VwGH 2003/13/0068

VwGH2003/13/006815.6.2005

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Fuchs, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Keidel LL.M., über die Beschwerde der SL in W, vertreten durch Dr. Othmar Slunsky, Mag. Ute Maria Caviola und Mag. Clemens Canigiani, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Schottenring 28/1/4, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom 7. April 2003, Zl. RV/2899- W/02, betreffend Familienbeihilfe, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §288 Abs1 litd;
BAO §93 Abs3 lita;
BAO §288 Abs1 litd;
BAO §93 Abs3 lita;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird im Umfang seiner Anfechtung, nämlich in seinem Ausspruch der Abweisung der Berufung der Beschwerdeführerin "für den Zeitraum 1. Juli 1996 bis laufend", wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Anbringen vom 26. Juli 2001 begehrte die am 13. Mai 1970 geborene Beschwerdeführerin für sich selbst die Gewährung von (erhöhter) Familienbeihilfe, welches Ansuchen sie auf Frage des Finanzamtes dahin präzisierte, dass sie die erhöhte Familienbeihilfe ab April 1989 beantrage. Dem Anbringen war das Formblatt über die ärztliche Bescheinigung zum Nachweis der erheblichen Behinderung im Sinne des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 angeschlossen, auf welchem in der Rubrik "Leiden bzw. Gebrechen" eine Nieren- und Pankreastransplantation am 22. Dezember 1997 angeführt und der Grad der Behinderung mit 100 % seit Dezember 1997 angegeben wurde.

Mit Bescheid vom 18. Oktober 2001 wies das Finanzamt den Antrag der Beschwerdeführerin mit der Begründung ab, dass nach dem Inhalt der ärztlichen Bescheinigung die gesetzlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Familienbeihilfe nicht erfüllt seien. Dauernde Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, sei der Beschwerdeführerin nicht bescheinigt worden.

In ihrer gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung brachte die Beschwerdeführerin vor, dass ihre Behinderung schon seit dem zehnten Lebensjahr bestehe und vom Bundessozialamt Wien, Niederösterreich und Burgenland mit einem Grad von 100 % eingeschätzt worden sei. Angesichts dieser Behinderung sei sie nicht in der Lage, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen.

Auf einem weiteren Formblatt betreffend die oben genannte ärztliche Bescheinigung findet sich (anders als auf dem früheren Formblatt) die Rubrik angekreuzt, dass das Kind (gemeint: die Beschwerdeführerin) voraussichtlich dauernd außerstande sei, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, und wird der Grad der Behinderung mit 100 % seit Oktober 1997 angegeben.

Mit Berufungsvorentscheidung vom 18. Dezember 2001 wies das Finanzamt die Berufung mit der Begründung ab, die Beschwerdeführerin sei bei mehreren Dienstgebern beschäftigt gewesen und der Grad ihrer Behinderung betrage seit Oktober 1997 100 %, womit die gesetzlichen Anspruchsvoraussetzungen für die Gewährung von (erhöhter) Familienbeihilfe nicht erfüllt seien.

Die Beschwerdeführerin beantragte die Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz.

Im Anschluss an dieses Anbringen der Beschwerdeführerin findet sich in den dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Verwaltungsakten eine Fülle von Schriftstücken unterschiedlichen Informationswertes im Hinblick auf die Person der Beschwerdeführerin und den von ihr geltend gemachten Anspruch wie etwa Auskünfte sozialversicherungsrechtlicher Natur, Lohnabrechnungen für Dienstnehmer teils gleichen, teils ähnlichen Namens, Jahresausgleichsbescheide sowie zahlreiche auf die Beschwerdeführerin Bezug nehmende Befundberichte und Krankengeschichten.

Mit Schreiben vom 6. Juni 2002 ersuchte die belangte Behörde das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen Wien, Niederösterreich und Burgenland um Erstattung eines Gutachtens zum "prozentmäßigen Grad der Behinderung" der Beschwerdeführerin sowie darüber, ob sie voraussichtlich dauernd außerstande sei, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen und wann dieser Umstand bejahendenfalls "unter Berücksichtigung des laufenden Einkommens ab 1989" eingetreten sei.

