VwGH 93/03/0025

VwGH93/03/002529.9.1993

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Baumgartner und die Hofräte Dr. Leukauf, Dr. Sauberer, Dr. Kremla und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Werner, über die Beschwerde der E in P, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 18. Dezember 1992, Zl. 8 - 42 Pe 18/4 - 92, betreffend Festsetzung von Abschußplänen, zu Recht erkannt:

Normen

Abschußrichtlinien Schalenwild Stmk 1982;
AVG §37;
AVG §39 Abs2;
AVG §58 Abs2;
JagdG Stmk 1986 §56 Abs1;
JagdG Stmk 1986 §56 Abs2;
JagdG Stmk 1986 §56 Abs3;
JagdG Stmk 1986 §56 Abs4;
JagdRallg;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
Abschußrichtlinien Schalenwild Stmk 1982;
AVG §37;
AVG §39 Abs2;
AVG §58 Abs2;
JagdG Stmk 1986 §56 Abs1;
JagdG Stmk 1986 §56 Abs2;
JagdG Stmk 1986 §56 Abs3;
JagdG Stmk 1986 §56 Abs4;
JagdRallg;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben, soweit er nicht die Festlegung der Abschußpläne für die Jagdgebiete F I, F II und O hinsichtlich des Rot- und Gamswildes betrifft; im übrigen (nämlich bezüglich der Festlegung der Abschußpläne für die angeführten Jagdgebiete hinsichtlich der genannten Schalenwildarten) wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Das Land Steiermark hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 11.420,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft vom 1. Oktober 1992 wurde gemäß § 56 Abs. 4 des Steiermärkischen Jagdgesetzes 1986, LGBl. Nr. 23, (JG) der Abschußplan für das Jagdjahr 1992/93 für die Jagdgebiete O, H, S, B, F I und F II der Beschwerdeführerin festgelegt, und zwar teilweise abweichend von den von der Beschwerdeführerin vorgelegten Abschußplänen. Unter anderem wurde für die Jagdgebiete F I, F II und O beim Rotwild die ganzjährige Schonung der Hirsche der Klassen I und II und der unbeschränkt freie Abschuß des übrigen Rotwildes während der Schußzeit verfügt und beim Gamswild der freie Abschuß in der Schußzeit angeordnet. In den von der Beschwerdeführerin für diese Jagdgebiete vorgelegten Abschußplänen schienen beim Rot- bzw. Gamswild in der Spalte "beantragter Abschuß" die Worte "ROTWILDFREI" bzw. "GAMSWILDFREI" auf.

Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführerin und Rüdiger von Pezold Berufung, "soweit unseren weiterreichenden Anträgen auf Festsetzung von Abschüssen, Feststellung von Jagden als rotwildfrei und rotwildverdünnt sowie auf Feststellung der Gesamtjagden F I, F II, L und X sowie H, B und S nicht stattgegeben wurde."

Mit dem in Beschwerde gezogenen Teil des angefochtenen Bescheides (Spruchpunkt 1.) wurde dieser Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG "betreffend Feststellung von Abschußplänen keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid bestätigt". In der Begründung stützte sich die belangte Behörde auf das im Berufungsverfahren eingeholte Gutachten des Amtssachverständigen Dipl.Ing. Z. Darin heißt es unter anderem, daß in den Jagdgebieten F I, F II und O Rotwild von der Klasse III abwärts und Gamswild ohne jede Einschränkung innerhalb der Schußzeiten zu erlegen sei, weil diese Jagdgebiete für Rot- und Gamswildbewirtschaftung nicht geeignet seien. Da das Rot- und Gamswild aus Gründen der veränderten Kulturlandschaft im Winter und beginnenden Frühjahr eine schwierige Phase erlebe, dürfe in diesem Zeitraum kein Abschuß erfolgen. Hirsche der Klassen I und II bewohnten im allgemeinen die geeigneten Rotwildbiotope und verirrten sich höchst zufällig und nur kurzfristig in rotwildverdünnte Gebiete, außer sie würden mit gezielten Maßnahmen dorthin gelockt. Der Abschuß von hochwertigen und auch wertvollen Hirschen, die fast die ganze Zeit des Jahres in anderen Revieren stünden und nur kurzzeitig in ein Jagdgebiet einwechselten, wäre eine unfreundliche Entwertung angrenzender Jagdgebiete. Die Nichtfreigabe von solchen Hirschen entspreche daher dem Sinn der großräumigen, umfassenden Abschußplanung. Ob die Abschußfestsetzung in den Jagdgebieten S, H und B den Grundsätzen des Jagdgesetzes und der Abschußrichtlinien entspreche, könne ohne geeignete Wildstandsermittlung nicht beurteilt werden. Daran anknüpfend wies die belangte Behörde darauf hin, daß die Beschwerdeführerin ihrer Verpflichtung, die Ergebnisse der Wildstandserfassung mit Stichtag 1. April bekanntzugeben, nicht nachgekommen sei, sodaß es der Behörde nicht möglich gewesen sei, trotz Beiziehung des Amtssachverständigen zu beurteilen, ob das über den angefochtenen Bescheid hinausgehende Begehren zu Recht gestellt worden sei oder nicht. Es sei daher wie unter Spruchteil 1. zu entscheiden gewesen. Diese Entscheidung inkludiere auch die Abweisung des Antrages auf Feststellung von "Dünnzone" oder z. B. "rotwildfreie Zone".

