VwGH 2004/12/0076

VwGH2004/12/007613.10.2004

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höß und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Schick, Dr. Hinterwirth und Dr. Thoma als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ströbl, über die Beschwerde des Dr. T in W, vertreten durch Dr. Walter Riedl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz Josefs-Kai 5, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 16. April 2004, Zl. LAD2-P-152.9262/39, betreffend Versagung der Feststellung der dauernden Dienstunfähigkeit im Ausmaß des § 77 Abs. 2 DPL 1972 und Versetzung in den dauernden Ruhestand nach § 21 Abs. 2 lit. b DPL 1972,

1. den Beschluss gefasst

Die Beschwerde wird, soweit sie sich gegen die Abweisung des Antrages auf Feststellung der dauernden Dienstunfähigkeit richtet, zurückgewiesen;

2. zu Recht erkannt:

Normen

AVG §37;
AVG §52;
DPL NÖ 1972 §21 Abs2 litb idF 2200-10;
AVG §37;
AVG §52;
DPL NÖ 1972 §21 Abs2 litb idF 2200-10;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird, soweit darin der Antrag auf Versetzung in den dauernden Ruhestand als unbegründet abgewiesen wurde, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben;

Das Land Niederösterreich hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

Der im Jahre 1957 geborene Beschwerdeführer stand vorerst seit 17. August 1992 in einem Vertragsbediensteten-Verhältnis und steht seit 1. Jänner 1995 im Dienstzweig Wissenschaftlicher Dienst in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Land Niederösterreich. Er wurde zuletzt mit Beschluss der Niederösterreichischen Landesregierung vom 9. Dezember 2003 mit Wirksamkeit vom 1. Jänner 2004 auf einen Dienstposten der Dienstklasse VII (der Verwendungsgruppe A) seines Dienstzweiges ernannt (befördert).

Nachdem der Beschwerdeführer vorerst mit Eingabe vom 6. Februar 2004 - unter Vorlage ärztlicher Befunde sowie eines psychiatrischen Gutachtens von Dr. W, Fachärztin für Psychiatrie und Neurologie, die "Feststellung der Dienstunfähigkeit und Versetzung in den Dauernden Ruhestand gemäß § 21 (2) lit. b DPL 1972" beantragt hatte, widerrief er in seiner Eingabe vom 7. Februar 2004 diesen Antrag und erhob den Antrag "auf Feststellung der dauernden Dienstunfähigkeit im Ausmaß des § 77 Abs. 2 DPL 1972 und Versetzung in den dauernden Ruhestand gemäß § 21 Abs. 2 lit. b DPL 1972". Begründend führte er nunmehr aus, er sehe sich auf Grund seiner Erkrankung und der im Leistungskalkül des psychiatrischen Gutachtens vom 2. d.M. angeführten Einschränkungen völlig außer Stande, anhaltend dienstliche Leistungen, wie sie von einem Beamten in seinem Dienstzweig als normal erwartet würden, zu erbringen (Zeitdruckkalkül). Auf die in der zusammenfassenden Beurteilung desselben Gutachtens angegebene, bis 1995 zurückreichende Zwangsstörung (die Erkrankung habe vor neun Jahren begonnen) und die dort aufgezeigte derzeitige Zwangssymptomatik sei hingewiesen. Eine langjährige und regelmäßige Psychotherapie in Verbindung mit Psychopharmaka (beides seit April 1995) habe keine ausreichende Remission gebracht.

Die - schon mit Eingabe vom 6. Februar d.J. vorgelegten - ärztlichen Befunde vom 10. Februar 1997, 28. August 2002 und 13. Juni 2003 bescheinigen dem Beschwerdeführer zusammengefasst eine Zwangsstörung sowie eine Depression.

Das Gutachten Dris. W vom 2. Februar 2004 führte in seinem

Befundteil vorerst aus:

"...

10. Exploration:

...

