Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Am 13. Jänner 1994 schlossen die A GmbH als Vermieterin einerseits und die Beschwerdeführerin als Mieterin andererseits einen "Mietvertrag", der auszugsweise lautete:
"I.
Die A GmbH, ..., im folgenden kurz Vermieterin genannt, vermietet an die Beschwerdeführerin, im folgenden kurz Mieterin genannt, und die Letztgenannte mietet von der Erstgenannten die Montagehallen 8, 9 und 10, inkl. Lackiererei und Abwassertank (für die sach- und fachgerechte Entleerung der Abwässer ist die Mieterin zuständig), die Versandhalle 12, den Versandanbau, die Reinraummontage, die Klimakammer für Dixi und Messmaschine und den Bereich der ehemaligen Sandstrahlerei inkl. Lackdepot sowie das Bürogebäude 06 Erdgeschoss (ehemalige Elektrovormontage, ohne Umformerraum, mit Elektrozentrale), 1. und 2. Obergeschoss, welche im Werksgelände der V-Gruppe in Linz liegen. ...
...
III.
Das vertragsgegenständliche Mietverhältnis beginnt am 1.1.1994 und wird auf unbestimmte Zeit abgeschlossen. Es kann von beiden Vertragsparteien jeweils zum 31.12. jeden Jahres unter Einhaltung einer halbjährigen Kündigungsfrist aufgekündigt werden, wobei die Vermieterin frühestens zum 31.12.1995 kündigen kann. § 1118 ABGB hat vollinhaltlich Geltung. Die Vermieterin räumt der Mieterin hinsichtlich des in ihrem Eigentum stehenden Gesamtkomplexes "Werkzeugmaschinen" ein Vorkaufsrecht ein, das sowohl für den Verkauf als Gesamtkomplex als auch in Teilflächen eingeräumt wird. Dies gilt nicht für den Fall eines Verkaufes im Ö-Konzern.
IV.
Der monatliche Mietzins einschließlich Beheizung für die Hallenflächen beträgt ATS 265.000,-- und für die Büroflächen ATS 63.500,--, zuzüglich der jeweils geltenden gesetzlichen Mehrwertsteuer und ist von der Mieterin jeweils bis zum Fünften eines jeden Monats im vorhinein mit fünftägigem Respiro an die Vermieterin zu entrichten. ...
..."
Mit Kaufverträgen vom 21. Dezember 1994 und 17. März 1995 verkaufte die A GmbH Liegenschaften im Werksgelände der V, auf denen u.a. das obgenannte Bestandobjekt liegt. In den Kaufverträgen ist jeweils in Punkt IV. gleichlautend vorgesehen, dass die Käuferin (u.a.) in den Bestandvertrag (Mietvertrag) vom 13. Jänner 1994 mit der Beschwerdeführerin eintrete.
Am 2. Oktober 1998 schlossen die nunmehrige Eigentümerin des Bestandobjektes, die Firma N. GmbH., und die Beschwerdeführerin einen "Mietvertrag", der - soweit für das Beschwerdeverfahren von Relevanz - lautet:
"I.
a) Die Firma N. GmbH ist Eigentümer der Liegenschaft EZ 1160 des Grundbuches P, Grundstück Nr. 638/17, samt den darauf errichteten Betriebsgebäuden, unter anderem der Montagehalle 1 inklusive Lackiererei und Erdtank, Versandhalle 2, Versandanbau, Reinraummontage, Klimakammer für Dixi und Messmaschine, Bereich der ehemaligen Sandstrahlerei inklusive ehemaliges Lackdepot, Bürogebäude 06 Erdgeschoss (ehemalige Elektromontage, ohne Umformerraum, mit Elektrozentrale), 1. und 2. Obergeschoss, dargestellt im als integrierender Bestandteil beigefügten Lageplan (Beilage ./1).
b) Die Firma N. GmbH, im folgenden kurz Vermieter genannt, vermietet und übergibt nunmehr an die Beschwerdeführerin, im folgenden kurz Mieter genannt, und die Letztgenannte mietet und übernimmt von der Erstgenannten die auf der Liegenschaft EZ 1160 des Grundbuches P, Grundstück Nr. 638/17, bestehenden Betriebsgebäude, nämlich Montagehalle 1 inklusive Lackiererei und Erdtank, Versandhalle 2, Versandanbau, Reinraummontage, Klimakammer für Dixi und Messmaschine, Bereich der ehemaligen Sandstrahlerei inklusive ehemaliges Lackdepot, Bürogebäude 06 Erdgeschoss (ehemalige Elektromontage, ohne Umformerraum, mit Elektrozentrale), 1. und 2. Obergeschoss, schraffiert dargestellt im als integrierender Bestandteil beigefügten Lageplan (Beilage ./1), sowie den ebenfalls im als integrierender Bestandteil beigefügte Lageplan (Beilage ./2) schraffiert dargestellten Teil der dazugehörenden Freiflächen als Verkehrsflächen für die Zu- und Abfahrt sowie als Parkflächen.
