VwGH 2002/14/0101

VwGH2002/14/010119.10.2006

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. Robl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pfau, über die Beschwerde der Mgesellschaft mbH i.L. in M, vertreten durch Dr. Klaus Herke, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Anichstraße 33, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Tirol (Berufungssenat I) vom 9. Juli 2002, Zl. RV201/1-T7/99 , betreffend Wiederaufnahme der Verfahren hinsichtlich Umsatz- und Körperschaftsteuer für die Jahre 1988 bis 1993 und hinsichtlich Gewerbesteuer für die Jahre 1990 und 1991, sowie hinsichtlich Umsatz- und Körperschaftsteuer für die Jahre 1988 bis 1995 und Gewerbesteuer für die Jahre 1990 und 1991, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §148 Abs3;
VwGG §41 Abs1;
BAO §148 Abs3;
VwGG §41 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 381,90 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Anlässlich einer bei der Beschwerdeführerin durchgeführten Buch- und Betriebsprüfung (Prüfungsauftrag vom 15. April 1996) wurde festgestellt, dass die mit Gesellschaftsvertrag vom 2. April 1987 von Peter R, einem deutschen Staatsbürger, und Andreas T, einem österreichischen Staatsbürger, gegründete Gesellschaft in den Jahren 1987 bis 1990 drei Liegenschaften erworben habe. Eine dieser Liegenschaften (auf welchem sich das Gebäude Nr. 104 befinde) habe in den Jahre 1990 bis 1992 sowohl als Wohnsitz des Geschäftsführers Peter R als auch der Vermietung an Feriengäste gedient. Laut Kaufvertrag vom 15. Oktober 1992 sei diese Liegenschaft an den Geschäftsführer Peter R verkauft worden, wobei dieser Kauf "grundbücherlich nie zustande kam", also die Beschwerdeführerin weiterhin grundbücherlicher Eigentümer geblieben sei. Auf dieser Liegenschaft sei 1992/1993 auf Kosten des Peter R nach Abbruch des Altgebäudes ein kompletter Neubau errichtet worden. Der diesbezügliche Baubescheid und die Benützungsbewilligung hätten auf die Beschwerdeführerin gelautet. In deren Bilanz sei der Veräußerungsvorgang berücksichtigt worden, vom Neubau "scheint nichts mehr auf". Eine weitere Liegenschaft mit einem darauf befindlichen Bungalow sei bis Ende 1992 an den Geschäftsführer Peter R und ab 1993 an seine Lebensgefährtin vermietet worden. Auf dem dritten Grundstück sei in den Jahren 1990 und 1991 ein Gebäude errichtet und dieses ab Fertigstellung an die Eltern der Lebensgefährtin des Geschäftsführers, an die deutschen Staatsbürger Anton und Ursula K, vermietet worden. Die Baukosten seien bei der GmbH aktiviert und die Vorsteuer von den gesamten Errichtungskosten in Abzug gebracht worden. Bezüglich dieses Objektes existiere ein bereits im Jahr 1992 vom Geschäftsführer der Beschwerdeführerin unterfertigter Kaufvertrag, worin die Veräußerung der Liegenschaft an die Mieter geregelt sei. Die Finanzierung der Grundstücksanschaffung und der Gebäudeerrichtungskosten sei mittels Darlehenshingabe der Mieter an die Beschwerdeführerin erfolgt. Nach der Bilanz der Beschwerdeführerin zum 31. Dezember 1995 seien die diesbezüglichen Darlehensverbindlichkeiten mit ca. S 7 Mio. zu Buche gestanden. Die ab 1992 verrechneten Zinsen in Höhe von jährlich S 126.000,-- entsprächen einem Zinssatz von maximal 2,4 %. Vor 1992 sei keine Verzinsung erfolgt, obwohl der Darlehensstand bereits Ende 1990 S 4,7 Mio. betragen habe. Aus der "ursprünglichen Tätigkeit" der GmbH seien in den Jahren 1987, 1990 und 1991 Vermittlungserlöse in Höhe von S 66.500,--, S 70.000,-- und S 210.000,-- erklärt worden. In den Jahren 1987 bis 1992 seien ausschließlich Umsatzsteuergutschriften in Höhe von insgesamt S 1,075.442,-- erklärt und veranlagt worden, wobei der Großteil aus Vorsteuerbeträgen betreffend die Baukosten für das an Anton und Ursula K vermietete Gebäude resultiert habe. In ertragsteuerlicher Hinsicht seien von 1987 bis 1995 nur Verluste (von insgesamt S 633.974,--) erklärt worden. Diese hätten sich wiederum fast ausschließlich aus Aufwendungen im Zusammenhang mit den vermieteten Liegenschaften ergeben.