Danach befragt, inwieferne er sich denn jetzt nun nicht mehr arbeitsfähig fühle, gibt der Beschwerdeführer an, dass er sich seiner Tätigkeit - er bearbeite Gesetzesentwürfe - sehr wohl gewachsen fühle, sein Problem sei aber sein Umgang mit den Vorgesetzten. Er fühle sich insgesamt an seiner Arbeitsstelle nicht anerkannt, er sei zwar als Jurist tätig, man behandle ihn aber wie einen 'kleinen Sachbearbeiter'. Man hätte ihm nun auch ein kleineres Büro zugewiesen. Er halte diese Zurücksetzungen schlecht aus, wolle sich nicht unterdrücken lassen.

11. Psychopathologischer Status:

äußeres Erscheinungsbild:

gepflegt

Verhalten:

angepasst

Bewusstsein:

klar

Orientierung:zeitlichörtlichzur Person

vollvollvoll

Intelligenz:

unbeeinträchtigt

Gedächtnis:MerkfähigkeitFrischged&aum l;chtnisAltgedächtnis

ungestörtungestörtungestört

Denken:KonzentrationTempoAblaufinhaltli ch

ungestörtunauffälligunauffäl ligunauffällig

Stimmung:

subdepressiv

Befindlichkeit:

negativ getönt

Affizierbarkeit:

in beiden Skalenbereichen gegeben

Affekt:

unauffällig

Antrieb:

unauffällig

Psychomotorik:MimikGestik

adäquatadäquat

Biorhythmusstörungen:TagesschwankungenSchl afstörungen

nicht explorierbarDurchschlafstörungen werden angegeben

Vegetativum:

ungestört"

Schließlich kommt Dr. W zu folgender "zusammenfassenden Beurteilung":

"Der Beschwerdeführer beklagt Zwänge und Depressionen sowie Probleme im Umgang mit Vorgesetzten.

Im Rahmen der gegenständlichen psychiatrischen/testpsychologischen Untersuchung lässt sich psychiatrischerseits längsschnittdiagnostisch eine bis 1995 zurückreichende Zwangsstörung mit begleitender depressiver Symptomatik erheben. Der Untersuchte steht seit 1995 in psychotherapeutischer Behandlung und ist auf ein SRRI-Präparat eingestellt. Unter den laufenden therapeutischen Maßnahmen ist es zu einer gewissen Stabilisierung der psychischen Symptomatik, allerdings zu keiner ausreichenden Remission, gekommen. Im psychiatrischen Querschnittsbefund zeigen sich bis auf eine subdepressive Stimmungslage bei negativ getönter Befindlichkeit keine psychopathologischen Auffälligkeiten.

Testpsychologisch lassen die Ergebnisse der psychometrischen Testverfahren auf eine teilweise Beeinträchtigung der Konzentrationsfähigkeit schließen, wobei die Leistungsgüte im Normbereich angesiedelt ist, während das Arbeitstempo als vermindert bezeichnet werden muss. Zudem beschreibt sich der Untersuchte anhand eines psychometrischen Fragebogens als ernste, emotional labile, ängstlich angespannte, unzufriedene und zurückhaltende Persönlichkeit, welche sich oft überfordert bzw. gestresst fühlt und zu spontan und reaktiv aggressiven Reaktionen neigt. Im projektiven Testverfahren werden eine intensive Auseinandersetzung mit der eigenen Persönlichkeit sowie eine verstärkte Körperbezogenheit fassbar. Das Denken erscheint inhaltlich zentriert bzw. eingeengt und es finden sich Hinweise auf zwanghafte Tendenzen. Die Coping-Strategien müssen als vulnerabel bezeichnet werden. Weiters findet sich die Neigung zur Realitätsvermeidung und -flucht, womit Gefühle von Hilflosigkeit einhergehen.

Unter Zusammenschau von psychiatrisch-klinischem Befund und testpsychologischer Untersuchung ist aus psychiatrischer Sicht anzunehmen, dass der Beschwerdeführer über eingeschränkte Ressourcen zur Stress- und Konfliktbewältigung verfügt und in seiner emotionalen Belastbarkeit eingeschränkt ist, was die von ihm geschilderten Schwierigkeiten im Umgang mit Vorgesetzten erklärt.