...
II.
1) Das Mietverhältnis beginnt am 1. Jänner 1999 und wird auf unbestimmte Zeit abgeschlossen. Das Mietverhältnis kann von beiden Vertragsteilen jeweils zum 30. Juni und zum 31. Dezember eines jeden Jahres unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten aufgekündigt werden.
2) Der Vermieter ist berechtigt, das Mietverhältnis ungeachtet der vereinbarten Kündigungstermine sowie der vereinbarten Kündigungsfrist und fristlos im Falle des Vorliegens der Gründe gemäß dem § 1118 ABGB aufzulösen, insbesondere jedoch dann, wenn: ...
...
III.
Der monatliche Mietzins beträgt S 441.667,-- (Schilling ...) zuzüglich der Mehrwertsteuer in der jeweiligen gesetzlichen Höhe. Dieser monatliche Mietzins von S 441.667,-- (Schilling ...) zuzüglich der Mehrwertsteuer in der jeweiligen gesetzlichen Höhe ist vom Mieter, beginnend ab Jänner 1999 jeweils bis zum 15. eines jeden Monats im vorhinein mit fünf Tage Respiro auf ein vom Vermieter bekanntzugebendes Konto zu überweisen. ...
...
X.
Von den Vertragsparteien wird ausdrücklich festgehalten, dass zu diesem schriftlichen Mietvertrag keine mündlichen Nebenabreden getroffen wurden. Allenfalls vor Unterfertigung dieses Mietvertrages getroffene mündliche Vereinbarungen werden durch diesen schriftlichen Mietvertrag ersatzlos aufgehoben bzw. noviert. Änderungen bzw. Ergänzungen dieses schriftlichen Mietvertrages bedürfen zu ihrer Rechtswirksamkeit der Schriftform. Insbesondere bedarf jedes Abgehen von diesem hiemit vereinbarten Formerfordernis der Schriftform.
XI.
Der Vermieter ... räumt dem Mieter ... das Vorkaufsrecht gemäß den §§ 1072 ff. ABGB. an der gesamten Liegenschaft EZ. 1170 des Grundbuches P, bestehend aus Grundstück Nr. 638/17 ein. Der Mieter nimmt diese Rechtseinräumung rechtsverbindlich an. Zwischen den Vertragsparteien wird ausdrücklich die grundbücherliche Sicherstellung dieses hiemit vereinbarten Vorkaufsrechtes vereinbart.
..."
In einer zwischen diesen Vertragsteilen abgeschlossenen "Ergänzung bzw. Richtigstellung des Mietvertrages vom 2. Oktober 1998" wurde der Firmenwortlaut der Beschwerdeführerin berichtigt. Dem Konvolut vom Mietvertrag vom 2. Oktober sowie der Ergänzung vom 6. Oktober 1998 ist weiters ein vom nunmehrigen Beschwerdeführervertreter namens der Vermieterin und der Beschwerdeführerin unterzeichnetes "Beiblatt zur Gebührenanzeige des Mietvertrages vom 2.10.1998 samt Ergänzung bzw. Richtigstellung vom 6.10.1998" angeschlossen, laut dem "zu Zwecken der Gebührenbemessung" von den Vertragsparteien Folgendes festgehalten werde: Der Mietvertrag vom 2. Oktober d.J. samt Ergänzung bzw. Richtigstellung vom 6. d.M. sei zur grundlegenden Novierung des zuvor bereits bestehenden Mietvertrages vom 13. Jänner 1994 abgeschlossen worden. Die Firma N. GmbH. sei zuvor in diesen Mietvertrag zufolge des käuflichen Erwerbes des Bestandobjektes von dem ursprünglichen Vermieter eingetreten. Mit dem nunmehr angezeigten Mietvertrag vom 2. Oktober 1998 samt Ergänzung bzw. Richtigstellung vom 6. d.M. sei die Bezeichnung bzw. Beschreibung des Mietgegenstandes aktualisiert bzw. den jetzigen Bezeichnungen angepasst worden, ebenso seien die einzelnen Konditionen des bereits bestehenden Mietvertrages entsprechend abgeändert worden. Wesentlich sei für die Gebührenbemessung, dass der vereinbarte Mietzins auf nunmehr S 441.667,-- netto angehoben worden sei. Bei der Gebührenbemessung sei demnach als Bemessungsgrundlage lediglich die Differenz zwischen dem ursprünglich bereits vereinbarten und dem jetzt neu festgesetzten monatlichen Nettomietzins heranzuziehen. Die Vertragsteile beantragten sohin ausdrücklich die Gebührenbemessung auf der Grundlage dieses Mehrbetrages von insgesamt S 135.800,40 vorzunehmen.
