VwGH 2004/06/0130

VwGH2004/06/013019.12.2005

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fritz, über die Beschwerde der S GmbH & Co KG in U, vertreten durch Dr. Manfred Bachmann, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Maria-Theresien-Straße 34, gegen den Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Innsbruck vom 7. Juli 2004, Zl. II-AL-022e/2004, betreffend Untersagung von Werbetafeln gemäß § 45 Abs. 4 TBO 2001, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §45 Abs2;
AVG §52;
BauO Tir 2001 §45 Abs1 idF 2003/089;
BauO Tir 2001 §45 Abs3 idF 2003/089;
BauO Tir 2001 §45 Abs4 idF 2003/089;
VwGG §42 Abs2 Z1;
AVG §45 Abs2;
AVG §52;
BauO Tir 2001 §45 Abs1 idF 2003/089;
BauO Tir 2001 §45 Abs3 idF 2003/089;
BauO Tir 2001 §45 Abs4 idF 2003/089;
VwGG §42 Abs2 Z1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Die Landeshauptstadt Innsbruck hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Schreiben vom 21. Oktober 2003 (beim Stadtmagistrat I eingelangt am 24. Oktober 2003) zeigte die Beschwerdeführerin die Aufstellung von drei Plakattafeln jeweils in der Länge von 5,1 m und einer Höhe von 2,4 m (ca. 50 cm über dem Boden montiert) in der H Straße 41 an.

Mit Bescheid vom 11. Dezember 2003 untersagte der Stadtmagistrat I die Aufstellung dieser drei Plakattafeln im Bereich der H Straße 41 auf dem Grundstück Bp. 10 KG. M. gemäß § 45 Abs. 4 Tiroler Bauordnung 2001 (TBO 2001).

Diese Entscheidung wurde im Wesentlichen damit begründet, dass seitens der Stadtplanung zu der Frage einer allfälligen erheblichen Beeinträchtigung des Orts- und Straßenbildes gemäß §45 Abs. 3 Tiroler Bauordnung 2001 (TBO 2001) ein mit 11. November 2003 datiertes Gutachten erstellt worden sei. Dieses laute wie folgt:

"An der Stelle des Aufstellungsortes hat früher ein ebenerdiges Gebäude gestanden, welches die H Straße um ca. 3,5 m eingeengt hat. Seit dem Abbruch des Gebäudes vor ca. 3 Jahren und der Begradigung der Straße ist der Bereich zwischen dem Gebäude H Straße 41 und 43 unverbaut. Die in diesem Bereich unmittelbar entlang des Inn verlaufende H Straße ist eine Bundesstraße (B171) und neben der Inntalautobahn (A12) die Hauptzufahrtsstraße zur Stadt aus östlicher Richtung.

Die Werbewirtschaft zielt besonders auf hoch frequentierte Straßenbereiche ab. Zugleich stellen diese Bereiche auch die 'Visitenkarte' für I dar. Aus der Sicht der Stadtplanung soll sich die Stadt I in diesen imageprägenden Bereichen und Straßenabschnitten primär mit ihrer gegebenen baulichen und landschaftlichen Qualität als auch ihrem Selbstverständnis als kulturell anspruchsvolle, touristisch bedeutsame Stadt darstellen. Die Stadt soll sich in diesen Bereichen durch ihr weitgehend qualitätsvolles, einzigartiges Orts-, Straßen- und Landschaftsbild vermitteln. Diese Stellen sollten keinesfalls von dominierenden 'Botschaften' der Werbewirtschaft geprägt sein, da damit eher eine qualitative Abwertung und (auch im Sinne der StVO) bedenkliche Reizüberflutung verbunden wäre, als eine Verstärkung der urbanen Wirkung und des urbanen Empfindens.

