Normen
AVG §59 Abs1;
AVG §8;
AVG §9;
AWG 1990 §33 Abs5;
AWG 2002 §75 Abs1;
AWG 2002 §75 Abs3;
AWG 2002 §75;
AWG 2002 §76;
AWG 2002 §77 Abs3;
AWG 2002 §91 Abs1;
B-VG Art130 Abs2;
B-VG Art18;
EMRK Art6;
VerpackV 1996 §12;
VerpackV 1996 §3;
VerpackV 1996;
VStG §24;
VStG §9 Abs1;
VStG §9 Abs7;
VStG §9 impl;
VStG §9;
VwGG §13 Abs1 Z1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
AVG §59 Abs1;
AVG §8;
AVG §9;
AWG 1990 §33 Abs5;
AWG 2002 §75 Abs1;
AWG 2002 §75 Abs3;
AWG 2002 §75;
AWG 2002 §76;
AWG 2002 §77 Abs3;
AWG 2002 §91 Abs1;
B-VG Art130 Abs2;
B-VG Art18;
EMRK Art6;
VerpackV 1996 §12;
VerpackV 1996 §3;
VerpackV 1996;
VStG §24;
VStG §9 Abs1;
VStG §9 Abs7;
VStG §9 impl;
VStG §9;
VwGG §13 Abs1 Z1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.
Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in Höhe von EUR 1.088,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Am 26. Juni 2000 beauftragte die belangte Behörde ein Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsunternehmen, eine Überprüfung gemäß § 33 des Abfallwirtschaftsgesetzes 1990 (AWG 1990) betreffend die Einhaltung der Verpflichtungen aus der Verpackungsverordnung 1996 sowie betreffend die Einhaltung der allgemeinen Aufzeichnungspflichten nach § 3 der Abfallnachweisverordnung im Betrieb der "F & F KG" für das Kalenderjahr 1999 durchzuführen. Die Überprüfung erfolgte am 6. Oktober 2000.
Mit Schreiben vom 27. Juli 2001 erstattete die belangte Behörde auf Grund des Berichtes der Sachverständigen Anzeige beim Landeshauptmann von Oberösterreich wegen diverser Verstöße gegen die Verpackungsverordnung.
Mit Straferkenntnis vom 24. September 2002 erkannte die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land den handelsrechtlichen Geschäftsführer der "F & F KG" wegen insgesamt vier Verstößen gegen die Verpackungsverordnung 1996 schuldig und verhängte vier Geldstrafen zu je EUR 200,--.
Gegen dieses Straferkenntnis hat der Bestrafte Berufung erhoben.
Mit Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates Oberösterreich vom 16. Dezember 2002 wurde dieser Berufung teilweise Folge gegeben. In zwei Fällen wurde das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt. Hinsichtlich der übrigen beiden Übertretungen wurde das erstinstanzliche Straferkenntnis bestätigt, allerdings in einem Fall die verhängte Geldstrafe von EUR 200,-- auf EUR 100,-- herabgesetzt.
Mit Schreiben vom 31. Oktober 2003 teilte die belangte Behörde der "F & F KG" mit, dass für die Kontrolle durch die nichtamtlichen Sachverständigen Kosten in Höhe von EUR 1.438,92 entstanden seien und dass beabsichtigt sei, den Ersatz dieser Kosten mit Bescheid vorzuschreiben.
Eine Stellungnahme zu diesem Schreiben der belangte Behörde wurde nicht abgegeben.
Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 13. Jänner 2004 sprach die belangte Behörde gemäß § 75 Abs. 3 des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002, BGBl. I Nr. 102/2002 (AWG 2002) aus, dass die "F & F KG" der belangten Behörde Kosten in Höhe von insgesamt EUR 1.438,92 inkl. Umsatzsteuer zu ersetzen hat, die durch die Heranziehung von Sachverständigen zur Kontrolle der Einhaltung von in der Verpackungsverordnung 1996, BGBl. Nr. 648/1996 (VerpackVO 1996), festgelegten Verpflichtungen entstanden sind.
