;
JagdRallg;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Land Tirol hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer als Jagdleiter der Eigenjagd U hatte in dem von ihm der Bezirkshauptmannschaft Reutte vorgelegten Abschussplan für Schalenwild und Murmeltiere für das Jagdjahr 2004/2005 hinsichtlich des Rotwildes einen nach Geschlecht und Altersklassen gegliederten Gesamtabschuss von sieben Stück beantragt. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Reutte vom 24. Mai 2004 wurde der Abschuss von Rotwild abweichend von diesem Antrag gemäß § 37 Abs 8 des Tiroler Jagdgesetzes 1983, LGBl Nr 60/1983, "idF LGBl Nr 68/1993" (JG), nach Geschlecht und Altersklassen gegliedert mit insgesamt zwölf Stück festgesetzt. Dabei wurden folgende Abschüsse vorgeschrieben: 2 Hirschkälber (anstatt wie beantragt 1 Stück), ein Schmalspießer, 1 Junghirsch (so wie jeweils beantragt), 1 Mittelhirsch (ein solcher wurde nicht beantragt), 1 reifer Hirsch (so wie beantragt), 2 Tierkälber (anstatt wie beantragt 1 Stück), 2 Schmaltiere (anstatt wie beantragt 1 Stück), 2 Alttiere (anstatt wie beantragt 1 Stück).

Begründend verwies die erstinstanzliche Behörde zunächst auf die von ihr eingeholte Stellungnahme der Bezirksforstinspektion Lechtal vom 17. Mai 2004, die im Wesentlichen folgenden Inhalt hat:

"GJ B + EJ H:

Auf der Sonnseite im Oberen und Unteren Swald treten auch Verbissschäden auf der Fichte auf. Die vorkommenden Laubhölzer sind stark verbissen, Fegeschäden sind vor allem auf Kiefer und Lärche zu verzeichnen. Im Bereich Bildstöckl-Weittal am Eingang ins Mtal treten deutliche Verbissschäden auch auf den Fichtennaturverjüngungen auf. Die vorkommenden Laubhölzer sind stark verbissen, die Lärche fällt aufgrund von Fegeschäden häufig aus.

Im Sch und Gwald weisen vor allem die Tanne und das Laubholz starke Verbissschäden auf. Diese Mischbaumarten können hier ohne Schutzmaßnahmen nicht aufgebracht werden. Eine Zunahme von Fege- und Schlagschäden ist vor allem im Umgebungsbereich der Sch Böden zu verzeichnen, im Gwald treten an der Grenze gegen die Österreichischen Bundesforste neue Schäl- und Schlagschäden auf. Im Hochwald wird auch die sehr verbissharte Fichte zunehmend verbissen. Durch Fegeschäden an der Lärche droht die Gefahr der Entmischung. Weiter sind hier stark zunehmende Schälschäden oberhalb der M Brücke im Stangenholz mit einer frischen Winterschälung und deutliche Schlagschäden zu verzeichnen.

EJ U:

Auf dem Gebiet der EJ U ist eine leichte Zunahme der Verbissschäden bei der Fichte zu vermerken. Die vorkommenden Laubhölzer, vor allem Ahorn und Vogelbeere, sind stark verbissen. Auf der Lärche und Kiefer sind teilweise Fegeschäden zu verzeichnen. Vereinzelt treten Schälschäden auf. Im Umgebungsbereich der neuen Fütterung sind Schlagschäden zu verzeichnen.

EJ A:

Die Verjüngungsflächen im Eigenjagdgebiet A weisen bei den Tannen und Laubhölzern starke Verbissschäden auf. Durch den regelmäßigen Verbiss ist hier die Entmischung der Kulturen zu erwarten. Im Einstandsgebiet rund um die Fütterung sind deutliche Schlag- und Fegeschäden vorhanden. Auf der Schadholzfläche oberhalb der Fütterung ist auch die Fichte durch Wildschäden in ihrem Bestand gefährdet. Die Fichtennaturverjüngung, die sich auf den ehemaligen Bergmähdern im E entwickelt, weist deutliche Verbiss-, Fege- und Schlagschäden auf.

EJ R:

Die Schattseite des Eigenjagdgebietes R weist keine größeren Schäden auf. Hier ist lediglich ein leichter bis mittlerer Verbiss auf den Mischbaumarten Tanne und Laubholz zu verzeichnen. Diese Baumarten müssen geschützt werden. Auf der Sonnseite treten wesentlich stärkere Wildschäden auf, hier sind auch bei der Hauptbaumart Fichte starke Verbiss-, Fege- und Schlagschäden vorhanden. Die Mischbaumarten sind durch starken Verbiss in ihrem Bestand gefährdet. Vereinzelt sind auch Schälschäden feststellbar.

EJ Rö:

Stärkere Wildschäden treten vor allem im vorderen Teil des Jagdgebietes auf. Weiter taleinwärts bessert sich die Schadensituation. Auf dem Nederschlag ist auch die verbissharte Fichte durch starken Verbiss und Verfegen gefährdet, die Mischbaumarten in diesem Bereich fallen durch Verbiss aus. Im Mwald zeigt sich auf den Schlagflächen auf der Sonnseite bei der Fichte ein mittelstarker Verbiss, die Laubhölzer sind ohne besondere Schutzmaßnahmen auch in diesem Bereich nicht aufzubringen.

...

Zusammenfassung:

Aus forstlicher Sicht muss in der Zusammenfassung aller in B einliegenden Jagdreviere, die gemeinschaftlich bewirtschaftet werden, festgestellt werden, dass zunehmend Fichtenverbiss zu verzeichnen ist. Die Mischbaumart Tanne und verschiedene Laubhölzer fallen durch selektiven Verbiss auf einem Großteil der Fläche aus bzw. sind ohne besondere Schutzmaßnahmen nicht aufzubringen. Bei der Lärche und Kiefer treten Fegeschäden auf, die längerfristig ebenfalls zu einer Entmischung führen. Eine deutliche Zunahme ist vor allem bei den Schlagschäden zu verzeichnen. In verstärktem Umfang treten Schälschäden auf. In den oben beurteilten Revieren ist damit eine deutliche Verschlechterung der Wildschadenssituation feststellbar.