Der Prüfer würdigte diesen Sachverhalt dahin, dass auf Grund der unüblichen Rechtsgestaltungen - Ankauf von Liegenschaften, Neubau, Ausbau, Umbau von Gebäuden zu Wohnzwecken des Geschäftsführers Peter R, dessen Lebensgefährtin und deren Angehörige, Verkauf der Liegenschaften an den Geschäftsführer, welcher aber in der Folge ohne grundverkehrsrechtliche Genehmigung geblieben sei, Nichtverrechnung von üblichen Mieten, jahrelang bestehende unverzinste Darlehen, jahrelange Niedrigverzinsung von Darlehen, Verkauf an Familie K im Jahr 1992 - die Tätigkeit der Beschwerdeführerin hinsichtlich der Vermietung als Scheintätigkeit und die Geschäftsgründung als Scheingründung zu beurteilen sei. Der wahre Gehalt und Zweck der Geschäftsgründung sei in der Umgehung des Tiroler Grundverkehrsgesetzes (Eigentumserwerb mittels Umweg über die Beschwerdeführerin für deutsche Staatsbürger) gelegen. Um dieses Ziel zu erreichen, habe sich die GmbH bzw. deren Geschäftsführung der Vorlage von Steuererklärungen für eine operative GmbH bedient und sich mit dem ungerechtfertigten Vorsteuerabzug für die Jahre 1988 und Folgejahre abgefunden.

Das Finanzamt folgte der Ansicht des Prüfers und erließ nach Wiederaufnahme der Verfahren hinsichtlich Umsatz- und Körperschaftsteuer für die Jahre 1988 bis 1993 sowie Gewerbesteuer für die Jahre 1990 und 1991 entsprechende neue Sachbescheide hinsichtlich Umsatz- und Körperschaftsteuer 1988 bis 1995 sowie Gewerbesteuer 1990 und 1991.

In einer dagegen erhobenen Berufung wandte die Beschwerdeführerin ein, die "Wiederaufnahme der Verfahren" sei nicht begründet, da der im Betriebsprüfungsbericht dargelegte Sachverhalt der Abgabenbehörde bereits anlässlich einer im "Jahr 1992" erfolgten Betriebsprüfung betreffend die Umsatzsteuer 1990 in vollem Umfang bekannt gewesen sei. In der Begründung zur Wiederaufnahme des Verfahrens seien keine über den bereits dem damaligen Prüfungsorgan zur Kenntnis gebrachten Umfang hinausgehende Tatbestände angeführt worden, es sei lediglich eine vollkommen neue rechtliche Beurteilung des bereits bekannten und bis zur Gegenwart unveränderten Sachverhaltes erfolgt. Des weiteren sei auch aus dem gegenständlichen Sachverhalt klar ersichtlich, dass der Eigentumserwerb der Grundstücke, die Begründung der Kreditverhältnisse und deren Besicherung, die Bauführung und die anschließende Vermietung durch die Gesellschaft ernstlich gewollt gewesen seien. Zu diesem Zweck seien die gesamte kaufmännische Abwicklung durch die Beschwerdeführerin vorgenommen und die Umsätze aus den Vermietungen ordnungsgemäß versteuert bzw. die Vorsteuerbeträge (aus den Baurechnungen) geltend gemacht worden. Würde im gegenständlichen Fall ein Scheingeschäft vorliegen, so hätten es die handelnden Personen schon aus zivilrechtlichen Gründen vermieden, dass sämtliche Baurechnungen auf die Gesellschaft ausgestellt und durch diese bezahlt worden wären. Für eine bloße Umgehung des Tiroler Grundverkehrsgesetzes hätte es lediglich des Grundstückserwerbes durch die Gesellschaft bedurft, die Ausstellung der Baurechnungen und deren Bezahlung sowie die Aufnahme eines Bankkredites durch die Gesellschaft wäre in der Folge nicht notwendig, ja überhaupt nicht zweckmäßig gewesen. Eine Qualifizierung des gegenständlichen Sachverhaltes als Scheingeschäft sei auch deswegen unzulässig, da Gestaltungen und Vereinbarungen, auch wenn sie nur zum Schein geschlossen sein mögen, nach außen aber die vereinbarten Wirkungen entfalteten, niemals Scheingeschäfte im Sinne des § 23 BAO sein könnten. Darüber hinaus sei "eine Prüfung gemäß § 99 Abs. 2 Finanzstrafgesetz" mangels konkreter Verdachtsmomente für das Vorliegen eines finanzstrafrechtlich relevanten Tatbestandes nicht zulässig und somit - unter Beachtung des Wiederholungsverbotes gemäß § 148 Abs. 3 BAO - unverzüglich abzubrechen gewesen, da die Einreichung von Steuererklärungen (in Verbindung mit der Geltendmachung der Vorsteuerbeträge) lediglich die Erfüllung der gesetzlichen Verpflichtung dargestellt habe. Darüber hinaus sei die Gesellschaft durch die Anordnung einer Prüfung gemäß § 99 Abs. 2 FinStrG durch eine nicht zuständige Stelle der Finanzverwaltung (nicht durch den Strafreferenten, sondern durch die Betriebsprüfung) und durch den Umstand, dass sie von dieser Anordnung nicht in Kenntnis gesetzt und über die Rechtsfolgen in keiner Weise belehrt worden sei, in ihren Rechten erheblich verletzt worden.

