Normen
BauG Stmk 1995 §40 Abs1;
BauG Stmk 1995 §40 Abs2;
BauRallg;
BauG Stmk 1995 §40 Abs1;
BauG Stmk 1995 §40 Abs2;
BauRallg;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat der Landeshauptstadt Graz Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Kostenbegehren der erst- und zweitmitbeteiligten Partei wird abgewiesen.
Begründung
Mit Eingabe vom 8. Jänner 2001 stellte der Beschwerdeführer als Eigentümer eines Grundstücks in Graz an den Stadtsenat der Landeshauptstadt Graz den Antrag, die Beseitigung von zwei Fensteröffnungen im benachbarten Wohnhaus der Mitbeteiligten, W-Gasse 18, mit Bescheid aufzutragen.
Der Stadtsenat der Landeshauptstadt Graz hatte bis Anfang Oktober 2001 keinen Bescheid erlassen, mit Schriftsatz vom 5. Oktober 2001 begehrte der Beschwerdeführer unter Hinweis auf § 73 AVG den Übergang der Entscheidungspflicht auf die belangte Behörde.
Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 14. Jänner 2002 wurde - nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens - der Antrag des Beschwerdeführers auf Erlassung eines Beseitigungsauftrages hinsichtlich der Fensteröffnung in der Brandwand des Wohnhauses W-Gasse 18 gemäß § 41 Abs. 6 in Verbindung mit § 40 Abs. 1 Steiermärkisches Baugesetz 1995 (Stmk BauG) als unbegründet abgewiesen.
Begründet wurde dies im Wesentlichen damit, dass die in § 40 Abs. 1 Stmk BauG normierte Bedingung für einen rechtmäßigen Bestand einer baulichen Anlage lediglich voraussetze, dass diese bauliche Anlage vor dem 1. Jänner 1969 errichtet worden sei. Für die Rechtmäßigkeit von vor dem 1. Jänner 1969 errichteten baulichen Anlagen käme es nicht darauf an, ob sie nach den zum Zeitpunkt ihrer Errichtung in Geltung stehenden Bauvorschriften genehmigungsfähig gewesen wären oder nicht.
Im Zuge des Ermittlungsverfahrens sei seitens der Liegenschaftseigentümer vorgebracht worden, dass die beiden Fenster in den jeweiligen Giebelwänden immer schon vorhanden gewesen und daher als rechtmäßig anzusehen seien. Zur Untermauerung dieser Behauptungen seien Fotos aus dem Jahr 1986 vorgelegt worden, die bereits diese Fenster aufgewiesen hätten. Es seien weiters Bewohner dieses Hauses ausfindig gemacht worden, die bestätigt hätten, dass die in der Giebelwand ersichtlichen Fenster schon immer vorhanden gewesen seien, wobei eine Zeugin bereits seit 1927 als Mieterin in dem Haus wohnhaft sei. Aus Archivakten sei ersichtlich, dass hinsichtlich des gegenständlichen Objekts im Jahr 1988 eine Baubewilligung zum Ausbau des Dachgeschoßes und Einbau von sechs Wohnungen erteilt worden sei. In den mit diesem Bescheid genehmigten Plänen seien diese Fenster bereits als Bestand eingetragen, vom damaligen Liegenschaftseigentümer der Nachbarliegenschaft seien keine Einwendungen gemacht worden.
Das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens sei dem Rechtsvertreter des Antragstellers zur Kenntnis gebracht worden, in einer Stellungnahme habe dieser jedoch lediglich vorgebracht, dass die Fensteröffnungen bereits zum Zeitpunkt ihrer Errichtung bewilligungspflichtig gewesen wären, die Behörde daher nicht von einem rechtmäßigen Bestand ausgehen könne. Auch eine vom Beschwerdeführer vorgelegte Flugbildaufnahme des Jahres 1989 hätte nicht belegen können, dass zum damaligen Zeitpunkt keine Fensteröffnungen vorhanden gewesen wären. Abgesehen davon, dass auf Grund der großen Entfernung die Dachfenster nicht erkennbar seien, zeige dieses Foto lediglich die Ansicht des Hauses K-Straße, die dem Beschwerdeführer zugewandte Seite des Hauses W-Gasse 18 sei überhaupt nicht erkennbar. Als Beweis habe dieses Foto somit nicht herangezogen werden können. Da die Mitbeteiligten nachweisen hätten können, dass die Fensteröffnungen zumindest vor dem 1. Jänner 1969 eingebaut gewesen seien, sei spruchgemäß zu entscheiden gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit sowie wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben. Der Beschwerdeführer erstattete eine weitere Äußerung und legte Urkunden vor.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, erstattete eine Gegenschrift und beantragte - ebenso wie die mitbeteiligten Parteien - die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Die §§ 40 und 41 des Steiermärkischen Baugesetzes 1995 - Stmk
BauG, LGBl. Nr. 59/1995, lauten auszugsweise:
"§ 40
Rechtmäßiger Bestand
(1) Bestehende bauliche Anlagen und Feuerstätten, für die eine Baubewilligung zum Zeitpunkt ihrer Errichtung erforderlich gewesen ist und diese nicht nachgewiesen werden kann, gelten als rechtmäßig, wenn sie vor dem 1. Jänner 1969 errichtet wurden.