Als besonders wichtig wird dazu angeführt, dass vor allem Schutzwälder, auch Objektschutzwälder betroffen sind und für die Waldbesitzer der Gemeinde B bzw. für diese Schutzwälder in der Gemeinde B von der Bezirksforstinspektion Lechtal ein Schutzwaldverbesserungsprojekt ausgearbeitet wurde. Seit 1997 werden über dieses Projekt Schutzwaldverbesserungsmaßnahmen durchgeführt und mit hohem öffentlichem Mitteleinsatz gefördert. Grundvoraussetzung für die Genehmigung bzw. Förderung von Schutzwaldverbesserungsprojekten sind angepasste Wildstände bzw. eine Wildschadenssituation, die auch das Aufkommen der notwendigen Mischbaumarten möglich macht. Bei einer weiteren Verschlechterung der Wildschadenssituation ist das Schutzwaldverbesserungsprojekt gefährdet und es muss mit einer Einstellung der Schutzwaldverbesserungsmaßnahmen gerechnet werden.

Am selektiven Verbiss der Mischbaumarten und den Fegeschäden, die längerfristig zur Entmischung führen, ist vor allem auf beiden Talseiten des Ltales das Rehwild beteiligt. Am zunehmenden Fichtenverbiss, an den Fege- und Schlagschäden, sowie an den sich ausweitenden Schälschäden vor allem im Mtal, ist das Rotwild Hauptschadensverursacher. Gamswild führt nur kleinörtlich zu Problemen. Der deutliche Anstieg des Rotwildbestandes, verursacht durch eine sehr schlechte Abschusserfüllung über die letzten drei Jahre, ist nach hieramtlicher Meinung hauptverantwortlich für die Verschlechterung der Schadenssituation. Im Interesse der Landeskultur sind hier sicher jagdliche Maßnahmen notwendig, die zu einer Trendumkehr bei den Schäden führen können.

Aus der Sicht der Bezirksforstinspektion Lechtal erscheint es daher notwendig, dass die Abschussvorschreibungen beim Rotwild deutlich angehoben werden, aber auch beim Rehwild erhöht werden. Diese Maßnahmen sollten aufgrund der schlechten Abschusserfüllung der letzten drei Jahren in Verbindung mit einem meist sehr späten Schussbeginn durch die Vorschreibung einer zeitlichen Abfolge sowie der körperlichen Vorlage des erlegten Kahlwildes ergänzt werden."

Des weiteren gab die erstinstanzliche Behörde den Inhalt der Stellungnahme des zuständigen Hegemeisters wieder, die folgendermaßen lautete:

"Auch im Revier B mit EJen ist der Rotwildbestand mit Abschussanträgen der Jagdjahre 2002/03 und 2003/04 von je 104 Stück Rotwild, deutlich angewachsen. Betrachtet man die Abgänge der letzten zwei Jahre genauer, so wurden in diesem Zeitraum 54 Hirsche und 49 Tiere Abgang gemeldet. Trotz eines höheren Hirschabschusses ist der Überhang an Hirschen in den Winterstandsmeldungen von 9 Stück 2002 auf 32 Stück 2004 angestiegen. Da nach Angaben von ROJ S M, Wechselwild für das Revier B mit EJen nicht von Bedeutung ist, muss angenommen werden, dass das Kahlwild bei den Winterzählungen nicht zur Gänze erfassbar war.

Aus oben angeführten Gründen bin ich der Meinung, dass der Abschussplan B mit EJen mit einem Antrag von 105 Stück Rotwild deutlich zu niedrig ist und den Interessen der Landeskultur nicht entspricht."

Auf Grund dieser Stellungnahmen sei, so die erstinstanzliche Behörde, "eine Plausibilitätsberechnung, ausgehend vom gemeldeten Winterwildstand 2001" vorzunehmen, "mit der Annahme einer nicht zählbaren Dunkelziffer bei Kälbern, Spießern und Tieren von 10 %".

Durch Hinzurechnung des für die genannten Kategorien angenommenen "Zuschlages" von 10 % zu der vom Beschwerdeführer laut "Zählblatt für die Wildstandserhebung" für Jänner 2001 genannten, nach Geschlecht und Altersklassen gegliederten Gesamtstückzahl von 279 Stück Rotwild errechnete die erstinstanzliche Behörde einen angenommenen "Winterstand 2001" von 296 Stück. Durch Addition eines geschätzten "Zuwachses" und Subtraktion des jeweiligen "Abgangs" errechnete sie im Weiteren Winterstände von 325 (2002), 344 (2003) und 381 (2004) Stück und einen "Sommerstand" 2004 von 503 Stück. Ausgehend vom "gemeldeten Wildstand" für 2004 mit insgesamt 323 Stück ergebe sich als Differenz eine "theoretische Abschöpfung 2004/05" von 180 Stück.

Zuletzt stellte die erstinstanzliche Behörde hinsichtlich des Zeitraums 2001/02 bis 2003/04 für die Reviere "GJ B, EJ A, EJ Rö, EJ R, EJ G und EJ Gr" den Abschusszahlen laut Abschussplan (88 Stück 2001/02, 104 Stück 2002/03, 104 Stück 2003/04) den tatsächlichen "Abgang" (65 Stück 2001/02, 82 Stück 2002/03, 73 Stück 2003/04) gegenüber.

