Normen
BauG Stmk 1995 §5 Abs1 Z1;
BauRallg;
GasG Stmk 1973 §1 Abs1;
ROG Stmk 1974 §25 Abs3 Z1 litb;
VwGG §42 Abs2 Z1;
BauG Stmk 1995 §5 Abs1 Z1;
BauRallg;
GasG Stmk 1973 §1 Abs1;
ROG Stmk 1974 §25 Abs3 Z1 litb;
VwGG §42 Abs2 Z1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Steiermark hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 7. Juni 2005 hat die Steiermärkische Landesregierung den Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung der Bewilligung zur Errichtung einer Biogasanlage gemäß § 1 Abs. 1 des Steiermärkischen Gasgesetzes 1973, LGBl. Nr. 54 (Stmk GasG) iVm § 5 Abs. 1 Z. 1 Steiermärkisches Baugesetz, LGBl. Nr. 59/1995 (Stmk BauG) und § 25 Abs. 3 Z. 1 lit. b Steiermärkisches Raumordnungsgesetz 1974, LGBl. Nr. 127 (Stmk ROG), abgewiesen.
Nach dem Stmk GasG seien subsidiär die Bestimmungen des Stmk BauG anzuwenden. Nach dessen § 5 Abs. 1 Z. 1 sei ein Bauplatz für die vorgesehene Bebauung geeignet, wenn diese Bebauung nach dem Stmk ROG zulässig sei. Nach § 25 Abs. 3 Z. 1 lit. b Stmk ROG dürften Neu- und Zubauten im Freiland errichtet werden, wenn sie für einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb erforderlich seien. Nach § 25 Abs. 2 leg. cit. könne u.a. für Energieerzeugungs- und Versorgungsanlagen eine Sondernutzung festgelegt werden.
Nach der ständigen höchstgerichtlichen Judikatur liege eine Landwirtschaft im Sinn raumordnungsrechtlicher Regelungen vor, wenn eine planvolle, grundsätzlich auf die Erzielung von Einnahmen gerichtete nachhaltige Tätigkeit im Bereich der land- und forstwirtschaftlichen Urproduktion oder eine diese Urproduktion typischerweise begleitende Nebenerwerbstätigkeit gegeben sei. Erst wenn geklärt sei, ob es sich um eine entsprechende land- und forstwirtschaftliche Tätigkeit handle, sei die weitere Frage zu beantworten, ob die geplante Baulichkeit für diese Tätigkeit erforderlich sei. Bei der Prüfung der Erforderlichkeit sei nach der höchstgerichtlichen Judikatur ein strenger Maßstab anzulegen.
Die im Betrieb des Beschwerdeführers vorgesehene Schweinehaltung bzw. Schweinezucht stelle eine landwirtschaftliche Urproduktion dar. Die der Energieerzeugung dienende Biogasanlage könne jedoch nicht als die Schweinehaltung typischerweise begleitende Nebenerwerbstätigkeit angesehen werden. Hauptzweck dieser Anlage sei die Stromerzeugung zur Einspeisung in das öffentliche Netz. Auch wenn die Energieerzeugung ohne Zweifel ein Nebengewerbe der Land- und Forstwirtschaft im Sinn von § 2 Abs. 4 GewO 1984 darstelle, bedeute dies nicht, dass es sich auch um eine land- und forstwirtschaftliche Tätigkeit im Sinn raumordnungsrechtlicher Regelungen handle. Nicht jede land- und forstwirtschaftliche Tätigkeit im technischen Sinn sei auch nach raumordnungsrechtlichen Vorgaben im Freiland zulässig.
Da es sich bei der gegenständlichen Biogasanlage, die hauptsächlich der Stromerzeugung und Einspeisung in das öffentliche Netz diene, um keine die landwirtschaftliche Urproduktion typischerweise begleitende Nebenerwerbstätigkeit handle, sei die Errichtung im Freiland unzulässig. Die beantragte gasrechtliche Bewilligung habe daher abgewiesen werden müssen, weil sie im Widerspruch zur Ausweisung der benötigten Flächen als "Freiland" im geltenden Flächenwidmungsplan stehe.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer macht geltend, dass der Tätigkeitsumfang eines Landwirtes in den Ausnahmebestimmungen des § 2 Abs. 3 und Abs. 4 GewO 1994 definiert werde. Innerhalb dieses Bereiches habe der Landwirt völlige Freiheit, die einzelnen Möglichkeiten auszunützen. Alle diese Tätigkeiten seien als landwirtschaftliche Tätigkeiten im Sinn des Stmk ROG zu qualifizieren und die dafür erforderlichen Bauten daher im Freiland zulässig. Zum Betriebskonzept des Beschwerdeführers gehöre auch die Errichtung der Biogasanlage zur Stromerzeugung.
Gaserzeugungsanlagen unterliegen gemäß dessen § 1 Abs. 1 erster Satz dem Stmk GasG. Nach dem zweiten Satz dieser Bestimmung ist, soweit dieses Gesetz keine abweichenden Vorschriften enthält, das Stmk BauG anzuwenden.
Gemäß § 5 Abs. 1 Z. 1 Stmk BauG ist eine Grundstücksfläche als Bauplatz für die vorgesehene Bebauung geeignet, wenn eine Bebauung nach dem Stmk ROG zulässig ist.