Die ersuchte Dienststelle holte zunächst das Gutachten eines Augenfacharztes ein. In diesem wird in der Anamnese darüber berichtet, dass seit 1980 Diabetes mellitus Typ I bei der Beschwerdeführerin diagnostiziert sei und dass seit dem Jahr 1994 wegen eingetretener Sehverschlechterungen näher genannte therapeutische Bemühungen unternommen worden seien. Die Diagnose hat folgenden Inhalt:

"Blutzuckerbedingte Netzhautveränderungen mit bogenförmigen Gesichtsfeldausfällen, die einer konzentrischen Gesichtsfeldeinengung entsprechen, beidseits nach Lasertherapie

g.Z. VI/c/629 ... 60 %

Tab. K2, Z3

Oberer Rahmensatz, da Zustand nach Glaskörperoperation,

Zustand nach Cataract-Operation mit Kunstlinsenimplantation rechts.

Eine Nachuntersuchung ist nicht erforderlich.

Dauerzustand"

Sodann holte das Bundessozialamt das Gutachten eines Facharztes für Innere Medizin ein, in welchem im Rahmen einer "zusammenfassenden Anamnese" ebenso auf einen seit 1980 bestehenden Diabetes mellitus Typ I und auf "arterielle Hypertonie" seit 1993, auf zunehmende Niereninsuffizienz seit 1995 und Hämodialyse seit 1996 hingewiesen wird. Unter der Überschrift "Ergebnis" werden vom Facharzt für Innere Medizin folgende Ausführungen getroffen:

"a) Zustand nach kombinierter Nieren- und Pancreastransplantation bei Diabetes mellitus Typ I und Niereninsuffizienz

g.Z. III/f/370

50 %

1 Stufe über dem unteren Rahmensatz, da lebenslange

Immunsupression erforderlich.

b) Nekrobiosis lipoidica im Bereich beider Unterschenkel

IX/c/702 Tab. K1/Z2

20 %

Oberer Rahmensatz, da beidseitiger ausgedehnter Befall.

c) Narben- und Nabelbruch bei Zustand nach mehrfachen Laparotomien

I/n/222

20 %

Oberer Rahmensatz, da kombinierte Hernie.

d) Blutzuckerbedingte Netzhautveränderungen mit bogenförmigen Gesichtsfeldausfällen, die einer konzentrischen Gesichtsfeldeinengung entsprechen, beidseits nach Lasertherapie

g.Z. VI/c/629 Tab. K2/Z3

60 %

Oberer Rahmensatz, da Zustand nach Glaskörperoperation, Zustand nach Cataractoperation mit Kunstlinsenimplantation rechts.

Der Gesamt-GdB beträgt 100 %, da der führende GdB 4 infolge ungünstiger wechselseitiger Leidensbeeinflussung um 4 Stufen erhöht wird.

Für die Berufstätigkeit als kfm. Angestellte ist die AW im besonderen Ausmaß auf eine ausreichende Sehleistung angewiesen, die aufgrund des augenärztlichen Befundes nicht gegeben ist. Es ist in den letzten Jahren zu einer zunehmenden Verschlechterung der Sehleistung gekommen. Weiters bestehen nach mehrfach stattgefundenen diabetischen Comas Störungen des Kurz- und Langzeitgedächtnisses sowie der Konzentration.

In Zusammenschau dieser gesundheitsbedingten Einschränkungen der Arbeitsfähigkeit ist die Untersuchte aus ärztlicher Sicht voraussichtlich dauernd außerstande sich selbst den Unterhalt zu verschaffen. Dieser Umstand ist ab April 2001 eingetreten."

Nachdem das Bundessozialamt der belangten Behörde die beiden Gutachten übermittelt hatte, setzte die belangte Behörde die Beschwerdeführerin vom Vorliegen der Gutachten in Kenntnis und übermittelte ihr eine Kopie mit dem Bemerken, dass nach Ablauf von zwei Wochen über die Berufung "im Sinne des vorliegenden Gutachtens" entschieden werden würde.