Die Massierung von Werbeeinrichtungen an gut frequentierten und deshalb für die Werbung begehrten Standorten ist aus gestalterischer Sicht nicht vertretbar. Die Werbetafeln stellen insbesondere durch ihre Größe (jede der drei Tafeln hat eine Fläche von 12,24 m2), ihre Farbgebung (häufig wechselnd, großteils intensive Farbgebung) und ihre Wirkung (es ist der ureigenste Zweck einer Werbeeinrichtung, aufzufallen) eine erhebliche Beeinträchtigung des Orts- oder Straßenbildes dar. Nicht zuletzt wird auf die Folgewirkungen ('Dominoeffekt') hingewiesen werden, welche im Falle einer Bewilligung zu erwarten sind."

Im Sinne dieser Betrachtungsweise könne eine Genehmigung der beantragten Plakattafeln nicht befürwortet werden. Dem Ansuchen könne im Hinblick auf die zu erwartende erhebliche Beeinträchtigung des Orts- und Straßenbildes insgesamt nicht zugestimmt werden.

Die dagegen erhobene Berufung der Beschwerdeführerin wies die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet ab.

Die belangte Behörde begründete diese Entscheidung im Wesentlichen damit, dass der zuständige Sachverständige zur Frage einer möglichen Beeinträchtigung des Orts- und Straßenbildes im Nahbereich des Aufstellungsortes nach erfolgter Befundaufnahme in Form der Beschreibung des Aufstellungsortes und seiner Umgebung darauf hingewiesen habe, dass hochfrequentierte Straßenbereiche - wie es beispielsweise die H-Straße sei - die Visitenkarte für I darstellten. Die Stadt solle sich in diesen Bereichen durch ihr weitgehend qualitätsvolles einzigartiges Orts-, Straßen- und Landschaftsbild vermitteln. Diese Stellen sollten keinesfalls von dominierenden "Botschaften" der Werbewirtschaft geprägt sein, da damit eher eine qualitative Abwertung und (auch im Sinne der StVO) bedenkliche Reizüberflutung verbunden wäre, als eine Verstärkung der urbanen Wirkung und des urbanen Empfindens. Die Massierung von Werbeeinrichtungen an gut frequentierten und deshalb für die Werbung begehrten Standorten sei aus gestalterischer Sicht nicht vertretbar. Die Werbetafeln würden insbesondere durch ihre Größe, ihre Farbgebung und ihre Wirkung eine erhebliche Beeinträchtigung des Orts- und Straßenbildes darstellen und die baulichen und landschaftlichen Qualitäten des Orts-, Straßen- und Landschaftsbildes erheblich beeinträchtigen.

Wenn die Beschwerdeführerin meine, die berufungsgegenständlichen Plakattafeln hätten die übliche Größe für Werbeeinrichtungen und die plakatierten Sujets seien denen gleichzusetzen, wie sie im gesamten Stadtgebiet und auch in unmittelbarer Nähe zum betreffenden Standort von anderen Werbeunternehmen plakatiert würden, so sei dem entgegenzuhalten, dass jede weitere Plakattafel eine Massierung der Bestandsdichte darstelle und den Straßenraum zusätzlich negativ gestalterisch belaste. Aus dieser Überlegung sei es nachvollziehbar, dass die Stadt gerade in den imageprägenden Bereichen und Straßenabschnitten, insbesondere bei Stadteinfahrten und Durchfahrtsstraßen keine weiteren Werbeeinrichtungen mehr zulasse.

In der dagegen erhobenen Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes, in eventu Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift samt Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

In § 45 Abs. 1, 3 und 4 Tiroler Bauordnung 2001 - TBO 2001, LGBl. Nr. 94 i.d.F. LGBl. Nr. 89/2003, ist betreffend "Werbeeinrichtungen, Zulässigkeit und Verfahren" Folgendes vorgesehen:

"§ 45

Werbeeinrichtungen, Zulässigkeit und Verfahren

(1) Die Errichtung, Aufstellung und Änderung von frei stehenden Werbeeinrichtungen innerhalb geschlossener Ortschaften ist der Behörde schriftlich anzuzeigen, sofern hiefür nicht eine Bewilligung nach § 14 Abs. 1 lit. e des Tiroler Stadt- und Ortsbildschutzgesetzes 2003 erforderlich ist. Der Anzeige sind ein Lageplan, eine Beschreibung der technischen Ausführung und eine planliche Darstellung der betreffenden Werbeeinrichtung in zweifacher Ausfertigung anzuschließen. § 22 Abs. 2 zweiter und dritter Satz gilt sinngemäß.

