Normen
VergnügungssteuerG Wr 1987 §1 Abs1 Z3;
VergnügungssteuerG Wr 1987 §6 Abs1;
VergnügungssteuerG Wr 1987 §6 Abs3;
VergnügungssteuerG Wr 1987 §1 Abs1 Z3;
VergnügungssteuerG Wr 1987 §6 Abs1;
VergnügungssteuerG Wr 1987 §6 Abs3;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.
Die Bundeshauptstadt Wien hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171, 20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die beschwerdeführende GmbH (in der Folge: Beschwerdeführerin) betreibt im Milleniumstower ein Entertainmentcenter. Dort hat sie u.a. 20 Personal-Computer (kurz: PC) mit Internetanschluss aufgestellt.
Die Prokuristin der Beschwerdeführerin, Monika V., ist Inhaberin des Unternehmens J & F. Dieses Unternehmen verfügt über eine Domain-Registrierung und über eine "homepage". Diese "homepage" scheint auf der "frontpage" der bei der Beschwerdeführerin aufgestellten 20 PCs auf; sie weist folgende Felder auf: news, guestbooks, onlinegame, gamecenters, links, contact. Durch das Anklicken des Feldes "onlinegames" wird eine Seite aufgerufen, auf der die Spiele "Bap-Arkanoid", "Lunar-Lander", "Bubbles", "Ufo-Attack", "Snake" und "Death Valley" angeboten werden. Durch ein weiteres Anklicken eines dieser Felder wird das entsprechende Spiel aufgerufen.
Mit Bescheid vom 12. Februar 2003 des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 4, wurde der Beschwerdeführerin gemäß § 6 Abs. 3 des Wiener Vergnügungssteuergesetzes für das Halten von 20 Bildschirmgeräten mit den - oben genannten - Spielen im eigenen Betrieb in Wien für die Zeit von November 2002 bis Februar 2003 Vergnügungssteuer im Betrag von EUR 17.440,-- vorgeschrieben; gleichzeitig wurde ihr gemäß § 104 Abs. 1 der Wiener Abgabenordnung ein Verspätungszuschlag von EUR 1.744,-- und gemäß § 164 Abs. 1 leg. cit. ein Säumniszuschlag von EUR 348,80 auferlegt.
Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wurde über Berufung der Beschwerdeführerin der ihr auferlegte "Verspätungszuschlag auf EUR 348,80 reduziert", im Übrigen wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Die belangte Behörde führte - soweit für das Beschwerdeverfahren von Bedeutung - aus, es sei unstrittig, dass die Beschwerdeführerin als Unternehmerin im genannten Standort 20 Bildschirmgeräte betrieben habe; über die "Verlinkung" zur Webseite der "J & F" hätten die - oben genannten -
Spiele von den PCs der Beschwerdeführerin online zum Spielen aufgerufen werden können. Die Spiele seien auch von Gästen gespielt worden.
Strittig sei, ob es sich bei den PCs mit diesen Spielmöglichkeiten um Spielapparate im Sinne des Vergnügungssteuergesetzes handle; sowie das Ende des Zeitraumes der Abgabenpflicht.