Bei fehlenden Hinweisen auf eine tiefgreifende affektive Störung, ein psychotisches Geschehen oder organisches Psychosyndrom lässt sich eine neurotische Persönlichkeitsstruktur mit Zwangssymptomatik und der Neigung zu depressiver Verstimmung erheben.

Somit ergibt sich rein fachbezogen das folgende

LEISTUNGSKALKÜL:

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht auf Ruhestandsversetzung nach § 21 Abs. 2 lit. b DPL 1972 verletzt. Vorweg sei - so die Beschwerde - bemerkt, dass das relevante Begehren auf die Ruhestandsversetzung gerichtet gewesen sei. Es könne dahingestellt bleiben, ob der Antrag des Beschwerdeführers auf Feststellung der dauernden Dienstunfähigkeit hätte zurückgewiesen werden können, die belangte Behörde habe ihn in Einheit mit dem Antrag auf Ruhestandsversetzung abgewiesen, weil sie die dauernde Dienstunfähigkeit nicht als gegeben annehme. Daher sei auch diese Entscheidung in ihrer Gesamtheit rechtswidrig, wenn und weil die dauernde Dienstunfähigkeit fälschlich verneint worden sei.

Eine Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften sieht die Beschwerde darin, die Beschreibung des Arbeitsplatzes, die nicht wesentlich über eine Bezeichnung hinausgehe und höchstens noch als Kurzcharakteristik angesehen werden könne, sei für den zu beurteilenden Aspekt des Zeitdrucks unzureichend. Die belangte Behörde sage zu dem eingeschränkten Leistungskalkül, dass ein besonderer Zeitdruck höchstens für die Dauer einer Stunde gegeben sein dürfe, nichts. Der Umstand, dass das vom Beschwerdeführer vorgelegte Gutachten nichts über die Dauer der Erholungsphase nach einer solchen Zeitdruckphase sage, entbinde die belangte Behörde nicht von ihrer Verpflichtung zur Wahrheitsfindung. Weiters sei zu bemerken, dass es keine taugliche Art der Bescheidbegründung darstelle, wenn eine Behörde mit "Erfahrungen" ("personalwirtschaftlicher" oder welcher Art immer) argumentiere, ohne dass diese entweder Teil des allgemeinen menschlichen Erfahrungsschatzes seien noch konkret so dargestellt und abgeleitet würden, dass sie überprüfbar seien.

2. Nach § 20 Abs. 1 lit. b DPL 1972 in der Fassung der DPL-Novelle 1984, LGBl. Nr. 2200-19, ist der Beamte von der Landesregierung in den zeitlichen Ruhestand zu versetzen, wenn er schon ein Jahr lang ununterbrochen oder mit Unterbrechungen von weniger als sechs Monaten insgesamt ein Jahr lang dienstunfähig war, die Vorbedingungen für seine Versetzung in den dauernden Ruhestand aber nicht gegeben sind. Gemäß § 21 Abs. 2 lit. b DPL 1972 in der Fassung der DPL-Novelle 1978, LGBl. Nr. 2200-10, ist der Beamte von der Landesregierung in den dauernden Ruhestand zu versetzen, wenn er dienstunfähig ist und die Wiedererlangung der Dienstfähigkeit voraussichtlich ausgeschlossen ist.

Dem wegen dauernder Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzten Beamten, der die für den Anspruch auf Ruhegenuss im Ausmaß der Ruhegenussbemessungsgrundlage erforderliche ruhegenussfähige Gesamtdienstzeit nicht erreicht hat, ist gemäß § 77 Abs. 2 DPL 1972 in der Fassung der 2. DPL-Novelle 2001, LGBl. Nr. 2200-51, bei der Bemessung des Ruhegenusses der Zeitraum zwischen der Ruhestandsversetzung und dem Tag, zu dem der Beamte frühestens gemäß § 21 Abs. 2 lit. d, Art. XXIII Abs. 2 der Anlage

B oder Art. XXIX der Anlage B in den Ruhestand versetzt hätte werden können, höchstens jedoch zehn Jahre, zu seiner ruhegenussfähigen Gesamtdienstzeit zuzurechnen.