Mit Bescheid vom 27. September 1999 setzte das Finanzamt für Gebühren und Verkehrssteuern in Linz die Gebühr nach § 33 TP 5 Abs. 1 Z. 1 GebG 1957 unter Zugrundelegung einer Bruttomiete von S 530.000,40 und einer unbestimmten Vertragsdauer mit 1 % der Bemessungsgrundlage von S 19,080.014,40, sohin mit S 190.800,-- fest.
In der dagegen erhobenen Berufung brachte die Beschwerdeführerin vor, in den Kaufverträgen vom 21. Dezember 1994 und 17. März 1995 sei jeweils im Punkt IV. ausdrücklich vereinbart worden, dass die Firma N. GmbH. in den Bestandvertrag vom 13. Jänner 1994 vollinhaltlich eintrete. Die Beschwerdeführerin habe diesem vollständigen Eintritt in den bestehenden Mietvertrag vom 13. Jänner 1994 "ausdrücklich zugestimmt". Es sei daher davon auszugehen, dass vor Errichtung der jetzt streitgegenständlichen Urkunde eine Vertragsübernahme im Sinne eines vollständigen Parteiwechsels stattgefunden habe.
Mit Berufungsvorentscheidung vom 21. Juni 2000 wies die Erstbehörde die Berufung als unbegründet ab, weil - so die wesentliche Begründung - auf Vermieterseite die Vertragsparteien nicht ident geblieben seien und (auf Vermieterseite) nur eine Einzelrechtsnachfolge vorliege.
Die Beschwerdeführerin beantragte hierauf die Entscheidung über ihre Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Unter Darstellung der wesentlichen Vertragsteile und Wiedergabe des § 21 GebG 1957 führte sie in ihrer Begründung abschließend aus, bei Übertragung eines Schuldverhältnisses als Gesamtheit wechselseitiger Rechte und Pflichten liege eine so genannte Vertragsübernahme vor. Die im Gesetz nicht ausdrücklich geregelte Vertragsübernahme bewirke, dass durch einen einheitlichen Akt nicht nur die Gesamtheit aller wechselseitigen Rechte und Pflichten übertragen werde, sondern dass der Vertragsübernehmer an die Stelle einer aus dem Schuldverhältnis ausscheidenden Partei trete und deren gesamte vertragliche Rechtsstellung einnehme, insbesondere also auch eine Übertragung der vertragsbezogenen Gestaltungsrechte, wie etwa Anfechtungs- und Kündigungsrechte. Dieser Umstand ändere allerdings nichts daran, dass eine Auswechslung eines der Vertragspartner stattgefunden habe. Ein Einzelrechtsnachfolger könne daher keinen im Sinn des § 21 GebG 1957 begünstigten Zusatz oder Nachtrag abschließen, sondern nur eine Neubeurkundung.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes begehrt wird.
Die Beschwerdeführerin erachtet sich - aus dem Beschwerdeinhalt immerhin erkennbar - in ihrem Recht darauf verletzt, dass die Vereinbarung vom 2. Oktober 1998 nur als Nachtrag im Sinne des § 21 GebG 1957, beinhaltend eine Mietzinsanhebung von S 135.800,40 angesehen wird.
Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift und legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Werden durch einen Zusatz oder Nachtrag zu einer bereits ausgefertigten Urkunde die darin beurkundeten Rechte oder Verbindlichkeiten ihrer Art oder ihrem Umfang nach geändert oder wird die vereinbarte Geltungsdauer des Rechtsgeschäftes verlängert, so ist nach § 21 des Gebührengesetzes 1957 dieser Zusatz oder Nachtrag im Umfang der vereinbarten Änderung oder Verlängerung als selbständiges Rechtsgeschäft gebührenpflichtig.