Im Anschluss an diesen Vorhalt der belangten Behörde vom 1. Oktober 2002 findet sich ein Amtsvermerk über eine telefonische Besprechung des Sachbearbeiters der belangten Behörde mit der Beschwerdeführerin und sodann die Ausfertigung einer als "Ärztliches Attest (Beschwerdeführerin)" überschriebenen Bekundung eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 28. Oktober 2002, in welcher ausgeführt wird, dass die Beschwerdeführerin seit dem Jahr 1993 in der Behandlung dieses Arztes stehe. Auf Grund ihrer seit dem zehnten Lebensjahr bestehenden Zuckerkrankheit und den vielen daraus resultierenden Komplikationen - die Anamnese dürfe als bekannt vorausgesetzt werden - könne davon ausgegangen werden, dass die Beschwerdeführerin vor dem 21. Lebensjahr voraussichtlich außerstande gewesen sei, sich den Lebensunterhalt selbst zu verschaffen. "Einer geregelten Arbeit nachzugehen, muss als misslungener Versuch, ein normales Leben zu führen, gewertet werden."

Mit dem angefochtenen Bescheid sprach die belangte Behörde über die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des Finanzamtes vom 18. Oktober 2001 dahin ab, dass sie diese Berufung "für den Zeitraum 1. April 1989 bis 30. Juni 1996" zurückwies und "für den Zeitraum 1. Juli 1996 bis laufend" als unbegründet abwies. In der Begründung des angefochtenen Bescheides gab die belangte Behörde den Verfahrensgang wieder und stellte fest, dass sich aus einem "Versicherungsauszug der österreichischen Sozialversicherung" für die Beschwerdeführerin "folgende Beschäftigungen" ergäben:

01.01.1996 - 31.03.1996

Angestellte

01.04.1996 - 30.08.1996

Krankengeldbezug

31.08.1996 - 25.11.1997

Angestellte

26.11.1997 - 01.11.1998

Krankengeldbezug

02.11.1998 - 31.12.1999

Angestellte (Bank Austria Leasing GmbH)

01.01.2000 - 31.03.2001

Angestellte (Bank Austria Creditanstalt Leasing GmbH)

28.02.2001 - 28.02.2001

Angestellte (Obi Bau- und Heimwerkermarkt Österreich)

01.04.2001 - 28.05.2001

Urlaubsabfindung, Urlaubsentschädigung (Bank Austria Creditanstalt Leasing GmbH)

29.05.2001 - 23.06.2001

Pensionsvorschussbezug (AMV Vers. dienste)

24.06.2001 - 09.07.2001

Krankengeldbezug (WGKK)

Nach Wiedergabe der maßgebenden Gesetzesbestimmungen des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 (im Folgenden kurz: FLAG) vertrat die belangte Behörde die Auffassung, dass aus der Bestimmung des § 10 Abs. 3 FLAG, nach welcher die Familienbeihilfe und die erhöhte Familienbeihilfe für ein erheblich behindertes Kind höchstens für fünf Jahre rückwirkend vom Beginn des Monats der Antragstellung gewährt würden, die Zurückweisung der Berufung "für den Zeitraum vom 1.4.1989 bis 30.6.1996" zu resultieren habe. Für den Zeitraum ab dem 1. Juli 1996 stelle sich "die rechtliche Situation" so dar, dass das zuständige Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen in seinem "schlüssig begründeten Gutachten" vom 17. Juli 2002 zwar einen Gesamtgrad der Behinderung von 100 % festgestellt und beurteilt habe, dass die Beschwerdeführerin voraussichtlich dauernd außerstande sei, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, dass dieser Umstand aber erst ab April 2001 eingetreten sei. Aus dem Gutachten ergebe sich, dass der Beschwerdeführerin die Familienbeihilfe nicht zustehe, weil ihre Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, erst nach Vollendung des 27. Lebensjahres eingetreten sei. Da für den Bezug der erhöhten Familienbeihilfe die Gewährung der Familienbeihilfe Voraussetzung sei, könne auch die erhöhte Familienbeihilfe trotz eines Behinderungsgrades von 100 % nicht gewährt werden.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Nach § 6 Abs. 5 FLAG haben Kinder, deren Eltern ihnen nicht überwiegend Unterhalt leisten und die sich nicht auf Kosten der Jugendwohlfahrtspflege oder der Sozialhilfe in Heimerziehung befinden, unter denselben Voraussetzungen Anspruch auf Familienbeihilfe, unter denen eine Vollwaise Anspruch auf Familienbeihilfe hat.

