Normen
61997CJ0340 Ömer Nazli VORAB;
ARB1/80 Art6;
AuslBG;
EURallg;
FrG 1997 §14 Abs2 idF 2002/I/0126;
61997CJ0340 Ömer Nazli VORAB;
ARB1/80 Art6;
AuslBG;
EURallg;
FrG 1997 §14 Abs2 idF 2002/I/0126;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Bundesministerin für Inneres (der belangten Behörde) vom 19. Juli 2005 wurde der vom Beschwerdeführer, laut Beschwerdevorbringen ein türkischer Staatsangehöriger, am 23. März 2004 bei der Bundespolizeidirektion Wien gestellte und von dieser Behörde gemäß § 6 AVG zuständigkeitshalber dem Landeshauptmann von Wien (der Erstbehörde) zur Entscheidung abgetretene Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung gemäß § 14 Abs. 2 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, abgewiesen.
Die Ehe des Beschwerdeführers mit einer österreichischen Staatsbürgerin sei mit Beschluss des Bezirksgerichtes Florisdorf vom 23. Juni 2004 geschieden worden, und es sei der bei der Bundespolizeidirektion Wien gestellte Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung mit dem Aufenthaltszweck "begünstigter Drittsta.-Ö, § 49 Abs. 1 FrG" auf Grund der geltenden Rechtslage als quotenpflichtiger Antrag mit dem Aufenthaltszweck "Schlüsselkraft - unselbständig, § 18 Abs. 1 FrG" zu werten gewesen. Dieser Antrag sei von der Erstbehörde mit Bescheid vom 23. Februar 2005 gemäß § 14 Abs. 2 FrG abgewiesen worden.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung habe der Beschwerdeführer ausgeführt, dass besonders berücksichtigungswürdige Gründe im Sinn des § 10 Abs. 4 leg. cit. vorlägen und das Recht zur Inlandsantragstellung gemäß § 14 Abs. 2 letzter Satz leg. cit. daher nicht verwehrt werden dürfte.
Der Beschwerdeführer sei im Jahr 2003 mittels eines bis 17. März 2004 gültigen Visums C in das Bundesgebiet eingereist und seit 22. Dezember 2003 in Wien polizeilich gemeldet. Nach Ablauf der Gültigkeitsdauer des Visums habe er Österreich nicht freiwillig verlassen, sondern sei - ohne im Besitz eines Aufenthaltstitels zu sein - weiterhin im Bundesgebiet verblieben. Seit 1. Juli 2004 sei er im Besitz eines vom AMS Wien ausgestellten Befreiungsscheines. Er gehe einer unselbständigen Erwerbstätigkeit in Österreich nach und habe hier - abgesehen zu seinem Bruder - keine familiären Bindungen. Seine Kinder lebten nach seinen Angaben in der Türkei. Ein Aufenthaltstitel für das österreichische Bundesgebiet sei ihm bisher noch nicht erteilt worden.
Der Beschwerdeführer habe den obgenannten Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung im Inland gestellt, obwohl dieser vor der Einreise vom Ausland aus hätte gestellt werden müssen. Der im Inland gestellte Antrag auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung sei abzuweisen, wenn kein besonders berücksichtigungswürdiger Fall aus humanitären Gründen vorliege. Der Aktenlage sei kein ausreichender besonders berücksichtigungswürdiger humanitärer Aspekt zu entnehmen.
Der angestrebte Aufenthaltstitel solle zeitlich an ein Visum anschließen. Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 2 FrG sei die Erteilung eines Aufenthaltstitels jedoch zu versagen, wenn dieser zeitlich an den durch ein Reise- oder Durchreisevisum ermöglichten Aufenthalt anschließen und nach der Einreise erteilt werden solle.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. § 14 Abs. 2 FrG in der hier maßgeblichen Fassung des BGBl. I Nr. 126/2002 lautet:
"§ 14. (...)
(2) Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels sind vor der Einreise vom Ausland aus zu stellen. Der Antrag kann im Inland gestellt werden, wenn der Antragsteller bereits niedergelassen ist, und entweder bisher für die Rechtmäßigkeit des Aufenthaltes keinen Aufenthaltstitel benötigte oder bereits über einen Aufenthaltstitel verfügt hat; dies gilt nach Ablauf der Gültigkeit des zuletzt erteilten Aufenthaltstitels dann nicht, wenn der weitere Aufenthaltstitel eine Erwerbstätigkeit zulassen soll, für die der zuletzt erteilte Aufenthaltstitel nicht erteilt hätte werden können (§ 13 Abs. 3). Der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis für kurzfristig beschäftigte Fremde (§ 5 AuslBG) kann nach der Einreise gestellt werden, wenn der Fremde an sich zur sichtvermerksfreien Einreise berechtigt ist. Liegen die Voraussetzungen des § 10 Abs. 4 vor, kann der Antrag auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung im Inland gestellt werden."
Bei der Regelung des § 14 Abs. 2 erster Satz FrG handelt es sich um eine Anordnung an die Behörde, die beantragte Rechtsgestaltung durch Erteilung eines Aufenthaltstitels nur dann vorzunehmen, wenn der Antrag vor der Einreise des Antragstellers in das Bundesgebiet vom Ausland aus gestellt wurde, wobei die Erledigung grundsätzlich auch vom Ausland aus abzuwarten ist. Bei einem entgegen dieser Bestimmung gestellten Antrag kommt eine Ermessensentscheidung gemäß § 8 Abs. 1 leg. cit. unter Bedachtnahme auf die in § 8 Abs. 3 leg. cit. genannten Kriterien nicht in Betracht. (Vgl. zum Ganzen etwa das hg. Erkenntnis vom 18. Jänner 2005, Zl. 2004/18/0407, mwN.)