In der Folge erklärten im Rahmen von Einvernahmen Claudia, Ursula und Anton K übereinstimmend, dass dem Verkauf der Liegenschaft Nr. 137 die Absicht von Ursula und Anton K zugrunde gelegen sei, eine in Österreich gelegene Liegenschaft zu erwerben. Da eine grundverkehrsbehördliche Genehmigung des Eigentumserwerbes an der Liegenschaft durch sie als deutsche Staatsbürger nicht zu erwarten gewesen sei, habe man mit Peter R die Übereinkunft getroffen, dass die Beschwerdeführerin vorerst als Treuhänderin des Ehepaares K auf dessen Kosten die gegenständliche Liegenschaft erwerben und diese sodann an Anton und Ursula K - nach Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft - weiter übertragen solle. Die Errichtung des Wohnhauses sei nach den Vorstellungen und Plänen des Ehepaares K erfolgt. Die Mittel für den Ankauf der Liegenschaft und die Errichtung des Wohnhauses hätten zum Einen aus dem (im Eigentum der Familie K stehenden) Sparbuch bei einer Sparkasse, lautend auf Ursula und Anton K, sowie aus einem Darlehen bei der Sparkasse lautend auf die Beschwerdeführerin gestammt. Das Darlehen sei jedoch zur Gänze mit dem Privatgeld von Ursula und Anton K getilgt worden. Die bis zur Eröffnung eines Baukontos bei der Sparkasse, lautend auf die Beschwerdeführerin, angefallenen Baurechnungen seien ebenso wie der Liegenschaftskaufpreis nicht über das Firmenkonto der Beschwerdeführerin, sondern von Ursula und Anton K direkt beglichen worden. Nach Eröffnung des Baukontos habe Ursula K, welche die Bankvollmacht innegehabt habe, die Bezahlung sämtlicher Handwerksrechnungen über dieses Konto veranlasst. Eine Darlehensvereinbarung habe zwischen Peter R bzw. der Beschwerdeführerin und dem Ehepaar K nie bestanden, zumal der undatierte schriftliche Darlehensvertrag von Ursula und Anton K erst anlässlich der abgabenbehördlichen Prüfung im Frühjahr 1998 auf Druck von Peter R unterfertigt worden sei. Des weiteren seien auch weder Zahlungen von Darlehenszinsen noch von Mietzinsen erfolgt, da man lediglich die auf den behaupteten Mietzins entfallene Umsatzsteuer an Peter R gezahlt habe.

