Normen
AVG §59 Abs1;
AVG §74 Abs2;
BVergG 2002 §105 Abs3;
BVergG 2002 §163 Abs1;
BVergG 2002 §177 Abs5;
BVergG 2002 §20 Z13 litb;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
AVG §59 Abs1;
AVG §74 Abs2;
BVergG 2002 §105 Abs3;
BVergG 2002 §163 Abs1;
BVergG 2002 §177 Abs5;
BVergG 2002 §20 Z13 litb;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird in seinen Spruchpunkten II. und III. wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Zweitbeschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Der Antrag des Erstbeschwerdeführers auf Zuspruch von Aufwandersatz wird abgewiesen.
Begründung
Mit Spruchpunkt II. des Bescheides vom 7. April 2005 hat das Bundesvergabeamt die Entscheidung des Erstbeschwerdeführers vom 27. Jänner 2005 im Vergabeverfahren "Räumung des 'Recycling Point Blumau' - Leistungen für Transport und Entsorgung" den Zuschlag der Bietergemeinschaft A-B-E auf deren Alternativangebot B erteilen zu wollen, über Antrag der Zweitbeschwerdeführerin für nichtig erklärt.
Mit dem Spruchpunkt III. dieses Bescheides wurde der Antrag der Zweitbeschwerdeführerin auf Ersatz der Gebühren gemäß § 177 Abs. 5 Bundesvergabegesetz 2002 - BVergG, BGBl. I Nr. 99, zurückgewiesen.
In der Begründung dieses Bescheides führte die belangte Behörde - soweit für das verwaltungsgerichtliche Verfahren wesentlich - Folgendes aus:
Zu Spruchpunkt II.: Einem Bieter, dessen Angebot auszuscheiden sei, komme grundsätzlich keine Antragslegitimation für die Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung zu. Im vorliegenden Fall sei die vor der belangten Behörde antragstellende Zweitbeschwerdeführerin vom Erstbeschwerdeführer als Auftraggeber zu Recht ausgeschieden worden. Die Ausschreibung habe nämlich die Vorlage eines Entsorgungskonzepts verlangt, das die endgültige Behandlung bzw. Verwertung aller Abfallarten enthalte. Die Zweitbeschwerdeführerin habe jedoch für einzelne Abfallarten nur eine Zwischenlagerung bzw. Vorbehandlung angeboten. Die Vorlage eines derartigen ausschreibungswidrigen Angebots sei nicht sanierbar.
Da das Angebot der Zweitbeschwerdeführerin somit auszuscheiden sei, komme es für eine Zuschlagserteilung gar nicht in Betracht. Der Zweitbeschwerdeführerin würde daher durch die angefochtene Zuschlagsentscheidung kein Schaden drohen, sodass ihre Antragslegitimation gemäß § 163 Abs. 1 BVergG grundsätzlich zu verneinen wäre. Eine Schadensmöglichkeit im Sinn dieser Bestimmung könne sich allerdings dann ergeben, wenn das Vergabeverfahren insgesamt zwingend zu widerrufen wäre oder ex lege als widerrufen gälte. Diesfalls bestünde die Schadenseignung darin, dass der Zweitbeschwerdeführerin die Möglichkeit der Beteiligung an einem weiteren Vergabeverfahren betreffend denselben Vergabegegenstand genommen würde.
Wie die belangte Behörde bereits mit Bescheid vom 24. November 2004 ausgesprochen habe, seien sämtliche Angebote der präsumtiven Zuschlagsempfängerin (Bietergemeinschaft A-B-E) auszuscheiden. (Mit diesem Bescheid war die Zuschlagsentscheidung des Erstbeschwerdeführers vom 15. September 2004 zu Gunsten der Bietergemeinschaft A-B-E für nichtig erklärt worden. Mit hg. Erkenntnis vom 13. Juni 2005, Zlen. 2005/04/0001, 0009, wurde dieser Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.)
Vom Auftraggeber nicht ausgeschieden worden seien - neben den Angeboten der präsumtiven Zuschlagsempfängerin - die Angebote der Bietergemeinschaft H-H-R und der Bietergemeinschaft A-S. Das Angebot der Bietergemeinschaft H-H-R wäre jedoch deshalb auszuscheiden gewesen, weil keinem Mitglied dieser Bietergemeinschaft die von der Ausschreibung geforderte Gewerbeberechtigung für das freien Gewerbe des Sammelns und Behandelns von Abfällen zukomme. Die Bietergemeinschaft A-S habe ein Angebot mit einem auffällig hohen Angebotspreis gelegt. Dieser Angebotspreis liege um 46,66 % über der Kostenschätzung des Auftraggebers. Ein derart überhöhter Preis könnte einen Grund für das Ausscheiden dieses Angebots darstellen. Jedenfalls sei ein in diesem Ausmaß überhöhter Preis des zuletzt im Verfahren verbliebenen Angebots ein zwingender Widerrufsgrund.
