VwGH 2005/05/0098

VwGH2005/05/009814.10.2005

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Kail und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gubesch, über die Beschwerde der Marktgemeinde Jois in Jois, vertreten durch Mag. Michael Wild, Rechtsanwalt in 7033 Pöttsching, Wr. Neustädter Straße 57, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See vom 31. Jänner 2005, Zl. ND- 02-04-48-2-2004, betreffend eine Bauangelegenheit (mitbeteiligte Parteien: 1. Franz Kiss, 2. Martina Kiss, beide in 7093 Jois, Zum Tannenberg 1), den Beschluss gefasst:

Normen

VwGG §33 Abs1;
VwGG §58 Abs2 idF 1997/I/078;
VwGG §33 Abs1;
VwGG §58 Abs2 idF 1997/I/078;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als gegenstandslos erklärt und das Verfahren eingestellt.

Ein Zuspruch von Aufwandersatz findet nicht statt.

Begründung

Den Mitbeteiligten wurde mit Bescheid des Bürgermeisters der beschwerdeführenden Gemeinde vom 29. Dezember 1999 aufgetragen, die Abwässer der Anschlussgrundflächen in die wasserrechtlich bewilligte öffentliche Kanalisationsanlage der Gemeinde einzuleiten. Einer dagegen erstatteten Berufung der Mitbeteiligten vom 11. Jänner 2000 wurde mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom 1. Oktober 2001 keine Folge gegeben. Diesen Bescheid hob die belangte Behörde auf Grund einer Vorstellung der Mitbeteiligten mit dem angefochtenen Bescheid auf und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an den Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde zurück.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde gemäß Art. 119a Abs. 9 B-VG. Die belangte Behörde legte Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift.

Mit Schriftsatz vom 4. August 2005 legte die beschwerdeführende Gemeinde das Schreiben der Mitbeteiligten vom 19. Juli 2005 mit der Erklärung vor, dass der verfahrenseinleitende Bescheid in Rechtskraft erwachsen und somit die Voraussetzungen des § 33 VwGG als gegeben erscheinen. Dieses Schreiben der Mitbeteiligten lautete wie folgt:

"Betreff: Kanalanschlussverpflichtung/Anschlussbeitrag - Gst 2227, KG Jois

Bezugnehmend auf ihr Schreiben vom 11.07.2005 - Rückerstattung Kanalbenützungsgebühr - ziehen wir die Berufung gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde Jois vom 29.12.1999, Kanalanschlussverpflichtung für das Gst.nr. 2227, KG Jois, zurück."

Darauf forderte der Verwaltungsgerichtshof die belangte Behörde und die Mitbeteiligten mit nachstehend wiedergegebener Verfügung zu einer Äußerung auf. Diese Verfügung lautete:

"Nach Mitteilung der beschwerdeführenden Gemeinde wird die Gemeinde mit Ihrer Beschwerde gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See vom 31. Jänner 2005, Zl. D- 2-4-8-2-004, betreffend Kanalanschluss auf Grund der Rückziehung der Berufung durch die Mitbeteiligten, klaglos gestellt.

Gemäß § 33 Abs. 1 VwGG wird die belangte Behörde und werden die mit-beteiligten Parteien aufgefordert, sich hiezu binnen zwei Wochen zu äußern. Nach Ablauf dieser Frist wird der Verwaltungsgerichtshof über die Frage der Klaglosstellung Beschluss fassen."

Keine der aufgeforderten Verfahrensparteien gab eine Äußerung ab.

Im Beschwerdefall ist eine zur Verfahrenseinstellung führende Gegenstandslosigkeit eingetreten, weil durch Änderung maßgebender Umstände das rechtliche Interesse der Beschwerdeführerin an der Entscheidung weggefallen ist. Zufolge Rückziehung der Berufung gegen den Bescheid des Bürgermeisters der beschwerdeführenden Gemeinde vom 29. Dezember 1999 durch die Mitbeteiligten wurde dasselbe Ergebnis - Bestätigung des erstinstanzlichen Bescheides - herbeigeführt, das die Beschwerdeführerin mit der Anrufung des Verwaltungsgerichtshofes letztlich anstrebte. In einem so gelagerten Fall wird auch von einer "materiellen" Klaglosstellung gesprochen (vgl. den hg. Beschluss vom 22. September 1989, Zl. 88/17/0231, zuletzt vom 20. September 2005, Zl. 2002/05/0822).

Die Beschwerde war daher in sinngemäßer Anwendung des § 33 Abs. 1 VwGG als gegenstandslos zu erklären und das Beschwerdeverfahren einzustellen.

Da keine formelle Klaglosstellung eingetreten ist, war bei der Kostenentscheidung nicht § 56 erster Satz VwGG, sondern § 58 VwGG anzuwenden. Dessen Absatz 2 hat zum Inhalt, dass der im § 58 Abs. 1 VwGG verankerte Grundsatz, dass mangels einer ausdrücklichen Regelung über einen Aufwandersatz jede Partei ihren im verwaltungsgerichtlichen Verfahren erwachsenen Aufwand selbst zu tragen hat, im Falle einer Einstellung wegen Gegenstandslosigkeit der Beschwerde nicht zum Tragen kommt. Der Verwaltungsgerichtshof hat daher in solchen Fällen grundsätzlich Kosten zuzusprechen. Welcher Partei er Kosten zuzusprechen hat, hängt davon ab, wie das verwaltungsgerichtliche Verfahren aller Voraussicht nach ohne Eintritt der Gegenstandslosigkeit der Beschwerde ausgegangen wäre, also bei offenkundiger Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides wäre dem Beschwerdeführer ein Aufwandersatz zuzusprechen, wenn die Beschwerde offenkundig unbegründet ist, hingegen der belangten Behörde. Würde die Entscheidung über diese Frage einen - angesichts der weggefallenen Beschwer - unverhältnismäßigen Aufwand an Prüfungstätigkeit des Verwaltungsgerichtshofes erfordern, kann der Verwaltungsgerichtshof die Kostenfrage nach freier Überzeugung entscheiden. Dies wird dann, wenn der fiktive Ausgang des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nicht völlig eindeutig ist, zur Rückkehr zum Grundsatz des § 58 Abs. 1 VwGG, mithin zur gegenseitigen Aufhebung der Kosten führen (hg. Beschluss vom 7. Oktober 1997, Zl. 97/11/0094).

Letzteres trifft im vorliegenden Fall zu. Nach freier Überzeugung kommt der Verwaltungsgerichtshof damit gemäß § 58 Abs. 2 VwGG zu dem Ausspruch, ein Zuspruch von Aufwandersatz finde nicht statt.

Wien, am 14. Oktober 2005

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