VwGH AW 2003/10/0049

VwGHAW 2003/10/004913.8.2003

Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag der A, vertreten durch Dr. E und Mag. G, Rechtsanwälte , der gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 5. August 2003, Zlen. FA11A-19-59/159-2003 und FA11A-19-95/151-2003, betreffend Entziehung der Betriebsbewilligung nach dem Steiermärkischen Pflegeheimgesetz, erhobenen Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:

Normen

PflegeheimG Stmk 1994 §12 Abs5;
VwGG §30 Abs1;
VwGG §30 Abs2;
PflegeheimG Stmk 1994 §12 Abs5;
VwGG §30 Abs1;
VwGG §30 Abs2;

 

Spruch:

Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag nicht stattgegeben.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung wurde der Beschwerdeführerin 1. die mit Bescheid vom 19. Februar 1997, Zl. 9-19-59/1995-14 (B-Straße 45, C) erteilte Betriebsbewilligung für die Betreuung von maximal sieben ausschließlich gehfähigen Bewohnern und 2. die mit Bescheid vom 19. Februar 1997, Zl. 9-19-95/1995-6 (D-Gasse 1, C) erteilte Betriebsbewilligung für die Betreuung von maximal elf Bewohnern mit maximal Pflegegeldstufe 4 entzogen. Die Einstellung der Heimbetriebe habe spätestens bis zum 14. August 2003 zu erfolgen.

Begründend vertrat die belangte Behörde - gestützt auf Überprüfberichte der Amtssachverständigen - die Auffassung, dass im Pflegeheim der Beschwerdeführerin die Wahrung und Interessen der Heimbewohner, insbesondere deren Pflege, nicht gesichert sei.

In der gegen diesen Bescheid an den Verwaltungsgerichtshof erhobenen und zur Zl. 2003/10/0219 protokollierten Beschwerde wird beantragt, dieser die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Dies im Wesentlichen mit der Begründung, die Beschwerdeführerin würde durch die Schließung ihres Betriebes ihre Existenzgrundlage verlieren; erhebliche Investitionen durch Umbauarbeiten seien umsonst getätigt worden. Die Beschwerdeführerin könnte auch dafür aufgenommene Kredite nicht mehr zurückzahlen. Darüber hinaus würden die Angestellten der Beschwerdeführerin ihre Einkommens- und Existenzgrundlage verlieren. Sollte das Pflegeheim geschlossen werden, so sei eine Neuerteilung der Betriebsbewilligung nicht mehr zu erwarten, weil sich "mittlerweile diverse Auflagen geändert" hätten. Die Beschwerdeführerin beabsichtige, den Betrieb noch einige Zeit selbst weiter zu führen, um diesen danach zu übergeben. Würde das Heim geschlossen, so sei diese Möglichkeit nicht mehr gegeben. Aus den im Bescheid angeführten Gründen bestünden auch keine zwingenden öffentlichen Interessen an einer sofortigen Schließung des Betriebes, weil in Wahrheit keinerlei Gefährdung der Bewohner gegeben sei.

Gemäß § 30 Abs. 1 VwGG kommt Beschwerden eine aufschiebende Wirkung kraft Gesetzes nicht zu.

Der Verwaltungsgerichtshof hat jedoch auf Antrag des Beschwerdeführers gemäß § 30 Abs. 2 VwGG die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, insoweit dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung aller berührten Interessen mit dem Vollzug oder mit der Ausübung der mit Bescheid eingeräumten Berechtigung durch einen Dritten für den Beschwerdeführer ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.

Nach der genannten Gesetzesbestimmung kann die aufschiebende Wirkung nicht zuerkannt werden, wenn dem zwingende öffentliche Interessen entgegen stehen. Darunter sind besonders qualifizierte öffentliche Interessen zu verstehen, die den sofortigen Vollzug des angefochtenen Bescheides zwingend gebieten. Dies ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes insbesondere dann der Fall, wenn mit dem Aufschub eine Gefahr für die Gesundheit oder das Leben von Menschen verbunden wäre. Stehen der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung zwingende öffentliche Interessen entgegen, so ist eine Abwägung mit den übrigen Interessen nicht mehr vorzunehmen (vgl. z.B. den Beschluss vom 28. Mai 2002, Zl. AW 2002/18/0070).