Da das Vergabeverfahren somit zwingend zu widerrufen sei, komme der zu Recht ausgeschiedenen Zweitbeschwerdeführerin ausnahmsweise die Antragslegitimation hinsichtlich der Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung zu.
Da - wie dargestellt - sämtliche Angebote der präsumtiven Zuschlagsempfängerin auszuscheiden gewesen wären, sei die auf das Alternativangebot B dieser Bietergemeinschaft lautende Zuschlagsentscheidung für nicht zu erklären gewesen.
Zu Spruchpunkt III.:
Die teilweise obsiegende Zweitbeschwerdeführerin habe einen Antrag auf Ersatz der von ihr entrichteten Pauschalgebühren gemäß § 177 Abs. 5 BVergG gestellt. Im Sinn der unmissverständlichen Materialien zu dieser Gesetzesbestimmung könne der Gebührenersatzanspruch ausschließlich bei den ordentlichen Gerichten mittels Mahnklage geltend gemacht werden. Der Antrag auf Zuspruch von Gebührenersatz im Vergabekontrollverfahren sei daher zurückzuweisen gewesen.
2. Gegen den Spruchpunkt II. dieses Bescheides richtet sich die zur hg. Zl. 2005/04/0103 protokollierte Beschwerde des Erstbeschwerdeführers mit dem Begehren, den angefochtenen Bescheid insoweit wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts, Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Zur Begründung führte der Erstbeschwerdeführer im Wesentlichen aus, die Ansicht der belangten Behörde, sie habe zu prüfen, ob Angebote von nicht am Vergabekontrollverfahren beteiligten Bietern auszuscheiden seien, sei rechtswidrig. Überdies lägen die herangezogenen Gründe für das Ausscheiden sämtlicher Bieter nicht vor. Der Antrag der Zweitbeschwerdeführerin auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung wäre zurückzuweisen gewesen, weil das Angebot der Zweitbeschwerdeführerin zu Recht ausgeschieden worden sei.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
3. Gegen den Spruchpunkt III. richtet sich die zur hg. Zl. 2005/04/0106 protokollierte Beschwerde der Zweitbeschwerdeführerin mit dem Begehren, den angefochtenen Bescheid insoweit wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufzuheben.
Zur Begründung führte die Zweitbeschwerdeführerin im Wesentlichen aus, dass sie auf Grund der antragsgemäßen Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung als teilweise obsiegend anzusehen sei und daher nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes einen Anspruch auf Ersatz der entrichteten Pauschalgebühr durch den Antragsgegner habe.
Die belangte Behörde verwies auf die bereits zur hg. Zl. 2005/04/0103 erfolgte Aktenvorlage und äußerte sich dahin, dass sie im Hinblick auf die in der Beschwerde zitierte hg. Judikatur mittlerweile die Spruchpraxis geändert habe.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die auf Grund des sachlichen und rechtlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbundenen Beschwerde erwogen:
4. Zur Beschwerde des Erstbeschwerdeführers:
4.1. Im vorliegenden Vergabeverfahren wurde das Angebot der Zweitbeschwerdeführerin ausgeschieden. Die Ansicht der belangten Behörde, dass diese Ausscheidung zu Recht erfolgt sei, bleibt in der Beschwerde unbekämpft.
Nach der ständigen hg. Judikatur kommt einem Bieter, dessen Angebot auszuscheiden gewesen wäre (aber nicht ausgeschieden wurde) keine Antragslegitimation im Nachprüfungsverfahren zu, weil er für die Zuschlagserteilung ohnehin nicht in Betracht käme und ihm daher durch die behauptete Rechtswidrigkeit kein Schaden im Sinn des § 163 Abs. 1 BVergG entstehen bzw. drohen kann (vgl. insbesondere das Erkenntnis vom 28. März 2007, Zl. 2005/04/0200, mwN). Hingegen kann ein tatsächlich ausgeschiedener Bieter gemäß § 20 Z. 13 lit. b BVergG die Zuschlagsentscheidung als die seiner Ausscheidung nächstfolgende gesondert anfechtbare Entscheidung bekämpfen; kommt jedoch die Nachprüfungsbehörde zum Ergebnis, dass der Antragsteller zu Recht ausgeschieden worden ist, so hat sie den Nachprüfungsantrag mangels Rechtsverletzung des Antragstellers ungeachtet allfälliger Rechtswidrigkeiten im Rahmen des Verfahrens zur Wahl eines Angebots für den Zuschlag jedenfalls abzuweisen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. Mai 2005, Zl. 2004/04/0094).