(2) ...

(3) Die Errichtung, Aufstellung oder Änderung einer anzeigepflichtigen Werbeeinrichtung ist unzulässig, wenn durch die Materialbeschaffenheit, Größe, Form, Farbe oder Lichtwirkung der Werbeeinrichtung das Orts- oder Straßenbild erheblich beeinträchtigt würde.

(4) Die Behörde hat die angezeigte Errichtung, Aufstellung oder Änderung einer Werbeeinrichtung zu prüfen. Ergibt sich dabei, dass das angezeigte Vorhaben nach Abs. 3 unzulässig ist, so hat die Behörde dessen Ausführung innerhalb von zwei Monaten nach Vorliegen der vollständigen Anzeige mit schriftlichem Bescheid zu

untersagen. ... "

Die Beschwerdeführerin macht geltend, dass das Orts- und Straßenbild anhand des konsentierten vorhandenen Bestandes zu beurteilen sei, insoweit ihm ein Mindestmaß an gemeinsamer Charakteristik, wenn auch nicht vollständiger Einheitlichkeit eigen sei. Zu der Frage, inwieweit das ohne die Werbetafeln gegebene Erscheinungsbild des Beurteilungsgebietes über ein Mindestmaß an gemeinsamer Charakteristik verfüge, fehle im angefochtenen Bescheid jede Feststellung. Auf Grund der vorhandenen Ermittlungsergebnisse, insbesondere der Ausführungen in der herangezogenen ergänzenden Begutachtung, sei der belangten Behörde eine solche Feststellung auch nicht möglich.

Diesem Vorbringen kommt Berechtigung zu. Die Beschwerdeführerin weist zutreffend darauf hin, dass die Frage der Beeinträchtigung des Orts- und Straßenbildes jeweils anhand des konsentierten vorhandenen Bestandes zu beurteilen ist, insoweit ihm ein Mindestmaß an gemeinsamer Charakteristik, wenn auch nicht vollständiger Einheitlichkeit eigen ist (vgl. dazu u.a. das hg. Erkenntnis vom 27. April 1999, Zl. 95/05/0082). Über das gegebene Erscheinungsbild des im vorliegenden Fall im maßgeblichen Beurteilungsgebiet konsentierten vorhandenen Bestandes enthält das von der belangten Behörde auch herangezogene Gutachten vom 11. November 2003 keine entsprechenden Grundlagen. Im Befund dieses Gutachtens wird lediglich der Aufstellungsort der verfahrensgegenständlichen Plakattafeln dahingehend beschrieben, dass er zwischen dem Gebäude H Straße 41 und jenem H Straße 43 liege.

Die Beschwerdeführerin rügt aber auch zu Recht, dass sich die belangte Behörde in ihrer Begründung allein auf allgemeine Ausführungen, wie etwa, dass hochfrequentierte Straßenbereiche - wie es beispielsweise die H Straße sei - die eine Visitenkarte für I darstellten, berufen habe. Eine allfällige Beeinträchtigung des gegebenen Orts-, Straßen- und Landschaftsbildes wird durch eine solche Begründung nicht belegt.

Da der im vorliegenden Fall vorgenommenen Beurteilung der erheblichen Beeinträchtigung des Orts- und Straßenbildes durch die verfahrensgegenständlichen Plakattafeln kein entsprechendes Gutachten zu Grunde lag, belastete die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes, weshalb dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 19. Dezember 2005

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