Aus dem Wortlaut des § 21 leg. cit. ist in unmissverständlicher Weise zu entnehmen, dass ein "Zusatz oder Nachtrag" im Zusammenhang mit einem in einer Urkunde festgehaltenen Rechtsgeschäft gebührenpflichtig wird. Dies entspricht auch dem Sinngehalt der Begriffe "Zusatz oder Nachtrag", weil diese Bezeichnungen nur jenen Vereinbarungen zukommen, die eine andere Vereinbarung (in Teilbereichen) abändern (oder verlängern), nicht aber, für sich betrachtet, ein eigenes Rechtsgeschäft begründen (vgl. etwa die in Fellner, Stempel- und Rechtsgebühren7, unter E 16 zu § 21 GebG wiedergegebene hg. Rechtsprechung).
Unter einer Vertragsübernahme wird ein rechtsgeschäftlicher Vorgang verstanden, im Zuge dessen unter Zustimmung aller Beteiligten eine gesamte Vertragsstellung mit allen Rechten und Pflichten von einem Vertragspartner auf einen neuen Partner übertragen wird, mit welchem das Schuldverhältnis in seiner Gesamtheit fortgesetzt wird, ohne dass sich an der Identität des betreffenden Vertrages dabei etwas ändert. Gebührenrechtlich ist die Vertragsübernahme dem Abschluss eines neuen Rechtsgeschäftes gleichzustellen. Der gesetzliche Eintritt eines Liegenschaftserwerbers in einen Bestandvertrag nach § 1120 ABGB stellt keinen sogenannten Volleintritt in das Bestandverhältnis dar, sondern verändert dieses insoweit, als die gesetzlichen Kündigungsfristen und -termine relevant werden. Ein sogenannter Volleintritt bedürfte dagegen auch der Zustimmung des betroffenen Bestandnehmers. In einem solchen Fall liegt also keine Vertragsübernahme vor (vgl. Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern Bd. I, Rz 8 bis 10 zu § 21 GebG mwN). Eine Vertragsübernahme kann auch formlos erfolgen.
Die Beschwerdeführerin vertritt - wie schon in ihrer Berufung - den Standpunkt, dass die Käuferin der Liegenschaft in den Bestandvertrag vom 13. Jänner 1994 "vollinhaltlich" eingetreten sei und die Beschwerdeführerin diesem Eintritt "ausdrücklich zugestimmt" habe. Daher sei davon auszugehen, dass bereits vor Errichtung der jetzt streitgegenständlichen Urkunde eine Vertragsübernahme im Sinn eines vollständigen Parteiwechsels stattgefunden habe. Bei der jetzt zu beurteilenden Urkunde handle es sich um einen Zusatz bzw. Nachtrag im Sinn des § 21 leg. cit. zu einer bereits ausgefertigten Urkunde, nämlich zum Mietvertrag vom 13. Jänner 1994.
Die Beschwerdeführerin hält somit ihren Standpunkt aufrecht, es liege eine Vertragsübernahme vor.
Der Vertrag vom 2. Oktober 1998 bezieht sich als "Nachtrag" nicht auf jenen vom 13. Jänner 1994, sondern auf die durch vorher stattgefundene Vertragsübernahme geschaffene Rechtslage. Da die behauptete Vertragsübernahme aber ganz offenkundig formlos (ohne Errichtung einer Urkunde) und damit gebührenfrei erfolgte, kann § 21 GebG darauf nicht als "Nachtrag" angesehen werden, weil dafür eine gebührenpflichtige Beurkundung des Rechtsgeschäfts der Vertragsübernahme Voraussetzung wäre (vgl. dazu Fellner, aaO, Rz 4 erster Abs. zu § 21 GebG und das dort zit. hg. Erkenntnis vom 24. März 1994, Zl. 92/16/0130).
Dazu kommt, dass die Bestandobjekte in den Verträgen vom 13. Jänner 1994 (u.a. "Montagehallen 8, 9 und 10") und 2. Oktober 1998 ("Montagehalle 1") divergent bezeichnet sind; für eine Anwendbarkeit des § 21 GebG 1957 müsste jedoch eine Identität des Rechtsgeschäftes und somit des Gegenstandes des Bestandvertrages vorliegen (Fellner, aaO, Rz 1 letzter Abs.
zu § 21 GebG).
Nach dem Gesagten war die vorliegende Beschwerde gemäß § 42
Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die
§§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am 29. Juli 2004
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