Normen
AsylG 1997 §7;
AsylG 1997 §8 Abs1;
AsylG 1997 §8 Abs2;
AVG §67d;
EGVG 1991 Anlage Art2 Abs2 Z43a;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
AsylG 1997 §7;
AsylG 1997 §8 Abs1;
AsylG 1997 §8 Abs2;
AVG §67d;
EGVG 1991 Anlage Art2 Abs2 Z43a;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 908,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein der albanischen Volksgruppe angehörender Staatsangehöriger des nunmehrigen Serbien aus dem Kosovo, reiste am 7. April 2005 in das Bundesgebiet ein und beantragte am 8. April 2005 Asyl.
Zu den Fluchtgründen gab er - zusammengefasst - bei seiner Einvernahme am 19. April 2005 an, er stelle (nachdem sein Asylantrag vom 14. Mai 1997 rechtskräftig abgewiesen worden war und er im Oktober 1997 von Österreich in den Kosovo zurückgekehrt sei) nunmehr einen neuen Asylantrag, weil die Situation im Kosovo "sehr schlecht ist"; er habe Angst, dass ein neuer Krieg ausbreche. Im März 2004 sei es zu Unruhen gekommen, "unser Premierminister" sei verfolgt worden, die Situation werde täglich schlimmer. Verfolgungshandlungen oder Bedrohungen gegen ihn gebe es nicht.
Bei seiner Einvernahme am 21. April 2005 gab der Beschwerdeführer an, er habe in Pristina eine Bäckerei besessen; Mehl (für diese Bäckerei) habe er in Serbien gekauft. Seine Mitarbeiter seien zweimal bis dreimal dahingehend bedroht worden, dass "ihr Chef mit den Serben zusammenarbeitet und deswegen wird er umgebracht". Der Fahrer, der das Mehl gebracht habe, sei Serbe gewesen. Er (der Beschwerdeführer) habe das Mehl in Serbien kaufen müssen. Da er Angst um sein Leben gehabt habe, habe er seine Heimat verlassen.
Das Bundesasylamt wies mit Bescheid vom 28. April 2005 den Asylantrag des Beschwerdeführers gemäß § 7 Asylgesetz 1997 (AsylG) ab, erklärte seine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Serbien und Montenegro in die Provinz Kosovo gemäß § 8 Abs. 1 AsylG für zulässig und wies den Beschwerdeführer gemäß § 8 Abs. 2 AsylG "aus dem österreichischen Bundesgebiet" aus.
Zur Begründung stellte das Bundesasylamt (im Wesentlichen) fest, der Beschwerdeführer gehöre im Kosovo keiner Volksgruppe an, der nach der Position des UNHCR vom August 2004 besonderer Schutz zukommen müsste. Nach ausführlicher Darstellung der allgemeinen Situation im Kosovo (auf den Seiten 7 bis 22 des erstinstanzlichen Bescheides) stellte das Bundesasylamt fest, es könne (unter Berücksichtigung aller Umstände) nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Fall seiner Rückkehr in die Provinz Kosovo dort der Gefahr einer Verfolgung aus den (näher aufgezählten) Gründen im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention ausgesetzt sei. Weiters könne nicht festgestellt werden, dass er im Falle seiner Abschiebung in den Kosovo einer Gefahr im Sinne des § 57 FrG ausgesetzt wäre; seiner Ausweisung entgegenstehende Gründe würden nicht existieren.
Im Rahmen der Beweiswürdigung führte das Bundesasylamt aus, die Feststellungen zur allgemeinen Lage im Kosovo würden sich auf die näher bezeichneten, unbedenklichen Quellen gründen, die Identität des Beschwerdeführers stehe auf Grund des vorgelegten Personalausweises fest. Hinsichtlich der behaupteten Herkunftsregion, Volkszugehörigkeit und Staatsangehörigkeit werde seinen Angaben Glauben geschenkt, weil er über die erforderlichen Sprach- und Lokalkenntnisse verfüge; sein Vorbringen werde der weiteren Beurteilung zu Grunde gelegt.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde (ohne Durchführung einer Berufungsverhandlung) die gegen die Abweisung des Asylantrages erhobene Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 7 AsylG ab, stellte gemäß § 8 Abs. 1 AsylG fest, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers in den Kosovo zulässig sei und wies ihn gemäß § 8 Abs. 2 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet in den Kosovo aus.
