Normen
BauO Wr §129 Abs2;
BauO Wr §135 Abs3;
BauRallg;
VStG §5 Abs1;
VStG §9 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
BauO Wr §129 Abs2;
BauO Wr §135 Abs3;
BauRallg;
VStG §5 Abs1;
VStG §9 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Die Bundeshauptstadt Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien vom 1. Dezember 2000 wurde der Beschwerdeführer folgender Verwaltungsübertretung für schuldig erkannt:
"Sie haben als Verwalter des Hauses in Wien ..., S...gasse 62, EZ... der Kat.Gemeinde ..., in der Zeit vom 19.3.1998 bis 18.10.1999, ohne Veranlassung und Vorwissen des Eigentümers insoferne nicht dafür gesorgt, daß das Gebäude und die baulichen Anlagen in gutem, der Baubewilligung und den Vorschriften der Bauordnung für Wien entsprechendem Zustand erhalten wurden, als Sie es unterließen,
1) in der Zeit von 19.03.1998 bis 07.09.1999
die Putzschächte im Keller (teilweise mit Schutt gefüllt) instandsetzen zu lassen sowie
2) in der Zeit von 19.03.1998 bis 18.10.1999
die Rohrleitung im Keller (Rohrleitung eingebrochen) instandsetzen zu lassen und
3) in der Zeit von 19.03.1998 bis 18.10.1999
die Rohrleitung von der Einmündung in den Straßenkanal bis zum Gebäude (Rohrverschiebungen und Muffenöffnungen) instandsetzen zu lassen.
Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:
§ 135 Abs. 1 in Verbindung mit § 135 Abs. 3 und § 129 Abs. 2 der Bauordnung für Wien, LGBl. für Wien Nr. 11/1930, in der geltenden Fassung."
Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe in der Höhe von ATS 60.000 (im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von einem Monat) verhängt. Als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens wurde ihm die Zahlung von ATS 6.000 auferlegt.
In der dagegen erhobenen Berufung führte der Beschwerdeführer im Wesentlichen aus, der von ihm im Verwaltungsverfahren vorgelegten Verwaltungsvollmacht vom 1. Oktober 1997 sei zu entnehmen, dass nicht er, sondern eine (näher genannte) GmbH die gegenständliche Liegenschaft verwalte. Im Übrigen hätten die baulichen Maßnahmen nicht fristgerecht durchgeführt werden können, weil eine Dotierung der Reparaturrücklage notwendig und die Organisation und Durchführung dieser Rücklage abzuwarten gewesen sei. Die wirtschaftliche Zumutbarkeit von Instandsetzungsarbeiten sei von der Behörde zu berücksichtigen.
Mit dem angefochtenen Bescheid bestätigte die belangte Behörde das erstinstanzliche Straferkenntnis mit der Maßgabe, dass nach dem Wort "sie haben" die Wortfolge: "als Geschäftsführer der A. Gesellschaft. m.b.H. " sowie nach den Worten "des Eigentümers" die Wortfolge "sowie als Geschäftsführer der O.gesellschaft m.b.H als Eigentümer" eingefügt wurden. Im Übrigen wurde der Berufung insofern Folge gegeben, als die Geldstrafe bzw. die Ersatzfreiheitsstrafe und der Kostenbeitrag für das erstinstanzliche Verfahren herabgesetzt wurden. Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführer habe nach dem Firmenbuch nicht nur die GmbH, der die Verwaltung der gegenständliche Liegenschaft übertragen worden sei, geleitet, sondern darüber hinaus seit 1. September 1992 gemeinsam mit einem weiteren Geschäftsführer oder einem Gesamtprokuristen die O. GmbH, welche mit Kaufvertrag vom 8. Oktober 1997 Anteile in einem Gesamtumfang von 609/926 dieser Liegenschaft erworben und zumindest bis zum 18. Oktober 1999 ihr Eigen genannt habe. Somit sei der Beschwerdeführer neben seiner Stellung als Verwalter jedenfalls in seiner Eigenschaft als Vertreter der Mehrheitseigentümerin verantwortlich gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer bringt im Wesentlichen vor, dem angefochtenen Bescheid könne nicht eindeutig entnommen werden, ob die belangte Behörde den Beschwerdeführer als Verwalter der gegenständlichen Liegenschaft zur Verantwortung habe ziehen wollen, oder ob sie davon ausgehe, dass Verwalterin der Liegenschaft die A. GmbH gewesen sei, deren Geschäftsführer der Beschwerdeführer sei. Offenbar gehe die Berufungsbehörde in Abkehr der erstinstanzlichen Ansicht von einem bestehenden Verwaltungsverhältnis der A. GmbH im relevanten Zeitraum aus. Somit sei der Beschwerdeführer aber eben nicht Verwalter sondern lediglich der Geschäftsführer der Verwalterin, sodass dem