VwGH 2004/03/0169

VwGH2004/03/016931.3.2005

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Berger und Dr. Lehofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des AM in P, vertreten durch Dr. Mario Petutschnig, Rechtsanwalt in 9500 Villach, Freihausgasse 10/1, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für Kärnten vom 10. August 2004, Zl. KUVS-2093-2096/14/2003, betreffend Übertretungen des Güterbeförderungsgesetzes, zu Recht erkannt:

Normen

11994N/PRO/09 EU-Beitrittsvertrag Prot9 Art11 Abs6;
31992R0881 Güterkraftverkehrsmarkt Art2;
31994R3298 idF 31996R1524 ÖkopunktesystemV Lkw Transit Österreich Art12;
EURallg;
GütbefG 1995 §23 Abs1 Z6 idF 2002/I/032;
GütbefG 1995 §23 Abs4 idF 2002/I/032;
GütbefG 1995 §9 Abs3;
VStG §20;
VStG §21 Abs1;
VStG §5 Abs2;
11994N/PRO/09 EU-Beitrittsvertrag Prot9 Art11 Abs6;
31992R0881 Güterkraftverkehrsmarkt Art2;
31994R3298 idF 31996R1524 ÖkopunktesystemV Lkw Transit Österreich Art12;
EURallg;
GütbefG 1995 §23 Abs1 Z6 idF 2002/I/032;
GütbefG 1995 §23 Abs4 idF 2002/I/032;
GütbefG 1995 §9 Abs3;
VStG §20;
VStG §21 Abs1;
VStG §5 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer für schuldig erkannt, er habe als satzungsgemäß zur Vertretung nach außen berufenes Organ - handelsrechtlicher Geschäftführer - der A GmbH zu verantworten, dass am 6. Dezember 2001 um 15.40 Uhr mit der Einfahrt in Arnoldstein bis 6. Dezember 2001 um 19.05 Uhr mit der Ausfahrt in Walserberg und vom 6. Dezember 2001 um 22.02 Uhr mit der Einfahrt in Arnoldstein bis 7. Dezember 2001 um 01.30 Uhr mit der Ausfahrt in Walserberg mit jeweils nach den Kennzeichen bestimmten Sattelkraftfahrzeugen ein gewerbsmäßiger Güterbeförderungsverkehr von Italien kommend durch Österreich im Transit in Richtung Deutschland durchgeführt worden sei, ohne als Verantwortlicher des Unternehmens, der veranlasst habe, dass eine Fahrt durch Österreich durchgeführt werde, für die gemäß der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 , zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 2012/2000 , (Ökopunkteverordnung) Ökopunkte zu entrichten seien, "infolge Benützung eines Umweltdatenträgers davon überzeugt zu haben, dass ausreichend Ökopunkte zur Verfügung stehen," zumal eine Abbuchung von Ökopunkten im elektronischen Ökopunktesystem trotz durchgeführter Transitdeklaration mangels vorhandener Ökopunkte jeweils nicht erfolgt sei.

Der Beschwerdeführer habe dadurch jeweils § 23 Abs 1 Z 6 iVm § 23 Abs 4 und § 9 Abs 3 Güterbeförderungsgesetz 1995 (GütbefG), BGBl Nr. 593/1995, zuletzt geändert durch BGBl I Nr. 32/2002, verletzt und es wurde über ihn gemäß § 23 Abs 1 Z 6 iVm § 23 Abs 4 GütbefG eine Geldstrafe in der Höhe von jeweils EUR 1.453,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von jeweils 67 Stunden) verhängt.

Begründend führte die belangte Behörde aus, dass am 6. Dezember 2001 bzw. vom 6. bis zum 7. Dezember 2001 mit den im Spruch genannten Sattelkraftfahrzeugen jeweils ein fabriksneuer Anhänger von Slowenien nach Deutschland überstellt worden sei. Die Sattelkraftfahrzeuge seien mit einem "Ecotag" ausgestattet gewesen und die Lenker hätten jeweils eine Transitfahrt deklariert. Eine automatische Entwertung von Ökopunkten im Zuge der Einfahrt in das Bundesgebiet sei nicht möglich gewesen, da dem Unternehmen, dessen handelsrechtlicher Geschäftsführer der Beschwerdeführer sei, zu dieser Zeit keine Ökopunkte zur Verfügung gestanden seien.