4.2. Die belangte Behörde vertrat die Ansicht, im vorliegenden Fall sei dennoch über Antrag der zu Recht ausgeschiedenen Zweitbeschwerdeführerin die Zuschlagsentscheidung für nichtig zu erklären gewesen, weil entweder alle Bieter auszuscheiden gewesen wären und das Vergabeverfahren daher gemäß § 105 Abs. 3 BVergG ex lege als widerrufen gegolten hätte oder auf Grund des überhöhten Angebotspreises des zuletzt verbleibenden Bieters ein zwingender Widerrufsgrund vorgelegen wäre. In einem derartigen Fall liege nämlich der dem Bieter drohende Schaden in der Vereitelung seiner Beteiligung an einem weiteren Vergabeverfahren.
Entgegen dieser Ansicht entsteht jedoch nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes einem Bieter durch Entfall der Möglichkeit der Teilnahme am Folgeverfahren kein Schaden, wenn der Bieter selbst gegen die Ausschreibungsbedingungen oder gegen Bestimmungen über die öffentliche Auftragsvergabe verstoßen hat. Ein selbst nicht ausschreibungs- bzw. vergaberechtskonform agierender Bieter ist somit nicht schützenswert. Anderes wird jedoch zu gelten haben, wenn der Grund, aus dem der Antragsteller für die Zuschlagserteilung nicht in Betracht käme, in einer fehlerhaften Ausschreibung liegt, weil diese etwa (den Antragsteller) diskriminierende oder von keinem Bieter erfüllbare Bedingungen enthält. In diesem Fall muss auch ein auszuscheidender Bieter die Möglichkeit haben, die Ausschreibungsbedingungen - innerhalb der dafür offenstehenden Frist - zu bekämpfen (vgl. zum Ganzen des bereits zitierte hg. Erkenntnis, Zl. 2005/04/0200).
Im vorliegenden Fall wurde die Zweitbeschwerdeführerin nach Ansicht der belangten Behörde zu Recht ausgeschieden, weil sie für einige Abfallarten in ausschreibungswidriger Weise keine Endbehandlung bzw. endgültige Verwertung, sondern nur eine Zwischenlagerung bzw. Vorbehandlung angeboten habe. Dass die diesbezüglichen Bestimmungen der - bestandfest gewordenen - Ausschreibung diskriminierend, unerfüllbar oder sonst unzulässig seien, wird von keiner Partei behauptet und ist auch für den Verwaltungsgerichtshof nicht ersichtlich.
Schon aus diesem Grund handelt es sich bei der Zweitbeschwerdeführerin um eine Bieterin, der es nicht gelungen ist, auf Grund einer ordnungsgemäß zustande gekommenen Ausschreibung ein für den Zuschlag geeignetes Angebot zu legen. Die Zweitbeschwerdeführerin ist daher nicht schutzwürdig und kann nicht geltend machen, dass auch andere bzw. alle anderen Bieter auszuscheiden gewesen wären (vgl. auch dazu das hg. Erkenntnis, Zl. 2005/04/0200).
4.3. Die Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung des Erstbeschwerdeführers als Auftraggeber auf Grund des Antrages der zu Recht ausgeschiedenen Zweitbeschwerdeführerin mit Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides beruht daher auf einer Verkennung der Rechtslage.
5. Zur Beschwerde der Zweitbeschwerdeführerin:
Die belangte Behörde hat den Antrag der im gegenständlichen Vergabekontrollverfahren teilweise obsiegenden Zweitbeschwerdeführerin auf Ersatz der entrichteten Pauschalgebühren gemäß § 177 Abs. 5 BVergG zurückgewiesen, weil für die Entscheidung über diesen Ersatzanspruch ausschließlich die Zivilgerichte zuständig seien.
Wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 6. April 2005, Zlen. 2004/04/0091, 0092, mit ausführlicher Begründung dargelegt hat, hat jedoch über einen Antrag auf Ersatz der entrichteten Pauschalgebühren gemäß § 177 Abs. 5 BVergG die Vergabekontrollbehörde selbst - in dem die Hauptsache erledigenden Bescheid - abzusprechen.
Daher beruht auch der Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides auf einer Verkennung der Rechtslage.
6. Aus den dargestellten Gründen war der angefochtene Bescheid in seinen Spruchpunkten II. und III. gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
7. Der Zuspruch von Aufwandersatz an die zweitbeschwerdeführende Partei gründet auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Der Antrag des Erstbeschwerdeführers (Bund) auf Zuspruch von Aufwandersatz war abzuweisen, weil der Bund Rechtsträger der belangten Behörde ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 13. Juni 2005, Zl. 2005/04/0048).
Wien, am 23. Mai 2007
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