Zusatz oder Nachtrag im Gebührenrecht
Beachte:
VwGH-Beschwerde zur Zl. 2004/16/0075 eingebracht. Mit Erk. v. 29.7.2004 als unbegründet abgewiesen.
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., vertreten durch Dr. Wolfram Wutzel, gegen den Bescheid des Finanzamtes Urfahr vom 27.9.1999 betreffend Rechtsgebühr entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Rechtsbelehrung
Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 291 der Bundesabgabenordnung (BAO) ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig. Es steht Ihnen jedoch das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung dieser Entscheidung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder den Verfassungsgerichtshof zu erheben. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt oder einem Wirtschaftsprüfer unterschrieben sein.
Gemäß § 292 BAO steht der Amtspartei (§ 276 Abs. 7 BAO) das Recht zu, gegen diese Entscheidung innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung (Kenntnisnahme) Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.
Entscheidungsgründe
Die Bw. schloss am 2. Oktober 1998 (Ergänzung bzw. Richtigstellung vom 6. Oktober) als Mieterin mit der Fa. N-GmbH einen Mietvertrag über eine Liegenschaft samt den darauf errichteten Betriebsgebäuden.
In einem Beiblatt zur Gebührenanzeige ist Folgendes festgehalten:
"Der Mietvertrag vom 2.10.1998 samt Ergänzung bzw. Richtigstellung vom 6.10.1998 wurde zwischen den Vertragsparteien zur grundlegenden Novierung des zuvor bereits bestehenden Mietvertrages vom 13.1.1994, angezeigt beim Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern Linz am 21.1.1994 zu Erf.Nr. ...., abgeschlossen. Die Fa. N-GmbH war zuvor in diesen Mietvertrag zufolge des käuflichen Erwerbes des Bestandobjektes von dem ursprünglichen Vermieter eingetreten.(Anm.: Kaufverträge vom 21.12.1994 und 17.3.1995).
Mit dem nunmehr angezeigten Mietvertrag vom 2.10.1998 samt Ergänzung bzw. Richtigstellung wurde die Bezeichnung bzw. Beschreibung des Mietgegenstandes aktualisiert bzw. den jetzigen Bezeichnungen angepasst, ebenso wurden die einzelnen Konditionen des bereits bestehenden Mietvertrages entsprechend abgeändert. Wesentlich für die Gebührenbemessung ist, dass der vereinbarte Mietzins von ursprünglich S .... auf nunmehr S .... angehoben wurde.
Bei der Gebührenbemessung ist demnach als Bemessungsgrundlage lediglich die Differenz zwischen dem ursprünglich bereits vereinbarten Nettomietzins und dem jetzt neu festgesetzten monatlichen Nettomietzins heranzuziehen. Dieser als Bemessungsgrundlage heranzuziehende Differenzbetrag beträgt S .... zuzüglich 20 % USt, insgesamt sohin S .... . Die Vertragsteile beantragen sohin ausdrücklich, die Gebührenbemessung auf Grundlage dieses monatlichen Mehrbetrages von insgesamt S ..... vorzunehmen".
Mit dem angefochtenen Bescheid setzte das Finanzamt die Gebühr gemäß § 33 TP 5 Abs. 1 Z 1 GebG vom nunmehr vereinbarten Mietzins vorläufig fest. § 21 GebG ist, wie aus der Bescheidbegründung hervorgeht, nicht anzuwenden, da auf der Vermieterseite keine Identität (Mietvertrag vom 21.1.1994 und 6.10.1998) besteht.
Dagegen richtet sich die Berufung mit folgender Begründung:
Die Bw. hatte ursprünglich mit der früheren außerbücherlichen Eigentümerin des Bestandobjektes einen Mietvertrag geschlossen. In weiterer Folge habe die nunmehrige Vermieterin das gesamte Bestandobjekt käuflich erworben. In den Kaufverträgen war vereinbart, dass die Vermieterin in den Bestandvertrag vom 13.1.1994 vollinhaltlich eintritt. Es sei daher davon auszugehen, dass vor Errichtung der jetzt streitgegenständlichen Urkunde zwischen der Bw. als Bestandnehmerin und der Bestandgeberin eine Vertragsübernahme im Sinne eines vollständigen Parteiwechsels stattgefunden habe. Die Vermieterin sei vollständig anstelle der früheren Eigentümerin in den Mietvertrag vom 13.1.1994 eingetreten.