Nach Erlassung einer Berufungsvorentscheidung und rechtzeitigem Antrag auf Entscheidung der Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz wurde ergänzend vorgebracht, dass in der Berufungsvorentscheidung sowie auch im gesamten berufungsgegenständlichen Verfahren keine einzige Tatsache genannt worden sei, die neu hervorgekommen sei. Es sei lediglich ausgeführt worden, dass anlässlich der abgabenbehördlichen Prüfung für die Jahre 1991 bis 1995 der - angeblich - wahre Sachverhalt durch den Prüfer erkannt worden sei. Wenn in der Berufungsvorentscheidung behauptet werde, bei den Prüfungshandlungen des Jahres 1991 habe es sich lediglich um eine Umsatzsteuerüberprüfung gehandelt, bei der gewisse Prüfungshandlungen unterlassen worden seien, so sei dem entgegen zu halten, dass aus dem Prüfungsauftrag vom 12. November 1991 ausdrücklich hervorgehe, dass es sich hiebei um eine Buch- und Betriebsprüfung gemäß § 147 Abs. 1 BAO gehandelt habe, bei der alle prüfungsrelevanten Unterlagen, wie beispielsweise Buchhaltung, Verträge, Rechnungen und sonstige, den Sachverhalt erhellende Unterlagen vorgelegt und diese auch durch das Prüfungsorgan eingesehen worden seien. Wenn nunmehr im Zuge der abgabenbehördlichen Prüfung für die Jahre 1991 bis 1995 ein anderer - angeblich der wahre - Sachverhalt erkannt worden sei, so sei dies nicht gleichbedeutend mit dem Hervorkommen neuer Tatsachen, sondern stelle lediglich eine neue Beurteilung eines bereits völlig offen gelegten Tatbestandes dar, die jedoch niemals einen Wiederaufnahmegrund darstellen könne. Wie aus der Berufungsvorentscheidung hervorgehe, stütze sich die Annahme des Finanzamtes, dass es sich bei der Tätigkeit der Gesellschaft um eine Scheintätigkeit gehandelt habe, unter anderem auf die Zeugenaussage der Ehegatten Ursula und Anton K sowie der Claudia K. In diesem Zusammenhang sei anzuführen, dass diese vollkommen im Gegensatz zu den bisherigen Aussagen sowie der bisherigen konkreten Handlungsweise der Familie K stehenden Zeugenaussagen offensichtlich ohne Überprüfung der Wahrheitsgehaltes als Grundlage zur Entscheidungsfindung herangezogen worden seien. Wäre die Beschwerdeführerin im Zuge des Ermittlungsverfahrens mit dem Inhalt dieser Zeugenaussagen konfrontiert worden, so hätte sie Gelegenheit gehabt, die offensichtlich persönlichen Gründe für den plötzlichen Meinungsumschwung der Familie K darzulegen und darüber hinaus schlüssig auszuführen, dass es sich bei ihrer Tätigkeit, der Errichtung und Vermietung von Wohnraum, nicht um eine Scheintätigkeit, sondern um die ernsthaft gewollte Art der Einkunftserzielung gehandelt habe.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab.

Hinsichtlich der Wiederaufnahme der Verfahren wurde begründend ausgeführt, dem Prüfungsbericht sei hinreichend klar zu entnehmen, dass die neu hervorgekommene Tatsache, auf die sich die Verfügung der Wiederaufnahme der Verfahren gestützt habe, darin erblickt worden sei, dass die Vermietung nur nach außen hin vorgetäuscht gewesen sei, also in Wahrheit gar nicht betrieben worden sei, sondern eine Scheintätigkeit darstelle. Diese Feststellung sei vom Prüfer in freier Beweiswürdigung in Würdigung der ausführlich dargestellten Sachverhaltselemente getroffen worden. Solche vom Prüfer gewürdigten Sachverhaltselemente seien etwa die Tatsache, dass die "Mieter" der Gesellschaft bzw. dem Gesellschafter-Geschäftsführer nahestehende deutsche Staatsangehörige gewesen seien, die Mittel für den Ankauf der Liegenschaften jeweils von ihnen gestammt hätten und die "Mieterdarlehen und die Mietzinsverrechnungen" fremdunübliche Gestaltungen aufgewiesen hätten. Weiters, dass beim Wochenendhaus Nr. 107 die aufwendigen Investitionen durch die jeweiligen "Mieter" erfolgt seien, ein anderes Haus (Nr. 104) von Peter R unentgeltlich als Wohnsitz genutzt und kurze Zeit nach dem Ankauf durch die Beschwerdeführerin von ihm erworben, in der Folge aber abgerissen und durch einen Neubau ersetzt worden sei und dass die Liegenschaft Nr. 137 nach Fertigstellung des Gebäudes den "Mietern" zum Kauf angeboten worden sei.

