VwGH 2005/05/0141

VwGH2005/05/014112.10.2007

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Kail und Dr. Pallitsch, als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fritz, über die Beschwerde der Dkfm. Margot Zwatz in Kappel am Krappfeld, vertreten durch Dr. Michael Ruhdorfer, Rechtsanwalt in 9020 Klagenfurt, Paulitschgasse 17/II, gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 1. März 2005, Zl. 7-B-BRM-819/2/2005, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Parteien: 1. Ing. Wilfried Müller in 9321 Kappel am Krappfeld, Pölling 1, 2. Sigrid Müller in 8820 Neumarkt, St. Marein 32, 3. Gemeinde Kappel am Krappfeld), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §59 Abs1;
AVG §8;
BauO Krnt 1996 §23 Abs3;
BauRallg;
BauvorschriftenG Krnt 1985 §42 Abs2;
VwRallg;
AVG §59 Abs1;
AVG §8;
BauO Krnt 1996 §23 Abs3;
BauRallg;
BauvorschriftenG Krnt 1985 §42 Abs2;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Kärnten Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit einem am 26. April 2004 beim Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde eingelangten Bauansuchen beantragten die erst- und die zweitmitbeteiligte Partei (im Folgenden: Bauwerber) die Bewilligung für die Errichtung einer Bewirtschaftungshütte und eines Maststalles auf ihrem Grundstück Nr. 509, KG Krasta. Die Beschwerdeführerin ist Miteigentümerin des unmittelbar östlich an das Baugrundstück angrenzenden Grundstückes Nr. 513, KG Krasta.

Anlässlich der mündlichen Verhandlung vom 5. Mai 2004 brachte die Beschwerdeführerin vor, dass südlich an das baugegenständliche Grundstück der Geländeabbruch der Gurk grenze, auf welchem es auf Grund von grundwasserführenden Horizonten zu einigen Quellaustritten komme. Die Beschwerdeführerin beziehe das Trink- und Nutzwasser für ihren Haus- und Hofbedarf aus diesem Wasserhorizont. Durch den Bau einer Bewirtschaftungshütte mit Maststall und Viehauslauf werde die Verunreinigung ihres Quellwassers wie überhaupt die Verunreinigung des gesamten Wasserhorizontes im Geländeabbruch befürchtet.

In seinem Gutachten vom 2. Juni 2004 führte der landwirtschaftliche Amtsachverständige des Amtes der Kärntner Landesregierung, Ing. H., betreffend die Frage, ob die Errichtung einer Güllegrube auf dem Baugrundstück vorgeschrieben werden müsse u. a. aus, im vorliegenden Fall sei die Errichtung eines Maststalles mit 30 Großvieheinheiten geplant. Dabei handle es sich um einen Tieflaufrindermaststall, in welchem Festmist produziert werde. Bei der Neuerrichtung von Düngerlagerstätten seien allgemein anerkannte Richtlinien und Merkblätter zu berücksichtigen. Hinsichtlich der ausreichenden Dimensionierung entsprechender Lagerkapazitäten von Düngerlagerstätten sei von den Bauwerbern eine Bauberatung der Kammer für Land- und Forstwirtschaft einzuholen. Er verwies darauf, dass das Vorhaben u. a. den Anforderungen nach dem Wasserrechtsgesetz entsprechen müsse.

Mit Stellungnahme vom 12. Juli 2004 erklärte der wasserbautechnische Amtsachverständige des Amtes der Kärntner Landesregierung, DI S., dass bei Errichtung eines Maststalles auch eine Güllegrube vorzuschreiben sei.

