Normen
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
AVG §64 Abs2;
FSG 1997 §24 Abs1 Z1;
FSG 1997 §3 Abs1;
FSG 1997 §7 Abs3 Z10;
StGB §83;
VwGG §42 Abs2 Z1;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
AVG §64 Abs2;
FSG 1997 §24 Abs1 Z1;
FSG 1997 §3 Abs1;
FSG 1997 §7 Abs3 Z10;
StGB §83;
VwGG §42 Abs2 Z1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 25. Februar 2005 war dem Beschwerdeführer gemäß § 24 Abs. 1 Z. 1 in Verbindung mit § 25 Abs. 3 FSG für die Dauer von 12 Monaten - gerechnet ab Zustellung des erstinstanzlichen Bescheides - die Lenkberechtigung entzogen sowie gemäß § 32 Abs. 1 Z. 1 FSG ein Lenkverbot ausgesprochen worden. Gleichzeitig wurde die aufschiebende Wirkung einer Berufung gemäß § 64 Abs. 2 AVG aberkannt. Dem lag im Wesentlichen die Annahme zugrunde, der Beschwerdeführer sei bereits zweimal wegen eines Vergehens nach § 83 Abs. 1 StGB rechtskräftig zu einer bedingten Freiheitsstrafe verurteilt worden.
Mit Bescheid vom 23. Mai 2005 gab die belangte Behörde der gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung gerichteten Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG nicht Folge und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid insoweit, während mit weiterem Bescheid vom 30. Mai 2005 das Entziehungsverfahren gemäß § 38 2. Satz AVG bis zur Rechtskraft des gegen den Beschwerdeführer beim Landesgericht für Strafsachen Wien zu Zl 135 Bl 4105/p anhängigen gerichtlichen Strafverfahrens ausgesetzt wurde.
Gegen den erstgenannten Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und nahm von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:
Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des FSG und des AVG lauten (auszugsweise):
FSG:
"§ 7. (1) Als verkehrszuverlässig gilt eine Person, wenn nicht auf Grund erwiesener Tatsachen (Abs. 3) und ihrer Wertung (Abs. 4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen
1. die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird, oder
2. sich wegen der erleichternden Umstände, die beim Lenken von Kraftfahrzeugen gegeben sind, sonstiger schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen wird.
...
(3) Als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs. 1 hat insbesondere zu gelten, wenn jemand:
...
10. eine strafbare Handlung gegen Leib und Leben gemäß den §§ 75, 76, 84 bis 87 StGB oder wiederholt gemäß dem § 83 StGB begangen hat;
...
§ 24. (1) Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs. 1 Z 2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, ist von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit
1. die Lenkberechtigung zu entziehen oder
...
§ 25. ...
(3) Bei einer Entziehung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit (§ 7) ist eine Entziehungsdauer von mindestens 3 Monaten festzusetzen.
...
§ 32. (1) Personen, die nicht im Sinne des § 7 verkehrszuverlässig oder nicht gesundheitlich geeignet sind, ein Motorfahrrad, ein vierrädriges Leichtkraftfahrzeug oder ein Invalidenkraftfahrzeug zu lenken, hat die Behörde unter Anwendung der §§ 24 Abs. 3 und 4, 25, 26 und 29 entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit das Lenken eines derartigen Kraftfahrzeuges
1. ausdrücklich zu verbieten,
..."
AVG:
"§ 64. ...
(2) Die Behörde kann die aufschiebende Wirkung ausschließen, wenn die vorzeitige Vollstreckung im Interesse einer Partei oder des öffentlichen Wohles wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist. Ein solcher Ausspruch ist tunlichst schon in den über die Hauptsache ergehenden Bescheid aufzunehmen.
§ 66. ...
(4) Außer dem in Abs. 2 erwähnten Fall hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung (§ 60) ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern."
Zwar ist es grundsätzlich zulässig, bei Annahme des Wegfalles einer Erteilungsvoraussetzung der Berechtigung zum Lenken von Kraftfahrzeugen die betreffende Person für die Dauer des Verfahrens, in dem diese Frage geklärt wird, aus Gründen der Verkehrssicherheit von der Teilnahme am öffentlichen Verkehr auszuschließen. Die Berufungsbehörde darf dabei hinsichtlich der Frage der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung der Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid, mit dem eine Lenkberechtigung entzogen worden ist, von der erstbehördlichen Annahme der Verkehrsunzuverlässigkeit der betreffenden Person ausgehen, sofern nicht offenkundig eine diesbezügliche Fehlleistung der Erstbehörde gegeben ist. Wenn aber der erstinstanzliche Bescheid klar rechtswidrig ist, sind auch die Voraussetzungen für die Anwendung des § 64 Abs. 2 AVG nicht gegeben (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 24. März 1999, Zl. 99/11/0007, und vom 28. Juni 2001, Zl. 99/11/0243).
Die erstinstanzliche Behörde hat die Annahme der Verkehrsunzuverlässigkeit des Beschwerdeführers allein darauf gestützt, er sei vom Bezirksgericht Meidling am 5. März 2004 zur Zl. 26 U 8/04 y und am 14. Dezember 2004 zur Zl. 12 U 333/04 i jeweils wegen eines Vergehens nach § 83 StGB, rechtskräftig zu bedingten Freiheitsstrafen verurteilt worden. Die Verkehrszuverlässigkeit sei daher gemäß § 7 FSG ausgeschlossen.
Der Aktenlage nach ist die Verurteilung des Beschwerdeführers durch das Bezirksgericht Meidling vom 14. Dezember 2004, Zl. 12 U 333/04i, aber nicht rechtskräftig, das Verfahren befindet sich vielmehr im Berufungsstadium. Für das Vorliegen einer bestimmten Tatsache im Sinne des § 7 Abs. 3 Z 10 FSG ist die Rechtskraft entsprechender Verurteilungen zwar nicht Voraussetzung, vielmehr reicht die Begehung zweier derartiger Vergehen aus.
Die erstinstanzliche Behörde hat sich aber - wie dargestellt -
mit dem unrichtigen (aktenwidrigen) Hinweis auf die Rechtskraft auch der zweiten Verurteilung begnügt, und demgemäß eine schlüssige Begründung für ihre Annahme, der Beschwerdeführer habe bereits zweimal ein Vergehen nach § 83 StGB begangen, unterlassen.
Da die belangte Behörde auf Grund der Berufung des Beschwerdeführers gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung zu beurteilen hatte, ob die Erstbehörde § 64 Abs. 2 AVG zu Recht angewendet hat, hatte sie darauf abzustellen, ob im Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides die Voraussetzungen für die Anwendung dieser Bestimmung gegeben waren (vgl. das bereits zitierte Erkenntnis vom 28. Juni 2001). Fehlt es aber - so wie im vorliegenden Fall - an einer schlüssigen Begründung für die Annahme der Verkehrsunzuverlässigkeit, kommt auch ein Vorgehen nach § 64 Abs. 2 AVG nicht in Betracht.
Die belangte Behörde hätte daher den diesbezüglichen Spruchpunkt des erstinstanzlichen Bescheides aufheben müssen.
Aus diesen Erwägungen war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung, BGBl. I Nr. 333/2003.
Wien, am 29. September 2005
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