VwGH 2004/21/0069

VwGH2004/21/006928.3.2006

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher und Dr. Grünstäudl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Thurin, über die Beschwerde des P, vertreten durch Mag. Christian Leyroutz, Rechtsanwalt in 9020 Klagenfurt, Alter Platz 31/I, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 15. Jänner 2004, Zl. III-1043566/FrB/04, betreffend Anordnung der Schubhaft, zu Recht erkannt:

Normen

AsylG 1997 §21 Abs1;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
FrG 1997 §61 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
AsylG 1997 §21 Abs1;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
FrG 1997 §61 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 908,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde gegenüber dem Beschwerdeführer, einem Staatsangehörigen von Sierra Leone, die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung gemäß § 61 Abs. 1 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, angeordnet. Gleichzeitig hat sie ausgesprochen, dass die Rechtsfolgen dieses Bescheides nach der Entlassung des Beschwerdeführers aus der Gerichtshaft eintreten. In der Begründung dieses Bescheides stellte sie fest, der Beschwerdeführer befinde sich wegen des Verdachts des Suchtmittelhandels in Untersuchungshaft. Außerdem bestehe gegen ihn ein bis 4. Oktober 2011 befristetes rechtskräftiges Aufenthaltsverbot. Er sei im Bundesgebiet weder behördlich gemeldet noch kranken- oder sozialversichert und gehe keiner legalen Beschäftigung nach. Der Beschwerdeführer sei nicht in der Lage, ausreichende Mittel zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes nachzuweisen und verfüge über keine Familienangehörigen im Bundesgebiet. In seinem Heimatland habe er, "außer den dargelegten Problemen in ihrem Asylantrag", keine weitere strafrechtliche oder politische Verfolgung zu befürchten. Bei der Abwägung der Privatinteressen des Beschwerdeführers gegen die maßgeblichen öffentlichen Interessen - das Verhalten des Beschwerdeführers lasse klar erkennen, dass er nicht gewillt sei, österreichische Rechtsvorschriften einzuhalten - fielen die öffentlichen Interessen erheblich schwerer ins Gewicht. Das bisherige Verhalten des Beschwerdeführers rechtfertige die Annahme, dass er sich dem weiteren fremdenpolizeilichen Verfahren entziehen werde. Da die Anwendung gelinderer Mittel im vorliegenden Fall nicht in Betracht komme, sei die Anordnung der Schubhaft nach Ansicht der belangten Behörde gerechtfertigt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten durch die belangte Behörde erwogen hat:

Der Beschwerdeführer macht in der Beschwerde geltend, dass sich das Verfahren über seinen Asylantrag als Folge des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. Februar 2003, Zl. 2001/20/0228, wieder im Berufungsstadium befinde und dass ihm eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach § 19 Asylgesetz 1997 zukomme. Da er während der Dauer des Asylverfahrens nicht abgeschoben werden dürfe, sei rechtlich kein Raum für die Anwendung des § 61 Abs. 1 FrG.

Im angefochtenen Bescheid ist die belangte Behörde, wie erwähnt, davon ausgegangen, dass der Beschwerdeführer einen Asylantrag gestellt hat. Mit der Vorlage der Verwaltungsakten an den Verwaltungsgerichtshof hat sie bestätigt, dass sich das Asylverfahren des Beschwerdeführers im Berufungsstadium befinde. Nach dem Verwaltungsakt (Seite 56) hat der Beschwerdeführer zur Einbringung seines Asylantrages niederschriftlich vorgebracht, er sei nach der Einreise nach Österreich "in das Bundesasylamt gegangen und habe dort um Hilfe ersucht".

Ausgehend davon hätte die belangte Behörde zunächst Feststellungen treffen müssen, die eine Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof ermöglichen, ob die Bestimmungen über die Schubhaft auf den Beschwerdeführer gemäß § 21 Abs. 1 Asylgesetz 1997 (idF vor der Novelle BGBl. I Nr. 101/2003) überhaupt anwendbar waren (vgl. dazu auch das hg. Erkenntnis vom 21. Dezember 2004, Zl. 2004/21/0145).

Der mit einem wesentlichen Verfahrensmangel behaftete angefochtene Bescheid war somit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.

Die Entscheidung über den Kostenersatz beruht, soweit dieser beantragt wurde, auf den §§ 47 ff VwGG und auf der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.

Wien, am 28. März 2006

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