erstinstanzlichen Bescheid der Boden entzogen werde. Die A. GmbH sei nie ordnungsgemäß in das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren einbezogen worden. Es mache einen Unterschied, ob die einzelne natürliche Person in ihrer Eigenschaft als Verwalter oder als Geschäftsführer einer Kapitalgesellschaft von der Behörde belangt werde. Durch den angefochtenen Bescheid werde daher ein völlig anderer Sachverhalt zum Bescheidinhalt gemacht, der innerhalb geltender Verjährungsfristen nicht ordnungsgemäß verfolgt worden sei. Darüber hinaus sei das Verwaltungsverfahren nicht gegen den Beschwerdeführer in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer der O. GmbH als Eigentümerin der gegenständlichen Liegenschaft geführt worden. Eine Prüfung einer allfälligen Haftungsgrundlage in diesem Zusammenhang habe nie stattgefunden. Wäre das Verfahren schon ursprünglich gegen den Beschwerdeführer als Geschäftsführer der O. GmbH geführt worden, wäre es möglich gewesen, die wirtschaftliche Situation dieser Gesellschaft aufzuzeigen und letztlich Beweise dafür anzubieten, dass die Vermögenskraft des genannten Unternehmens nicht ausgereicht habe. Überdies sei der Beschwerdeführer in der genannten Eigentümereigenschaft mit dem näher bezeichneten Bescheid vom 6. November 2001 bei nahezu identem Sachverhalt bereits rechtskräftig verurteilt worden. Die belangte Behörde habe daher teilweise den Grundsatz ne bis in idem missachtet.
Die hier maßgebenden Bestimmungen der Bauordnung für Wien (BO) lauten auszugsweise:
"Benützung und Erhaltung der Gebäude; vorschriftswidrige Bauten
§ 129.
...
(2) Der Eigentümer (jeder Miteigentümer) hat dafür zu sorgen, daß die Gebäude und die baulichen Anlagen (Gärten, Hofanlagen, Einfriedungen u. dgl.) in gutem, der Baubewilligung und den Vorschriften dieser Bauordnung entsprechendem Zustand erhalten werden. ...
...
(10) Jede Abweichung von den Bauvorschriften einschließlich der Bebauungsvorschriften ist zu beheben. Ein vorschriftswidriger Bau, für den eine nachträgliche Bewilligung oder Kenntnisnahme einer Bauanzeige nicht erwirkt worden ist, ist zu beseitigen. ...
...
Baustrafen
§ 135.
(1) Übertretungen dieses Gesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Verordnungen werden mit Geld bis zu 21 000 Euro oder mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen bestraft.
...
(3) Wer die Verwaltung eines Gebäudes ausübt, ist für Verletzungen der dem Eigentümer durch dieses Gesetz oder eine dazu erlassene Verordnung auferlegten Pflichten an dessen Stelle verantwortlich, wenn die Tat ohne Veranlassung und Vorwissen des Eigentümers begangen wurde. Der Eigentümer ist neben dem Verwalter verantwortlich, wenn er es bei dessen Auswahl oder Beaufsichtigung an der nötigen Sorgfalt fehlen ließ."
§ 9 Abs. 1 VStG lautet:
"Für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen, Personengesellschaften des Handelsrechts oder eingetragene Erwerbsgesellschaften ist, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs. 2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist."
Wenn der Beschwerdeführer eine Auswechslung der Sache rügt, weil er erstmals von der Berufungsbehörde in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer der A. GmbH bestraft wurde, so genügt es ihm zu entgegen, dass allein durch die Aufrechterhaltung des Schuldspruches des erstinstanzlichen Straferkenntnisses durch die Berufungsbehörde mit der Maßgabe, dass dem Beschuldigten die Straftat nicht für seine Person, sondern als Organ einer juristischen Person zuzurechnen ist, eine Auswechslung oder eine Überschreitung der Sache des Berufungsverfahrens nicht stattfindet (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 30. Juni 1994, Zl. 94/09/0035). Insoweit diesbezüglich dem erstinstanzlichen Straferkenntnis ein Mangel anhaftete, hat die belangte Behörde ihn beseitigen können und müssen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. September 2001, Zl. 2001/11/0171). Dass er im Tatzeitraum für die A. GmbH nicht gemäß § 9 Abs. 1 VStG verantwortlich gewesen wäre, wird vom Beschwerdeführer nicht behauptet, vielmehr bringt er selbst vor, im fraglichen Zeitraum Geschäftsführer der A. GmbH, die als Verwalterin bestellt worden sei, gewesen zu sein.