Hinsichtlich des Vorbringens, die Prüfung gemäß § 99 Abs. 2 FinStrG wäre unverzüglich abzubrechen und das Wiederholungsverbot des § 148 Abs. 3 BAO zu beachten gewesen, wies die belangte Behörde darauf hin, dass die Bundesabgabenordnung kein Beweisverwertungsverbot kenne. Der Abgabenerhebung seien auch solche Beweisergebnisse zugrunde zu legen, die unter Verletzung von Formvorschriften oder auch durch unzulässige Prüfungshandlungen (Wiederholungsprüfungen) gewonnen worden seien. Sollten sich die Verfahrensrügen der Beschwerdeführerin aber gegen die vom Finanzamt bei der Verfügung der Wiederaufnahme getroffene Ermessensentscheidung richten, sei darauf hinzuweisen, dass in den Jahren 1988 bis 1992 Umsatzsteuergutschriften von über S 1 Mio. lukriert worden seien, denen in den Folgejahren 1993 bis 1995 Zahllasten von lediglich rund S 49.000,-- gegenüber gestanden seien. Durch die Vorlage von Steuerklärungen, in die Umsätze und Vorsteuern bzw. Verluste für eine in Wahrheit nur vorgetäuschte Vermietungstätigkeit aufgenommen worden seien, sei aber offensichtlich, dass der Geschäftsführer der Beschwerdeführerin den sich hieraus ergebenden beträchtlichen Steuerausfall des Bundes zumindest in Kauf genommen habe. Schon daraus folge aber, dass das Finanzamt mit der Verfügung der Wiederaufnahme der Verfahren von den ihm eingeräumten Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht habe. Ein schutzwürdiges Interesse der Beschwerdeführerin am Rechtsbestand der mit keineswegs geringfügiger Rechtswidrigkeit belasteten Erstbescheide sei bei einem solchen Sachverhalt nicht zu ersehen. Die belangte Behörde wies aber auch darauf hin, dass die im Dezember 1991 durchgeführten Prüfungshandlungen sich auf die Umsatzsteuer 1990 sowie auf die Umsatzsteuervoranmeldung des Jahres 1991 bezogen hätten. Die vom Prüfer dabei gewonnenen Erkenntnisse hätten somit zum Zeitpunkt der Erlassung der später ergangenen Einkommensteuerbescheide nur hinsichtlich der Umsatzsteuerverfahren 1990 und 1991 dem Kenntnisstand des Finanzamtes über die Verhältnisse eben dieser Besteuerungsperioden angehört. Hinsichtlich der übrigen Abgabenzeiträume sei hingegen die Frage des Hervorkommens erheblicher Sachverhaltselemente durch die Ergebnisse der später durchgeführten Prüfung allein in Gegenüberstellung mit den Inhalten der Abgabenerklärungen samt Beilagen zu beurteilen gewesen, welche die im wiederaufgenommenen Verfahren gezogenen Schlussfolgerungen nicht zugelassen hätten. Aber auch hinsichtlich der Umsatzsteuer 1990 und 1991 könne die belangte Behörde dem Vorbringen der Beschwerdeführerin nicht folgen, dass der im Prüfungsbericht dargestellte Sachverhalt bereits dem Vorprüfer in vollem Umfang bekannt gewesen sei bzw. ihm aus den vorgelegten Unterlagen hätte ersichtlich sein können. Wenngleich im Einzelnen nicht mehr feststellbar sein möge, in welche Unterlagen der Betriebsprüfer tatsächlich Einsicht genommen habe, bestehe kein Anlass, an der Aussage des Prüfers zu zweifeln, dass der Prüfungsumfang auf