In der Begründung heißt es, für die Durchführung von Kontrollen betreffend die Einhaltung von sich aus der VerpackVO ergebenden Verpflichtungen stünden der belangten Behörde geeignete Amtssachverständige nicht zur Verfügung, weshalb nichtamtliche Sachverständige mit der Durchführung der Prüfung beauftragt worden seien.
Die belangte Behörde habe mit Schreiben vom 27. Juli 2001 dem Landeshauptmann von Oberösterreich und dem Landeshauptmann von Wien den durch die nichtamtlichen Sachverständigen verfassten Prüfbericht mit dem Ersuchen übermittelt, diesen der zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde zur allfälligen Einleitung eines Verwaltungsstrafverfahrens zur Verfügung zu stellen.
Der strafrechtlich Verantwortliche der "F & F KG" sei rechtskräftig wegen Übertretung des Abfallwirtschaftsgesetzes in Verbindung mit der VerpackVO 1996 bestraft worden.
Es seien daher der "F & F KG" die Kosten der Überprüfung vorzuschreiben gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die beschwerdeführende Partei bringt vor, der angefochtene Bescheid sei schon deswegen rechtswidrig, weil es den Bescheidadressaten "F & F KG" als Firma schon seit September 2000 nicht mehr gebe. Mit Wirkung vom 1. Jänner 2000 sei nämlich die Firma "C HandelsgesmbH" der Firma "F und F KG" beigetreten und habe in dieser die Rechtsstellung des Komplementärs übernommen, während sich G W mit Wirkung vom 1. Jänner 2000 auf die Rechtsstellung eines Kommanditisten zurückgezogen habe. Mit Kommanditgesellschaftsvertrag vom 16. September 2000 sei der Firmenwortlaut der Firma "F & F KG" in "C HandelsgesmbH & Co KG" geändert worden.
Der Gesellschafterwechsel (Eintritt der "C HandelsgesmbH" in die "F & F KG" und die damit verbundene Änderung der Stellung des bisherigen Komplementärs) berührte nicht die Identität der Gesellschaft (vgl. Kastner-Doralt-Nowotny, Grundriss des österreichischen Gesellschaftsrechts, 5. Aufl., 127, 132f, 155f). Auch die Namensänderung führte nicht zur Beendigung der KG. Bei der Bezeichnung der beschwerdeführenden Partei im angefochtenen Bescheid mit ihrem alten Namen handelt es sich daher lediglich um eine unrichtige Parteibezeichnung, welche Zweifel an der Identität des Bescheidadressaten nicht aufkommen lässt (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. Dezember 1993, 93/03/0023 u.a.).
Die beschwerdeführende Partei meint, die belangte Behörde hätte die Vorschreibung der Kosten nicht auf § 75 Abs. 3 AWG 2002 stützen dürfen, weil die Sachverständigenkosten bereits am 6. Oktober 2000 angefallen seien; damals sei das AWG 2002 noch nicht in Geltung gewesen.
§ 75 AWG 2002 lautet auszugsweise:
"Überprüfungspflichten und -befugnisse
§ 75. (1) Der Landeshauptmann hat Abfallersterzeuger von gefährlichen Abfällen, ausgenommen Problemstoffen, Abfallsammler und -behandler regelmäßig angemessen zu überprüfen. Abfallsammler und -behandler gemäß § 25 Abs. 1 und Behandlungsanlagen für gefährliche Abfälle sind längstens alle fünf Jahre zu überprüfen. Der Landeshauptmann kann mit der Durchführung der Überprüfung der Behandlungsanlagen die Bezirksverwaltungsbehörde betrauen und diese ermächtigen, in seinem Namen Anordnungen und Aufträge zu erteilen. Gesetzliche Mitwirkungs- und Anhörungsrechte werden dadurch nicht berührt.
(2) Die Überprüfung der Einhaltung von Verpflichtungen, die durch eine Verordnung gemäß § 14 Abs. 1 betreffend Verpackungen, Altfahrzeuge oder elektrische und elektronische Geräte festgelegt sind, obliegt dem Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft.
(3) Entstehen bei der Überprüfung besondere Kosten, insbesondere durch Heranziehung von Sachverständigen, so können die durch dieses Bundesgesetz verpflichteten Personen durch Bescheid der Behörde, welche die Überprüfung vorgenommen hat, zum Ersatz dieser Kosten verpflichtet werden, wenn die Überwachung Anlass zur Einleitung eines Verwaltungsstrafverfahrens gegeben und zu einer rechtskräftigen Bestrafung geführt hat.
