VwGH 2004/12/0197

VwGH2004/12/01975.7.2006

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höß und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Thoma, Dr. Pfiel und Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schilhan, über die Beschwerde des B in St., vertreten durch Dr. Walter Riedl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz Josefs-Kai 5, gegen den Bescheid des Bundesministers für Finanzen vom 7. Oktober 2004, Zl. 15 1311/135-II/5/04, betreffend Ruhegenussbemessung, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §58 Abs2;
AVG §60;
PG 1965 §4 Abs4 Z3 idF 1997/I/138;
PG 1965 §62j Abs2 idF 2001/I/086;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
PG 1965 §4 Abs4 Z3 idF 1997/I/138;
PG 1965 §62j Abs2 idF 2001/I/086;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der 1948 geborene Beschwerdeführer steht als Gruppeninspektor in Ruhe in einem öffentlich-rechtlichen Ruhestandsverhältnis zum Bund. Er wurde über seinen Antrag vom 26. April 2000 mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 12. März 2001 gemäß § 14 Abs. 1 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 (im Folgenden: BDG 1979), BGBl. Nr. 333, mit Ablauf des 30. April 2001 in den Ruhestand versetzt.

Mit Bescheid vom 25. April 2001 stellte das Bundespensionsamt (BPA) fest, dass dem Beschwerdeführer gemäß den §§ 3 bis 7, 9, 62j Abs. 1 und 62b des Pensionsgesetzes 1965 (im Folgenden PG 1965), BGBl. Nr. 340, vom 1. Mai 2001 an ein Ruhegenuss von monatlich brutto S 17.029,70 und gemäß § 12 PG 1965 die Ruhegenusszulage aus der Wachdienstzulage von monatlich S 561,60 gebührten. Dabei wurde von einer mit Bescheid des Landesgendarmeriekommandos für Niederösterreich vom 28. März 2001 festgestellten tatsächlich im Exekutivdienst zurückgelegten Dienstzeit von 27 Jahren und 10 Monaten ausgegangen.

Der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung des Beschwerdeführers gab die belangte Behörde mit Bescheid vom 7. Juni 2001 nicht Folge. Es wurde dabei von der damals anzuwendenden Fassung des § 4 Abs. 4 PG 1965, BGBl. I Nr. 95/2000, ausgegangen, wonach eine Kürzung der Ruhegenussbemessungsgrundlage nur dann nicht statt fand, wenn der Beamte im Dienststand verstorben ist oder wenn die Ruhestandsversetzung wegen Dienstunfähigkeit auf einen Dienstunfall in Ausübung des Dienstes zurückzuführen ist, was auf den Beschwerdeführer nach Ansicht der belangten Behörde nicht zutraf.

Offensichtlich (s. Seite 1 des bekämpften Bescheides) beantragte der Beschwerdeführer am 25. November 2001 im Hinblick auf die rückwirkend durch das am 31. Juli 2001 ausgegebene Pensionsreformgesetz 2001, BGBl. I Nr. 86, in Kraft getretene Neufassung des § 62j Abs. 2 PG 1965 (jetzt § 96 Abs. 2 zweiter Satz PG 1965 in der Fassung des Deregulierungsgesetzes - Öffentlicher Dienst 2002, BGBl. I Nr. 119) die Neubemessung des Ruhegenusses gemäß § 4 Abs. 4 Z. 3 PG 1965, wobei dieser Antrag in den vorgelegten Verwaltungsakten nicht auffindbar ist.