In rechtlicher Hinsicht führte die erstinstanzliche Behörde im Wesentlichen Folgendes aus: Gemäß § 37 Abs 2 JG sei der Abschussplan so zu erstellen, dass der für das betreffende Jagdgebiet oder für den betreffenden Teil eines Jagdgebietes mit Rücksicht auf dessen Größe und Lage, auf die natürlichen Äsungsverhältnisse, auf den natürlichen Altersaufbau, auf ein ausgewogenes zahlenmäßiges Verhältnis zwischen männlichem und weiblichem Wild und auf die Interessen der Landeskultur angemessene Wildstand erreicht und erhalten, aber nicht überschritten wird. Bei der Erstellung des Abschussplanes sei im Interesse einer großräumigen Jagdbewirtschaftung auf die Wildstandsverhältnisse der benachbarten Jagdgebiete Bedacht zu nehmen. Ausgehend von einem am 27. Februar 1989 für die Tiroler Landesregierung erstellten Gutachten des Sachverständigen für Wild und Jagd, Dipl. Ing. P S, sei es auch bei größter Sorgfalt für bewährte Berufsjäger unmöglich, den wahren Bestand von Reh-, Gams- und Rotwild in freier Wildbahn für eine seriöse Abschussplanung zahlenmäßig ausreichend genau zu erfassen. Dem Gutachten zufolge würden Erfolge bei der Schalenwildregulierung wieder verloren gehen, wenn zu niedrige Abschüsse geplant oder nicht voll erfüllt würden. Da die Hirsche großteils unterscheidbar, durch die Abwürfe zu einem guten Teil auch nachweisbar seien, enthalte die Dunkelziffer nicht erfassten Wildes sicher weit überwiegend Rottiere. So würde immer ein zu niedriger Zuwachs errechnet, womit die durchwegs höheren Istbestände gegenüber den fortgerechneten Sollbeständen geklärt seien. Die durch Zählung nicht erfassbaren Anteile von Wildbeständen und der deshalb unvollständig errechnete Zuwachs müssten bei der Abschussbemessung mit Zuschlägen berücksichtigt werden.

In der Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid machte der Beschwerdeführer im Wesentlichen geltend, den eingeholten "Gutachten" könnten nur unspezifizierte Rotwildschäden in geringem Ausmaß entnommen werden; sie seien daher ungeeignet, die vorgenommene Abschusserhöhung zu begründen. Die von der erstinstanzlichen Behörde erstellte "Plausibilitätsberechnung" sei mit der ungerechtfertigten Dunkelziffer belastet, welche die tatsächlichen Gegebenheiten nicht berücksichtige. Der Beschwerdeführer kenne als Berufsjäger die Jagdreviere und ihre Wildstände genau, sodass die von ihm genannten, auf eigener Zählung im Beisein der Jagdobmänner beruhenden Zahlenangaben dem Abschussplan zu Grunde zu legen gewesen wären. Dazu komme, dass der erstinstanzlichen Behörde insofern noch ein offenkundiger Fehler unterlaufen sei, als sie übersehen habe, dass die Abgänge von drei weiteren konkret genannten Jagden, nämlich "Z, X und M", die "aus dem Winterstand (der von der erstinstanzlichen Behörde berücksichtigten Jagden) gespeist " würden (für die Jahre 2001 bis 2003 insgesamt 15 Stück Rotwild samt Zuwachs), ebenfalls vom Wildstand in den vom Beschwerdeführer als Jagdleiter verwalteten Revieren abzuziehen seien. Der von der erstinstanzlichen Behörde verfügte Gesamtabschuss sei tatsächlich nicht durchführbar, ein Strafverfahren wegen Nichterfüllung des Abschussplanes vorprogrammiert. Darüber hinaus sei die von der erstinstanzlichen Behörde verfügte Abschusserhöhung im Hegebereich grob ungerecht verteilt (was näher dargestellt wurde).

Im Berufungsverfahren veranlasste die belangte Behörde eine Ergänzung der Beweisaufnahme durch Einholung einer jagdfachlichen Stellungnahme des Bezirksjägermeisters. Dieser führte darin im Wesentlichen Folgendes aus:

"Bei der Rotwildbestandserhebung im Februar 2003 wurden im Bezirk Reutte 4.317 Stück Rotwild gezählt (angegeben), im Jagdjahr 2003/04 hatten wir dann einen Abgang von 1.830 Stück zu verzeichnen. Laut den gemeldeten setzfähigen Tieren wäre der errechnete Zuwachs bei 1.263 Stück gelegen.

Bei der Bestandserhebung im Februar 2004 wurden dann

4.608 Stück Rotwild angegeben. Trotz eines Abganges, der weit über dem errechneten Zuwachs gelegen ist, ging der Bestand also nach oben. Dies ist der beeindruckende Beweis dafür, dass beim weiblichen Wild eine erhebliche Dunkelziffer vorhanden sein musste. Zu jenen Bereichen, in denen der Wildstand angestiegen ist, zählt auch der Bereich B mit Eigenjagden.

In den Jagden, die (vom Beschwerdeführer) als Jagdleiter verwaltet werden, lag die Abschusserfüllung in den letzten Jahren unter 80 %. Im Vorjahr gar nur bei 70 %, obwohl der vorgeschriebene Abschuss von 104 Stück bereits einen Kompromiss darstellte und die hundertprozentige Erfüllung von Seiten des Pächters hoch und heilig versprochen wurde. Der Abgang der letzten drei Jahre betrug immer nur 30 % des angegebenen Winterstandes; obwohl Wechselwild, auch meiner Meinung nach, keine große Rolle spielt.

Der Abgang im Vorjahr (73 Stück) betrug 23,85 % des angegebenen Winterstandes von 306 Stück. Dazu kommt noch, dass in den letzten Jahren immer mehr männliches als weibliches Rotwild erlegt wurde!

Der Abgang des restlichen Hegebezirkes L lag im Vorjahr bei 37,2 % des angegebenen Winterstandes."