....."
Eine im Wesentlichen inhaltsgleiche Bestimmung enthielt das AWG 1990 im § 33 Abs. 5. Diese lautete:
"(5) Die Überwachung der Einhaltung von Verpflichtungen, die durch eine Verordnung gemäß § 7 Abs. 2 Z. 3 betreffend Verpackungen festgelegt werden, obliegt dem Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft. Entstehen bei der Überwachung besondere Kosten, insbesondere durch Heranziehung von Sachverständigen, so können Verpflichtete durch Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft zum Ersatz dieser Kosten verpflichtet werden, wenn die Überwachung Anlass zur Einleitung eines Verwaltungsstrafverfahrens gegeben und zu einer rechtskräftigen Bestrafung geführt hat."
Das AWG 2002 ist seinem § 91 Abs. 1 zufolge mit 2. November 2002 in Kraft getreten.
Für anhängige Verfahren enthält § 77 Abs. 3 AWG 2002 eine Übergangsbestimmung. Diese lautet:
(3) Folgende zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens dieses Bundesgesetzes anhängige Verfahren sind nach den vor In-Kraft-Treten dieses Bundesgesetzes geltenden Vorschriften abzuschließen:
1. Verfahren betreffend die Berechtigung zur Sammlung oder Behandlung nicht gefährlicher Abfälle; die Berechtigung gilt als Berechtigung gemäß § 24;
2. Verfahren betreffend die Erlaubniserteilung für die Sammlung oder Behandlung von gefährlichen Abfällen; die Erlaubnis gilt als Erlaubnis gemäß § 25;
3. Verfahren betreffend Behandlungsanlagen, die gemäß § 37 genehmigungspflichtig sind; Abs. 2 zweiter und dritter Satz sind anzuwenden; der Antragsteller kann eine Genehmigung gemäß § 37 beantragen;
4. Verfahren gemäß den §§ 32 und 45b Abs. 3 AWG 1990 und Verfahren betreffend Behandlungsaufträge gemäß den Bestimmungen der Abfallwirtschaftsgesetze der Bundesländer.
Im Beschwerdefall geht es um ein Verfahren zur Überprüfung der Einhaltung von Verpflichtungen nach der VerpackVO 1996. Diese Verfahren sind im § 77 Abs. 3 AWG 2002 nicht angeführt. Für solche Verfahren gilt daher der allgemeine Grundsatz, dass die Behörde das im Zeitpunkt der Erlassung ihres Bescheides geltende Recht anzuwenden hat. Dieses Recht aber war das AWG 2002. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass die die Kostenpflicht auslösende Tätigkeit schon vor Inkrafttreten des AWG 2002 gesetzt wurde, enthielt doch das AWG 1990 hinsichtlich der Kostentragungspflicht eine mit § 75 Abs. 3 AWG 2002 inhaltsgleiche Bestimmung.
Die beschwerdeführende Partei meint, § 75 Abs. 3 AWG 2002 wie auch § 33 Abs. 5 AWG 1990 räumten der Behörde bei der Vorschreibung von Kosten ein Ermessen ein. Die gegenteilige Auffassung der belangten Behörde sei unzutreffend. Bei gesetzmäßiger Ausübung des ihr eingeräumten Ermessens hätte die belangte Behörde von einer Kostenvorschreibung Abstand nehmen müssen, weil die Überwachung zwar zur Einleitung eines Verwaltungsstrafverfahrens, jedoch in wesentlichen Punkten nicht zu einer rechtskräftigen Bestrafung geführt habe.
§ 75 Abs. 3 AWG 2002 verwendet hinsichtlich der Vorschreibung von Kosten das Wort "können".
Nach ständiger Rechtsprechung der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts bedeutet eine "Kann"-Bestimmung nicht zwingend Ermessen (vgl. die bei Antoniolli-Koja, Allgemeines Verwaltungsrecht3, 254, angeführte Rechtsprechung).