Mit Bescheid vom 18. März 2004 wies das BPA diesen Antrag ab. Es führte aus, nach der Bestimmung des § 96 Abs. 2 zweiter Satz PG 1965 (früher § 62j) in der Fassung des Deregulierungsgesetzes - Öffentlicher Dienst 2002, BGBl. I Nr. 119, seien auf Beamte, deren Versetzung in den Ruhestand gemäß § 14 BDG 1979 vor dem 1. Oktober 2000 eingeleitet worden sei, § 4 Abs. 4 Z. 3, Abs. 7 und Abs. 8 PG 1965 in der am 30. September 2000 geltenden Fassung weiter anzuwenden. Danach finde eine Kürzung nach § 4 Abs. 3 PG 1965 auch dann nicht statt, wenn der Beamte zum Zeitpunkt der Wirksamkeit der Ruhestandsversetzung dauernd erwerbsunfähig sei. Da der Beschwerdeführer am 26. April 2000 um Versetzung in den Ruhestand angesucht habe, sei zu prüfen, ob er im Zeitpunkt der Ruhestandsversetzung dauernd erwerbsunfähig gewesen sei. Dies treffe nur dann zu, wenn er infolge Krankheit oder anderer Gebrechen oder Schwäche seiner körperlichen oder geistigen Kräfte dauernd außer Stande gewesen sei, einem regelmäßigen Erwerb nachzugehen. Für die Beurteilung, ob die dauernde Erwerbsunfähigkeit vorliege oder nicht, spiele es keine Rolle, welcher Art die allenfalls aus medizinischer Sicht noch mögliche Erwerbstätigkeit sei, das Verweisungsfeld sei nicht auf den Bundesdienst als solchen beschränkt, sondern mit dem gesamten Arbeitsmarkt identisch. Im weiteren wurde ein anscheinend im Ruhestandsversetzungsverfahren vom leitenden Arzt des BPA Dr. Z. am 29. November 2000 auf Grund der von den Vertragsärzten des BPA eingeholten Untersuchungsbefunde Dris. St., Facharzt für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie vom 25. September 2000 und Dris. E., Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, vom 28. August 2000, erstelltes Sachverständigengutachten wörtlich wiedergegeben, wonach der Beschwerdeführer dienstunfähig sei. Im Weiteren wurde ausgeführt, mit dem ergänzenden ärztlichen Sachverständigengutachten zur Leistungsfeststellung vom 15. Februar 2002 habe Dr. Z. unter Berücksichtigung des Vorbringens des Beschwerdeführers zur Frage der Restarbeitsfähigkeit Stellung genommen, danach seien dem Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Ruhestandsversetzung noch körperlich leichte Arbeiten bei wechselnder Arbeitshaltung möglich gewesen. Durchschnittlich verantwortungsvolle Arbeiten hätten unter durchschnittlichem, fallweise besonderem Zeitdruck ausgeübt werden können. Bildschirmunterstützte Mischtätigkeit sowie Arbeiten an einem bildschirmunterstützten Arbeitsplatz seien zumutbar gewesen. Kundenkontakte und Parteienverkehr sowie Aufsichtstätigkeiten und Arbeiten in Gruppen seien zulässig gewesen. Berufliche Umstellbarkeit sei durch Unterweisung, Einschulung und teilweises Anlernen vorgelegen. Ein Anmarschweg von mindestens 500 m habe innerhalb einer halben Stunde bewältigt werden können. In seiner Stellungnahme vom 12. September 2002 habe der Beschwerdeführer gegen die ärztliche Beurteilung Dris. Z. eingewendet, dass diese nicht im Einklang mit dem Gutachten Dris. St. stehe. Mit Schreiben vom 18. November 2002 habe der Beschwerdeführer weitere ärztliche Befunde nachgereicht, die den Krankheitsverlauf bzw. die ständige Verschlechterung seines Gesundheitszustandes hätten dokumentieren sollen. Zur Objektivierung der vorgebrachten Leistungseinschränkungen, insbesondere durch die nach der Ruhestandsversetzung diagnostizierte Blasenkrebserkrankung, sei der Beschwerdeführer von der Vertragsärztin des BPA Dr. Ch. E., Fachärztin für Innere Medizin, untersucht worden. Auf Grund des internistischen Untersuchungsbefundes habe Dr. Z. eine ärztliche Stellungnahme zur Leistungsfeststellung vom 17. Jänner 2003 abgegeben, wonach sich durch den Blasentumor keine dauerhafte Leistungseinschränkung ergeben habe und das bisherige Leistungskalkül vom 15. Februar 2002 nicht zu ändern gewesen sei. Zum Ergebnis dieser Beweisaufnahme habe der Beschwerdeführer neuerlich Einwendungen vorgebracht. Durch die Bandscheibenvorfälle seien bei längerem Sitzen oder Stehen bereits nach 30 Minuten Schmerzen mit Ausstrahlung bis unterhalb des rechten Knies gegeben. Bezüglich der Blasenkrebserkrankung sei der Befundbericht des AKH W vom 27. Februar 2003 vorgelegt worden. Dazu habe Dr. Z. am 12. März 2003 die ärztliche Stellungnahme abgegeben, dass dem Beschwerdeführer im Leistungskalkül vom 15. Februar 2002 nur Arbeiten bei wechselnder Arbeitshaltung zugemutet worden seien. Dadurch würden Zwangshaltungen vermieden, eine über 30 Minuten hinausgehende Zwangshaltung komme nicht vor. Auch als Folge des Blasentumors bestünden keine Hinweise auf ein wesentliches Leistungsdefizit. Insgesamt bleibe das bisherige Leistungskalkül auch bei Berücksichtigung der nachgereichten Unterlagen unverändert. Auch dagegen habe der Beschwerdeführer neuerlich Einwendungen vorgebracht, wonach eine Restarbeitsfähigkeit von täglich zwei bis drei Stunden ohne Einhaltung einer Zwangshaltung gegeben wäre. Nach dem eingeholten berufskundlichen Sachverständigengutachten Dris. S. vom 30. Juli 2003 seien dem Beschwerdeführer noch Tätigkeiten als (qualifizierte) Hilfskraft in Ämtern, Büros und Betrieben, sowie im Archiv- oder Dokumentarwesen, als Angestellter mit einfachem bis mittlerem Anforderungsprofil in Behörden und Institutionen und Kanzleitätigkeiten ohne Exekutivanforderungen möglich. Diese Tätigkeiten hätten als Vollschichttätigkeit im Rahmen eines 8- Stunden-Arbeitstages ausgeführt werden können. Mit Schreiben vom 11. September 2003 habe der Beschwerdeführer neuerlich Einwendungen zum Ergebnis der Beweisaufnahme erhoben und die Erlassung eines Bescheides begehrt. Schließlich wurde ausgeführt, nach dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens sei der Beschwerdeführer nicht dauernd erwerbsunfähig gewesen, sondern es sei bei seinem körperlichen und geistigen Zustand noch eine auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt verwertbare Restarbeitsfähigkeit vorhanden gewesen. Der Antrag auf Neubemessung des Ruhegenusses sei daher abzuweisen. Dazu wird angemerkt, dass sämtliche angeführte Sachverständigengutachten, Stellungnahmen des Beschwerdeführers etc. - abgesehen vom Schreiben des Beschwerdeführers vom 11. September 2003 - mit den Verwaltungsakten nicht vorgelegt wurden.