Bemerkenswert sei, "dass trotz eines höheren Hirschabganges in den letzten Jahren der Überhang an Hirschen von 9 Stück im Jahr 2002 auf 32 Stück im Jahr 2004 angestiegen" sei. Von der Behörde vorgeschriebene Zählungen des Wildstandes erbrächten nur "Mindestwerte", die sich vom tatsächlichen Bestand unterschieden.

Zu dem vom Beschwerdeführer in der Berufung aufgezeigten Umstand, dass auch die Abgänge weiterer dreier Jagden vom Winterstand abzurechnen seien, wurde in dieser Stellungnahme ausgeführt, dass die drei genannten Reviere zusammen eine Größe von 4.912 ha aufwiesen, wobei laut Angaben des Beschwerdeführers im Vorjahr in diesen drei Revieren lediglich zwei Stück Rotwild erlegt worden seien (nach den "Recherchen" des Bezirksjägermeisters seien es drei Stück gewesen). Die Fläche von

4.912 ha wirke sich "gravierend bei der Berechnung der Wilddichte aus", drei Stück Abgang sei jedoch ein "minimaler Beitrag zur Abschusserfüllung und Abschöpfung des Zuwachses".

Bei der Plausibilitätsberechnung der erstinstanzlichen Behörde falle auf, "dass im Winterstand 2004 48 Stück Hirsche der Klasse II (tatsächlich weist die genannte Berechnung für diese Kategorie 45 Stück aus) vorhanden sein hätten müssen, im tatsächlichen, (vom Beschwerdeführer) gezählten Wildstand 2004 waren es aber 66 Stück." Da die Abgänge in dieser Klasse sehr hoch gewesen seien, müsse "bei der Ausgangslage dieser Berechnung schon allein die Zahl an Hirschen der Klasse III wesentlich höher gewesen sein als tatsächlich angegeben".

Der Beschwerdeführer nahm dazu mit Schriftsatz vom 5. August 2004 im Wesentlichen dahingehend Stellung, dass die angesetzte "Dunkelziffer" nach wie vor nicht nachvollziehbar begründet worden sei. Dazu komme, dass in der Genossenschaftsjagd B, die ebenfalls vom Beschwerdeführer als Jagdleiter betreut werde, im Jagdjahr 2003/04 vom angestellten Berufsjäger, der wegen dieser Dienstpflichtverletzung gekündigt worden sei, nur elf von 25 Stück Rotwild erlegt worden seien; diese Nichterfüllung des Abschussplanes habe lediglich Auswirkungen auf die Genossenschaftsjagd B gehabt, weshalb hier das vorjährige Abschussmanko durch eine Abschusserhöhung wettgemacht hätte werden sollen, nicht aber in den Nachbarjagden. Für alle betroffenen Gebiete des Beschwerdeführers als Jagdleiter sei nachzuweisen, dass eine Erhöhung des Wildstandes nur exakt in dem Maß stattgefunden habe, in dem Abgang und Zuwachs divergiere. Der Wildstand habe sich über mehrere Jahre hindurch "exakt nach den von fachlicher Seite entworfenen Richtlinien" entwickelt, weshalb eine von Zählungen nicht erfasste Dunkelziffer ausgeschlossen werden könne. Demgegenüber sei in anderen Jagden des Hegebereichs eine Wildstandserhöhung eingetreten, obwohl der Abgang stets über dem berechneten Zuwachs gelegen sei, weshalb für die dortigen Gebiete erwiesen sei, dass eine nicht erfasste Dunkelziffer existieren müsse. Der durch die Zählungen belegte "deutliche Hirschüberschuss" habe zur Konsequenz, dass in diesen Jagdgebieten der Zuwachs geringer ausfalle als in anderen Jagdgebieten mit einem Tierüberhang. Unrichtig sei die Annahme des Bezirksjägermeisters, es seien mehr männliche als weibliche Stücke erlegt worden. So seien in den letzten acht Jahren 234 Hirsche, 257 Tiere und 270 Kälber erlegt worden. Die "höhere Abschöpfung im übrigen Hegebereich" belege, dass dort "günstigere Geschlechterverhältnisse und wahrscheinlich auch tatsächlich Dunkelziffern" bestünden; diese Verhältnisse könnten aber nicht auf die beschwerdegegenständlichen Jagdgebiete übertragen werden.

Im Übrigen bemängelte der Beschwerdeführer eine von ihm als "unbegreiflich" empfundene "Behandlung" der Genossenschaftsjagd B, die mit 4.362 ha den Kernbereich des vom Beschwerdeführer betreuten Gebietes darstelle. In diesem Jagdgebiet (mit etwa 35 % der Fläche und 45 % des Zählstandes) sei der Abschuss mit 38 Stück so wie beantragt bewilligt worden, "was bei 57 Tieren wenig und wohl nur mit der Einflussnahme verschiedener Funktionäre B erklärbar" sei. Würde "überall mit gleichem Maßstab gemessen", hätte bei diesem Jagdgebiet viel eher als bei den beschwerdegegenständlichen Jagden eine deutliche Erhöhung vorgenommen werden müssen.

Mit Schriftsatz vom 23. August 2004 legte der Beschwerdeführer ein Privatgutachten vor. Dieses Gutachten bemängelt im Wesentlichen, dass die erstinstanzliche Behörde von den Zählergebnissen des Beschwerdeführers willkürlich abgegangen sei und dass in anderen Revieren der gesamten Hegegemeinschaft den vorgelegten Abschussplänen im Wesentlichen gefolgt worden sei, obwohl dort eine höhere Wilddichte bestünde. Die geltend gemachten, nicht näher dargelegten Wildschäden könnten die Abschusserhöhung nicht begründen. Dazu komme, dass der Überhang an Ier- und IIer-Hirschen erhebliche Konkurrenz während der Brunftzeit und damit zunehmende Schlagschäden bewirke. Für Verbissschäden sei demgegenüber eher Reh- als Rotwild verantwortlich.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers gegen den erstinstanzlichen Bescheid nicht Folge.