Ob eine "Kann"-Bestimmung der Behörde Ermessen einräumt, ist im Auslegungsweg zu ermitteln.
Gegen die Einräumung von Ermessen im § 75 Abs. 3 AWG 2002 spricht, dass nicht ersichtlich ist, nach welchen Kriterien die Behörde ihr Ermessen ausüben sollte.
Wie sich aus Art. 18 in Verbindung mit Art. 130 Abs. 2 B-VG ergibt, muss dem Gesetz der Sinn, in dem das Ermessen zu handhaben ist, entnehmbar sein. Wenn der Gesetzgeber auch von Verfassungs wegen nicht dazu verhalten ist, das behördliche Handeln bis ins Letzte zu regeln, muss er doch der Behörde Verhaltensrichtlinien an die Hand geben. Das Gesetz muss das verwaltungsbehördliche Handeln in einem solchen Maß determinieren, dass der Verwaltungsgerichtshof und der Verfassungsgerichtshof in der Lage sind, die Übereinstimmung der verwaltungsbehördlichen Rechtsakte mit dem Gesetz zu überprüfen (vgl. zB VfSlg. 8209/1977, VfSlg. 8792/1980 u.a.).
Bei einer Deutung des § 75 Abs. 3 AWG 2002 als Ermessensbestimmung müsste diese daher wegen mangelnder inhaltlicher Determinierung als verfassungswidrig erscheinen.
Es bietet sich demgegenüber eine verfassungskonforme Interpretation dahingehend an, dass mit § 75 Abs. 3 AWG 2002 der Behörde nicht Ermessen eingeräumt, sondern nur die Befugnis zur Vorschreibung von Kosten an die Hand gegeben werden sollte. Dafür spricht insbesondere der Umstand, dass ohne diese Bestimmung die allgemeinen Kostentragungsbestimmungen des § 76 AVG zum Tragen kämen. § 75 Abs. 3 AWG 2002 sollte offenbar ein von den Regeln des § 76 AVG unabhängiges Kostentragungsregime schaffen.
Die Erläuterungen zur Regierungsvorlage zum AWG 2002, 984 Blg. XXI GP, sprechen davon, dass im Sinne der Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit und Zweckmäßigkeit der Kontrolle, einschließlich der Sicherstellung einer ausreichenden Anzahl der Verfahren und der raschen Abwicklung Überprüfungskosten vorgeschrieben werden können. Auch dies deutet nicht auf ein Ermessen, sondern auf eine Ermächtigung zur Kostenvorschreibung hin.
Die beschwerdeführende Partei meint, es sei unklar, wer die "Verpflichteten" im Sinne des § 33 Abs. 5 AWG 1990 bzw. "die durch dieses Bundesgesetz verpflichteten Personen" im Sinne des AWG 2002 seien. Verpflichteter im Sinne dieser Gesetzesbestimmungen könne nach Meinung der beschwerdeführenden Partei nur die in einem Verwaltungsstrafverfahren bestrafte Person sein. Die beschwerdeführende Partei habe im Verwaltungsstrafverfahren nicht die Möglichkeit des Parteiengehörs gehabt und sich auch nicht wirksam gegen eine Bestrafung des Verantwortlichen zur Wehr setzen können. Sie könne daher auch nicht zum Kostenersatz herangezogen werden.
Was unter den im § 75 Abs. 3 AWG 2002 genannten "durch dieses Bundesgesetz verpflichteten Personen" gemeint ist, wird aus der Systematik und dem Zweck des § 75 leg. cit. deutlich.
Im Beschwerdefall geht es um die Überprüfung der Einhaltung der Verpflichtungen aus der Verpack VO 1996.
Die VerpackVO 1996 enthält Pflichten der Hersteller, Importeure, Abpacker und Vertreiber von Verpackungen (vgl. insbesondere die §§ 3 und 12 VerpackVO 1996).
Hersteller, Importeur, Abpacker oder Vertreiber von Verpackungen kann sowohl eine natürliche als auch eine juristische Person oder eine Personengesellschaft des Handelsrechts sein. Die Verpflichtungen aus der VerpackVO 1996 treffen denjenigen - unabhängig von seiner juristischen Konstruktion -, der die Tätigkeiten eines Herstellers, Vertreibers etc. ausübt.