Die dagegen erhobene Berufung wies die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid ab. Das Verwaltungsverfahren wurde im Wesentlichen inhaltsgleich wie im erstinstanzlichen Bescheid dargestellt. Im Folgenden wurde der im Berufungsverfahren eingeholte Röntgen-Befund Dris. S. vom 23. Juni 2004 und der orthopädisch-chirurgische Untersuchungsbefund Dris. K. vom 1. Juli 2004 sowie die darauf aufbauende Stellungnahme des leitenden Arztes des BPA Dr. Z. wörtlich wiedergegeben. Die Blasenkrebserkrankung des Beschwerdeführers wurde hiebei nicht berücksichtigt. Anschließend führte die belangte Behörde aus, nach eingehender Prüfung der Gutachten sowie nach Abschluss des sehr weit gehenden Ermittlungsverfahrens unter Beachtung des Parteiengehörs sei beim Beschwerdeführer unter Berücksichtigung seines körperlichen und geistigen Zustandes zum Zeitpunkt der Wirksamkeit der Ruhestandsversetzung noch eine auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt verwertbare Restarbeitsfähigkeit vorhanden gewesen, sodass eine dauernde Erwerbsunfähigkeit im Sinne des § 4 Abs. 7 PG 1965 nicht vorgelegen sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend macht.

