Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem am 17. Juli 2003 eingebrachten Baugesuch vom 16. Juli 2003 kam der Beschwerdeführer um die baubehördliche Bewilligung für den Neubau (die Wiedererrichtung) eines abgebrannten Alpgebäudes auf einem Grundstück im Gebiet der Gemeinde I ein (im Baugesuch ist für das Dach eine "Bretterdeckung" vorgesehen). Mit dem Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde I. vom 8. September 2003 wurde dem Beschwerdeführer die angestrebte Bewilligung mit einer Reihe von Vorschreibungen erteilt. Im Spruch heißt es unter anderem "das Objekt ist mit einem Holzschindeldach" einzudecken; ein Punkt der Vorschreibungen lautet: "Die Dachhaut muss aus normal brennbaren Stoffen bestehen". Dieser Bescheid erwuchs unbekämpft in Rechtskraft.
In der Folge ersuchte der Beschwerdeführer mit Eingabe vom 20. September 2004 um Genehmigung des bereits mit grauen Betonziegeln gedeckten Daches und führte dazu aus, dass es ihm aus finanziellen Gründen nicht möglich gewesen sei, die Deckung mit einem Schindeldach durchzuführen, weil er auch hiefür keinerlei Förderungen bekommen habe. Darüber hinaus sei ihm vom Bundesdenkmalamt bescheinigt worden, dass ein Schindeldach rechtlich nicht vorgeschrieben werden könne. Dieses Gesuch wurde mit dem erstinstanzlichen Bescheid vom 5. November 2004 wegen entschiedener Sache zurückgewiesen, die Berufung und die Vorstellung des Beschwerdeführers blieben erfolglos (abweisliche Vorstellungsentscheidung der belangten Behörde vom 29. März 2005).
Mit dem nun verfahrensgegenständlichen Baugesuch vom 14. Juni 2005 (bei der Behörde eingebracht am 16. Juni 2005) kam der Beschwerdeführer um baubehördliche Bewilligung für das Bauvorhaben: "Zubau Unterstellplatz und baurechtliche Sanierung Almgebäude; betrifft: Abstandsflächen, Wandhöhen, Firsthöhe, Dachneigung und Dacheindeckung" ein.
Mit dem erstinstanzlichen Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde I. vom 19. Juli 2005 wurde das Baugesuch wegen entschiedener Sache zurückgewiesen und die Bauführung untersagt. Das wurde im Wesentlichen damit begründet, dass es beim Baugesuch um die nachträgliche Genehmigung der geänderten Ausführung der Dacheindeckung gehe, und somit entschiedene Sache vorliege.
Mit Erledigung vom selben Tag trug der Bürgermeister dem Beschwerdeführer auf, binnen zwei Wochen nachträglich um die Erteilung der Baubewilligung für die geänderte Ausführung des Hauses ("ohne Dacheindeckung, da bereits entschiedene Sache") anzusuchen.
Der Beschwerdeführer erhob gegen den Bescheid vom 19. Juli 2005 Berufung, die mit Bescheid des Gemeindevorstandes der Gemeinde I. vom 24. Oktober 2005 als unbegründet abgewiesen wurde.
Dagegen erhob der Beschwerdeführer Vorstellung.
Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde der Vorstellung Folge gegeben, den bekämpften Berufungsbescheid behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Berufungsbehörde verwiesen. Dies wurde zusammengefasst damit begründet, schon im erstinstanzlichen Bescheid vom 19. Juli 2005 sei zutreffend ausgeführt worden, dass die Baubewilligung vom 8. September 2003 mit den für die Ausführung der bewilligten Maßnahme vorgeschriebenen Auflagen in einem untrennbaren Zusammenhang stehe. Ein Antrag auf nachträgliche Genehmigung der Nichteinhaltung der Auflage hinsichtlich der Holzschindeldeckung stelle daher ein Ansuchen dar, das die Aufrollung einer bereits rechtskräftig entschiedenen Sache bezwecke. Ein derartiger Antrag sei deshalb gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückzuweisen.
Im Beschwerdefall habe der Antrag des Beschwerdeführers jedoch nicht nur die nachträgliche Erteilung der Baubewilligung für die vom Bewilligungsbescheid vom 8. September 2003 abweichende Dacheindeckung umfasst, sondern auch die Erteilung einer Bewilligung zur Errichtung eines Unterstellplatzes und die "baurechtliche Sanierung" (im Original unter Anführungszeichen) des Gebäudes betreffend Abstandsflächen, Wandhöhen, Firsthöhe und Dachneigung. Dem bekämpften Berufungsbescheid sei zu entnehmen, dass eine eigenständige Beurteilung dieser Teile des Bauvorhabens wegen mangelhafter Planunterlagen und insbesondere auf Grund des unmittelbaren Zusammenhanges zwischen Dachausführung und Gebäudehöhe nicht möglich gewesen sei.
Zur Trennbarkeit eines Bauvorhabens habe der Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung vom 22. Februar 1990, Zl. 88/06/0187, festgestellt, dass ein Bauvorhaben grundsätzlich ein unteilbares Ganzes sei, das nur als solches von der Behörde bewilligt oder abgelehnt werden könne. Aus der Antragsbedürftigkeit der Baubewilligung folge nämlich, dass die Baubehörde über das Parteienbegehren, wie es sich aus dem Ansuchen, den Plänen und der Baubeschreibung ergäbe, abzusprechen habe. Lägen allerdings die Bewilligungsvoraussetzungen nur für einen Teil des Bauvorhabens vor und sei dieser Teil von den übrigen Vorhaben trennbar, dann habe die Behörde im Zweifel davon auszugehen, dass eine Teilbewilligung vom Parteibegehren mitumfasst sei. Eine Trennbarkeit in mehrere Teile sei aber jedenfalls dann nicht gegeben, wenn eine Teilbewilligung nur durch eine, der Baubehörde verwehrten Einflussnahme auf die Gestaltung des Bauwillens möglich sei.