Begründend führte sie, nach einer Darstellung des bisherigen Verfahrensganges im Wesentlichen Folgendes aus:

Gemäß § 37 Abs 2 des Tiroler Jagdgesetzes sei der Abschussplan so zu erstellen, dass der für das betreffende Jagdgebiet mit Rücksicht auf dessen Größe und Lage, auf die natürlichen Äsungsverhältnisse, auf den natürlichen Altersaufbau, auf ein ausgewogenes zahlenmäßiges Verhältnis zwischen männlichem und weiblichem Wild und auf die Interessen der Landeskultur angemessene Wildstand erreicht und erhalten, aber nicht überschritten werde. Bei der Erstellung des Abschussplanes sei im Interesse einer großräumigen Jagdbewirtschaftung auf die Wildstandsverhältnisse der benachbarten Jagdgebiete Bedacht zu nehmen.

Grundsätzlich sei es Sache des Jagdausübungsberechtigten, der Behörde bei der Einreichung des Abschussplanes - für jedes Jagdgebiet gesondert - verlässliche Zahlen über den vorhandenen Wildbestand vorzulegen. Im Beschwerdefall habe der vorgelegte Abschussplan diesen Anforderungen nicht genügt, weil der Beschwerdeführer den Rotwildbestand in den von ihm betreuten Revieren nur summarisch bekannt gegeben habe (diese Übung sei von der Behörde toleriert worden, weil die betreffenden Gebiete gemeinsam bewirtschaftet wurden). Die erstinstanzliche Behörde habe sich daher bei der Erstellung des Abschussplanes auf die vom Beschwerdeführer bekannt gegebenen Wildstandszahlen gestützt. Diese Abschusszahlen seien "entsprechend angehoben" worden. Die geforderte Berücksichtigung der Reviere X, M und Z sei unberechtigt, weil auf Grund der lediglich geringen Abgänge in diesen Jagdgebieten der Einfluss dieser Reviere auf die jagdlichen Verhältnisse im beschwerdegegenständlichen Jagdgebiet geringfügig sei.

Von maßgebender Bedeutung sei hingegen gewesen, ob die vom Beschwerdeführer angegebenen Wildstandszahlen "mit den tatsächlich in den Revieren gegebenen Verhältnissen korrespondieren". Die erstinstanzliche Behörde habe ihre Annahme, der Rotwildbestand sei in den letzten Jahren stark angestiegen, zum einen auf die festgestellten erheblichen Waldschäden und zum anderen darauf gestützt, dass in den letzten Jahren die vorgeschriebenen Abschusszahlen in den Revieren nicht bzw nur unvollständig erfüllt worden seien. Diese beiden Tatsachen rechtfertigten schon "grundsätzlich eine Erhöhung des Rotwildabschusses". Zusätzlich habe die erstinstanzliche Behörde aber noch eine "Plausibilitätsberechnung" angestellt, "um das Missverhältnis zwischen den gemeldeten Zahlen und dem tatsächlich vorhandenen Wildbestand greifbar zu machen". Dabei sei sie zum Ergebnis gelangt, dass der hochgerechnete Winterbestand "in den verfahrensgegenständlichen Revieren" (503 Stück Wild) von dem gemeldeten Wildstand um 180 Stück differiere. Gegen die Richtigkeit dieser Berechnungen habe die belangte Behörde keine Bedenken. Auch bei einer gewissenhaften Zählung des Wildstandes durch den Jagdausübungsberechtigten könnten diese Angaben mit einer "nicht geringen, teilweise sogar zweistelligen Fehlerquote behaftet sein". Diese "kontinuierliche Unterschätzung" des Wildstandes könne innerhalb von wenigen Jahren einen erheblichen Anstieg des Wildbestandes nach sich ziehen, nämlich auch dann, wenn die vorgeschriebenen Abschüsse immer erfüllt würden, was im Beschwerdefall ohnehin nicht zugetroffen habe. Die fehlende Übereinstimmung der Wildstandsangaben der vergangenen Jahre mit dem tatsächlich vorhandenen Wildbestand in den verfahrensgegenständlichen Revieren sei durch das vermehrte Auftreten von Wildschäden dokumentiert.

Das vom Beschwerdeführer vorgelegte Privatgutachten habe die Berechnungen der Erstbehörde schon deshalb nicht entkräften können, weil sich der Sachverständige nur auf die ihm vom Beschwerdeführer zur Verfügung gestellten Zahlen gestützt habe, die aber mit den tatsächlichen Verhältnissen nicht übereinstimmten. Der Hinweis darauf, dass als Verursacher der festgestellten Waldschäden neben Rotwild auch andere Wildarten in Frage kämen, könne im Hinblick auf die festzustellende Wildstandsentwicklung in den Beobachtungsgebieten an der Beurteilung nichts ändern. Auch der Vorwurf der "ungleichen Verteilung der Abschüsse" gehe ins Leere, weil das für die einzelnen Reviere festgesetzte Abschussverhältnis zueinander gegenüber dem laut den eingereichten Abschussplänen lediglich in einer Größenordnung von 0,52 % bis 12,16 % differiere. Eine derart geringe Abweichung sei unbedenklich. Ein "angebliches Abschussmanko" in der Genossenschaftsjagd B sei im Beschwerdefall unerheblich, weil nur zu entscheiden sei, ob der Beschwerdeführer durch den bekämpften erstinstanzlichen Bescheid in seinen Rechten verletzt worden sei, nicht aber, wie die Behörde in einem anderen Verfahren vorgegangen sei.

Zusammenfassend sei daher festzustellen, dass der erstinstanzliche Abschussplan den Vorgaben des § 37 Abs 2 JG entspreche. Die spürbare Anhebung der Abschusszahlen sei das einzig taugliche Mittel, die auftretenden Wildschäden im Bezirk in den Griff zu bekommen.