Im Verfahren über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung hat der Verwaltungsgerichtshof auch die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides nicht zu prüfen (vgl. z.B. den Beschluss vom 21. Mai 1985, Zl. AW 85/04/0037). Ist daher das in der Beschwerde erstattete Vorbringen des Beschwerdeführers nicht etwa von vornherein als zutreffend zu erkennen, ist bei der Entscheidung über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung jedenfalls zunächst von den Annahmen der belangten Behörde auszugehen (vgl. dazu den Beschluss vom 25. März 2003, Zl. AW 2002/04/0046).

Dass kein zwingendes öffentliches Interesse an einer sofortigen Schließung des Betriebes der Beschwerdeführerin bestünde, weil "keinerlei Gefährdung der Bewohner gegeben" sei, wie in der Beschwerde behauptet wird, kann allerdings nicht gesagt werden: So ergibt sich etwa aus dem in der Begründung des angefochtenen Bescheides wiedergegebenen Überprüfbericht der Amtssachverständigen vom 19. Juli 2003, dass die Heimbewohner in ihrer Gesundheit und Sicherheit hochgradig gefährdet seien, da von Seiten der (82-jährigen) Heimbetreiberin eine eklatante Fehleinschätzung hinsichtlich ihrer körperlichen und geistigen Eignung zur Wahrnehmung eines ordnungsgemäßen Pflegeheimbetriebes, respektive Pflegepersonaleinsatzes, bestehe. Dies äußere sich darin, dass der Nachtdienst ausschließlich von der Pflegeheimbetreiberin für beide Pflegeheime selbst gemacht werde. Die Heimbetreiberin halte sich dabei im Haus B-Straße 45 auf, was bedeute, dass die im Pflegeheim D-Gasse 1 befindlichen Bewohner gänzlich ohne Betreuung seien, da kein Pflegepersonal anwesend sei und auch keine Notrufverbindung zwischen den beiden Pflegeheimen bestehe. Des weiteren gebe es keine Pflegedienstleitung und auch kein Fachpersonal. Dies habe etwa zur Folge, dass die "Durchführung der ärztlichen Anordnungen nicht gewährleistet" sei, da dafür das Fachpersonal fehle. Pflegerische Aufgaben, die der Berufsgruppe der Gesundheits- und Krankenpflege vorbehalten seien, würden ausschließlich von Hilfskräften versehen. Auch bei einzelnen Türen im Haus D-Gasse 1 sei die Selbstschließvorrichtung so eingestellt, dass eine Öffnung der Türe für die Heimbewohner unmöglich sei und dies im Brandfall eine Gefährdung darstelle. Dieser Tatbestand bedeute im gegenständlichen Pflegeheim in der Nacht eine "hochgradige Sicherheitsgefährdung", da kein Pflegepersonal anwesend sei.

Nach der Begründung des angefochtenen Bescheides seien am 19. Juli 2003 festgestellte Mängel - entgegen den Zusagen der Heimbetreiberin - auch bei einer Überprüfung am 29. Juli 2003 nicht abgestellt gewesen.

Da nach den (auszugsweise wiedergegebenen) Feststellungen der belangten Behörde eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Personen droht, ist von der Erfüllung des nach § 30 Abs. 2 VwGG relevanten Tatbestandsmerkmales der zwingenden öffentlichen Interessen auszugehen. Unter dieser Voraussetzung können im Provisorialverfahren die für die Beschwerdeführerin mit dem Vollzug des angefochtenen Bescheides allenfalls verbundenen Nachteile nicht berücksichtigt werden.

Der Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung war daher gemäß § 30 Abs. 2 VwGG abzuweisen.

Wien, am 13. August 2003

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