Diese Personen sind auch die "durch dieses Bundesgesetz verpflichteten Personen" im Sinne des " 75 Abs. 3 AWG 2002.
§ 75 Abs. 3 AWG 2002 erfasst daher den Hersteller, Vertreiber etc., nicht jedoch den strafrechtlich für die Einhaltung der Vorschriften Verantwortlichen im Sinne des § 9 VStG.
Dass Adressat der Kostentragung nicht der strafrechtlich Verantwortliche ist, sondern jene (physische oder juristische) Person, welche die Tätigkeit ausübt, die den Verpflichtungen der VerpackVO 1996 unterliegt, ergibt sich deutlich auch aus § 75 Abs. 1 AWG 2002, wo der Adressat der dort geregelten Überprüfungen genannt ist, nämlich Abfallersterzeuger von gefährlichen Abfällen, Abfallsammler und -behandler, also jene Personen, die eine bestimmte Tätigkeit ausüben. Abfallersterzeuger, Abfallsammler oder -behandler aber sind im Falle der Ausübung dieser Tätigkeiten durch juristische Personen oder Personengesellschaften des Handelsrechts diese selbst und nicht die strafrechtlich Verantwortlichen.
Die beschwerdeführende Partei ist jedoch im Ergebnis im Recht, wenn sie die Auffassung vertritt, ihr könnten die Kosten der nichtamtlichen Sachverständigen nicht auferlegt werden, weil sie dem Verwaltungsstrafverfahren gegen den handelsrechtlichen Geschäftsführer nicht beigezogen worden sei.
§ 75 Abs. 3 AWG 2002 verbindet eine rechtskräftige Bestrafung mit der Verpflichtung zum Ersatz der Kosten für die Überprüfung. Das wirft die Frage nach der Parteistellung des zur Kostentragung Verpflichteten im Verwaltungsstrafverfahren in jenen Fällen auf, in denen der zur Kostentragung Verpflichtete nicht identisch mit dem Beschuldigten ist.
Eine ausdrückliche Vorschrift, welche dem "Verpflichteten" Parteistellung im Verwaltungsstrafverfahren einräumt, besteht nicht.
Im Verwaltungsstrafverfahren gilt aber nach § 24 VStG § 8 AVG.
In § 8 AVG wird unter Verwendung der in der Rechtswissenschaft herausgebildeten abstrakten Begriffe "Rechtsanspruch" und "rechtliches Interesse" festgelegt, in welcher Beziehung an einem Verwaltungsverfahren Beteiligte zu diesem Verfahren stehen müssen, damit ihnen die Stellung einer Partei zukommt. Darüber, welche Voraussetzungen gegeben sein müssen, dass von einem Rechtsanspruch oder rechtlichen Interesse die Rede sein kann, enthält § 8 AVG keine Bestimmung. Es kann demnach die Frage, wer in einem konkreten Verwaltungsverfahren Parteistellung besitzt, anhand des AVG allein nicht gelöst werden. Die Parteistellung muss vielmehr aus den verwaltungsrechtlichen Vorschriften abgeleitet werden; auf dem Boden des materiellen Verwaltungsrechts muss sie nach dem Gegenstand des betreffenden Verwaltungsverfahrens und nach dem Inhalt der zur Anwendung kommenden Verwaltungsvorschriften beurteilt werden (vgl. die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2, 194, unter E 31 wiedergegebene Rechtsprechung).
Maßgebend für die Parteistellung ist, dass die Sachentscheidung in die Rechtssphäre des Betreffenden bestimmend eingreift und weiters, dass darin eine unmittelbare, nicht bloß abgeleitete und mittelbare Wirkung zum Ausdruck kommt (vgl. die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2, 197, unter E 46 wiedergegebene Rechtsprechung).
Als eine Vorschrift des materiellen Rechts, die von dem Verweis des § 8 AVG umfasst ist, kommt § 75 Abs. 3 AWG 2002 in Betracht.