Mit Stellungnahme vom 25. August 2004 teilte der Amtsachverständige des Amtes der Kärntner Landesregierung, Abteilung 15 - Umweltschutz und Technik, Dr. Sch., der mitbeteiligten Gemeinde mit, dass gegen den beantragten Maststall kein Einwand bestünde. Er befinde sich außerhalb des direkten Einzugsgebietes der Wasserversorgungsanlage Klagenfurt - St. Veit.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 22. September 2004 wurde den Bauwerbern die begehrte Baubewilligung unter Vorschreibung von Auflagen erteilt. Unter anderem wurden folgende Auflagen vorgeschrieben:

"17. Für den Betrieb eines Maststalles ist eine ausreichend dimensionierte Güllegrube zu errichten.

18. Die Güllegrube ist flüssigkeitsdicht herzustellen. Darüber ist der Baubehörde anlässlich der Bauvollendungsmeldung ein von der bauausführenden Firma unterzeichnetes Attest vorzulegen."

Begründend wurde ausgeführt, das gegenständliche Bauvorhaben entspreche nach Art, Lage, Umfang, Form und Verwendung den öffentlichen Interessen; bei Vorschreibung einer Güllegrube bestünde - in Bezug auf die Einwände der Beschwerdeführerin - gegen das gegenständliche Projekt kein Einwand.

In ihrer dagegen erhobenen Berufung brachte die Beschwerdeführerin vor, die eingeholten Stellungnahmen des Amtes der Kärntner Landesregierung seien unzureichend, weil darin über die direkt im Bereich der Baumaßnahme befindliche Wasserentnahmestelle der Beschwerdeführerin keine Aussagen getroffen würden. Nach den Kärntner Bauvorschriften sei für einen Maststall mit durchschnittlich 30 Großvieheinheiten ein befestigter Auslauf von 30 m x 40 m vorzusehen. Erst bei der Bauverhandlung sei von den Anrainern eine Gülle-, Jauch- oder Sammelgrube begehrt worden. Der hierfür ausreichende Fassungsraum der Grube für 30 Großvieheinheiten solle jedoch erst nachträglich amtlich festgesetzt werden. Eine diesbezüglich einzuholende Bauberatung seitens der Kammer für Land- und Forstwirtschaft sei nie eingeholt worden, weshalb der Bescheid rechtswidrig sei.