Über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Das Tiroler Jagdgesetz 1983, LGBl Nr 60/1983, wurde mit LGBl Nr 41/2004 als "Tiroler Jagdgesetz 2004 - TJG 2004" (JG) wiederverlautbart. Eine inhaltliche Änderung des § 37 JG erfolgte dabei nicht.

§ 37 JG lautet (auszugsweise) wie folgt:

"§ 37

Abschussplan

(1) Der Abschuss von Schalenwild - mit Ausnahme von Schwarzwild -, von Auer- und Birkhahnen und von Murmeltieren darf nur im Rahmen eines Abschussplanes erfolgen. Dieser ist jeweils für ein Jagdjahr und für ein Jagdgebiet sowie für den Teil eines Jagdgebietes, der Gegenstand eines Jagdpachtvertrages nach § 18 Abs. 1 dritter Satz ist, zu erstellen.

(2) Der Abschussplan ist so zu erstellen, dass der für das betreffende Jagdgebiet oder für den betreffenden Teil eines Jagdgebietes mit Rücksicht auf dessen Größe und Lage, auf die natürlichen Äsungsverhältnisse, auf den natürlichen Altersaufbau, auf ein ausgewogenes zahlenmäßiges Verhältnis zwischen männlichem und weiblichem Wild und auf die Interessen der Landeskultur angemessene Wildstand erreicht und erhalten, aber nicht überschritten wird. Bei der Erstellung des Abschussplanes ist im Interesse einer großräumigen Jagdbewirtschaftung auf die Wildstandsverhältnisse der benachbarten Jagdgebiete Bedacht zu nehmen.

(3) Im Abschussplan für Schalenwild sind, mit Ausnahme des voraussichtlichen Zuwachses an Wild, jeweils nach Geschlecht und nach Altersklassen (Abs. 6) gegliedert, anzugeben:

  1. a) der ermittelte Wildstand,
  2. b) die Anzahl der im Vorjahr getätigten Abschüsse und der im Vorjahr aufgetretenen Stücke von Fallwild,
  3. c) der voraussichtliche Zuwachs an Wild,
  4. d) die in Aussicht genommene Anzahl von Abschüssen.

    ...

(6) Die Landesregierung hat durch Verordnung unter Bedachtnahme auf einen den wildbiologischen Gesetzmäßigkeiten entsprechenden Altersaufbau des Wildstandes die einzelnen Arten von Schalenwild in drei Altersklassen, und zwar die Altersklasse I (Ernteklasse), die Altersklasse II (Mittelklasse) und die Altersklasse III (Jugendklasse), einzuteilen. Beim weiblichen Wild kann die Einteilung in drei Altersklassen unterbleiben.

(7) Der Abschussplan bedarf der Genehmigung der Bezirksverwaltungsbehörde. Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn die Erhaltung oder Herstellung des nach Abs. 2 angemessenen Wildstandes gewährleistet ist.

(8) Die Bezirksverwaltungsbehörde hat den Abschussplan von Amts wegen festzusetzen,

a) wenn der Jagdausübungsberechtigte den Abschussplan nicht oder nicht rechtzeitig vorgelegt hat oder

b) wenn durch den vom Jagdausübungsberechtigten vorgelegten Abschussplan die Erhaltung oder Herstellung des nach Abs. 2 angemessenen Wildstandes nicht gewährleistet ist.

(9) Soweit es zur Erhaltung oder Herstellung eines nach Abs. 2 angemessenen Wildstandes erforderlich ist, kann die Bezirksverwaltungsbehörde, um die Erfüllung eines Abschussplanes sicherzustellen,

a) eine zeitliche Abfolge der Abschüsse während des Jagdjahres vorschreiben;

b) den Abschuss einer bestimmten Anzahl von Wildstücken, deren Abschuss in den Abschussplänen zweier oder mehrerer aneinandergrenzender Jagdgebiete vorgesehen ist, in der Weise verfügen, dass jeder Jagdausübungsberechtigte in seinem Jagdgebiet die gesamte Anzahl dieser Wildstücke erlegen darf. Dabei werden Wildstücke, die ein Jagdausübungsberechtigter über den Abschussplan hinaus erlegt, auf den Abschussplan der übrigen Jagdausübungsberechtigten im Verhältnis der darin festgesetzten Anzahl von Abschüssen angerechnet. Jeder Jagdausübungsberechtigte hat die übrigen Jagdausübungsberechtigten unverzüglich von jedem über den Abschussplan hinaus getätigten Abschuss zu verständigen.

..."

Zunächst ist festzuhalten, dass der vom Beschwerdeführer vorgelegte Abschussplan insofern nicht den Erfordernissen des § 37 Abs. 3 JG entsprochen hat, als Angaben über den ermittelten Wildstand (lit a) und den voraussichtlichen Zuwachs an Wild (lit c) fehlten. Die belangte Behörde war daher berechtigt, den Abschussplan gemäß § 37 Abs. 8 lit a JG von Amts wegen festzusetzen. Der Beschwerdeführer erstattete jedoch zusammengefasste gemeinsame Angaben über die Wildstände in mehreren von ihm verwalteten Jagdgebieten; diese legte die belangte Behörde ihren Berechnungen zu Grunde.

