Normen
B-VG Art119a Abs5;
GdO NÖ 1973 §61 Abs5;
B-VG Art119a Abs5;
GdO NÖ 1973 §61 Abs5;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Niederösterreich hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.172,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1.1. Mit Schreiben vom 23. April 2003 ersuchte der Beschwerdeführer um Anerkennung seines Hundes als Wachhund nach dem Niederösterreichischen Hundeabgabegesetz und beantragte die entsprechende Festsetzung der Hundeabgabe mit EUR 6,50.
1.2. In der Folge erging an den Beschwerdeführer folgende mit 8. Mai 2003 datierte Erledigung:
"Betrifft: Festsetzung der Hundeabgabe als Wachhund BESCHEID
Herr K., (...), hat am 23.04.2003 um Festsetzung der Hundeabgabe als Wachhund, gemäß NÖ Hundeabgabegesetz 1979, LGBl. 3702-3, § 3a, angesucht.
Als Grund wird angegeben, dass der Betrieb in (...) von einem solchen Hund bewacht werde.
Über diesen Antrag hat der Gemeindevorstand der Marktgemeinde Gaweinstal in seiner Sitzung am 28.04.2003 wie folgt entschieden:
Spruch
Gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1991 wird die Berufung als unbegründet
abgewiesen.
Begründung
Gemäß § 3 lit. a NÖ Hundeabgabegesetz 1979 gelten als Nutzhunde solche Hunde, die zur Bewachung von einzelstehenden Gebäuden, wenn diese von der nächstgelegenen Siedlung mehr als 100 m entfernt sind, sowie von Warenvorräten oder Binnenschiffen notwendig sind.
Die Liegenschaft (...) liegt inmitten des verbauten Gebietes
im Ortsbereich Gaweinstal.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
(...)
Marktgemeinde Gaweinstal
(...)
Bürgermeister"
1.3. Die gegen diese Erledigung gerichtete Berufung des Beschwerdeführers vom 14. Mai 2003 wies der Gemeindevorstand der mitbeteiligten Gemeinde mit Bescheid vom 11. Juli 2003 gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1991 als unbegründet ab.
1.4. Da die Berufungsbehörde auf Grund einer unrichtigen Rechtsansicht die erforderlichen Ermittlungen unterlassen habe, gab die belangte Behörde der gegen diesen Berufungsbescheid gerichteten Vorstellung des Beschwerdeführers mit Bescheid vom 28. August 2003 statt und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die mitbeteiligte Marktgemeinde.
1.5. Mit Bescheid vom 1. Oktober 2003 wies der Bürgermeister der mitbeteiligten Marktgemeinde nach Durchführung eines Lokalaugenscheins den Antrag des Beschwerdeführers vom 23. April 2003 gemäß § 3a lit. a Niederösterreichisches Hundeabgabegesetz 1979 als unbegründet ab.
1.6. Die gegen diesen Bescheid gerichtete Berufung des Beschwerdeführers wies der Gemeindevorstand der mitbeteiligten Gemeinde mit Bescheid vom 25. November 2003 "gemäß § 66 Abs. 4 AVG als unbegründet" zurück.
1.7. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 15. Dezember 2003 Vorstellung.
1.8. Die belangte Behörde gab der Vorstellung des Beschwerdeführers mit Bescheid vom 10. März 2004 statt, hob den Bescheid des Gemeindevorstandes der mitbeteiligten Gemeinde vom 25. November 2003 auf und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die mitbeteiligte Marktgemeinde.
Die belangte Behörde begründete die Aufhebung des Bescheides des Gemeindevorstandes der mitbeteiligten Gemeinde vom 25. November 2003 damit, dass über den Antrag des Beschwerdeführers vom 23. April 2003 der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde mit Bescheid vom 8. Mai 2003 entschieden habe. Dieser Bescheid gehöre nach wie vor dem Rechtsbestand an, auch wenn die gegen ihn erhobene Berufung noch als unerledigt gelte. Der Bürgermeister habe daher mit Bescheid vom 1. Oktober 2003 ohne Änderung der Sach- oder Rechtslage ein zweites Mal in derselben Sache (über denselben Antrag) entschieden. Zur Entscheidung über die gegenständlichen Angelegenheit habe aber nur noch eine funktionelle Zuständigkeit des Gemeindevorstandes der mitbeteiligten Gemeinde bestanden. Da der Gemeindevorstand die Unzuständigkeit des Bürgermeisters nicht von Amts wegen aufgegriffen und den Bescheid des Bürgermeisters vom 1. Oktober 2003 nicht aufgehoben habe, sei der Bescheid des Gemeindevorstandes vom 25. November 2003 inhaltlich rechtswidrig.