Begründend hielt die belangte Behörde fest, das Bundesasylamt habe die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens und die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen (und die darauf gestützte rechtliche Beurteilung) klar und übersichtlich zusammengefasst. Die Berufungsbehörde schließe sich den diesbezüglichen Ausführungen im erstinstanzlichen Bescheid vollinhaltlich an und erhebe sie zum Inhalt ihres Bescheides. Der "Vollständigkeit halber" sei (zusammengefasst) darauf hinzuweisen, dass das Bundesasylamt in der Zweiteinvernahme dem Beschwerdeführer vorgehalten habe, dass er sein Vorbringen nun "steigere" und dieses Vorbringen für die Behörde nicht glaubwürdig sei; diese Bewertung sei (nach Ansicht der belangten Behörde) zutreffend, weil kein Grund ersichtlich sei, warum ein Asylwerber nicht bereits bei seiner Ersteinvernahme alle Fluchtgründe hätte angeben können. Das Vorbringen bei der Zweiteinvernahme sei nicht glaubwürdig, weil es eine Steigerung des Asylvorbringens sei; der Beschwerdeführer habe dabei versucht, für seinen Asylantrag etwas zu gewinnen, dieses Vorbringen entspreche jedoch nicht den Tatsachen. Die für die Steigerung vorgebrachte Begründung (der Beschwerdeführer habe die Frage nach Verfolgungshandlungen bei der Ersteinvernahme falsch verstanden) könne bloß als Schutzbehauptung angesehen werden. Dass der Beschwerdeführer Mehl in die Bäckerei in Pristina von einem Serben gebracht bekomme, sei nicht gerade als plausibel zu bezeichnen. Die Ausführungen über die persönliche Bedrohung des Beschwerdeführers würden jeglicher Glaubwürdigkeit entbehren.
Über die dagegen erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Die belangte Behörde hat sich primär der Beweiswürdigung des Bundesasylamtes angeschlossen und die diesbezüglich im erstinstanzlichen Bescheid dargelegten Ausführungen ausdrücklich zum Inhalt des angefochtenen Berufungsbescheides erhoben. Dies bedeutet, dass - wie das Bundesasylamt insoweit ausführte - das gesamte Vorbringen des Beschwerdeführers (also auch seine Angaben bei der Zweiteinvernahme) der weiteren Beurteilung zu Grunde gelegt wird. Abweichend davon beurteilte die belangte Behörde nachfolgend im Rahmen ihrer "der Vollständigkeit halber" angestellten Erwägungen die Ausführungen des Beschwerdeführers in seiner Zweiteinvernahme über seine persönliche Bedrohung jedoch als unglaubwürdig. Diese ergänzende Beweiswürdigung der belangten Behörde steht mit dem primären Verweis auf die erstinstanzliche Beweiswürdigung in einem unlösbaren Widerspruch.
Die "der Vollständigkeit halber" angestellten Erwägungen hätte die belangte Behörde darüber hinaus nicht ohne Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung vornehmen dürfen (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 26. Jänner 2006, Zl. 2005/01/0106, und die darin angegebene Judikatur). Insoweit sie (auch) auf die rechtliche Beurteilung des erstinstanzlichen Bescheides verwies und davon ausging, dass die "überwiegende Mehrheit der Kosovo-Albaner ohne individuelle Schutzprobleme zurückkehren kann", hat die belangte Behörde nicht berücksichtigt, dass die dem Beschwerdeführer unterstellte Zusammenarbeit mit Serben (Kollaboration) - ausgehend von einer Darstellung der aktuellen Situation - in den Blick zu nehmen gewesen wäre (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 23. Februar 2006, Zl. 2005/01/0104).
Zusammenfassend ergibt sich somit, dass der angefochtene Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften behaftet ist, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG aufzuheben war.
Von der Durchführung der beantragten Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 3 und Z 6 VwGG abgesehen werden.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz (Schriftsatzaufwand) beruht - im Rahmen des gestellten Begehrens - auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.
Wien, am 9. Mai 2006
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