Ausgehend von § 37 JG ist Grundlage für den Abschussplan der tatsächliche Wildstand in dem betreffenden Jagdgebiet. Ein Bescheid, mit dem ein Abschussplan abweichend vom Entwurf des Jagdinhabers von Amts wegen erlassen wird, muss, um einer inhaltlichen Prüfung zugänglich zu sein, jedenfalls den für die Entscheidung maßgeblichen tatsächlichen, nach Anzahl, Geschlecht und klassenmäßiger Zusammensetzung gegliederten Wildstand erkennen lassen. Des weiteren muss daraus hervorgehen, wie hoch die unter Berücksichtigung der Grundsätze des § 37 Abs 2 JG wünschenswerten Wilddichte im Jagdgebiet ist. Schließlich ist die Eignung der getroffenen Abschussverfügung zur Verwirklichung des angestrebten Zieles darzulegen, sofern sie nicht ohnehin der Sachlage nach offenkundig ist (vgl das hg Erkenntnis vom 29. September 1993, Zl 93/03/0025, zum Steiermärkischen Jagdgesetz 1986, mwN). Dass für die verlässliche Ermittlung des Wildstandes in erster Linie die Ergebnisse von umfassenden und gewissenhaft durchgeführten Wildzählungen maßgebend sein müssen und sich die Behörde mit einer bloßen Schätzung grundsätzlich nicht begnügen darf (vgl das hg Erkenntnis vom 16. April 1986, Zl 85/03/0180), bedeutet nicht, dass die Behörde die Ergebnisse von Zählungen ungeprüft ihrer Beurteilung zu Grunde legen müsste; geht sie aber - wie im Beschwerdefall - von Zählergebnissen trotz Attestierung der "größten Sorgfalt" bei der Durchführung der Zählung ab, bedarf es einer schlüssigen Begründung für diese Vorgangsweise. In einem derartigen Fall wird die Behörde Feststellungen über die Art und Weise der Zählung zu treffen haben, insbesondere von wem, wann und auf welche Weise die Zählungen durchgeführt wurden. Allfällige Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der Zählung und der Verlässlichkeit der aus deren Ergebnissen abzuleitenden Wildstandsermittlung werden in der Regel - da es sich um die Beurteilung jagdfachlicher Fragen handelt - die Beiziehung eines jagdfachlichen Sachverständigen notwendig machen. Dieser hätte gegebenenfalls auch darzulegen, warum aus fachlicher Sicht die Zählergebnisse unrichtig seien und in welchem Ausmaß (etwa infolge Berücksichtigung einer "Dunkelziffer") sie zu korrigieren wären, um der Behörde die Grundlagen für eine allfällige Entscheidung nach § 37 Abs. 8 JG zu liefern.

Dem wurde im Beschwerdefall nicht entsprochen.

Von der erstinstanzlichen Behörde, deren Überlegungen sich die belangte Behörde zu Eigen gemacht hat, wurde der angenommenen Wildstand (Winterstand 2004 als Ausgangspunkt für die Erstellung des Abschussplanes für die Jagdperiode 2004/2005) in Form der dargestellten "Plausibilitätsrechnung" ausgehend von dem durch den Beschwerdeführer bekannt gegebenen Winterstand 2001 dadurch ermittelt, dass sie eine 10 % "Dunkelziffer" für die Kategorien Kälber, Spießer und Tiere hinzugerechnet und so einen Winterstand 2001 von insgesamt 296 (anstelle der im Zählblatt des Beschwerdeführers genannten 279) Stück Rotwild angenommen hat. Dieser Zuschlag wurde im Wesentlichen mit den Ausführungen des im erstinstanzlichen Verfahren beigezogenen Hegemeisters begründet, der unter Hinweis darauf, dass trotz eines höheren Hirschabschusses in den Jagdjahren 2002/03 und 2003/04 (Abgang von 54 Hirschen gegenüber 49 Tieren) der "Überhang an Hirschen" weiter angestiegen sei (von 9 Stück 2002 auf 32 Stück 2004), geschlossen hat, "dass das Kahlwild bei den Winterzählungen nicht zur Gänze erfassbar war".

Im berufungsbehördlichen Verfahren wurde zu diesem Thema vom Bezirksjägermeister die oben wiedergegebene jagdfachliche Stellungnahme abgegeben, die aus dem Umstand, dass im Bezirk Reutte ein Winterwildstand 2003 von 4.317 Stück Rotwild angegeben worden war, im Jagdjahr 2003/04 ein Abgang von 1.830 Stück und ein errechneter Zuwachs von 1.263 Stück anzunehmen gewesen sei, und dennoch bei der Bestandserhebung im Februar 2004 ein Wildstand von

4.608 Stück gezählt worden sei, geschlossen hat, dass beim weiblichen Wild eine erhebliche Dunkelziffer vorhanden gewesen sei; nur so sei nämlich zu erklären, dass trotz eines Abganges, der weit über dem errechneten Zuwachs gelegen sei, der Bestand nach oben gegangen sei. Zu jenen Gebieten, in denen der Wildstand angestiegen sei, zähle auch der "Bereich B mit Eigenjagden", in dem das beschwerdegegenständliche, vom Beschwerdeführer als Jagdleiter verwaltete Jagdrevier liege.

Vorauszuschicken ist, dass weder der erwähnte Hegemeister noch der Bezirksjägermeister als - nichtamtliche - Sachverständige im Sinne des § 52 AVG tätig wurden; ihre Stellungnahmen sind zwar Beweismittel im Sinne des § 46 AVG, liegen aber nicht auf der Ebene von Sachverständigengutachten.

Der belangten Behörde ist wohl zuzugestehen, dass der in der Stellungnahme des Bezirksjägermeisters aufgezeigte Umstand - Ansteigen des jeweils gezählten Wildstandes auch dann, wenn die "Abgänge" (Abschüsse und Fallwild) höher sind als die (ausgehend von der Gesamtzahl der gemeldeten setzfähigen Tiere) errechneten Zuwächse - ein Indiz dafür sein kann, dass der im Ausgangsjahr gezählte Wildstand nicht alle Stücke erfasste (es sei denn, bei der späteren Zählung sei ein höherer als der tatsächlich vorhandene Wildstand "gezählt" worden).