1.9. Mit Bescheid vom 5. Mai 2004 wies der Gemeindevorstand der mitbeteiligten Gemeinde unter Berufung auf die Vorstellungsentscheidung der belangten Behörde vom 10. März 2004 die gegen den Bescheid des Bürgermeisters vom 1. Oktober 2003 gerichtete Berufung neuerlich "als unbegründet" zurück.
1.10. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 26. Mai 2004 Vorstellung.
1.11. Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Vorstellung des Beschwerdeführers unter Hinweis auf die mangelnde Erforderlichkeit der Bewachung der in Rede stehenden Warenvorräte durch einen Wachhund im Sinne des § 3 lit. a Niederösterreichisches Hundeabgabegesetz gemäß § 61 Abs. 1 Niederösterreichische Gemeindeordnung 1973 als unbegründet ab.
1.12. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird.
1.13. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragte.
2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
2.1. Die §§ 3 und 5 Niederösterreichisches Hundeabgabegesetz 1979, LGBl. Nr. 3702-0, lauten auszugsweise:
"§ 3
Als Nutzhunde gelten Hunde, die als Wachhunde, Blindenführerhunde oder in Ausübung eines Berufes oder Erwerbes gehalten werden. Insbesondere gelten als Nutzhunde:
a) Hunde, die zur Bewachung von einzelstehenden Gebäuden, wenn diese von der nächstgelegenen geschlossenen Siedlung mehr als 100 m entfernt sind, sowie von Warenvorräten oder Binnenschiffen notwendig sind;
...
§ 5
(1) Die Anerkennung eines Hundes als Nutzhund ist bei der Abgabenbehörde innerhalb der Fälligkeitsfrist schriftlich zu beantragen. Die Abgabenbehörde hat in dem Bescheid, mit dem über den Antrag entschieden wird, die Höhe der Hundeabgabe festzusetzen."
2.3. In Hinblick auf die in Rechtskraft erwachsene Vorstellungsentscheidung der belangten Behörde vom 10. März 2004 ergibt sich für den Beschwerdefall Folgendes:
Gemäß § 61 Abs. 5 Niederösterreichische Gemeindeordnung 1973 ist die Gemeinde bei der neuerlichen Entscheidung an die Rechtsansicht der Aufsichtsbehörde gebunden.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt (nur) den tragenden Aufhebungsgründen eines aufsichtsbehördlichen Bescheides für das fortgesetzte Verfahren bindende Wirkung zu. Die tragenden Aufhebungsgründe eines aufhebenden Bescheides der Gemeindeaufsichtsbehörde sind für das fortgesetzte Verfahren vor der Gemeindebehörde, vor der Aufsichtsbehörde und vor den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechtes bindend. Diese bindende Wirkung besteht selbst bei einem Widerspruch mit der objektiven Rechtslage. Die tragenden Aufhebungsgründe wirken absolut und sind auch vom Verwaltungsgerichtshof zu beachten (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 21. Jänner 2004, Zl. 2003/16/0379, und vom 20. April 2001, Zl. 99/05/0129).
2.4. Die belangte Behörde hat mit ihrem Bescheid vom 10. März 2004 den Bescheid des Gemeindevorstandes der mitbeteiligten Gemeinde vom 25. November 2003 mit der Begründung aufgehoben, dass mit dem Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 1. Oktober 2003 in rechtswidriger Weise zum zweiten Mal in derselben Angelegenheit entschieden worden sei.
2.5. Der Gemeindevorstand der mitbeteiligten Gemeinde hätte daher in Bindung an die tragenden Gründe der aufhebenden Vorstellungsentscheidung vom 10. März 2004 den Bescheid des Bürgermeisters vom 1. Oktober 2003 ersatzlos aufheben und sich in der Folge unter Anwendung der Niederösterreichischen Abgabenordung 1977 mit der nach der bindenden Vorstellungsentscheidung vom 10. März 2004 noch offenen Berufung gegen die nach dieser Vorstellungsentscheidung dem Bürgermeister zuzurechnenden Erledigung vom 8. Mai 2003 auseinandersetzen müssen.
2.6. Ebenso wie der Gemeindevorstand war die belangte Aufsichtsbehörde an die von ihr ausgesprochene Rechtsansicht im beschwerdegegenständlichen Verfahren gebunden. Sie durfte sich dieser Bindung in ihrer Entscheidung vom 29. September 2004 (dem nunmehr angefochtenen Bescheid) über den Ersatzbescheid des Gemeindevorstandes nicht entziehen. Sie hatte vielmehr auf Grund ihrer Rechtsansicht den Bescheid des Gemeindevorstandes aufzuheben, weil er ihrem bindenden (zweiten) Vorstellungsbescheid widersprach.
2.7. Da die belangte Behörde dies verkannte, erweist sich der angefochtene Bescheid bereits aus diesem Grund als inhaltlich rechtswidrig. Er war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
2.8. Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.
2.9. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am 21. März 2005
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