Die belangte Behörde legte Teile der Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Beschwerdefall ist die Rechtslage nach § 62j Abs. 2 des Pensionsgesetzes 1965 (im Folgenden: PG 1965) idF des Pensionsreformgesetzes 2001, BGBl. I Nr. 86 (jetzt § 96 PG 1965 nach Art. 4 Z. 14 des Deregulierungsgesetzes - Öffentlicher Dienst 2002, BGBl. I Nr. 119) ausschlaggebend. Diese Bestimmung ist rückwirkend am 1. Oktober 2000 in Kraft getreten.

§ 62j (jetzt § 96) Abs. 2 des PG 1965 lautet auszugsweise:

"(2) Auf Personen, die vor dem 1. Oktober 2000 Anspruch auf eine monatlich wiederkehrende Leistung nach diesem Bundesgesetz haben, sind die §§ 4, 9, 12, ... in der am 30. September 2000 geltenden Fassung weiterhin anzuwenden. Auf Beamte, deren Versetzung in den Ruhestand gemäß § 14 BDG 1979 vor dem 1. Oktober 2000 eingeleitet worden ist, ist § 4 Abs. 4 Z. 3 (Abänderung Art. 4 Z. 34 BGBl. I 2002/87) in der am 30. September 2000 geltenden Fassung weiter anzuwenden. ..."

Der Beschwerdeführer ersuchte mit Schreiben vom 26. April 2000 aus gesundheitlichen Gründen um die Versetzung in den Ruhestand. Es ist daher auf ihn die Bestimmung des § 4 Abs. 4 Z. 3 PG 1965 in der am 30. September 2000 geltenden Fassung anzuwenden. Gemäß dieser Fassung der zitierten Bestimmung nach dem 1. Budgetbegleitgesetzes 1997, BGBl. I Nr. 138 des § 4 Abs. 4 Z. 3 PG 1965 findet eine Kürzung der Ruhebemessungsgrundlage dann nicht statt, wenn der Beamte zum Zeitpunkt der Wirksamkeit der Ruhestandsversetzung dauernd erwerbsunfähig ist. Nach § 4 Abs. 7 leg. cit. gilt ein Beamter als dauernd erwerbsunfähig im Sinne des Abs. 4 Z. 3 nur dann, wenn er infolge von Krankheit oder anderen Gebrechen oder Schwäche seiner körperlichen oder geistigen Kräfte dauernd außer Stande ist, einem regelmäßigen Erwerb nachzugehen.

Strittig ist im vorliegenden Fall lediglich die Frage, ob der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Wirksamkeit der Ruhestandsversetzung dauernd erwerbsunfähig war oder nicht.