die formellen Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug einerseits sowie die Höhe der Umsätze andererseits beschränkt gewesen sei. Im Übrigen sei die Beschwerdeführerin selbst davon ausgegangen, dass die Prüfung (im Jahr 1991) seitens der Abgabenbehörde ursprünglich als Umsatzsteuernachschau angelegt gewesen sei. Im Übrigen hätten sich aber maßgebliche Elemente jenes Sachverhaltes, der in seiner Gesamtheit das Vorliegen von Scheingeschäften erlaubt habe, erst nach Prüfungsabschluss der im Jahr 1991 erfolgten Prüfung ereignet. So hätte das Mietverhältnis mit den Ehegatten K laut dem mit 1. Oktober 1991 datierten Mietvertrag erst mit 1. Jänner 1992 beginnen sollen. Dass 1992 und 1993 tatsächlich keine Mietzahlungen geleistet worden seien, sondern in den Büchern der Beschwerdeführerin eine Gegenverrechnung mit den Darlehenszinsen hätte erfolgen sollen, habe der Prüfer im Dezember 1991 naturgemäß nicht feststellen können. Auch den Darlehensvertrag mit den Ehegatten K habe es noch nicht gegeben. Vor allem aber sei das Kaufanbot an die Ehegatten K erst am 15. Oktober 1992 erstellt worden. Erst dieses Kaufanbot in Verbindung mit der unüblichen Darlehensabwicklung (fehlende bzw. geringe Verzinsung) hätte die Frage aufwerfen müssen, ob die in den Büchern der Beschwerdeführerin ausgewiesenen Rechtsbeziehungen zu den Ehegatten K tatsächlich bestanden haben. Der Mietvertrag habe auch keine Angaben über die damalige Anschrift der (zukünftigen) Mieter enthalten, es sei aus der Vertragsurkunde auch nicht ersichtlich gewesen, dass es sich bei den Mietern um deutsche Staatsbürger und "nahe Angehörige" des Gesellschafter-Geschäftsführers der Beschwerdeführerin handle. Auch der Verkauf der Liegenschaft Nr. 104 an den Geschäftsführer Peter R habe erst nach Prüfungsabschluss, nämlich im Oktober 1992 stattgefunden. Nach Prüfungsabschluss sei auch die Errichtung des Neubaues durch Peter R erfolgt. Von einer vollständigen Kenntnis des entscheidungsrelevanten Sachverhaltes durch die Abgabenbehörde bereits im Dezember 1991 könne daher keine Rede sein. Dass die Beschwerdeführerin die erklärten Vermietungstätigkeiten lediglich "zum Schein vorgetäuscht" und die in den Steuererklärungen 1988 bis 1995 ausgewiesenen Umsätze aus der Vermietung tatsächlich nicht erzielt habe, sei erst anlässlich der nachfolgenden Betriebsprüfung festgestellt worden. Erst die im Zuge dieser Prüfung zutage getretenen und aktenkundigen Sachverhaltselemente in ihrer Gesamtheit hätten das wahre wirtschaftliche Geschehen erkennen lassen, dass nämlich der Ankauf der Liegenschaften 107, 104 und 137 durch die Gesellschaft nicht zum Zwecke der Vermietung, sondern deswegen vorgenommen worden sei, um den deutschen Staatsbürgern Peter R sowie Ursula und Anton K in Umgehung des Tiroler Grundverkehrsgesetzes unter Einbeziehung der Beschwerdeführerin, eine eigentümerähnliche Stellung an den genannten Liegenschaften zu verschaffen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen erhobene Beschwerde erwogen:

Hinsichtlich der Wiederaufnahme der Verfahren rügt die Beschwerdeführerin, dass der angefochtene Bescheid "insgesamt lediglich eine Reihe teilweise schwerer Prüfungsmängel" aufzuzeigen vermöge, die die Ursache für die später vollkommen andere Würdigung des bereits bekannt gewesenen Sachverhaltes gewesen sein mögen, es sei jedoch nicht dargetan worden, dass neue Tatsachen oder Beweismittel, die eine Wiederaufnahme des Verfahrens rechtfertigten, hervorgekommen seien.

Nun ist jedoch nicht zu erkennen, inwiefern die nach dem Jahr 1991 eingetretenen Umstände, welche vom Prüfer als für die Wiederaufnahme der Verfahren maßgeblich angesehen wurden, wie etwa, dass nach dem Jahr 1991 mit den Ehegatten K ein Darlehensvertrag (mit unüblich geringer Verzinsung) abgeschlossen und ein Kaufanbot gestellt worden ist, aber auch, dass die Liegenschaft Nr. 104 von Peter R gekauft und in der Folge ein Neubau errichtet worden ist, einen Prüfungsmangel der im Jahr 1991 erfolgenden Prüfung darstellen konnte.

Die Beschwerdeführerin weist darauf hin, dass die Frage, wie Darlehenszinsen bezahlt würden, ob in barem Gelde oder im Wege der Gegenverrechnung, letztlich unerheblich sei, sodass die Kenntnis des Umstandes, dass im Verrechnungsweg bezahlt worden sei, nichts wesentlich Neues darstelle. Dem Prüfer sei (anlässlich der Prüfung im Jahr 1991) der Bestandvertrag vorgelegen und daraus habe sich die Höhe des - jährlichen - Bestandzinses ergeben. Die Beschwerdeführerin behauptet aber nicht, dass dem Prüfer bereits im Jahr 1991 Unterlagen hinsichtlich des (erst 1992 abgeschlossenen) Darlehensvertrages zur Einsicht vorgelegt worden wären. Dass die der Höhe nach erst daraus ersichtlichen Darlehenszinsen den "Bestandzinsen" entsprochen haben, konnte daher aus den im Jahr 1991 vorgelegten Unterlagen nicht ersehen werden.

Der Beschwerde kann daher nicht gefolgt werden, dass der Wiederaufnahme der Verfahren keine geeigneten Wiederaufnahmsgründe zu Grunde lagen. Davon, dass der Abgabenbehörde in dem wiederaufzunehmenden Verfahren der Sachverhalt so vollständig bekannt gewesen ist, dass sie schon in diesem Verfahren bei richtiger rechtlicher Subsumtion zu der im wiederaufzunehmenden Verfahren erlassenen Entscheidung hätte gelangen können, kann im Beschwerdefall keine Rede sein. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass auch das Vorliegen allfälliger "Prüfungsmängel" (von denen die Beschwerde spricht) die Wiederaufnahme von Verfahren nicht zu hindern geeignet ist, wenn tatsächlich Wiederaufnahmsgründe vorliegen.

Die Beschwerdeführerin rügt darüber hinaus auch, die Anordnung der Prüfung nach § 99 Abs. 2 FinStrG sei nicht rechtmäßig erfolgt, weil einerseits kein Verdacht für das Vorliegen eines finanzstrafrechtlich relevanten Tatbestandes bestanden habe, und sie andererseits nicht vom zuständigen Strafreferenten "eingeleitet" worden sei. Sie sei der Beschwerdeführerin auch nicht zur Kenntnis gebracht worden. Zudem müsse rein begrifflich ein Finanzstrafverfahren bereits eingeleitet worden sein, um eine Prüfung gemäß § 99 Abs. 2 FinStrG abhalten zu können.

Im Beschwerdefall kann jedoch aus folgenden Gründen dahingestellt bleiben, ob die Anordnung der Prüfung nach § 99 Abs. 2 FinStrG rechtmäßig erfolgt ist und der Beschwerdeführerin zur Kenntnis gebracht wurde oder nicht.

Gemäß § 99 Abs. 2 FinStrG ist die Finanzbehörde auch befugt, zur Klärung des Sachverhaltes Nachschauen und Prüfungen im Sinne der Abgaben- und Monopolvorschriften vornehmen zu lassen. Die einschränkenden Bestimmungen des § 148 Abs. 3 und 5 BAO gelten für solche Prüfungen nicht.

Zutreffend hat schon die belangte Behörde darauf hingewiesen, dass der Bestimmung des § 148 Abs. 3 BAO im Beschwerdefall schon deshalb keine Bedeutung zukommt, weil eine Verletzung des Verbotes einer Wiederholungsprüfung an sich sanktionslos ist (vgl. das hg Erkenntnis vom 26. November 1996,92/14/0212). Eine Verletzung des Verbotes einer Wiederholungsprüfung kann allerdings im Rahmen der Ermessensprüfung, ob tatsächlich eine Wiederaufnahme des Verfahrens vorgenommen werden soll, Berücksichtigung finden. Im Beschwerdefall waren nach dem Prüfungsauftrag vom 15. April 1996 Gegenstand der durchzuführenden Buch- und Betriebsprüfung hinsichtlich Umsatz- und Körperschaftsteuer die Jahre 1991 bis 1995 sowie hinsichtlich Gewerbesteuer die Jahre 1991 bis 1993. Diese Abgabenarten waren in einem früheren Prüfungsauftrag nicht enthalten. Der Vollständigkeit halber ist darauf hinzuweisen, dass "Umsatzsteuer 1/1991 bis laufend" laut dem Prüfungsauftrag vom 12. November 1991 nicht Gegenstand einer Buch- und Betriebsprüfung, sondern einer Nachschau war. Wie bereits ausgeführt, wurde der sowohl für die Wiederaufnahme der Verfahren als auch der für die neuen Sachbescheide maßgebende Sachverhalt bereits in dem mit Prüfungsauftrag vom 15. April 1996 durchgeführten Prüfungsverfahren festgestellt. Die Durchführung einer "Wiederholungsprüfung" im Sinne des § 148 Abs. 3 lit. b BAO, somit zur Prüfung, ob die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens (§303) gegeben sind oder einer Prüfung nach § 99 Abs. 2 FinStrG zur Klärung des Sachverhaltes war daher gar nicht mehr erforderlich. Der Umstand, dass sich der Betriebsprüfungsbericht dennoch neben § 150 BAO auch ("in Verbindung mit") auf § 99 Abs. 2 FinStrG stützte, stand daher einer Wiederaufnahme der Verfahren - im Rahmen einer im angefochtenen Bescheid im Übrigen ausführlich begründeten Ermessensentscheidung - ebenso wenig entgegen wie der Erlassung neuer Sachbescheide.