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht auf Festsetzung des Abschusses in ihren Jagdgebieten in einem Schäden an Kulturen vermindernden Ausmaß "und Art" beeinträchtigt.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 56 Abs. 1 JG hat der Jagdberechtigte den Wildabschuß so zu regeln, daß der Abschußplan erfüllt wird, die berechtigten Ansprüche der Land- und Forstwirtschaft auf Schutz gegen Wildschäden gewahrt werden und durch den Abschuß eine untragbare Entwertung des eigenen und der angrenzenden Jagdgebiete vermieden wird. Innerhalb dieser Grenzen soll die Abschußplanung bewirken, daß ein in seinen Altersklassen gesunder Wildstand aller heimischen Wildarten in angemessener Zahl erhalten bleibt. Der Abschuß von Schalenwild - das Schwarzwild ausgenommen - hat gemäß § 56 Abs. 2 JG aufgrund eines genehmigten Abschußplanes stattzufinden. Die Jagdberechtigten haben für die Erstellung und Erfüllung der Abschußpläne zu sorgen. Der Abschußplan ist alljährlich - für Schalenwild bis zum 1. Mai - zahlenmäßig getrennt nach Wildart und Geschlecht dem zuständigen Bezirksjägermeister vorzulegen. In § 56 Abs. 3 JG heißt es, daß der Abschußplan vom Jagdberechtigten beim zuständigen Bezirksjägermeister zur Genehmigung einzureichen sei. Die Genehmigung des Abschußplanes erfolgt gemäß § 56 Abs. 4 JG durch den Bezirksjägermeister unter Zugrundelegung der Abschußrichtlinien der Steirischen Landesjägerschaft und unter Berücksichtigung der Abschußplanerfüllung des vergangenen Jagdjahres im Einvernehmen mit der zuständigen Bezirkskammer für Land- und Forstwirtschaft. Kommt ein solches Einvernehmen nicht zustande, wird der Abschußplan von der Bezirksverwaltungsbehörde festgelegt. Bei der Genehmigung bzw. Festlegung der Abschußpläne ist zur Regulierung der Wildbestände auf die Situation in den Nachbarjagdgebieten Bedacht zu nehmen.

Die vom Landesjagdausschuß der Steirischen Landesjägerschaft am 14. September 1982 beschlossenen Abschußrichtlinien für das Schalenwild, kundgemacht im Amtsblatt für die Steiermark, Grazer Zeitung, 8. Stück, vom 25. Februar 1983, sehen unter anderem vor, daß jede Abschußplanung eine möglichst genaue Wildstandserfassung voraussetzt (dritter Absatz der Präambel). Für die Abschußplanung gilt der Frühjahrswildstand (Stichtag 1. April). Als Frühjahrswildstand wird jener Wildstand bezeichnet, der nach Überleben der Winterperiode im Revier vorhanden ist (dritter Absatz erster Satz des Abschnittes "Der Abschußplan"). Ziel der Abschußplanung ist nach dem 6. Absatz der Präambel der Abschußrichtlinien in erster Linie die Erhaltung oder Herstellung eines naturnahen Altersklassenaufbaues und eines richtigen Geschlechterverhältnisses des Wildbestandes sowie dessen zahlenmäßige Anpassung an die natürlichen Äsungsverhältnisse. Dadurch wird die Voraussetzung für die geringste Schadensgefährdung der Landeskultur sowie für das Wohlbefinden und die Gesundheit des Wildes und somit auch für eine gute Trophäenentwicklung geschaffen. Die zur Verwirklichung dieser Zielsetzung bei den jeweiligen Schalenwildarten einzuhaltenden Grundsätze werden sodann in den Abschußrichlinien im einzelnen dargelegt.

