VwGH AW 2004/10/0004

VwGHAW 2004/10/00046.5.2004

Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag des H, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt, der gegen den Bescheid des Fakultätskollegiums der Naturwissenschaftlichen Fakultät der Universität Salzburg vom 2. Dezember 2003, Zl. 16.016/3-2003, betreffend Aufhebung der Verleihung von akademischen Graden, erhobenen Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:

Normen

UniStG 1997 §68 Abs1 Z3;
VwGG §30 Abs2;
UniStG 1997 §68 Abs1 Z3;
VwGG §30 Abs2;

 

Spruch:

Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag nicht stattgegeben.

Begründung

1. Der Beschwerdeführer bekämpft mit der zur hg. Zl. 2004/10/0021 protokollierten Beschwerde den Bescheid, mit dem im Instanzenzug gemäß § 68 Abs. 1 Z 3 UniStG, BGBl. I Nr. 48/1997, die Bescheide, mit denen ihm im Jahre 1994 der akademische Grad Magister der Naturwissenschaften und im Jahre 1996 der akademische Grad Doktor der Naturwissenschaften verliehen wurde, aufgehoben wurden. Die belangte Behörde ging auf Grund einer Mitteilung der Zentralen Universitätsverwaltung der Universität Erlangen-Nürnberg an die Universität Graz davon aus, dass der Beschwerdeführer zu keinem Zeitpunkt immatrikulierter Student der Universität Erlangen-Nürnberg, insbesondere nicht für das Fach Medizin, gewesen sei. Diese Aussage sei durch die Zeugenaussage des Leiters des Büros für studentische Angelegenheiten der Universität Erlangen-Nürnberg bestätigt worden. Der Besuch der Lehrveranstaltungen, über welche der Beschwerdeführer Zeugnisse vorgelegt hatte, sei nur möglich gewesen, wenn er förmlich immatrikulierter Student für den Fachbereich Medizin gewesen sei. Zwischen den dem Vorsitzenden der Studienkommission vorgelegten Zeugnissen und den an der Universität Erlangen-Nürnberg geforderten Prüfungsnachweisen bestünden verschiedene Diskrepanzen. Die vorgelegten Zeugnisse seien nicht echt gewesen. Auf Grund der vorgelegten Zeugnisse seien "wesentliche Teile des Studiums der Biologie an der Universität Salzburg anerkannt und schließlich auch auf Grund der unrechtmäßig erworbenen Anerkennungsbescheide" die akademischen Grade verliehen worden, um deren Aberkennung es im gegenständlichen Verfahren geht.

2. Mit der Beschwerde ist der Antrag verbunden, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Begründet wird dieser Antrag damit, dass der sofortige Vollzug des Bescheides für den Beschwerdeführer den erheblichen Nachteil hätte, dass er die von ihm redlich erworbenen akademischen Grade nicht mehr führen dürfe. Dies hätte im gesellschaftlichen und beruflichen Leben einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil für den Beschwerdeführer zur Folge, weil er jedermann im Bekannten-, Freundes- und Kollegenkreis erklären müsste, warum er den akademischen Grad nicht mehr führe. Dem stünden keine zwingenden öffentlichen Interessen gegenüber.

3. Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof auf Antrag des Beschwerdeführers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, insoweit dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung aller berührten Interessen mit dem Vollzug des angefochtenen Bescheides ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.

Der Beschwerdeführer hat in seinem Antrag zu konkretisieren, worin für ihn der unverhältnismäßige Nachteil gelegen wäre (vgl. den Beschluss eines verstärkten Senates vom 25. Februar 1981, Slg. Nr. 10.381/A).

4. Der Vorsitzende der bescheiderlassenden Behörde (die im Hinblick auf das Inkrafttreten des Universitätsgesetzes 2002, BGBl. I Nr. 120, mit 1. Jänner 2004 nicht mehr besteht) hat sich in der Stellungnahme zum Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gegen die Zuerkennung ausgesprochen und darauf hingewiesen, dass mit der Verleihung eines akademischen Grades dokumentiert werde, dass der Erwerber durch die Ablegung vieler Prüfungen während eines Studiums eine wissenschaftliche und auch praktische Qualifikation erworben habe. Der Öffentlichkeit werde dadurch angezeigt, dass der Inhaber eines akademischen Grades mit diesen erworbenen Qualifikationen die Befähigung habe, entsprechende Tätigkeiten auszuüben und dabei anfallende Probleme sachgerecht zu lösen. Die Öffentlichkeit dürfe darauf vertrauen, dass die entsprechenden Qualifikationen vorhanden seien. Dass der Rechtsstaat diesem "Vertrauensschutz" eine hohe Bedeutung beimesse, ergebe sich auch aus der Tatsache, dass die unberechtigte Führung eines akademischen Grades sowohl im Universitätsgesetz 2002 (§ 116) als auch im Universitäts-Organisationsgesetz 1993 (§ 86) mit einer Verwaltungsstrafe bedroht gewesen sei bzw. sei. Es würde zu einer Täuschung der Öffentlichkeit führen, wenn der Antragsteller die Grade einstweilen weiter führen dürfte, wobei auch schadenersatzrechtliche Ansprüche etwa von geschädigten Arbeitgebern denkbar seien.

5. Im Verfahren über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung hat der Verwaltungsgerichtshof die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides nicht zu prüfen. Ist daher das in der Beschwerde erstattete Vorbringen des Beschwerdeführers nicht etwa von Vornherein als zutreffend zu erkennen, ist bei der Entscheidung über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung jedenfalls zunächst von den Annahmen der belangten Behörde auszugehen (vgl. z.B. die hg. Beschlüsse vom 13. August 2003, AW 2003/10/0049, mwN, und vom 13. Oktober 2003, Zl. AW 2003/10/0058).

6. Es kann dahin gestellt bleiben, ob mit dem oben wiedergegebenen Vorbringen des Vorsitzenden der Studienkommission das Vorliegen zwingender öffentlicher Interessen dargetan wird, die zur Abweisung des Antrages auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung führen müssen. Die ins Treffen geführten öffentlichen Interessen sind jedenfalls bei der nach § 30 Abs. 2 VwGG durchzuführenden Interessenabwägung mit einzubeziehen. Da die vom Beschwerdeführer als Nachteil ins Treffen geführten persönlichen Gründe die aufgezeigten Gefahren, die ein öffentliches Interesse am Vollzug des Bescheides begründen, nicht aufwiegen, stellt sich der dem Beschwerdeführer erwachsende Nachteil nicht als unverhältnismäßig im Sinne des § 30 Abs. 2 VwGG dar (vgl. zur Wertung des öffentlichen Interesses bei Fehlen der zum qualifizierten Schutz der Allgemeinheit normierten Voraussetzungen für die Berufsausübung den hg. Beschluss vom 10. November 1976, Slg. 9177/A - nur Rechtssatz - wobei im konkreten Fall vom Vorliegen eines zwingenden öffentlichen Interesses ausgegangen wurde -, sowie zur Bewertung von Voraussetzungen für die Berufsausübung im Hinblick auf den Schutz der Allgemeinheit generell das hg. Erkenntnis vom 13. Juni 1973, Slg. 8429/A).

7. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am 6. Mai 2004

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