Hinsichtlich der neuen Sachbescheide meint die Beschwerdeführerin, dass die belangte Behörde eine Scheintätigkeit hinsichtlich der Vermietung der Liegenschaften zu Unrecht angenommen habe.

Ob im Beschwerdefall hinsichtlich der drei Liegenschaften bzw. den darauf befindlichen Gebäuden von einer Vermietungstätigkeit der Beschwerdeführerin auszugehen war, ist eine auf der Ebene der Beweiswürdigung zu beantwortende Sachfrage. Die Sachgrundlagenermittlung der Behörde unterliegt der Prüfung des Verwaltungsgerichtshofes dahin, ob der Sachverhalt genügend erhoben wurde und ob die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen den Denkgesetzen und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut entsprechen (vgl. für viele das hg. Erkenntnis vom 22. Februar 2000, 95/14/0077).

Dieser Prüfung hält die Beweiswürdigung der belangten Behörde stand. Gerade hinsichtlich der Sachverhaltselemente, auf welche die Beschwerdeführerin den Vorwurf einer unzutreffenden Beweiswürdigung stützt, wie zum Beispiel, dass sie "mehrere bebaute und unbebaute Grundstücke" erworben hat, "in der Folge bestehende Gebäude abgetragen und erweitert, sowie auch ein Neubau errichtet" wurden und sie bei all diesen Bautätigkeiten als Bauwerberin und Bauführerin aufgetreten und die gesamte kaufmännische Abwicklung ausschließlich von ihr durchgeführt worden ist, durfte die belangte Behörde ohne gegen Denkgesetze zu verstoßen, davon ausgehen, dass diese gesetzt wurden, um die österreichischen Behörden hinsichtlich des wahren beabsichtigten Zweckes zu täuschen. Wenn die Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang meint, zum Zweck, deutschen Staatsbürgern Eigentum an in Tirol gelegenen Grundstücken zu verschaffen, hätte auch der Eigentumserwerb der unbebauten Grundstücke durch die Beschwerdeführerin genügt, so ist nicht erkennbar, wer in diesem Fall nach Ansicht der Beschwerdeführerin etwa "zweckmässigerweise" als Bauwerber und Bauführer hätte auftreten sollen.

Dass der Beschwerdeführerin ursprünglich "die staatliche Kreditgebühr" vorgeschrieben worden sei, obwohl "behauptet werde, bei den Darlehen habe es sich um Scheingeschäfte gehandelt" ist entgegen der Annahme der Beschwerdeführerin im Hinblick auf das vorgetäuschte Kreditengagement weder verwunderlich, noch beweist es, dass zwischen den Parteien tatsächlich der Wille auf Abschluss eines Darlehensvertrages bestanden hat.

Im Übrigen räumt die Beschwerdeführerin aber in der Beschwerde selbst ein, dass sie "der Phalanx der Zeugen und Parteien" K. - welche in Einvernahmen deutlich zum Ausdruck gebracht hatten, dass eine Vermietung ebenso wenig erfolgt war wie eine Darlehensgewährung - keine ausreichenden Beweismittel entgegenzusetzen gehabt habe.

Die Beschwerde erweist sich daher insgesamt als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 19. Oktober 2006

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