Mit Bescheid des Gemeindevorstandes der mitbeteiligten Gemeinde vom 17. Dezember 2004 wurde die Berufung der Beschwerdeführerin als "unbegründet zurückgewiesen". Gegenstand des Baubewilligungsverfahrens sei die Errichtung eines Maststalles und einer Bewirtschaftungshütte. Die Behörde habe sich mit allen vorgebrachten Bedenken der Beschwerdeführerin auseinander gesetzt und dementsprechend auch alle "geforderten" Gutachten eingeholt. Auf Grund der eingeholten Gutachten bestehe kein Einwand gegen dieses Projekt.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Vorstellung. Darin wiederholte sie ihre Einwände betreffend die Gefährdung des Trink- und Nutzwassers für ihren Haus- und Wirtschaftsbedarf. Der Gemeindevorstand habe sich mit den materiell-rechtlichen Einwendungen der Beschwerdeführerin nicht auseinander gesetzt.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Vorstellung der Beschwerdeführerin als unbegründet abgewiesen. In der Begründung führte die belangte Behörde aus, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes komme dem Nachbarn im baubehördlichen Bewilligungsverfahren kein Recht auf Schutz von Brunnen hinsichtlich der Wasserversorgung und Wasserqualität zu. Desgleichen habe der Nachbar kein Recht, dass durch das Bauvorhaben der Grundwasserhaushalt nicht beeinträchtigt werde. Solche Rechte könne der Nachbar allenfalls in einem Verfahren nach den Bestimmungen des Wasserrechtsgesetzes geltend machen. Die Beschwerdeführerin werde somit durch die gegenständliche Baubewilligung in keinem subjektiv-öffentlichen Recht verletzt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die Beschwerdeführerin bringt vor, es sei zwar richtig, dass dem Nachbarn nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kein Recht darauf zustehe, dass durch das Bauvorhaben der Grundwasserhaushalt nicht beeinträchtigt werde, "nach Ansicht der Beschwerdeführerin sei im gegenständlichen Fall aber letztendlich doch weiter gehend zu differenzieren" und werde "man lediglich auf Grundlage der von der belangten Behörde zitierten Rechtsprechung das Bestehen von Nachbarrechten der Anrainerin nicht verneinen können". Die Einwendungen der Beschwerdeführerin hätten sich nämlich nicht nur auf die Verunreinigung von Brunnen oder eine Beeinträchtigung des Grundwasserhaushaltes bezogen, vielmehr habe die Beschwerdeführerin eindeutig darauf hingewiesen, dass das Trink- und Nutzwasser für ihren Haus- und Hofbedarf aus dem Quellwasser erfolge, dessen Verunreinigung durch das gegenständliche Bauvorhaben befürchtet werde. Die Einwendungen der Beschwerdeführerin hätten sich daher - anders als die belangte Behörde vermeinte - auf konkrete Verletzungen des Nachbarrechtes in Form einer Verunreinigung der eigenen Haus- und Hofwasserversorgung sowie letztendlich auch auf eine daraus resultierende gesundheitliche Beeinträchtigung bezogen. Da durch die gegenständliche Baubewilligung somit sehr wohl in die Rechtsphäre der Beschwerdeführerin eingegriffen worden sei, sei die belangte Behörde zu Unrecht auf die Einwendungen der Beschwerdeführerin nicht eingegangen. Die in diesem Zusammenhang eingeholten Stellungnahmen der Amtsachverständigen der Kärntner Landesregierung vom 12. Juli 2004 und vom 25. August 2004 seien unzureichend, weil dabei nicht auf die Situation der Beschwerdeführerin, sondern nur auf das Bauvorhaben selbst eingegangen werde. Darüber hinaus hätte die belangte Behörde auch berücksichtigen müssen, dass § 32 Abs. 2 Kärntner Bauvorschriften dem Schutz der Nachbarn diene. Die im Baubewilligungsbescheid erteilten Auflagen Punkt 17 und 18 seien völlig unbestimmt und allgemein gehalten. Ein lediglich allgemeiner Hinweis, wonach bei Vorschreibung einer Güllegrube kein Einwand gegen das Bauvorhaben bestehe, sei nicht ausreichend. Dies umso mehr, als im Gutachten des landwirtschaftlichen Amtsachverständigen ausdrücklich auf die Frage einer ausreichenden Dimensionierung entsprechender Lagerkapazitäten von Düngerlagerstätten Bezug genommen und festgehalten worden sei, dass vom Bauwerber hiezu eine Bauberatung der Kammer für Land- und Forstwirtschaft einzuholen sei. Eine solche Bauberatung sei von den Bauwerbern nicht eingeholt worden und die belangte Behörde habe sich mit diesem Vorbringen der Beschwerdeführerin nicht auseinander gesetzt.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 23 Abs. 1 lit. e Kärntner Bauordnung 1996 (K-BO) sind Parteien des Baubewilligungsverfahrens u.a. die Anrainer. Anrainer sind gemäß § 23 Abs. 2 leg. cit. Eigentümer (Miteigentümer) der an das Baugrundstück angrenzenden Grundstücke und aller weiteren im Einflussbereich des Vorhabens liegenden Grundstücke. Anrainer im Sinne des Abs. 2 dürfen gemäß § 23 Abs. 3 K-BO gegen die Erteilung der Baubewilligung nur begründete Einwendungen dahingehend erheben, dass sie durch das Vorhaben in subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt werden, die ihnen durch die Bestimmungen dieses Gesetzes, der Kärntner Bauvorschriften, des Flächenwidmungsplanes oder des Bebauungsplanes eingeräumt werden, welche nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Schutz der Anrainer dienen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich in seinem Erkenntnis vom 13. März 1973, VwSlg. Nr. 8381/A, betreffend die Rechtslage in der Steiermark, mit dem Einwand eines Nachbarn betreffend Gefährdung der Wasserversorgung und der Wasserqualität seines Brunnens befasst. Eine solche Einwendung wäre nur dann erfolgreich, wenn im Bereich dieser Rechtsordnung eine Norm feststellbar wäre, die dem Nachbarn einen Anspruch auf Schutz seiner Grundwasserversorgung einräumte. Unter Hinweis auf dieses Erkenntnis führte der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 24. Oktober 1985, Zl. 85/06/0100, ergangen zur Rechtslage in Kärnten, aus, dass einem Nachbarn ein Recht auf Schutz des Grund-(Quell-)wassers vor Verunreinigungen, also der Wasserqualität nicht nach baurechtlichen, sondern allenfalls nach wasserrechtlichen Vorschriften zukommt, sodass der Nachbar im Bauverfahren insofern keine subjektiv öffentliche Rechtsverletzung geltend machen kann.