Das alleinige Anbieten eines unbeschränkten Internetzuganges sei noch nicht als vergnügungssteuerpflichtiger Tatbestand des Haltens von Spielapparaten zu verstehen. Das betriebsbereite Halten von Spielapparaten in Form von internetfähigen Endgeräten beginne erst mit der "Verlinkung" der eigenen Webseite mit einer Internetseite, auf der Spiele dargeboten werden. Ob und welche "links" auf der eigenen Webseite eingerichtet werden, liege im alleinigen Ermessen des Gestalters der Webseite. Durch die selektive Auswahl der "links" einer Webseite sei es somit jedem Betreiber möglich, das Surfverhalten der Anwender zu steuern. Verweise also ein "link" auf eine Spielseite, so sei dem daran interessierten Anwender die Inbetriebnahme des Spieles ohne Probleme möglich, weshalb von einem betriebsbereiten Zustand des Apparates (Endgerätes) auszugehen sei. Der Begriff "Spielapparat" sei dabei funktional zu beurteilen. Bei einem gleichzeitigen Anbieten eines PCs und der speziellen "Verlinkung" zu einer Webseite, von der Spiele geladen werden können, liege der wahre wirtschaftliche Gehalt (§ 19 Abs. 1 WAO) in der Einräumung einer Spielgelegenheit wie dies bei einem Spielapparat typischerweise der Fall sei. Im Sinne dieser zweckorientierten Betrachtungsweise könne es nunmehr keinen Unterschied machen, ob die Software zum betreffenden Spiel physisch auf der Hardware des Computers gespeichert oder ob durch "Verlinkung" auf der "homepage" gezielt die Möglichkeit eingeräumt werde, unter Zuhilfenahme der sonstigen Apparatekomponenten eines PCs die betreffenden Spiele aufzurufen. Dem Begriff Apparat sei im gegebenen Bedeutungszusammenhang der weitere Wortsinn zuzumessen, dass für den Spielinteressenten und Anwender eine funktionstüchtige Spieleinheit zusammengesetzt gewesen und bereitgehalten worden sei. Es sei daher zwischen dem bloßen Anbieten eines Internetzuganges und der "Verlinkung" von "webpages" zu differenzieren. Ersteres stelle keinen steuerpflichtigen Tatbestand im Sinne des Vergnügungssteuergesetzes dar. Treten hingegen weitere Momente dazu, wie etwa die physische Speicherung der Spiele-Software oder eine gezielte "Verlinkung", dann sei ein steuerpflichtiger Tatbestand verwirklicht.
Hinsichtlich des Zeitraumes der Steuerpflicht sei Folgendes zu bemerken:
Die "Verlinkung" zum Feld "onlinegames" auf den Internet-Terminals sei seit 1. November 2002 erfolgt. Die zeugenschaftliche Befragung der drei einschreitenden Revisionsbeamten habe ergeben, dass über den auf der "homepage" ausgewiesenen "link" "onlinegames" während des gesamten, der Abgabepflicht zu Grunde gelegten Zeitraumes direkt auf die dort abgelegten Spiele habe zugegriffen werden können, ohne dass ein weiterer Zwischenschritt habe getätigt werden müssen. Eine Entfernung des "link" sei erst am 24. Februar 2003 erfolgt.
Diese Wahrnehmungen seien von den besonders geschulten Revisionsbeamten in Ausführung ihres Dienstes gemacht worden. Es bestehe kein Anhaltspunkt, an der Richtigkeit dieser Angaben zu zweifeln. Aus dem Revisionsbericht vom 24. Februar 2003 gehe hervor, dass zu diesem Zeitpunkt hinsichtlich der Bildschirmgeräte mit Internetanschluss noch Steuerpflicht bestanden habe, weil - wie die Beschwerdeführerin auch selbst einräume - die "Verlinkung" zu den "onlinegames" erst im Zuge dieser Revision vom zuständigen Techniker entfernt worden sei.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde nach Erstattung einer Gegenschrift und Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde erwogen:
In der Beschwerde wird unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes die Auffassung vertreten, die rechtliche Beurteilung habe von der Ausstattung des Gerätes auszugehen. Ein PC, welcher auf der Festplatte keine Spiele gespeichert habe, sondern nur dem allgemeinen Zugang zum Internet ermögliche, sei kein Spielapparat mit Bildschirm im Sinne des § 6 Vergnügungssteuergesetzes. Der "link" u.a. zu der Seite "www.joy&fun.at ." stelle keinen rechtlichen Anknüpfungspunkt dar. Die rechtliche Anknüpfung könne sich auch nicht aus einem allfälligen Verhalten eines Anwenders ergeben.
