VwGH 2003/04/0139

VwGH2003/04/013913.6.2005

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Rigler, Dr. Bayjones und Dr. Kleiser als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Trefil, über die Beschwerde der Bauunternehmung H GmbH in U, vertreten durch Dr. Stefan Gloß, Dr. Hans Pucher, Mag. Volker Leitner und Mag. C. Schweinzer, Rechtsanwälte in 3100 St. Pölten, Wiener Straße 3, gegen den Bescheid des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit vom 11. Juli 2003, 322.925/4-I/9/03, betreffend Entziehung der Gewerbeberechtigung, zu Recht erkannt:

Normen

GewO 1994 §87 Abs1 Z3;
GewO 1994 §87 Abs1 Z3;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführerin im Instanzenzug die Gewerbeberechtigung zur Ausübung des Baumeistergewerbes in einem näher bezeichneten Standort gemäß § 91 Abs. 2 iVm § 87 Abs. 1 Z 3 GewO 1994 in der Fassung vor der Gewerberechtsnovelle BGBl. I Nr. 111/2002 entzogen.

Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Beschwerdeführerin sei Ing. H. bestellt. Über diesen seien in den Jahren 2000, 2001 und 2003 rechtskräftig vier Geldstrafen verhängt worden, da im Zusammenhang mit der Ausübung des gegenständlichen Gewerbes durch die Beschwerdeführerin zu beachtende gewerberechtliche Vorschriften übertreten worden seien. Dabei habe es sich jeweils um die Ausübung des gegenständlichen Gewerbes ohne die hiefür erforderliche Genehmigung der Bestellung eines gewerberechtlichen Geschäftsführers gehandelt. So sei Ing. H. gemäß § 9 Abs. 2 iVm § 367 Z 2 GewO 1994 schuldig erkannt worden, da er es zu verantworten habe, dass die Beschwerdeführerin das Baumeistergewerbe ohne eine Anzeige gemäß § 39 Abs. 4 GewO 1994 über die Bestellung eines dem § 39 Abs. 2 leg. cit. entsprechenden gewerberechtlichen Geschäftsführers ausgeübt habe und zwar im Zeitraum vom 1. Oktober 1999 bis zum 3. März 2000 (Strafverfügung vom 6. April 2000), im Zeitraum vom 4. März 2000 bis 19. Oktober 2000 (Strafverfügung vom 9. August 2000 und Straferkenntnis vom 24. Jänner 2001) sowie im Zeitraum vom 1. Juni 2002 bis 5. Februar 2003 (Strafverfügung vom 26. Februar 2003). Die von Ing. H. übertretenen gewerberechtlichen Vorschriften würden die bei der Ausübung des Baumeistergewerbes zu beachtenden öffentlichen Interessen, und zwar die Hintanhaltung der Gefährdung des Lebens und der Gesundheit von Menschen sowie die Gefahr erheblicher vermögensrechtlicher Schädigungen Dritter, bestimmen. Es sei unbestritten, dass Ing. H. ein maßgeblicher Einfluss auf den Betrieb der Geschäfte der Beschwerdeführerin zukomme. Nach den rechtskräftigen Bestrafungen stehe fest, dass Ing. H. gegen die bei der Ausübung des Baumeistergewerbes zu beachtenden Rechtsvorschriften und Schutzinteressen verstoßen habe. Im Hinblick darauf, dass sich das den Verwaltungsübertretungen zu Grunde liegende Verhalten über den Zeitraum von mehr als einem Jahr erstreckt und Ing. H. trotz mehrmaliger Bestrafung die strafbare Handlung wiederholt habe, seien diese Verstöße als schwerwiegend anzusehen. Daher sei die Zuverlässigkeit des Ing. H. nicht mehr gegeben, sodass auf ihn der Entziehungsgrund des § 87 Abs. 1 Z 3 GewO 1994 zutreffe. Da die Beschwerdeführerin Ing. H. nicht innerhalb der von der Erstbehörde gesetzten sechswöchigen Frist aus ihrem Geschäftsbetrieb entfernt habe, lägen die Voraussetzungen für die Entziehung der gegenständlichen Gewerbeberechtigung vor.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid im "gesetzlich gewährleisteten Recht auf freie Berufsausübung" sowie im Recht auf Nichtentziehung der Gewerbeberechtigung für das Baumeistergewerbe verletzt.