Gemäß den Bestimmungen der Ökopunkteverordnung seien ökopunktepflichtige Transitfahrten vorgelegen und der Beschwerdeführer wäre als handelsrechtlicher Geschäftsführer des Güterbeförderungsunternehmens verpflichtet gewesen, den Fahrern für diese Transitfahrten die erforderlichen Ökopunkte zur Verfügung zu stellen. Das Vorbringen des Beschwerdeführers, es habe sich um ökopunktebefreite Transitfahrten gehandelt, da jeweils mit einer zum Verkehr zugelassenen Zugmaschine eine fabriksneuer und noch nicht zum Verkehr zugelassener Anhänger von Slowenien nach Deutschland überstellt worden sei, gehe ins Leere. Eine ökopunktebefreite Fahrt würde nur dann vorliegen, wenn ein fabriksneues Fahrzeug überstellt werde und mit diesem Fahrzeug keinerlei Güter transportiert würden und auch der Lenker bei dieser Fahrt entsprechende Unterlagen mitführe (z.B. Ausfuhrkennzeichen, Zollkennzeichen, etc), aus denen eindeutig hervorgehe, dass es sich um eine Überstellungsfahrt handle. Werde "mit einer zum Verkehr zugelassenen Zugmaschine eine fabriksneuer Anhänger transportiert", so läge jedenfalls eine ökopunktepflichtige Transitfahrt vor.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Antrag, diesen kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Gemäß § 9 Abs 3 Güterbeförderungsgesetz 1995 (GütbefG) idF BGBl I Nr. 32/2001, hat jeder Unternehmer, der veranlasst, dass eine Fahrt durch Österreich durchgeführt wird, für die gemäß der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 , zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 2012/2000 , (Ökopunkteverordnung) Ökopunkte zu entrichten sind, dem Fahrer vor Antritt der Fahrt die entsprechende Anzahl von Ökopunkten zu übergeben. Wird ein Umweltdatenträger benützt, hat sich der Unternehmer davon zu überzeugen, dass ausreichend Ökopunkte zur Verfügung stehen und dass der Umweltdatenträger einwandfrei funktioniert. Er hat weiters den Fahrer darüber zu belehren, welche Maßnahmen dieser zur Einhaltung der Ökopunkteverordnung zu treffen hat.

Artikel 12 der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 der Kommission vom 21. Dezember 1994 über ein System von Ökopunkten für Lastkraftwagen im Transit durch Österreich, zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 2012/2000 des Rates vom 21. September 2000 (Ökopunkteverordnung), lautet:

"Für eine Transitfahrt müssen keine Ökopunkte entrichtet werden, wenn die folgenden drei Bedingungen erfüllt sind:

i) der alleinige Zweck der Fahrt ist die Auslieferung eines fabrikneuen Fahrzeugs bzw. einer fabrikneuen Fahrzeugkombination vom Hersteller zu einem Bestimmungsort in einem anderen Staat;

ii) auf der Fahrt werden keine Güter befördert;

iii) für das Fahrzeug oder die Fahrzeugkombination sind die erforderlichen internationalen Zulassungspapiere und Ausfuhrkennzeichen vorhanden."

Der Beschwerdeführer macht geltend, dass alleiniger Zweck der Fahrt die "Auslieferung eines fabrikneuen Fahrzeuges, nämlich eines Anhängers" vom Hersteller zu einem Bestimmungsort in einem anderen Staat gewesen sei. Bei einem fabriksneuen Anhänger handle es sich um ein Fahrzeug im Sinne des Art 12 Ökopunkteverordnung; mit der Rechtsnatur des Fahrzeuges habe sich die belangte Behörde jedoch nicht auseinander gesetzt.

Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers ist ein Anhänger nicht als Fahrzeug im Sinne der Ökopunkteverordnung anzusehen. Zwar enthält die Ökopunkteverordnung selbst keine Definition des Begriffs "Fahrzeug", diese ergibt sich jedoch bereits aus der Rechtsgrundlage, auf der diese Verordnung beruht. Nach dem Protokoll Nr. 9 ("über den Straßen- und Schienenverkehr sowie den kombinierten Verkehr in Österreich") zum EU-Beitrittsvertrag, BGBl Nr 45/1995, gilt als Fahrzeug im Sinne dieses Protokolls "ein Fahrzeug im Sinne des Artikels 2 der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 in der zum Zeitpunkt der Unterzeichnung des Beitrittsvertrags angewandten Fassung." Art 2 VO 881/92 definiert "Fahrzeug" als "ein in einem Mitgliedstaat amtlich zugelassenes Kraftfahrzeug oder eine Fahrzeugkombination, bei der zumindest das Kraftfahrzeug in einem Mitgliedstaat amtlich zugelassen ist, sofern sie ausschließlich für die Güterbeförderung bestimmt sind".