Die Beschwerde stützt sich vor allem auf den Aspekt der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und macht zusammengefasst geltend, die belangte Behörde sei von dem Krebsleiden des Beschwerdeführers informiert gewesen, habe jedoch den Einfluss auf das Vorliegen der Erwerbsunfähigkeit nicht ernsthaft geprüft. Die bloße Bemerkung des Amtsarztes, daraus ergebe sich keine dauerhafte Leistungseinschränkung, stelle gewiss keine Begutachtung, sondern lediglich eine apodiktische Behauptung dar, die angesichts der wiederholten Operationen offensichtlich irreal sei. Schon dies allein bewirke die Rechtswidrigkeit des bekämpften Bescheides. In der Bescheidbegründung werde im Rahmen der Darstellung des Vorbringens des Beschwerdeführers erwähnt, dass er auf Grund seiner Blasenkrebserkrankung bereits viermal habe operiert werden müssen und Serien von Chemotherapien absolviert habe. Damit ergebe sich aus der allgemeinen Lebenserfahrung, dass zumindest die Möglichkeit einer Unheilbarkeit der Erkrankung bestehe und damit auch des Einflusses auf die Frage der Dienstfähigkeit an sich, speziell aber unter dem Gesichtspunkt zu erwartender Krankenstände. Auch die beigezogenen Sachverständigen hätten dazu nichts ausgeführt und seien von der belangten Behörde nicht zu einer Gutachtensergänzung angehalten worden. Unter Berücksichtigung der Krebserkrankung hätte jedenfalls mit mehr als sieben Wochen Krankenstand pro Jahr gerechnet werden müssen. Das berufskundliche Gutachten sei nicht aussagekräftig, schon allein deshalb, weil zum Blasenkrebs gar kein Gutachten eingeholt worden sei. Zu Unrecht seien auch die vom Beschwerdeführer bei der Untersuchung demonstrierten Bewegungseinschränkungen als Folgen einer Aggravierung bewertet worden. Das Aus- und Anziehen habe er im Bewusstsein der Beobachtung unter Inkaufnahme von Schmerzen durchgeführt, während er bei der Untersuchung demonstriert habe, welche Bewegungen er ohne Einsetzen erheblicher Schmerzen ausführen könne. Weitgehend ungeklärt sei der Zusammenhang zwischen Schmerzen und Leistungsfähigkeit geblieben, insbesondere sei hinsichtlich der im Zusammenhang mit den degenerativen Veränderungen der Lendenwirbelsäule wiederkehrenden Schmerzzustände nicht geklärt worden, in welchen Zeitabständen diese aufträten.

Die Beschwerde ist berechtigt.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt eine dauernde Erwerbsunfähigkeit im Sinne des § 4 Abs. 4 Z. 3 in Verbindung mit Abs. 7 PG 1965 dann vor, wenn die im maßgebenden Zeitpunkt der Ruhestandsversetzung allenfalls bestehende Erwerbsunfähigkeit nicht bloß eine vorübergehende ist, daher die Erwerbsfähigkeit innerhalb absehbarer Zeit nicht wieder erlangt werden kann. Der schon bisher in § 9 Abs. 1 PG 1965 (in der Fassung bis zum Pensionsreformgesetz 2000) verwendete Begriff der Erwerbsunfähigkeit (Unfähigkeit zu einem zumutbaren Erwerb) hat mit dem in § 4 Abs. 4 Z. 3 in Verbindung mit Abs. 7 PG 1965 verwendeten Begriff insofern eine "gemeinsame" Wurzel, als Erwerbsfähigkeit nach allgemeinem Sprachgebrauch bedeutet, in der Lage zu sein, durch eigene Arbeit einen wesentlichen Beitrag zum Lebensunterhalt zu verdienen. Die Erwerbsfähigkeit ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abstrakt zu beurteilen. Es ist daher nicht entscheidend, ob die in Frage kommenden Tätigkeiten am Arbeitsmarkt verfügbar sind oder nicht; es muss sich nur um eine Beschäftigung handeln, die grundsätzlich Gegenstand des allgemeinen Arbeitsmarktes ist. Erwerbsfähigkeit in diesem Sinn setzt aber jedenfalls eine im Arbeitsleben grundsätzlich notwendige gesundheitlich durchgehende Einsatzfähigkeit des Beamten voraus. Hiebei ist weiters zu berücksichtigen, ob diese Einsatzfähigkeit auch im Hinblick auf die üblichen Erfordernisse in der Arbeitswelt (z.B. Einhaltung der Arbeitszeit oder Fähigkeit zur Selbstorganisation) noch gegeben ist. In diesem Zusammenhang ist - wie der Beschwerdeführer richtig aufzeigt - auch zu prüfen, ob der "frühpensionierte" Beamte wegen der bei ihm aus medizinischen Gründen notwendigerweise zu erwartenden leidensbedingten Krankenstände bzw. medizinischobjektivierten Schmerzzustände sowie eine sonstige (gesundheitliche) Behinderung am Arbeitsmarkt überhaupt eingegliedert werden kann (siehe das hg. Erkenntnis vom 13. Oktober 2004, 2001/12/0042 mwN).