Nach § 25 Abs. 3 Z. 1 Stmk ROG dürfen im Freiland Neu- und Zubauten errichtet werden, die (lit. b) für einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb erforderlich sind.
Der Standort der gegenständlichen Biogasanlage befindet sich unstrittig im Freiland. Im vorliegenden Fall ist ausschließlich strittig, ob die Anlage im Sinn des gemäß § 1 Abs. 1 Stmk GasG iVm § 5 Abs. 1 Z. 1 Stmk BauG anzuwendenden § 25 Abs. 3 Z. 1 lit. b Stmk ROG für den Betrieb des Beschwerdeführers "erforderlich" ist.
Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kommt es für die Frage der Erforderlichkeit einer Bauführung für einen landwirtschaftlichen Betrieb darauf an, ob es sich um eine planvolle, grundsätzlich auf Einnahmenerzielung gerichtete nachhaltige Tätigkeit im Bereich der land- und forstwirtschaftlichen Urproduktion oder eine diese Urproduktion typischerweise begleitende Nebenerwerbstätigkeit handelt (vgl. etwa das Erkenntnis vom 16. September 2003, Zl. 2002/05/0728), und - bejahendenfalls - ob die zu errichtenden Bauten der Betriebsfläche und Betriebsart insofern angepasst sind, als sie zu diesen Flächen nicht in einem Missverhältnis stehen (vgl. etwa das Erkenntnis vom 24. November 1997, Zl. 95/10/0213).
Nach dem Akteninhalt soll in der geplanten Biogasanlage vorwiegend aus Schweinegülle und Maissilage Gas erzeugt werden, welches als Kraftstoff für zwei Motore verwendet wird, mit denen Strom zur Versorgung des eigenen Betriebes des Beschwerdeführers und - hauptsächlich - zur Einspeisung in das öffentliche Netz erzeugt werden soll. Die anfallende Abwärme soll ebenfalls im Betrieb des Beschwerdeführers verwendet werden.
Wie die belangte Behörde richtig erkannt hat, handelt es sich bei der Schweinehaltung um einen Bereich der landwirtschaftlichen Urproduktion; zweifellos gehört auch der Maisanbau zur landwirtschaftlichen Urproduktion. Die belangte Behörde vertrat die Ansicht, dass schon deshalb keine diese Urproduktion typischerweise begleitende Nebenerwerbstätigkeit im Sinn der dargestellten Judikatur vorliege, weil die gegenständliche Anlage überwiegend der Stromerzeugung zur Einspeisung in das öffentliche Netz diene.
Nach der hg. Judikatur liegt eine die Urproduktion typischerweise begleitende Nebenerwerbstätigkeit u.a. dann vor, wenn sie vorwiegend der Verarbeitung der eigenen Erzeugnisse dient (vgl. etwa das Erkenntnis vom 23. September 1999, Zl. 98/06/0094). So wurde die "Veredelung" der vom Landwirten selbst gezüchteten Pferde durch deren Ausbildung als der Urproduktion dienende Nebenerwerbstätigkeit qualifiziert (Erkenntnis vom 21. Jänner 1992, Zl. 91/05/0195). Im bereits zitierten Erkenntnis Zl. 95/10/0213 hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass auch ein Sägewerk der land- und forstwirtschaftlichen Urproduktion als Nebenerwerbstätigkeit dienen kann und der - dies verneinenden -
Behörde aufgetragen zu beurteilen, ob für die Nutzung der Waldflächen des Landwirtes ein Sägewerk erforderlich ist. Als nicht der land- und forstwirtschaftlichen Urproduktion dienende Nebenerwerbstätigkeit hat der Verwaltungsgerichtshof etwa die Vermietung von Flächen zur Aufstellung von Werbetafeln (Erkenntnis vom 21. September 2000, Zl. 99/06/0057), die Forschung auf dem Gebiet der Naturheilkunde (Erkenntnis vom 3. Juli 2001, Zl. 2001/05/0232) oder die bloße Verpachtung einer Jagdhütte (bereits zitiertes Erkenntnis, Zl. 98/06/0094) qualifiziert.
Unter Berücksichtigung dieser Judikatur kann eine Anlage zur Erzeugung von Gas aus der landwirtschaftlichen Urproduktion entstammenden Stoffen im Rahmen des Betriebskonzepts eines Landwirtes (zur Maßgeblichkeit dieses Konzepts vgl. das bereits zitierte hg. Erkenntnis, Zl. 91/05/0195) als eine die Urproduktion begleitende Nebenerwerbstätigkeit angesehen werden, auch wenn sie vorwiegend der Stromerzeugung zur Einspeisung ins öffentliche Netz dient.
Insoweit hat die belangte Behörde die Rechtslage verkannt.
Im fortgesetzten Verfahren wird die Behörde daher zu prüfen haben, ob die geplante Biogasanlage zur Nutzung der vom Beschwerdeführer bewirtschafteten landwirtschaftlichen Flächen im Rahmen des Betriebskonzepts erforderlich ist, wobei insbesondere zu prüfen sein wird, ob die geplante Anlage auf Grund ihrer Dimensionierung zu den Betriebsflächen in einem Missverhältnis steht.
Aus den dargestellten Gründen war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 26. April 2006
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