(2) Weiters gelten solche bauliche Anlagen und Feuerstätten als rechtmäßig, die zwischen dem 1. Jänner 1969 und 31. Dezember 1984 errichtet wurden und zum Zeitpunkt ihrer Errichtung bewilligungsfähig gewesen wären.
...
§ 41
Baueinstellung und Beseitigungsauftrag
...
(3) Die Behörde hat hinsichtlich vorschriftswidriger baulicher Anlagen einen Beseitigungsauftrag zu erlassen. Der Auftrag ist ungeachtet eines Antrages auf nachträgliche Erteilung einer Baubewilligung oder einer Anzeige gemäß § 33 Abs. 1 zu erteilen..
...
(6) Den Nachbarn steht das Recht auf Erlassung eines baupolizeilichen Auftrages zu, wenn die Bauarbeiten, die baulichen Anlagen oder sonstigen Maßnahmen im Sinne der Abs. 1, 3 und 4 ihre Rechte (§ 26 Abs. 1) verletzen."
Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid aus den bereits im Verwaltungsverfahren dargelegten Gründen in seinen Rechten verletzt. Insbesondere rügt er die seiner Ansicht nach falsche Interpretation des § 40 Abs. 1 Stmk. BauG durch die belangte Behörde. Für das Vorliegen eines rechtmäßigen Bestandes gemäß § 40 Abs. 1 Stmk. BauG seien drei Voraussetzungen kumulativ vorgeschrieben und nicht lediglich das Vorliegen des Umstandes, dass ein Bauvorhaben vor dem 1. Jänner 1969 errichtet wurde, wie es die belangte Behörde vermeine. Die belangte Behörde hätte prüfen müssen, ob die bauliche Anlage zum Zeitpunkt ihrer Errichtung bewilligungspflichtig gewesen sei.
Mit dieser bereits im Verwaltungsverfahren vertretenen Auffassung ist der Beschwerdeführer jedoch nicht im Recht.
Vielmehr trifft die Auffassung der belangten Behörde zu, dass das Erfordernis der Bewilligungsfähigkeit zum Zeitpunkt der Errichtung nur in § 40 Abs. 2 Stmk. BauG, nicht aber im Abs. 1 dieser Bestimmung angeführt ist. Dieses weitere Erfordernis gilt daher nur für zwischen dem 1. Jänner 1969 und 31. Dezember 1984 errichteten baulichen Anlagen und Feuerstätten (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. September 2004, Zl. 2001/06/0072).
Der Zweck des § 40 Abs. 1 Stmk. BauG als "Sanierungsbestimmung" liegt eben darin, bei vor 1. Jänner 1969 bestehenden Bauten von ihrer Rechtmäßigkeit auszugehen. Solange bewiesen werden kann, dass sie vor dem 1. Jänner 1969 errichtet wurde, hat eine bauliche Anlage nach den Bestimmungen des Gesetzes als rechtmäßig zu gelten, und es ist unerheblich, ob und inwieweit das Bauwerk seinerzeit rechtmäßig errichtet worden ist (vgl. Eisenberger/Hödl, Einführung in das Steiermärkische Bau- und Raumplanungsrecht, 2003, 101). Einen Beseitigungsauftrag hat die Behörde gemäß § 41 Abs. 3 Stmk. BauG nur hinsichtlich vorschriftswidriger baulicher Anlagen zu erlassen. Da es sich bei den verfahrensgegenständlichen Fenstern um rechtmäßige Bestände im Sinne des § 40 Abs. 1 Stmk. BauG handelt, war ein Beseitigungsauftrag zu Recht nicht zu erteilen.
Das Vorbringen des Beschwerdeführers, dass die Fenster zu keinem Zeitpunkt rechtmäßig errichtet worden seien, was er unter anderem durch die Vorlage von Plänen und baurechtlichen Unterlagen aus dem Jahre 1875 belegt habe, geht aus den vorgenannten Gründen ins Leere.
Die Feststellung der belangten Behörde, dass die verfahrensgegenständlichen Fenster vor dem 1. Jänner 1969 errichtet wurden, wurde vom Beschwerdeführer nicht bestritten und vom Verwaltungsgerichtshof nicht als bedenklich erachtet.
Daraus folgt, dass der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid nicht in seinen Rechten verletzt wurde, weshalb seine Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG i.V.m. der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333. Die Abweisung des Kostenbegehrens der erst- und zweitmitbeteiligten Parteien beruht auf einer - vor dem Hintergrund des § 49 Abs. 1 zweiter Satz VwGG gebotenen - gleichheitskonformen Auslegung des § 48 Abs. 3 Z. 2 VwGG (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 22. Juni 2004, Zl. 2002/06/0153).
Wien, am 20. Oktober 2005
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