Grundsätzlich richtig wurde von den Verwaltungsbehörden davon ausgegangen, dass zunächst medizinische Sachverständige zu beurteilen haben, ob der Beamte auf Grund seines Gesundheitszustandes im Zeitpunkt der Ruhestandsversetzung überhaupt noch zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit befähigt ist und in der Folge davon ausgehend der berufskundliche Sachverständige klärt, ob innerhalb des vom (arbeits-)medizinischen Sachverständigen abgesteckten Rahmens möglicher Erwerbstätigkeit konkrete Arbeitsplätze (Berufsbilder) zugänglich sind.

Nach § 1 Abs. 1 DVG ist u.a. in Verfahren betreffend Angelegenheiten des öffentlich-rechtlichen Ruheverhältnisses zum Bund das AVG mit im Beschwerdefall nicht bedeutsamen Abweichungen anzuwenden. Nach dem gemäß § 67 AVG auch von der Berufungsbehörde anzuwendenden § 60 AVG sind in der Begründung des Berufungsbescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen. Demnach muss in der Bescheidbegründung in einer eindeutigen, die Rechtsverfolgung durch die Partei ermöglichenden und einer nachprüfenden Kontrolle durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes zugänglichen Weise dargetan werden, welcher (für die Erledigung der Verwaltungssache maßgebende) Sachverhalt der Entscheidung zu Grunde gelegt wurde, aus welchen Erwägungen die Behörde zur Ansicht gelangte, dass gerade dieser Sachverhalt vorliege, und aus welchen Gründen sie die Subsumtion des Sachverhaltes unter einem bestimmten Tatbestand für zutreffend erachtete (vgl. unter vielen das hg. Erkenntnis vom 25. Februar 2004, Zl. 2003/12/0027, oder z. B. vom 22. Dezember 2004, Zl. 2003/12/0174).

Somit sind schon nach dem Wortlaut des § 60 AVG zunächst die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens und somit - vgl. die zitierte Judikatur - der entscheidungswesentliche Sachverhalt darzustellen. Es ist daher nicht notwendig, den Verfahrensablauf im Sinne der chronologischen Aufzählung der einzelnen Verfahrensschritte darzustellen. Vielmehr sind jene (für die Entscheidung relevanten) Feststellungen zu treffen, von denen die entscheidende Behörde auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens ausgeht. Im vorliegenden Fall sind daher Feststellungen zu treffen, die eine (rechtliche) Beurteilung zulassen, ob der Beschwerdeführer im Zeitpunkt der Ruhestandsversetzung auf Grund seines Gesundheitszustandes befähigt war, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen, die grundsätzlich auf dem Arbeitsmarkt nachgefragt wird. Es muss daher dem festgestellten Sachverhalt der Gesundheitszustand des Beschwerdeführers im Zeitpunkt der Ruhestandsversetzung samt Zukunftsprognose und die sich daraus ergebende Leistungsfähigkeit zu entnehmen sein und ob der Beschwerdeführer davon ausgehend irgendeiner Erwerbstätigkeit hätte nachgehen können.

Im Rahmen der Beweiswürdigung ist dazulegen, weshalb gerade dieser Sachverhalt angenommen wurde. Es ist zu begründen, warum bestimmte Beweisergebnisse für richtig gehalten wurden, andere jedoch nicht. Wurde von vom Beschwerdeführer vorgelegten Beweismitteln nicht gefolgt oder ihnen nicht die von ihm unterstellte Bedeutung beigemessen, ist dies zu begründen. Dies betrifft hier z.B. die vom Beschwerdeführer vorgelegten medizinischen Befunde.