Unter einem "Fahrzeug" im Sinne der Ökopunkteverordnung - deren Rechtsgrundlage im hier maßgeblichen Zusammenhang Art 11 Abs 6 des Protokolls Nr. 9 zum EU-Beitrittsvertrag darstellt - ist daher nur ein Kraftfahrzeug (bzw eine aus einem Kraftfahrzeug und einem Anhänger bestehende Fahrzeugkombination) - nicht jedoch auch ein Anhänger für sich allein - zu verstehen.

Die belangte Behörde hat daher zu Recht die gegenständliche Fahrt, mit der unstrittig ein fabriksneuer Anhänger mit einer - nicht fabriksneuen - Zugmaschine befördert wurde, als ökopunktepflichtige Transitfahrt beurteilt.

2. Soweit der Beschwerdeführer geltend macht, die belangte Behörde hätte die tatsächliche Beschaffenheit "des Fahrzeugs und des Anhängers" näher prüfen müssen, führt er nicht aus, welche von den Feststellungen der belangten Behörde abweichenden Verfahrensergebnisse sich daraus hätten ergeben können.

3. Schließlich vermag sich der Verwaltungsgerichtshof nicht der Ansicht des Beschwerdeführers anzuschließen, dass der angefochtene Bescheid insoferne in einer zur Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften führenden Weise mangelhaft begründet sei, als die belangte Behörde "in keinster Weise die Rechtsnatur des verfahrensgegenständlichen fabriksneuen Anhängers" festgestellt habe. Aus der Begründung des angefochtenen Bescheides ergibt sich eindeutig, dass die belangte Behörde zutreffend zwar das nicht fabriksneue Sattelzugfahrzeug (als Kraftfahrzeug), nicht aber den fabriksneuen Anhänger als "Fahrzeug" beurteilt hat. Dass der Beschwerdeführer durch die knappe Begründung und fehlende nähere Ausführungen über die "Rechtsnatur" des Anhängers an der Verfolgung seiner Rechte gehindert war, lässt sich nicht erkennen.

4. Soweit sich der Beschwerdeführer gegen die Höhe der verhängten Strafe wendet, ist zunächst festzuhalten, dass die belangte Behörde die Mindeststrafe gemäß § 23 Abs 4 GütbefG verhängt hat. Die vom Beschwerdeführer in der Beschwerde ausgeführten Argumente gegen die Strafbemessung beziehen sich im Wesentlichen darauf, dass er nach "jedenfalls vertretbarer" Rechtsauffassung eine ökopunktbefreite Fahrt angenommen habe. Sofern überhaupt ein Verschulden gegeben sei, sei dieses jedenfalls geringfügig.

Dem ist entgegenzuhalten, dass die bloße Argumentation im Verwaltungsstrafverfahren mit einer - allenfalls sogar plausiblen -

Rechtsauffassung allein ein Verschulden am objektiv unterlaufenen Rechtsirrtum nicht auszuschließen vermag. Es bedarf bei der Einhaltung der einem am Wirtschaftsleben Teilnehmenden obliegenden Sorgfaltspflicht vielmehr einer Objektivierung durch geeignete Erkundigungen (vgl das hg Erkenntnis vom 20. Juli 2004, Zl. 2002/03/0251). Dass der Beschwerdeführer entsprechende Erkundigungen eingezogen hat, wurde im Verfahren nicht aufgezeigt; im Hinblick darauf, dass es sich bei den verfahrensgegenständlichen Rechtsvorschriften um die zentralen Normen für die gewerbliche Tätigkeit des Unternehmens, dessen handelsrechtlicher Geschäftsführer der Beschwerdeführer ist, handelt, kann der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie nicht von einem bloß geringfügigen Verschulden des Beschwerdeführers im Sinne des § 21 Abs 1 VStG ausgegangen ist.

Auch die Nichtanwendung der außerordentlichen Strafmilderung gemäß § 20 VStG ist nicht als rechtswidrig zu beurteilen. Als Milderungsgrund wurde von der belangten Behörde im Rahmen der Strafbemessung die einschlägige Unbescholtenheit berücksichtigt. Der vom Beschwerdeführer geltend gemachte Rechtsirrtum kann - wie bereits ausgeführt - im vorliegenden Fall nicht zur Begründung eines bloß geringfügigen Verschuldens und somit als weiterer Milderungsgrund berücksichtigt werden. Auch kann dem Beschwerdeführer nicht darin gefolgt werden, dass die Übertretung bloß unbedeutende Folgen gehabt habe, ist dadurch doch die Entrichtung von Ökopunkten unterblieben.

5. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 31. März 2005

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