Nach § 6 Abs. 2 lit. d FLAG haben volljährige Vollwaisen Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie u.a. wegen einer vor Vollendung des 21. Lebensjahres oder während einer späteren Berufsausbildung, jedoch spätestens vor Vollendung des 27. Lebensjahres, eingetretenen körperlichen oder geistigen Behinderung voraussichtlich dauernd außerstande sind, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen und sich in keiner Anstaltspflege befinden.

§ 8 Abs. 4 FLAG sieht in seinen jeweiligen Fassungen erhöhte Familienbeihilfenbeträge für jedes Kind vor, das erheblich behindert ist.

Als erheblich behindert gilt nach § 8 Abs. 5 FLAG ein Kind, bei dem eine nicht nur vorübergehende Funktionsbeeinträchtigung im körperlichen, geistigen oder psychischen Bereich oder in der Sinneswahrnehmung besteht. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von voraussichtlich mehr als drei Jahren. Der Grad der Behinderung muss mindestens 50 v.H. betragen, soweit es sich nicht um ein Kind handelt, das voraussichtlich dauernd außerstande ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen. Für die Einschätzung des Grades der Behinderung sind die Vorschriften der §§ 7 und 9 Abs. 1 des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957, BGBl. Nr. 152 in der jeweils geltenden Fassung, und die diesbezügliche Verordnung des "Bundesministeriums" für soziale Verwaltung vom 9. Juni 1965, BGBl. Nr. 150 in der jeweils geltenden Fassung, anzuwenden. Die erhebliche Behinderung ist spätestens nach fünf Jahren neu festzustellen, soweit nicht Art und Umfang eine Änderung ausschließen.

Nach § 8 Abs. 6 FLAG in der ab 2003 geltenden Fassung BGBl. I Nr. 105/2002 ist der Grad der Behinderung oder die voraussichtlich dauernde Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, durch eine Bescheinigung des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen nachzuweisen. Die diesbezüglichen Kosten sind aus Mitteln des Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen zu ersetzen.

Nach § 10 Abs. 3 FLAG werden die Familienbeihilfe und die erhöhte Familienbeihilfe für ein erheblich behindertes Kind (§ 8 Abs. 4) höchstens für fünf Jahre rückwirkend vom Beginn des Monats der Antragstellung gewährt. In Bezug auf geltend gemachte Ansprüche ist § 209 Abs. 3 der Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961, anzuwenden.

Über Anträge auf Gewährung der Familienbeihilfe hat nach § 13 FLAG das nach dem Wohnsitz oder dem gewöhnlichen Aufenthalt der antragstellenden Person zuständige Finanzamt zu entscheiden. Insoweit einem Antrag nicht oder nicht vollinhaltlich stattzugeben ist, ist ein Bescheid zu erlassen.

Die Beschwerdeführerin macht Mangelhaftigkeit des Verfahrens geltend, weil die belangte Behörde die Widersprüchlichkeit der Ermittlungsergebnisse zur entscheidungserheblichen Frage des Zeitpunktes des Eintritts ihrer Behinderung nicht zum Anlass dafür genommen habe, diese Widersprüche (Oktober 1997, April 2001 oder schon vor dem 21. Lebensjahr der Beschwerdeführerin), sei es durch Einholung eines neuerlichen Sachverständigengutachtens oder durch Ergänzung der bereits eingeholten Gutachten, zu beseitigen. Insoweit hafte dem angefochtenen Bescheid auch ein wesentlicher Begründungsmangel an, weil von der belangten Behörde nicht dargelegt worden sei, weshalb sie der Bekundung des Mediziners in dem von der Beschwerdeführerin vorgelegten ärztlichen Attest nicht geglaubt habe, wonach die bei der Beschwerdeführerin manifest bestehende Behinderung schon vor ihrem 21. Lebensjahr aufgetreten sei.