3. Soweit sich die Beschwerde gegen die Abweisung des Antrages auf Feststellung der dauernden Dienstfähigkeit im Ausmaß des § 77 Abs. 2 DPL 1972 richtet, war sie gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen, weil der Beschwerdeführer durch die Abweisung dieses Antrages (statt einer gebotenen Zurückweisung) nicht in dem nunmehr von ihm geltend gemachten Recht auf Versetzung in den dauernden Ruhestand nach § 21 Abs. 2 lit. b DPL 1972 verletzt werden konnte.

4. Im Übrigen kommt der Beschwerde Berechtigung zu:

4.1. § 21 Abs. 2 lit. b DPL 1972 setzt für die Versetzung in den dauernden Ruhestand voraus, dass der Beamte dienstunfähig ist und eine Wiedererlangung der Dienstfähigkeit voraussichtlich ausgeschlossen ist, d.h. dass der Beamte (voraussichtlich) dauernd dienstunfähig ist, wie dies etwa § 77 Abs. 2 DPL 1972 erfordert.

4.2. Die Frage, ob eine dauernde Dienstunfähigkeit vorliegt oder nicht, stellt eine Rechtsfrage dar, die nicht der ärztliche Sachverständige, sondern die Dienstbehörde zu entscheiden hat. Aufgabe des ärztlichen Sachverständigen ist es, an der Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes mitzuwirken, indem er in Anwendung seiner Sachkenntnisse Feststellungen über den Gesundheitszustand des Beamten trifft und die Auswirkungen bestimmt, die sich aus festgestellten Leiden oder Gebrechen auf die Erfüllung dienstlicher Aufgaben ergeben. Dabei ist, um der Dienstbehörde eine Beurteilung des Kriteriums "dauernd" zu ermöglichen, auch eine Prognose zu stellen. Die Dienstbehörde hat anhand der dem Gutachten zu Grunde gelegten Tatsachen die Schlüssigkeit des Gutachtens kritisch zu überprüfen und einer Beweiswürdigung zu unterziehen. Das ärztliche Sachverständigengutachten muss ausreichend begründet, d.h. aus dem objektiven Befund schlüssig abgeleitet sein (vgl. etwa schon die hg. Erkenntnisse vom 17. November 1977, Zl. 1737/77 = Slg. 9.433/A, sowie vom 22. Jänner 1979, Zl. 61/78, jeweils mwN).

4.3. Die belangte Behörde schloss die (dauernde) Dienstfähigkeit schon deshalb aus, weil der Beschwerdeführer unter Zugrundelegung des - von ihr nicht in Zweifel gezogenen - Leistungskalküls laut dem psychiatrischen Gutachten im Stande sei, seine dienstlichen Aufgaben zu erfüllen.

Das genannte psychiatrische Gutachten kommt zu der für den Beschwerdefall maßgeblichen Schlussfolgerung, dass Arbeiten unter mehr als halbzeitig besonderem Zeitdruck (verteilt über den gesamten Arbeitstag mit besonderer Zeitdruckbelastung in geschlossener Folge von maximal einer Stunde), Arbeiten mit besonderer psychischer Belastung sowie Arbeiten, die eine besondere Teamfähigkeit erfordern, vom Leistungskalkül des Beschwerdeführers ausgeschlossen sind. Die belangte Behörde sah das eingeschränkte psychische Kalkül des Beschwerdeführers deshalb als mit den Aufgaben an seinem Arbeitsplatz als vereinbar an, weil es - zusammengefasst - "personalwirtschaftlichen Erfahrungen" entspreche, dass die ihm konkret zugeteilten Aufgaben nicht geeignet seien, bei Bediensteten besondere psychische Belastungen zu bewirken und auch nicht als Arbeiten eingestuft werden könnten, die regelmäßig und unter einem mehr als halbzeitig besonderen Zeitdruck zu erledigen seien. Auch der Einwand des Beschwerdeführers, dass so gut wie jedes zweite Einlaufstück von Bedeutung und dringlich wäre, steht nach Ansicht der belangten Behörde mit dem psychiatrischen Leistungskalkül im Einklang. Im Übrigen - so die belangte Behörde weiter - beziehe sich die besondere Zeitdruckbelastung von maximal einer Stunde stets auf einen geschlossenen Zeitraum, was bei der Tätigkeit des Beschwerdeführers nicht der Fall sei.