Auch mit seinem Einwand der Verjährung ist für den Beschwerdeführer nichts zu gewinnen. Wurde innerhalb der Verjährungszeit wegen der "Tat" - d.h. wegen ein und desselben Verhaltens des Täters - eine Verfolgungshandlung gesetzt, so steht der weiteren Verfolgung des Beschuldigten Verjährung nicht entgegen, auch wenn die rechtliche Beurteilung der Tat durch die Berufungsinstanz eine andere ist als in erster Instanz. Dies gilt auch dann, wenn sich bei sonstiger Identität der Tat lediglich die Beurteilung der rechtlichen Eigenschaft ändert, in der den Beschuldigten die strafrechtliche Verantwortung trifft (vgl. das zitierte hg. Erkenntnis vom 30. Juni 1994).
Soweit sich der Beschwerdeführer weiters darauf beruft, dass die Vermögenskraft der O. GmbH nicht ausgereicht habe, legt er nicht dar, irgendwelche Bemühungen im Hinblick auf eine Finanzierung der Gebrechensbehebung gesetzt zu haben. Zum Nachweis der finanziellen Undurchführbarkeit der Beseitigung von Baugebrechen genügt es aber nicht, dass der Eigentümer die zur Schadensbehebung erforderlichen Mittel nicht besitzt. Es muss vielmehr nachgewiesen werden, dass er sich die hiezu erforderlichen Mittel nicht beschaffen kann. Das Vorhandensein der erforderlichen Kenntnis über die Möglichkeit der Beschaffung der Mittel zur Beseitigung eines Baugebrechens, kann bei einem konzessionierten Gebäudeverwalter vorausgesetzt werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. Jänner 2000, Zl. 96/05/0007).
Ebenso kommt der Behauptung des Beschwerdeführers, die belangte Behörde habe gegen den Grundsatz ne bis in idem verstoßen, keine Berechtigung zu. Dem in diesem Zusammenhang vorgelegten Verwaltungsakt lässt sich entnehmen, dass mit Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 6. November 2001 dem Beschwerdeführer als Geschäftsführer der O. GmbH als Mehrheitseigentümerin der auch hier gegenständlichen Liegenschaft angelastet wurde, eine Verwaltungsübertretung gemäß § 129 Abs. 10 BO wegen Nichtbeseitigung diverser Abweichungen von den Bauvorschriften und nicht gemäß § 129 Abs. 2 BO wegen Missachtung der Pflicht, ein Gebäude in gutem der Baubewilligung und den Vorschriften der BO entsprechenden Zustand zu erhalten, begangen zu haben. Eine Identität der Sache liegt daher schon deshalb nicht vor, weil die Tatvorwürfe nach diesen beiden Bestimmungen unterschiedliche Sachverhalte betreffen.
Der Beschwerdeführer rügt schließlich, die belangte Behörde hätte ihm nicht in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer der Mehrheitseigentümerin bestrafen dürfen. Diesem Einwand kommt im Ergebnis Berechtigung zu: Aus § 135 Abs. 3 erster Satz BO ergibt sich, dass der Eigentümer und der Verwalter grundsätzlich nicht nebeneinander haftbar sein können. Nach dem zweiten Satz dieser Bestimmung ist der Eigentümer neben dem Verwalter nur verantwortlich, wenn er es bei dessen Auswahl oder Beaufsichtigung an der nötigen Sorgfalt fehlen ließ. Dass diese Voraussetzungen erfüllt wären, wurde von der belangten Behörde nicht festgestellt. Auch die Berücksichtigung des hg. Erkenntnisses vom 3. Juli 2001, Zl. 2000/05/0050, kann zu keinem anderen Ergebnis führen: Der Verwaltungsgerichtshof konnte dort die Frage, ob die Beschwerdeführerin sowohl in ihrer Eigenschaft als Eigentümerin des Gebäudes als auch als handelsrechtliche Geschäftsführerin der verwaltenden Gesellschaft hätte bestraft werden können, offen lassen, weil eine solche Vorgangsweise - anders als im hier vorliegenden Beschwerdefall - nicht stattgefunden hatte.
Die belangte Behörde belastete somit den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes, weshalb dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft die geltend gemachte Umsatzsteuer und den angesprochenen Einheitssatz, die bereits von den Pauschalbeträgen der genannten Verordnung umfasst sind.
Wien, am 14. Oktober 2005
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