Aus diesem Vorbringen wird im Einklang mit dem von der Beschwerdeführerin formulierten Beschwerdepunkt auf Verletzung in ihrem Recht auf Gewährung der beantragten Familienbeihilfe zunächst deutlich, dass sie jenen Abspruch des angefochtenen Bescheides, der nicht über ihren Antrag auf Gewährung von Familienbeihilfe abspricht, sondern einen verfahrensrechtlichen Abspruch der Zurückweisung ihrer Berufung "für den Zeitraum 1. April 1989 bis 30. Juni 1996" tätigt, vor dem Verwaltungsgerichtshof nicht bekämpft. Ob die verfahrensrechtliche Zurückweisung der Berufung der Beschwerdeführerin in diesem Umfang mit der Rechtslage im Einklang stand und ob verneinendenfalls daraus eine Verletzung gesetzlich verankerter Rechte der Beschwerdeführerin hätte resultieren können, bedarf keiner Untersuchung, weil dieser Abspruch des angefochtenen Bescheides als unbekämpft geblieben anzusehen ist.

Hinsichtlich des von der Sperrwirkung des § 10 Abs. 3 FLAG nicht betroffenen Zeitraumes, auf welchen sich der meritorische Abspruch des angefochtenen Bescheides erstreckt, erweist sich die Verfahrensrüge im Ergebnis als begründet.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in zahlreichen Erkenntnissen ausgesprochen hat, muss die Begründung eines Bescheides erkennen lassen, welcher Sachverhalt der Entscheidung zu Grunde gelegt wurde, aus welchen Erwägungen die belangte Behörde zur Einsicht gelangt ist, dass gerade dieser Sachverhalt vorliegt, und aus welchen Gründen die Behörde die Subsumtion des Sachverhaltes unter einen bestimmten Tatbestand für zutreffend erachtet. In der Bescheidbegründung sind, auf das Vorbringen eines Abgabepflichtigen im Verwaltungsverfahren beider Instanzen sachverhaltsbezogen im Einzelnen eingehend, jene Erwägungen der Behörde darzustellen, welche sie bewogen haben, einen anderen als den vom Abgabepflichtigen behaupteten Sachverhalt als erwiesen anzunehmen, und aus welchen Gründen sich die Behörde im Rahmen ihrer freien Beweiswürdigung dazu veranlasst sah, im Falle des Vorliegens widerstreitender Beweisergebnisse gerade den von ihr angenommenen und nicht einen durch Beweisergebnisse auch als denkbar erscheinenden Sachverhalt als erwiesen anzunehmen. Zentrales Begründungselement eines Bescheides ist dabei die zusammenhängende Sachverhaltsdarstellung, also die Anführung jenes Sachverhaltes, den die belangte Behörde als Ergebnis ihrer Überlegungen zur Beweiswürdigung als erwiesen annimmt (vgl. für viele zuletzt etwa das hg. Erkenntnis vom 11. Mai 2005, 2002/13/0142, mit weiteren Nachweisen).

Diesen Anforderungen genügt der angefochtene Bescheid nicht. Mangels entsprechender Sachverhaltsfeststellungen über den Werdegang der Beschwerdeführerin lässt sich zunächst schon nicht einmal beurteilen, ob die im Sinne des § 6 Abs. 2 lit. d FLAG entscheidende Behinderung bei ihr vor Vollendung des 21. oder des 27. Lebensjahres eingetreten sein musste, um ihr den Familienbeihilfenanspruch zu verschaffen, weil nicht geklärt wurde, ob die Beschwerdeführerin nach Vollendung des 21. Lebensjahres noch in Berufsausbildung stand.