Grundlage für den Abschußplan ist nach dieser Rechtslage somit der tatsächliche Wildstand in dem betreffenden Jagdgebiet. Ein Bescheid, mit dem ein Abschußplan gemäß § 56 Abs. 4 JG von der Behörde festgelegt wird, muß, um einer inhaltlichen Prüfung zugänglich zu sein, jedenfalls den für die Entscheidung maßgebenden tatsächlichen, nach Anzahl, Geschlecht und klassenmäßiger Zusammensetzung gegliederten Wildstand erkennen lassen. Des weiteren muß daraus hervorgehen, wie hoch die unter Berücksichtigung der erwähnten Grundsätze wünschenswerte Wilddichte im Jagdgebiet ist. Schließlich ist die Eignung der getroffenen Abschußverfügung zur Verwirklichung des angestrebten Zieles darzulegen, sofern sie nicht ohnehin der Sachlage nach offenkundig ist (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 18. Juni 1990, Zl. 90/19/0127, zum Niederösterreichischen Jagdgesetz 1974, und vom 28. Oktober 1991, Zl. 91/19/0203, zum Salzburger Jagdgesetz 1977).

Diesen Erfordernissen wird der angefochtene Bescheid nicht gerecht, soweit damit eine von den vorgelegten Abschußplänen abweichende ziffernmäßige Festsetzung des Abschusses bei den einzelnen Schalenwildarten vorgenommen wurde. Die belangte Behörde räumt in der Begründung des angefochtenen Bescheides selbst ein, daß es ihr nicht möglich gewesen sei, "trotz Beiziehung des Amtssachverständigen zu beurteilen, ob das über den angefochtenen Bescheid hinausgehende Begehren zu Recht gestellt wurde oder nicht." Der Umstand, daß die Beschwerdeführerin in den Abschußplänen keine Angaben über den jeweiligen Wildstand gemacht hatte, enthob die belangte Behörde nicht der Verpflichtung, den Wildstand auf geeignete Weise, etwa durch Vernehmung allfälliger in Betracht kommender Zeugen (z.B. Bezirksjägermeister und Hegemeister) in Verbindung mit anderen zur Wildzählung tauglichen Methoden (siehe dazu z.B. Jagdlexikon, BLV Verlagsgesellschaft, 1983, S. 665 f.), zu ermitteln (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 16. April 1986, Zl. 85/03/0180). Durch die Unterlassung derartiger Erhebungen belastete die belangte Behörde ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Unbegründet ist die Beschwerde jedoch, soweit sie sich gegen die Festlegung des Abschusses beim Rot- und Gamswild in den Revieren F I, F II und O richtet. Die dem angefochtenen Bescheid in diesen Punkten zugrundeliegenden gutächtlichen Ausführungen des Amtssachverständigen sind schlüssig und stehen mit den bei der Erstellung des Abschußplanes zu beobachtenden Grundsätzen in Einklang. Mit dem - hinsichtlich der Abweisung des Abschußantrages für Hirsche der Klassen I und II - erhobenen Einwand, daß Wildschäden stark auch von dominantem, wanderndem Wild verursacht würden, vermag die Beschwerdeführerin diese Ausführungen schon deshalb nicht zu entkräften, weil es sich hiebei um eine bloße, fachlich nicht untermauerte Behauptung handelt.

Wenn die Beschwerdeführerin davon ausgeht, mit dem angefochtenen Bescheid sei auch "der Antrag auf Feststellung abgewiesen (worden), daß Reviere der Beschwerdeführerin nicht für die Erhaltung eines ständigen höheren Rot-Wildstandes und Gamsstandes geeignet sind," ist sie darauf zu verweisen, daß der mit dem angefochtenen Bescheid bestätigte erstinstanzliche Bescheid dem klaren Wortlaut seines Spruches zufolge keine derartige Entscheidung enthält, sondern sich auf die Festlegung der Abschußpläne gemäß § 56 Abs. 4 JG beschränkt. Am Fehlen eines normativen Abspruches, wie er der Beschwerdeführerin vorschwebt, vermag auch die Wendung in der Begründung des angefochtenen Bescheides, "diese Entscheidung" inkludiere auch die Abweisung des Antrages auf Feststellung von "Dünnzone" oder z. B. "rotwildfreie Zone", nichts zu ändern, erschöpft sich doch der Spruch des angefochtenen Bescheides - soweit er für die Erledigung der Beschwerde von Interesse ist - darin, daß der Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid "betreffend Festsetzung von Abschußplänen" keine Folge gegeben wird. Alle Ausführungen der Beschwerdeführerin, die sich auf die "Abweisung" des angeführten Feststellungsantrages beziehen, gehen daher ins Leere. Im übrigen wurde von der Beschwerdeführerin im Rahmen der Bezeichnung des Beschwerdepunktes im Sinne des § 28 Abs. 1 Z. 4 VwGG auch nur eine Beeinträchtigung im Recht auf Festsetzung des Abschusses geltend gemacht.

Der angefochtene Bescheid war sohin im angeführten Umfang gemäß § 42 Abs. 2 Z. 2 lit. b VwGG aufzuheben, im übrigen aber gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

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