Dementsprechend könne davon ausgegangen werden, dass es sich zumindest bei der Errichtung eines Unterstellplatzes um einen vom übrigen Vorhaben trennbaren Teil des Bauvorhabens handle. Daher hätte die Behörde vor Zurückweisung des gesamten Bauansuchens das Vorliegen der Bewilligungsvoraussetzungen für die Errichtung des Unterstellplatzes prüfen und hiezu allenfalls dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG Gelegenheit zur Verbesserung seines Anbringens geben müssen. Da nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes die Behörde bei unklarem oder nicht genügend bestimmtem Inhalt eines Anbringens dessen Gegenstand von Amts wegen zu ermitteln habe, hätte die Behörde weiters feststellen müssen, ob das Parteibegehren im Hinblick auf Abstandsflächen, Wandhöhen, Firsthöhe und Dachneigung eine Teilbewilligung mitumfasse. Auch diesbezüglich wären die notwendigen Verbesserungen des Anbringens gemäß § 13 Abs. 3 AVG zu veranlassen und eine Prüfung der Bewilligungsvoraussetzungen durchzuführen gewesen.
Eine Zurückweisung wegen entschiedener Sache wäre nur im Hinblick auf die Art der Dacheindeckung und dem damit - entsprechend den vorhergehenden Ausführungen - in untrennbarem Zusammenhang stehenden Anbringen des Beschwerdeführers zulässig gewesen.
Zusammenfassend sei festzustellen, dass der Beschwerdeführer dadurch in seinen subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt worden sei, dass die Baubehörde seinen Antrag als Ganzes wegen entschiedener Sache zurückgewiesen und es unterlassen habe, über die Bewilligungsfähigkeit der vom übrigen Vorhaben trennbaren Teile des gegenständlichen Bauvorhabens gesondert abzusprechen.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Verwaltungsgerichtshof teilt die Auffassung der Behörden des Verwaltungsverfahrens, dass die (projektändernde) spruchmäßige Anordnung im Bewilligungsbescheid vom 17. Juli 2003 der Rechtskraft fähig war und in diesem Sinn verbindliche Wirkung entfaltet (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 26. September 2002, Zl. 2001/06/0033).
Gemäß § 68 Abs. 1 AVG ist ein Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 (die hier nicht vorliegen) die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, wenn die Behörde nicht den Anlass zu einer Verfügung gemäß den Abs. 2 bis 4 findet (was hier ebenfalls nicht der Fall ist). Ansuchen, die offenbar die Aufrollung einer bereits rechtskräftig entschiedenen Sache bezwecken, sind auch dann, wenn das Begehren nicht ausdrücklich dahin lautet, wegen "res judicata" zurückzuweisen. Die Rechtskraft eines Bescheides erfasst jedoch nicht einen Sachverhalt, der sich nach Erlassung des Bescheides geändert hat, es sei denn, dass sich das neue Parteibegehren von dem mit rechtskräftigem Bescheid abgewiesenen Begehren nur dadurch unterscheidet, dass es in für die rechtliche Beurteilung der Hauptsache unwesentlichen Nebenumständen modifiziert worden ist. Die Wesentlichkeit einer Sachverhaltsänderung ist dabei nach der Wertung zu beurteilen, die das geänderte Sachverhaltselement in der seinerzeitigen rechtskräftigen Entscheidung erfahren hat. Die für die Beachtung der Rechtskraft im Sinne des § 68 Abs. 1 AVG maßgebende Identität der Sache liegt auch dann vor, wenn sich das neue Parteibegehren von dem mit rechtskräftigem Bescheid bereits abgewiesenen nur dadurch unterscheidet, dass eine bisher von der Partei nicht ins Treffen geführte Rechtsfrage aufgegriffen wird oder die Behörde in dem bereits rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren die Rechtsfrage auf Grund eines mangelhaften Ermittlungsverfahrens oder einer unvollständigen oder unrichtigen rechtlichen Beurteilung entschieden hat (siehe dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 30. Juni 1994, Zl. 92/06/0270, mwN.; zu Auflagen auch die hg. Erkenntnisse vom 18. Februar 1997, Zl. 97/05/0020, und vom 26. September 2002, Zl. 2001/06/0033).
Überträgt man diese Grundsätze auf den Beschwerdefall, ist zunächst darauf zu verweisen, dass der Beschwerdeführer mit dem hier zugrundeliegenden Baugesuch vom 14. Juni 2005 zwar nicht bloß die Bewilligung einer anderen Dacheindeckung anstrebt (darum ging es auch sachverhaltsmäßig im Fall des schon genannten hg. Erkenntnisses vom 26. September 2002, Zl. 2001/06/0033), sondern auch einer Reihe weiterer baulicher Maßnahmen. Damit ist das Baugesuch zwar in seiner Gesamtheit zu betrachten. Das vermag dem Beschwerdeführer aber nicht zum Erfolg verhelfen. Wie sich aus dem Bewilligungsbescheid vom 17. Juli 2003 ergibt, kam der Deckung mit Holzschindeln besondere Bedeutung zu, weil sie (projektändernd) eigens aufgetragen wurde. Vor diesem Hintergrund sind aber die nunmehrigen Änderungen beim Vorhaben im Vergleich zu dem mit Bescheid vom 8. September 2003 bewilligten Vorhaben nicht so bedeutend, dass die andere Ausführung der Dachdeckung als wesentliche Änderung des Sachverhaltes (in dem Sinn, dass damit das Hindernis der "entschiedenen Sache" nicht mehr gegeben wäre) anzusehen wären.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 25. April 2006
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