Sie bringt hiezu im Wesentlichen vor, der von der Behörde angeführte Tatzeitraum vom 4. März 2000 bis 19. Oktober 2000 sei unrichtig, da der von der Beschwerdeführerin bestellte gewerberechtliche Geschäftsführer Ing. M. seine Tätigkeit am 31. März 2000 beendet habe und die anschließende Sechsmonatsfrist, um neuerlich einen gewerberechtlichen Geschäftsführer zu bestellen, am 30. September 2000 geendet habe. Aus diesem Grund seien auch die von der Behörde herangezogenen Verwaltungsübertretungen unrichtig. Auch habe die Erstbehörde fälschlich angenommen, dass dieser gewerberechtliche Geschäftsführer bereits 1999 ausgeschieden sei, obwohl dieser erst mit 31. März 2000 seine Tätigkeit beendet habe. Auch der Hinweis auf illegale Beschäftigung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz sei "schlichtweg falsch", da der Unabhängige Verwaltungssenat der Berufung (wohl des Ing. H.) Folge gegeben habe. Zudem seien die von der Behörde herangezogenen Übertretungen keinesfalls als schwerwiegende Verstöße gemäß § 87 Abs. 1 Z 3 GewO 1994 anzusehen. Zunächst handle es sich nicht um eine Vielzahl von Verstößen, da hiefür nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes erkennbar eine große Anzahl von Verfahren bzw. Verstößen notwendig sei. Darüber hinaus habe Ing. H. um die Berechtigung zur Ausübung des Baumeistergewerbes angesucht und sich hiebei auf eine Gleichstellung "im Hinblick auf die EU-Richtlinien" berufen. Dieses Verfahren sei derzeit bei der belangten Behörde anhängig. Da von Ing. H. ein derartiges Ansuchen um Gleichstellung mit anderen Unionsbürgern gestellt worden sei, könne bei ihm ein Mangel an Zuverlässigkeit nicht gegeben sein. Insbesondere habe Ing. H. davon ausgehen können, dass er in Umsetzung der entsprechenden "EU-Richtlinien" und auf Grund der von ihm nachgewiesenen Praxis und Ausbildungszeiten eine entsprechende Gewerbeberechtigung erhalten werde.

2. Gemäß § 87 Abs. 1 Z 3 GewO 1994 (in der im vorliegenden Fall gemäß § 379 GewO 1994 maßgeblichen Fassung vor der Gewerberechtsnovelle BGBl. I Nr. 111/2002) ist die Gewerbeberechtigung von der Behörde zu entziehen, wenn der Gewerbeinhaber infolge schwerwiegender Verstöße gegen die im Zusammenhang mit dem betreffenden Gewerbe zu beachtenden Rechtsvorschriften und Schutzinteressen, insbesondere auch zur Wahrung des Ansehens des Berufsstandes, die für die Ausübung dieses Gewerbes erforderliche Zuverlässigkeit nicht mehr besitzt. Schutzinteressen gemäß Z 3 sind insbesondere die Hintanhaltung der illegalen Beschäftigung, der Kinderpornographie, des Suchtgiftkonsums, des Suchtgiftverkehrs, der illegalen Prostitution sowie der Diskriminierung von Personen allein auf Grund ihrer Rasse, ihrer Hautfarbe, ihrer nationalen oder ethnischen Herkunft, ihres religiösen Bekenntnisses oder einer Behinderung (Art. IX Abs. 1 Z 3 EGVG).

Ist der Gewerbetreibende eine juristische Person oder eine Personengesellschaft des Handelsrechtes und beziehen sich die im § 87 GewO 1994 angeführten Entziehungsgründe sinngemäß auf eine natürliche Person, der ein maßgebender Einfluß auf den Betrieb der Geschäfte zusteht, so hat die Behörde gemäß § 91 Abs. 2 GewO 1994 dem Gewerbetreibenden eine Frist bekanntzugeben, innerhalb der der Gewerbetreibende diese Person zu entfernen hat. Hat der Gewerbetreibende die genannte natürliche Person innerhalb der gesetzten Frist nicht entfernt, so hat die Behörde die Gewerbeberechtigung zu entziehen.