Nach diesem Volleintritt sei zwischen der Bw. und der Bestandgeberin die jetzt streitgegenständliche Urkunde unterfertigt worden. Dabei handle es sich im Sinne des § 21 GebG um einen Zusatz bzw. Nachtrag zu einer bereits ausgefertigten Urkunde, die nur im Umfang der Änderung des Mietzinses der Gebühr unterliege.
Das Finanzamt wies die Berufung mit Berufungsvorentscheidung als unbegründet ab.
Über die Berufung wurde erwogen:
Die hier maßgebende Bestimmung des § 21 GebG lautet:
Werden durch einen Zusatz oder Nachtrag zu einer bereits ausgefertigten Urkunde die darin beurkundeten Rechte oder Verbindlichkeiten ihrer Art oder ihrem Umfang nach geändert oder wird die vereinbarte Geltungsdauer des Rechtsgeschäftes verlängert, so ist dieser Zusatz oder Nachtrag im Umfang der vereinbarten Änderung oder Verlängerung als selbständiges Rechtsgeschäft gebührenpflichtig.
Von einem Zusatz oder Nachtrag zu einer bereits voll ausgefertigten Urkunde kann nur dann gesprochen werden, wenn die Parteien, die den Zusatz oder Nachtrag vereinbart haben, dieselben sind wie die, welche laut der ursprünglichen Urkunde die Parteien des Rechtsgeschäftes waren. Voraussetzung für die Anwendbarkeit des § 21 GebG ist somit die Identität der Vertragsparteien. Diese geforderte Identität ist dann nicht mehr gegeben, wenn einer der Vertragsteile (abgesehen vom Fall der Gesamtrechtsnachfolge) "ausgewechselt" wurde.
Im Kaufvertrag vom 17.3.1995, abgeschlossen zwischen der Vermieterin als Käuferin und der vormaligen (außerbücherlichen) Grundstückseigentümerin als Verkäuferin ist in Punkt IV., 5. Absatz festgehalten, dass der Mietvertrag vom 13.1.1994 der Verkäuferin und der Käuferin genau bekannt ist und die Käuferin an Stelle der Verkäuferin in diesen Mietvertrag eintritt.
Aus diesem Grund begehrt die Bw., die Gebühr vom beurkundeten Unterschiedsbetrag der Mietzinse festzusetzen.
Dazu ist zu sagen: Bei Übertragung eines Schuldverhältnisses als Gesamtheit wechselseitiger Rechte und Pflichten liegt eine so genannte Vertragsübernahme vor. Die im Gesetz nicht ausdrücklich geregelte Vertragsübernahme bewirkt, dass durch einen einheitlichen Akt nicht nur die Gesamtheit aller wechselseitigen Rechte und Pflichten übertragen werden, sondern dass der Vertragsübernehmer an die Stelle einer aus dem Schuldverhältnis ausscheidenden Partei tritt und deren gesamte vertragliche Rechtsstellung einnimmt, insbesondere also auch eine Übertragung der vertragsbezogenen Gestaltungsrechte, wie etwa Anfechtungs- und Kündigungsrechte. Dieser Umstand ändert allerdings nichts daran, dass eine Auswechselung eines der Vertragspartner stattgefunden hat. Ein Einzelrechtsnachfolger kann daher keinen im Sinn des § 21 GebG begünstigten Zusatz oder Nachtrag abschließen, sondern nur eine Neubeurkundung, welche (hier) nach § 33 TP 5 Abs. 1 GebG zu beurteilen ist.
Über die Berufung ist somit spruchgemäß zu entscheiden.
Linz, 19. Februar 2004
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen: | § 21 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 |
Schlagworte: | Zusatz, Nachtrag, Vertragsübernahme |