Die Bestrafung des verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlichen im Sinne des § 9 VStG hat unmittelbaren Einfluss auf die Rechtsstellung des Verpflichteten im Sinne des § 75 Abs. 3 AWG 2002. Sie führt dazu, dass er zum Kostenersatz verpflichtet wird. Dass die Verpflichtung zum Kostenersatz durch einen gesonderten Bescheid zu erfolgen hat, ändert daran nichts. Aus der im § 75 Abs. 3 AWG 2002 aus einer Bestrafung abgeleiteten Folge der Verpflichtung zum Kostenersatz folgt, dass der Ausgang des Verwaltungsstrafverfahrens gegen den verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlichen auch die Rechtssphäre des Unternehmers berührt, was gemäß § 8 AVG in Verbindung mit § 24 VStG dessen Parteistellung im Strafverfahren gegen den verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlichen zur Folge hat.
Bestätigt wird dieses Ergebnis durch die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 9 Abs. 7 VStG. Diese Bestimmung lautet:
"(7) Juristische Personen, Personengesellschaften des Handelsrechts und eingetragene Erwerbsgesellschaften sowie die in Abs. 3 genannten natürlichen Personen haften für die über die zur Vertretung nach außen Berufenen oder über einen verantwortlichen Beauftragten verhängten Geldstrafen, sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen und die Verfahrenskosten zur ungeteilten Hand".
Im Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 21. November 2000, 99/09/0002, VwSlgNF 15527/A, hat der Verwaltungsgerichtshof in Abkehr von der bisherigen Judikatur ausgesprochen, dass der nach § 9 Abs. 7 VStG Haftungspflichtige bereits im Verwaltungsstrafverfahren gegen das Organ Parteistellung hat. In der Begründung dieses Erkenntnisses wird dazu ausgeführt:
"Der Verwaltungsgerichtshof ist abweichend von der dargestellten älteren Rechtsprechung und Lehre der Auffassung, dass eine auch dem Art. 6 MRK gerecht werdende Lösung der dargestellten Problematik nur in der von der neueren Lehre geforderten Bejahung der Parteistellung des Haftungspflichtigen im Verwaltungsstrafverfahren gegen das Organ gefunden werden kann. Es ist daher in diesem Punkt der oben wiedergegebenen Rechtsauffassung von Walter/Mayer zu folgen und zu fordern, dass der Haftungspflichtige im Sinne der §§ 24 VStG, 8 AVG bereits dem Verwaltungsstrafverfahren als Partei beizuziehen ist und in diesem Verfahren auch alle Parteirechte einschließlich des Berufungsrechtes ausüben kann. Nur so ist es dem Haftungspflichtigen in einer rechtsstaatlich einwandfreien Weise möglich, einen Strafbescheid, der ihn im Wege der Haftung dem Grunde und der Höhe nach zu Geldzahlungen verpflichtet, zu bekämpfen und damit seine Haftung gegebenenfalls auszuschließen oder zu vermindern. Die bisherige Rechtsprechung, die eine etwaige Bekämpfungsmöglichkeit des Haftungspflichtigen ausschloss, widerstreitet jedenfalls dem Art. 6 MRK (vgl. dazu das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 12. Oktober 1990, Slg. 12504, mit dem § 268 ZPO aufgehoben wurde), und begegnet somit rechtsstaatlichen Bedenken (vgl. auch Verfassungsgerichtshof Slg. 11934 und 13646).
Wer den Beweis und die Zurechnung einer für die Entscheidung über seine Ansprüche und Verpflichtungen wesentlichen Handlung nicht verfahrensrechtlich in Frage stellen kann, weil eine Bindung an eine andere Entscheidung aus einem Verfahren vorliegt, zu welchem er aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen keinen Zugang hatte, dessen rechtlicher Anspruch auf Gehör ist nicht erfüllt.
Gegen die Lösung der älteren Judikatur und Lehre spricht insbesondere, dass sie es dem Haftungspflichtigen nicht ermöglicht, gegen den Strafbescheid andere Gründe geltend zu machen als jene, "die die Haftung als solche ausschließen würden". Dem Haftungspflichtigen wäre es mangels rechtzeitiger Anhörung somit nicht möglich, den Nachweis zu führen, dass sein Organ (oder sein verantwortlicher Beauftragter) nicht oder nicht in einem bestimmten Ausmaß bestraft werden dürfe".