2. Die Beschwerde bringt vor, dass der Beschwerdeführer seine (frühere) österreichische Ehegattin "ca. 1992" geheiratet und sodann ca. zweieinhalb Jahre lang in Wien gelebt und rechtmäßig gearbeitet habe, aber mit einem Aufenthaltsverbot belegt und in die Türkei abgeschoben worden sei. Erstmals wieder habe er mit einem Visum vom 17. Dezember 2003 nach Österreich einreisen können. Er habe sofort einen Job als unselbständig Erwerbstätiger gefunden und im Zeitpunkt des angefochtenen Bescheides weit mehr als ein Jahr in Österreich unselbständig gearbeitet. Auch habe er einen Befreiungsschein bis Ende Juni 2009 erhalten. Seine Ehe sei mittlerweile geschieden worden. Zuvor habe er jedoch den Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung gestellt.
Da der Beschwerdeführer bis zur Erlassung des angefochtenen Bescheides mehr als ein Jahr legal dem österreichischen Arbeitsmarkt angehört habe, unterliege er dem Beschluss Nr. 1/80 des Assoziationsabkommens der EWG mit der Türkei (ARB). Darüber hinaus hätte im Hinblick auf Art. 13 ARB auf die Rechtslage zum 1. Jänner 1995 (österreichischer EU-Beitritt) abgestellt werden müssen, als die Bestimmungen des FrG noch nicht in Kraft gewesen seien, und hätte auf den Beschwerdeführer das Aufenthaltsgesetz (AufG) angewendet werden müssen, wobei spätere Gesetzesänderungen zu seinen Gunsten, aber nicht zu seinem Nachteil hätten berücksichtigt werden müssen.
3. Dieses Vorbringen ist nicht zielführend.
3.1. Mit dem Hinweis auf den auf der Grundlage des zwischen der EWG und der Türkei geschlossenen Assoziierungsübereinkommens aus 1963 gefassten Assoziationsratsbeschluss Nr. 1/80 vom 19. September 1980 (ARB) zeigt die Beschwerde schon deshalb keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf, weil sich der Beschwerdeführer laut seinem Beschwerdevorbringen nach seiner Heirat im Jahr 1992 nur ca. zweieinhalb Jahre in Österreich aufhielt, sodann auf Grund eines gegen ihn erlassenen Aufenthaltsverbotes in die Türkei abgeschoben wurde und erst wieder mit einem Visum vom 17. Dezember 2003 in Österreich einreiste. Der Beschwerdeführer war somit bis zu seiner Wiedereinreise länger als acht Jahre nicht mehr in Österreich aufhältig und beschäftigt. Sollte er am 1. Jänner 1995 - dem Zeitpunkt des EU-Beitrittes Österreichs und damit des unmittelbaren innerstaatlichen Wirksamwerdens des Beschlusses Nr. 1/80 (vgl. in diesem Zusammenhang etwa die hg. Erkenntnisse vom 1. Juli 1999, Zlen. 95/21/1000, 1001, und vom 26. Juni 2002, Zl. 98/21/0299) - in Österreich rechtmäßig niedergelassen und ordnungsgemäß beschäftigt gewesen sein und bis zur behaupteten Abschiebung eine nach dem ARB gesicherte Rechtsposition erlangt haben, so hätte er diese Position jedenfalls durch den genannten mehrjährigen Auslandsaufenthalt verloren. Von einem angemessenen Zeitraum zur Eingehung eines neuen Arbeitsverhältnisses nach vorübergehender Beschäftigungslosigkeit könnte nämlich keine Rede sein (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 30. November 2004, Zl. 2004/18/0358, mwH auf das Urteil des EuGH vom 10. Februar 2000, C-340/97 , in der Rechtssache Nazli).
3.2. Die Beschwerde bestreitet nicht, dass der Beschwerdeführer im Jahr 2003 auf Grund eines bis 17. März 2004 gültigen Visums C in das Bundesgebiet eingereist ist und - ohne über einen Aufenthaltstitel (vgl. § 7 FrG) zu verfügen - weiterhin hier geblieben ist. Auf ein Aufenthaltsrecht nach Art. 6 ARB können sich nur solche türkische Arbeitnehmer berufen, die während der in dieser Bestimmung angeführten Zeiträume von ein, drei oder vier Jahren über eine gesicherte und nicht nur vorläufige Position auf dem Arbeitsmarkt verfügten; während dieser Zeiträume muss sowohl die Beschäftigung des betroffenen türkischen Arbeitnehmers mit den arbeitserlaubnisrechtlichen, als auch sein Aufenthalt im Einklang mit den nicht nur eine vorübergehende Position sichernden aufenthaltsrechtlichen Vorschriften des jeweiligen Mitgliedstaates im Einklang stehen (vgl. dazu das bereits zitierte Erkenntnis, Zl. 2004/18/0358, mwN).
Da der Beschwerdeführer seit seiner Einreise im Jahr 2003 über keinen zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigenden Aufenthaltstitel verfügte, kommt für ihn - auch wenn ihm ein Befreiungsschein erteilt wurde - der ARB nicht zum Tragen (vgl. dazu nochmals das zitierte Erkenntnis, Zl. 2004/18/0358; ferner das hg. Erkenntnis vom 27. April 2004, Zl. 2003/18/0087).
4. Demzufolge hat die belangte Behörde den vom Beschwerdeführer gestellten Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung zutreffend gemäß § 14 Abs. 2 FrG abgewiesen.
5. Da somit bereits der Beschwerdeinhalt erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 15. März 2006
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