Zunächst ist die - nicht bekämpfte - Ansicht der belangten Behörde, Ing. H. komme als handelsrechtlicher Geschäftsführer ein maßgeblicher Einfluss auf den Geschäftsbetrieb der Beschwerdeführerin zu, schon im Hinblick auf die rechtliche Organisationsform der Beschwerdeführerin als GmbH unbedenklich (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 20. Oktober 2004, Zl. 2004/04/0155, mwN). Weiters ist unstrittig, dass die Beschwerdeführerin Ing. H. nicht innerhalb der von der Behörde gesetzten Frist entfernt hat.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung dargelegt hat, kann das in der zitierten Gesetzesstelle enthaltene Tatbestandsmerkmal der "schwerwiegenden Verstöße" nicht nur durch an sich als schwerwiegend zu beurteilende Verstöße erfüllt werden, sondern auch durch eine Vielzahl geringfügiger Verletzungen der im Zusammenhang mit dem betreffenden Gewerbe zu beachtenden Rechtsvorschriften (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 6. April 2005, Zl. 2004/04/0008, mwN).

Die Beschwerdeführerin übersieht mit ihrem Vorbringen, im vorliegenden Fall läge eine Vielzahl geringfügiger Verletzungen nicht vor, dass die belangte Behörde die festgestellten Übertretungen als an sich schwerwiegende Verstöße gewertet hat und sich daher die Frage, ob eine Vielzahl geringfügiger Übertretungen vorliegt, nicht stellt. Diese Auffassung ist im Hinblick auf die von der Behörde angeführten Umstände nicht als rechtswidrig zu erkennen:

So hat die belangte Behörde unter dem Gesichtspunkt des Schutzinteresses der Wahrung des Ansehens des Berufsstandes zu Recht aufgezeigt, dass Ing. H. trotz mehrmaliger Bestrafungen die strafbare Handlung wiederholt hat, dies auch noch während des anhängigen Berufungsverfahrens vor der belangten Behörde. Weiters hat die belangte Behörde in diesem Zusammenhang zu Recht auf die bei der Ausübung des Baumeistergewerbes zu beachtenden Schutzinteressen verwiesen: Wie der VfGH bereits festgehalten hat, ist das "von der GewO 1994 (idF vor der Novelle BGBl I 111/2002) normativ verwirklichte System zur Erreichung eines bestimmten Standards gewerblicher Leistungen, der durch eine entsprechende Befähigung der Gewerbeberechtigten sichergestellt werden soll, (...) im öffentlichen Interesse gelegen und es bestehen daher gegen das normative Erfordernis einer fundierten Berufsvorbildung sowie einer ausreichenden praktischen Tätigkeit prinzipiell keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Dies muss umso mehr für die mit besonderen Anforderungen verbundenen Gewerbeberechtigungen wie für jene des Baumeistergewerbes gelten, bei denen den besonderen Gefahren für Leben und Gesundheit, die mit der Ausübung der betreffenden gewerblichen Tätigkeit, wie etwa mit einer nicht sachgerechten Planung und Errichtung von Bauwerken verbunden sind, nur durch eine entsprechende Berufsvorbildung einschließlich einer vorangehenden gehörigen fachlichen Tätigkeit begegnet werden kann" (vgl. das Erkenntnis des VfGH vom 27. November 2002, VfSlg. 16.734, zur Baugewerbe-Befähigungsnachweisverordnung, BGBl. Nr. 294/1996). An der Verpflichtung der Beschwerdeführerin gemäß § 39 GewO 1994, einen Geschäftsführer zu bestellen, der den für die Ausübung des Gewerbes vorgeschriebenen persönlichen Voraussetzungen entspricht, ändert auch nichts, wenn die Beschwerdeführerin vorbringt, Ing. H. habe um Anerkennung seines Befähigungsnachweises nach § 373c GewO 1994 angesucht und dieses Verfahren sei bei der belangten Behörde anhängig.

Soweit die Beschwerdeführerin die Unrichtigkeit der von der Behörde herangezogenen rechtskräftigen Bestrafungen behauptet, kann sie damit keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides dartun, weil die belangte Behörde in der Frage, ob der handelsrechtliche Geschäftsführer die ihm darin zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen (einschließlich der subjektiven Tatseite) begangen hat, an die rechtskräftigen Bestrafungen gebunden war (vgl. hiezu etwa das hg. Erkenntnis vom 27. September 2000, Zl. 2000/04/0127). Wenn die Beschwerde rügt, die Behörde habe zu Unrecht eine Bestrafung betreffend die Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes herangezogen, übersieht sie, dass sich der angefochtene Bescheid nicht auf eine derartige Bestrafung stützt.

3. Da sich die Beschwerde somit insgesamt als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 13. Juni 2005

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