In diesen Begründungsausführungen wird mehrmals auf Art. 6 MRK Bezug genommen. Ob die Vorschreibung des Kostenersatzes nach § 75 AWG 2002 in den Anwendungsbereich des Art. 6 MRK fällt, braucht aber nicht untersucht werden, da der Hinweis auf Art. 6 MRK im Erkenntnis VwSlg 15527/A nicht das allein tragende Element der Begründung, sondern nur eine Abstützung des über § 24 VStG in Verbindung mit § 8 AVG gefundenen Ergebnisses ist. Dies ergibt sich deutlich daraus, dass der Verwaltungsgerichtshof sich ausdrücklich der Auffassung von Walter/Mayer (Grundriss des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts7, Rz 780) und Walter/Thienel (Verwaltungsverfahrensgesetze II2, S 179, Anm. 32 zu § 9 VStG) angeschlossen hat. Die genannten Autoren begründen die Parteistellung des Unternehmers im Verfahren gegen das Organ mit dem Hinweis auf § 8 AVG in Verbindung mit § 24 VStG und ohne Rückgriff auf Art. 6 MRK.
Die in der Einleitung des Vorverfahrens zur Stellungnahme aufgeforderte belangte Behörde vertritt die Meinung, die beschwerdeführende Partei habe im Verwaltungsstrafverfahren ohnehin Parteistellung gehabt; dies deshalb, weil der Bestrafte ihr handelsrechtlicher Geschäftsführer sei und die beschwerdeführende Partei im Verwaltungsstrafverfahren durch ihn repräsentiert werde.
Mit dem Argument der Repräsentation des Unternehmers durch das Organ im Verwaltungsstrafverfahren hat sich der Verwaltungsgerichtshof im bereits zitierten Erkenntnis eines verstärkten Senates VwSlg 15527/A auseinander gesetzt und dieses Argument mit der Begründung verworfen, "dass es keinesfalls immer so ist, dass die juristische Person und ihr Organ im Strafverfahren gleichgerichtete Interessen verfolgen, was vor allem im Streitfall zwischen diesen beiden Personen nicht zutreffen wird. Die 'Doppelrolle' des Organs im Verwaltungsstrafverfahren ist daher entgegen Hellbling keineswegs unbedenklich".
Diese Überlegungen gelten auch für den vorliegenden Fall.
Denkbar wäre, statt einer Parteistellung des Unternehmers im Verwaltungsstrafverfahren gegen den verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlichen dem Unternehmer die Möglichkeit einzuräumen, ohne Bindung an die rechtskräftige Bestrafung im Verfahren zur Kostenersatzvorschreibung alles geltend zu machen, was gegen die Bestrafung des verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlichen spricht.
Diese Lösung scheidet jedoch schon deswegen aus, weil § 75 Abs. 3 AWG 2002 den Kostenersatz von einer rechtskräftigen Bestrafung abhängig macht und damit jene Behörde, die den Kostenersatz vorschreibt, an die Entscheidung der Verwaltungsstrafbehörde bindet.
§ 75 Abs. 3 AWG 2002 macht die Vorschreibung des Kostenersatzes von einer rechtskräftigen Bestrafung abhängig. Da der Verpflichtete im Verwaltungsstrafverfahren gegen den verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlichen Parteistellung hat, kann von einer rechtskräftigen Bestrafung erst dann die Rede sein, wenn das Straferkenntnis auch gegenüber dem Verpflichteten rechtskräftig ist. Das ist aber nicht der Fall, wenn diesem gegenüber das Straferkenntnis nicht ergangen ist.
Im Beschwerdefall wurde dem Verwaltungsstrafverfahren in beiden Instanzen nur der verwaltungsstrafrechtlich Verantwortliche der beschwerdeführenden Partei beigezogen und nur ihm wurde die Entscheidung zugestellt. Gegenüber der beschwerdeführenden Partei liegt daher keine "rechtskräftige Bestrafung" im Sinne des § 75 Abs. 3 AWG 2002 vor.
Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich der angefochtene Bescheid als inhaltlich rechtswidrig, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich im Rahmen des gestellten Begehrens, auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333. Wien, am 8. Juli 2004
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