Einer Steuer nach Maßgabe des im Beschwerdefall noch anzuwendenden Gesetzes über die Besteuerung von Vergnügungen im Gebiete der Stadt Wien (kurz: Vergnügungssteuergesetz 1987 - VGSG) unterliegt das Halten von Schau-, Scherz-, Spiel-, Geschicklichkeits- oder ähnlichen Apparaten sowie von Musikautomaten (§ 1 Abs. 1 Z. 3). Für das Halten von Flippern, Spielapparaten mit Bildschirmen, Fußballspiel- und Hockeyautomaten und Dartspielapparaten beträgt die Steuer je Apparat und begonnenem Kalendermonat EUR 109,--, sofern nicht die Voraussetzungen nach dem Abs. 2 bis 4 zutreffen (§ 6 Abs. 1 leg. cit.). Für das Halten von im Abs. 1 genannten Apparaten, bei denen ein Spielergebnis angezeigt wird, ausgenommen Fußballspiel- und Hockeyautomaten, beträgt die Steuer je Apparat und angefangenem Kalendermonat EUR 218,--, sofern nicht die Voraussetzungen nach Abs. 4 zutreffen (§ 6 Abs. 3 leg. cit.).
Nach der Rechtsprechung sind Spielapparate Apparate, deren Betätigung aus Freude an der betreffenden Beschäftigung selbst, um der Entspannung oder Unterhaltung willen erfolgt. Auf die Art der technischen Einrichtungen, mit denen dieser Zweck erzielt werden soll, kann es zur Vermeidung von Umgehungen nicht ankommen. Die beispielsweise Aufzählung der unter § 6 Abs. 1 VGSG fallenden Apparate lässt das Bestreben des Gesetzgebers erkennen, in möglichst umfassender Weise die durch die technische Entwicklung gegebene Möglichkeit des Spiels mit Apparaten zu erfassen. Davon ausgehend ist dem Begriff "Apparat" im gegebenen Bedeutungszusammenhang ein dahingehender weiter Wortsinn zuzumessen. Unter einem Apparat ist ein aus mehreren Bauelementen zusammengesetztes technisches Gerät zu verstehen, das bestimmte Funktionen erfüllt bzw. eine bestimmte Arbeit leistet. Auch ein mit einer Spieldiskette betriebener Computer ist dem Begriff des Spielapparates zu subsumieren (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 5. Juli 1991, 88/17/0105, vom 14. Oktober 1993, 93/17/0271, und vom 25. März 1994, 93/17/0407, sowie das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 25. September 1996, V 6/96). Aber auch jene Apparate sind erfasst, bei denen der Benützer die Auswahl zwischen verschiedenen Spielmöglichkeiten hat und die zu wählenden Spiele unterschiedlichen Steuertatbeständen zu subsumieren sind (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. April 1994, 92/17/0257).
Die belangte Behörde sieht die "Einräumung einer Spielgelegenheit" durch einen Spielapparat der Beschwerdeführerin im "Anbieten eines PCs und der speziellen Verlinkung zu einer Website, von der Spiele geladen werden können", die unbestritten dem Steuertarif des § 6 Abs. 3 VGSG unterliegen.
§ 6 VGSG spricht vom Halten des Apparates. Unter diesem Gesichtspunkt ist das Betreiben des Apparates maßgeblich. An das Betreiben eines Spielapparates knüpft sich die Steuerpflicht (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 9. September 2004, 2001/15/0071, m.w.N.).
Die belangte Behörde verwendet im angefochtenen Bescheid die Begriffe "Startseite", "frontpage" sowie "homepage", ohne sie näher zu umschreiben. Diese Begriffe sind aber weder Rechtsbegriffe, noch haben sie einen klar umrissenen Inhalt. Von welchem Sachverhalt die belangte Behörde ausgeht, bleibt daher weitgehend dunkel. Für die Lösung der Rechtsfrage ist aber entscheidend, ob die Seite (Einstiegsseite oder wie immer sie zu bezeichnen sein mag), die sich dem Benutzer zu Beginn ohne weiteres Zutun bietet, einen Hinweis auf Spiele aufweist und damit den Weg zu den Spielen eröffnet. Da die belangte Behörde ausgehend von ihrer Auffassung, dass alleine die gezielte "Verlinkung" der Website eine Steuerpflicht begründe, dies nicht geklärt hat, hat sie den Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet; dieser war daher schon deshalb gemäß § 42 Abs. 1 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil neben dem pauschalierten Schriftsatzaufwand ein Anspruch auf Ersatz der Umsatzsteuer nicht besteht (Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit, 3. Auflage, S 687).
Wien, am 19. Dezember 2006
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