4.4. Die Beschwerde weist zutreffend darauf hin, dass die belangte Behörde der sie nach § 1 Abs. 1 DVG in Verbindung mit § 58 und 60 AVG treffenden Begründungspflicht nicht Genüge tat, wenn sie ihre Feststellungen über die dem Beschwerdeführer obliegenden dienstlichen Aufgaben auf nicht näher dargelegte "personalwirtschaftliche Erfahrungen" gründete und die Vereinbarkeit dieser Aufgaben mit dem psychischen Leistungskalkül ohne nähere Begründung letztlich in den engen zeitlichen Grenzen für die Begutachtung von Gesetzesentwürfen erfüllt sah, womit sich ihre Erwägungen einer Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof verschließen. Es werden daher Feststellungen über den typischen Arbeitsablauf während eines aussagekräftigen Beobachtungszeitraumes zu treffen sein; sodann wird der medizinische Sachverständige an Hand dieser Feststellungen zu prüfen haben, ob der Beschwerdeführer aus medizinischer Sicht im Stande ist, auf Dauer diese Aufgaben einwandfrei zu erfüllen.

Soweit sich die von der belangten Behörde herangezogenen Erfahrungen nicht näher darstellen lassen, könnte es sich auch als erforderlich erweisen, über den Arbeitsplatz des Beschwerdeführers ein (nachvollziehbar aufgebautes) Gutachten einzuholen.

4.5. Darüber hinaus würde sich das vom Beschwerdeführer vorgelegte Gutachten als nur beschränkt aussagekräftig erweisen, wenn - nachvollziehbar begründet - näher festgestellte Aufgaben am Arbeitsplatz des Beschwerdeführers sein Leistungskalkül überschreiten würden. So geht das psychiatrische Gutachten in seiner Retrospektive auf das jahrelange Krankheitsbild des Beschwerdeführers ein, ohne jedoch die - für die Prognose nach § 21 Abs. 2 lit. b DPL 1972 erforderliche - Aussage über die etwaige Wiedererlangung des vollen bzw. für den Arbeitsplatz ausreichenden psychischen Leistungskalküls abzugeben, weil sich nur anhand dessen das besagte Kriterium "dauernd" beurteilen ließe; sollte sich die Einschränkung des psychischen Leistungskalküls als nur vorübergehend erweisen, käme allenfalls eine Versetzung in den zeitlichen Ruhestand nach § 20 Abs. 1 lit. b DPL 1972 in Betracht.

Obzwar das Gutachten vom Beschwerdeführer zur Untermauerung seines Begehrens auf Versetzung in den (dauernden) Ruhestand vorgelegt worden war, entband dies die belangte Behörde nicht davon, im Rahmen ihrer Pflicht nach § 8 Abs. 1 DVG zur amtswegigen Ermittlung des maßgeblichen Sachverhaltes entscheidungsrelevante Sachfragen, die das Privatgutachten nicht beantwortet, zu deren Beantwortung jedoch besonderes Fachwissen erforderlich ist, über das die Dienstbehörde selbst nicht verfügt, unter Beiziehung eines (Amts-)Sachverständigen oder - sofern die Voraussetzungen nach § 52 Abs. 2 AVG vorliegen - eines nichtamtlichen Sachverständigen abzuklären.

4.6. Der angefochtene Bescheid war daher, soweit er den Antrag auf Versetzung in den (dauernden) Ruhestand im Grunde des § 21 Abs. 2 lit. b DPL 1972 abwies, gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

5. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 13. Oktober 2004

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