Der Gegenschrift kann entnommen werden, dass die belangte Behörde auf dem Standpunkt steht, die Blasenkrebserkrankung des Beschwerdeführers sei schon deshalb nicht zu berücksichtigen, weil er selbst in der Berufung ausgeführt habe, diese Erkrankung nur der Vollständigkeit halber, jedoch nicht zur Begründung der Erwerbsunfähigkeit angeführt zu haben. Dem ist entgegenzuhalten, dass von Amts wegen zu prüfen ist, ob im Zeitpunkt der Ruhestandsversetzung die Restarbeitsfähigkeit vorlag. Der belangten Behörde war das Vorbringen des Beschwerdeführers bekannt, dass bei ihm zwei Wochen nach der Ruhestandsversetzung eine Blasenkrebserkrankung diagnostiziert worden sei, die vier Operationen und eine Serie von Chemotherapien notwendig gemacht habe. Sie wäre daher verpflichtet gewesen, Erhebungen durchzuführen, ob die Blasenkrebserkrankung allein oder im Zusammenhalt mit den weiteren Leiden des Beschwerdeführers zu einer dauernden Erwerbsunfähigkeit im Zeitpunkt der Ruhestandsversetzung führte, was nachzuholen sein wird. Dabei wird in Ansehung der Blasenkrebserkrankung des Beschwerdeführers entscheidend sein, ob diese im Zeitpunkt der Ruhestandsversetzung schon vorhanden war, also damals schon hätte diagnostiziert werden können. Wie bereits ausgeführt, wird auch zu berücksichtigen sein, mit welchen Krankenständen und Schmerzzuständen des Beschwerdeführers im Zeitpunkt der Ruhestandsversetzung zu rechnen war (vgl. auch hg. Erkenntnis vom 26. Mai 2003, Zl. 2002/12/0092), wobei auch in diesem Zusammenhang auf das Krebsleiden des Beschwerdeführers Bedacht zu nehmen sein wird. War dieses schon im Zeitpunkt der Ruhestandsversetzung diagnostizierbar, wird daher zu ermitteln sein, ob zu diesem Zeitpunkt auf Grund dieser Krankheit (und der weiteren Leiden des Beschwerdeführers) vorhersehbar war, dass wegen der daraus resultierenden Schmerzzustände und Krankenstände - auch unter Berücksichtigung der erforderlichen Therapien oder operativen Eingriffe - dauernde Erwerbsunfähigkeit vorlag.

Die im Rahmen der Darstellung des Verlaufes des Verwaltungsverfahrens erfolgte Wiedergabe der Stellungnahme eines Sachverständigen, wonach sich auch unter Berücksichtigung des Blasentumors des Beschwerdeführers keine Leistungseinschränkung ergebe und das Leistungskalkül nicht zu verändern sei, wobei hiefür keinerlei Begründung angeführt wird, vermag nachvollziehbare Feststellungen zu den Auswirkungen der Blasenkrebserkrankung des Beschwerdeführers auf dessen Gesundheitszustand und Leistungsfähigkeit nicht zu ersetzen. Sollten in diesem Zusammenhang noch keine (ausreichenden) Befunde erstellt worden sein, wird dies vor Feststellung des Sachverhalts zu geschehen haben.

Es werden daher im Sinne obiger Ausführungen - allenfalls nach Ergänzung des Verfahrens - Feststellungen zum Gesundheitszustand und zur Restarbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers unter Berücksichtigung seines Blasenkrebsleidens zu treffen sein. Weiters wird anzuführen sein, auf Grund welcher Erwägungen die belangte Behörde zu diesen Feststellungen gelangte. Im Rahmen der Subsumtion wird dann zu beurteilen sein, ob der Beschwerdeführer im Zeitpunkt der Versetzung in den Ruhestand dauernd erwerbsunfähig war.

Mangels Vorlage der diesbezüglich wesentlichen Aktenbestandteile kann auch nicht beurteilt werden, ob dem Beschwerdeführer im Rahmen des Verwaltungsverfahrens ausreichend Parteiengehör gewährt wurde, was dieser in Abrede stellt.

Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Wien, am 5. Juli 2006

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