Die Stellungnahme des Bezirksjägermeisters hat sich dabei auf die Veränderungen zwischen den Winterwildständen 2003 und 2004 bezogen. Die belangte Behörde hat ohne nachvollziehbare Begründung (ohne etwa darzustellen, dass das beobachtete Auseinanderklaffen schon für die Vorjahre gegolten habe) allein deshalb schon zu dem vom Beschwerdeführer angegebenen Winterwildstand 2001 den beschriebenen Zuschlag hinzugerechnet. Für diese Vorgangsweise fehlt jede Begründung. Wird aber schon für 2001 als Ausgangsjahr der "Plausibilitätsberechnung" ein Zuschlag von 10 % "Dunkelziffer" beim weiblichen Rotwild vorgenommen, führt dies, den Berechnungen der belangten Behörde folgend, dazu, dass "der errechnete (richtig: Sommerstand) 2004 von 503 Stück Rotwild mit dem gemeldeten Winterstand 2004 von 323 Stück um 180 Stück Rotwild differieren." Für den Winterstand 2001 nahm die Erstbehörde derart einen Gesamtwildstand von 296 Stück (anstatt der vom Beschwerdeführer gezählten 279) an, für den Winterstand 2004 einen Gesamtwildstand von 381 (anstatt der gezählten 323). Dies bedeutet gleichzeitig, dass aus einer "Dunkelziffer" von ca 6 % (bezogen auf den Gesamtrotwildbestand) im Jahr 2001 eine "Dunkelziffer" von ca 18 % (wiederum bezogen auf den Gesamtrotwildbestand) geworden ist. Dass aber jedes Jahr die Zählung ungenauer geworden wäre, also immer mehr Tiere unerfasst geblieben wären, wird von der belangten Behörde nicht einmal behauptet.

Der von der belangten Behörde dargestellten Plausibilitätsberechnung fehlt aber nicht nur der zeitliche, sondern auch der räumliche Konnex zum beschwerdegegenständlichen Jagdrevier: Es wurde nämlich unterlassen darzulegen, dass das vom Bezirksjägermeister für den Bezirk Reutte beobachtete Anwachsen des Wildstandes trotz Übersteigens des errechneten Zuwachses durch die getätigten Abgänge auch im beschwerdegegenständlichen, vom Beschwerdeführer als Jagdleiter verwalteten Jagdrevier zuträfe. Der Beschwerdeführer hat vorgebracht, im beschwerdegegenständlichen Jagdrevier korreliere der jeweils gezählte Wildstand mit den Abgängen und Zuwächsen. Dieses Vorbringen hat er nicht nur durch die Vorlage der Zählblätter für die Wildstandserhebung, sondern auch mit dem erwähnten Privatgutachten unter Beweis gestellt, in dem unter Zugrundelegung insbesondere der Rotwildzählung und der Abschussdaten die vom Beschwerdeführer beantragten Abschusszahlen als schlüssig bezeichnet werden. Die belangte Behörde hat die Richtigkeit dieses Gutachtens nicht etwa bestritten, vielmehr eingeräumt, dass "sich mit diesen Daten schlüssige Berechnungen anstellen lassen". Solcherart wird aber dem Hauptargument für die Hinzuzählung der "Dunkelziffer", nämlich der Diskrepanz zwischen den jeweils gezählten Wildständen und der Wildstandsveränderung durch Zuwachs und Abschuss "im Bezirk Reutte", der Boden entzogen. Es wäre an der belangten Behörde gelegen, konkret darzustellen, dass und aus welchen Gründen die Annahme des Bezirksjägermeisters auch auf das beschwerdegegenständliche Jagdrevier zutrifft. Aus den vorgelegten Akten lässt sich das nicht erkennen.

Auch der Hinweis auf die aufgetretenen Wildschäden kann nicht begründen, dass die vom Beschwerdeführer gezählten Wildstände unrichtig, seine darauf basierenden Abschussanträge unschlüssig seien und dass die von der belangten Behörde vorgenommene "Berechnung" zutreffend sei. Zunächst ist diesbezüglich klarzustellen, dass in der Stellungnahme der Bezirksforstinspektion Lechtal vom 17. Mai 2004, deren Inhalt oben wiedergegeben wurde, insbesondere das Ausmaß der Wildschäden nicht näher umschrieben wird; sie werden weder quantifiziert noch wird das Ausmaß einer Veränderung der Schäden gegenüber den Vorjahren näher dargestellt.

Dazu kommt, dass die Argumentation der belangten Behörde, das Auftreten der genannten Wildschäden belege einen "Überhang" des Rotwildes bei Kälbern, Spießern und Tieren und damit die Unrichtigkeit der entsprechenden Zahlen des Beschwerdeführers, auch insofern unschlüssig ist, als die Zurechnung der festgestellten Schäden offen bleibt, wenn - in der erwähnten Stellungnahme - eine "Beteiligung" des Rehwildes an den Fege- und Verbissschäden angenommen wird. Zudem hat sich die belangte Behörde mit dem Argument im Privatgutachten, dass verstärkte Schlagschäden auf einen Überhang an Ier- und IIer-Hirschen hindeuten, nicht auseinander gesetzt. Überdies kann das Vorhandensein von - erheblichen - Wildschäden auch auf die Nichterfüllung der Abschusspläne in den vergangenen Jahren zurückgeführt werden.

Wenn schließlich die belangte Behörde als Begründung für die Annahme einer Erhöhung des Wildstandes auf die Nichterfüllung der Abschusspläne in den Vorjahren verweist, ist dem bloß zu entgegnen, dass damit die Unrichtigkeit der Zählungen des Beschwerdeführers nicht belegt werden kann, haben doch die tatsächlichen Abschuss- und Fallwildzahlen unstrittig in die Berechnung Eingang gefunden.

Die belangte Behörde hat daher die notwendigen Grundlagen für die mit dem angefochtenen Bescheid vorgenommene Festsetzung des Abschussplanes nicht dargestellt und damit ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet.

Er war deshalb gemäß § 42 Abs 2 Z 3 lit b und c VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung BGBl II Nr 333/2003.

Wien, am 19. Dezember 2006

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