Welche Gründe die belangte Behörde in ihrer Beweiswürdigung ferner dazu bewogen hatten, den Ausführungen des vom Bundessozialamt beauftragten Facharztes für Innere Medizin zum Zeitpunkt des Eintritts der im Sinne des § 6 Abs. 2 lit. d FLAG rechtserheblichen Behinderung bei der Beschwerdeführerin zu folgen, wird im angefochtenen Bescheid in keiner Weise begründet. Dies fällt umso schwerer ins Gewicht, als auch der vom Bundessozialamt bestellte Facharzt für Innere Medizin in seinen als "Gutachten" gemeinten Ausführungen den von ihm mit April 2001 benannten Zeitpunkt des Eintritts der entscheidenden Behinderung der Beschwerdeführerin ohne jede Begründung beließ, was diesem Gutachten zur hier interessierenden Frage jeden Beweiswert nimmt und die Aussage auf eine bloße Behauptung reduziert (zu den Mindestanforderungen an ärztliche Gutachten siehe etwa das hg. Erkenntnis vom 21. Februar 2001, 96/14/0139, mwN). Ärztlicherseits wurden im erstinstanzlichen Verfahren "Dezember 1997" und "Oktober 1997" als Zeitpunkte des Eintritts einer Erwerbsunfähigkeit der Beschwerdeführerin genannt, aus welchen Zeitpunkten für das Anliegen der Beschwerdeführerin nichts zu gewinnen gewesen wäre, weil diese nach Vollendung ihres 27. Lebensjahres gelegen wären. In der Stellungnahme zu den vom Bundessozialamt beschafften ärztlichen Äußerungen hat die Beschwerdeführerin allerdings das Attest eines Arztes vorgelegt, der den Eintritt von Erwerbsunfähigkeit bei der Beschwerdeführerin mit einem vor Vollendung ihres 21. Lebensjahres gelegenen Zeitpunkt angab und sich dabei auf die als "bekannt" angesprochene Anamnese und die seit dem zehnten Lebensjahr der Beschwerdeführerin bei ihr konstatierte Zuckerkrankheit bezog. Im Attest dieses Arztes wird auch auf die von der Beschwerdeführerin versuchte Berufstätigkeit Bezug genommen und das diesbezügliche Bemühen der Beschwerdeführerin einer Einschätzung unterzogen. Mögen die Äußerungen in dem von der Beschwerdeführerin vorgelegten Attest auch ihrerseits eine ausreichende Begründung für die Annahme einer schon vor Vollendung des 21. Lebensjahres eingetretenen Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, noch nicht abschließend geboten haben, zeigten die Ausführungen in diesem Attest aber jedenfalls mehr an sachlich nachvollziehbarer Begründung für den Zeitpunkt des Eintritts der Behinderung als die völlig begründungslos gebliebene Äußerung des vom Bundessozialamt befassten Facharztes für Innere Medizin.

Da die Begründung des angefochtenen Bescheides somit auch die Erwägungen nicht offen legte, aus denen die belangte Behörde - ungeachtet der in den Befundberichten und Krankheitsgeschichten sichtbar gewordenen Indizien für schwerste gesundheitliche Beeinträchtigungen der Beschwerdeführerin im Gefolge ihrer seit dem zehnten Lebensjahr konstatierten Zuckerkrankheit - zur Auffassung gelangte, die Unfähigkeit der Beschwerdeführerin, sich selber den Unterhalt zu verschaffen, sei erst "im April 2001" eingetreten, erlaubte diese Bescheidbegründung dem Verwaltungsgerichtshof keine Überprüfung des Bescheidspruchs auf seine Übereinstimmung mit dem Gesetz.

Mit Rücksicht auf das zwar nicht im angefochtenen Bescheid, jedoch in der Berufungsvorentscheidung gebrauchte Argument bestandener Beschäftigungsverhältnisse der Beschwerdeführerin ist informativ auf die hg. Erkenntnisse etwa vom 21. Februar 2001, 96/14/0064, oder vom 23. November 2004, 2002/15/0074 oder 2002/15/0167, hinzuweisen.

Im Umfang der Anfechtung war der angefochtene Bescheid somit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 15. Juni 2005

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