Davon abzugehen bietet der Beschwerdefall keinen Anlass, weil auch die hier geltende Rechtslage keine Norm enthält, die dem Nachbarn einen Anspruch auf Schutz seiner Grundwasserversorgung einräumt. Besteht aber dieser Schutz nicht, dann kommt es auch nicht darauf an, wofür das Grund- oder Quellwasser vom Nachbarn verwendet wird.

Allerdings hat der Verwaltungsgerichtshof schon im zitierten Erkenntnis vom 24. Oktober 1985 darauf hingewiesen, dass eine Vorschrift, die die unschädliche (und nach damaliger Rechtslage auch: belästigungsfreie) Abwasserableitung garantiert, den Interessen der unmittelbar betroffenen Nachbarn und nicht nur dem öffentlichen Interesse dient. Hinsichtlich des Fassungsvermögens der Senkgrube komme dem Nachbarn kein subjektiv-öffentliches Recht zu.

§ 42 Abs. 2 Kärntner Bauvorschriften lautet:

"(2) Fäkalien und Schmutzwässer sind in einen Kanal oder in eine Senkgrube oder auf eine andere unschädliche Art abzuleiten. Werden Fäkalien und Schmutzwässer nicht in einen Kanal oder in eine Senkgrube abgeleitet, sind sie zu klären."

Sofern die Beschwerdeführerin unter Bezugnahme auf § 32 Abs. 2 erster Satz Kärntner Bauvorschriften (nun § 42 Abs. 2 Kärntner Bauvorschriften) vorbringt, die Auflage des Baubewilligungsbescheides, wonach "für den Betrieb eines Maststalles eine ausreichende dimensionierte Güllegrube zu errichten ist", sei in Bezug auf deren Dimensionierung zu unbestimmt, ist ihr entgegen zu halten, dass die Formulierung einer Auflage dem Bestimmtheitsgebot des § 59 Abs. 1 AVG nur dann widerspricht, wenn ihr Inhalt auch unter Beiziehung eines Fachkundigen nicht verlässlich ermittelt werden kann (hg. Erkenntnis vom 24. Februar 2005, Zl. 2002/07/0120). Wie groß die Güllegrube bei einem Maststall für 30 Großvieheinheiten sein muss, lässt sich von einem Fachkundigen wohl beurteilen. Eine Verletzung in dem durch § 42 Abs. 2 Kärntner Bauvorschriften dem Nachbarn garantierten Recht auf eine unschädliche Abwasserleitung ist auf Grund der erteilten Auflagen somit nicht erkennbar (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. September 1995, Zl. 95/05/0140).

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet, sodass sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war. Auf Basis der zitierten Rechtsprechung konnte die Entscheidung in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat getroffen werden. Auf die von der Beschwerdeführerin in zwei Schreiben an den Verwaltungsgerichtshof aufgezeigten Abweichungen der tatsächlichen Ausführung von der erteilten Bewilligung war nicht einzugehen, weil der Verwaltungsgerichtshof ausschließlich den angefochtenen Bescheid zu beurteilen hatte.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 12. Oktober 2007

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