VwGH 2003/05/0109

VwGH2003/05/010912.10.2004

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Kail, Dr. Pallitsch, Dr. Waldstätten und Dr. Moritz als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. König, über die Beschwerde der Elisabeth Dyduch in Wien, vertreten durch Dr. Ulla Ulrich-Mossbauer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Kärntner Straße 35, gegen den Bescheid des Berufungssenates der Stadt Wien vom 12. Februar 2003, Zl. MA 64 - BE 192/97, betreffend eine Versagung und einen Entfernungsauftrag nach dem Wiener Gebrauchsabgabegesetz, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §45 Abs2;
AVG §52;
GebrauchsabgabeG Wr 1966 §1 Abs1;
GebrauchsabgabeG Wr 1966 §2 Abs2;
AVG §45 Abs2;
AVG §52;
GebrauchsabgabeG Wr 1966 §1 Abs1;
GebrauchsabgabeG Wr 1966 §2 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführerin war mit Bescheid vom 2. Oktober 1991 gemäß § 1 des Wiener Gebrauchsabgabegesetzes 1966 und gemäß § 82 Abs 1 der Straßenverkehrsordnung 1960 die Erlaubnis erteilt worden, den öffentlichen Grund und den darüber befindlichen Luftraum in Wien 21, S-Straße, auf dem verbreiterten Gehsteig vor ONr 13-15, durch einen Blumenverkaufsstand im Ausmaß von 2,80 m Breite und 1,93 m Tiefe bis 31. Dezember 1992 benützen zu dürfen.

Ihr Verlängerungsantrag wurde (nach mehreren Rechtsgängen) mit Bescheid des Magistrats der Stadt Wien, Magistratsabteilung 35 (MA 35), vom 11. August 1997 abgewiesen, gleichzeitig wurde ein Entfernungsauftrag erteilt.

Dagegen richtete sich die Berufung der Beschwerdeführerin. Sie führte darin aus, auf dem verbreiterten öffentlichen Gehsteig vor dem T-Center stehe seit 30 Jahren ein Blumenkiosk, den sie auf Kredit erworben, saniert und zu ihrer Existenzgrundlage gemacht habe. Die Behörde erster Instanz habe bereits zweimal unbegründete Bescheide erlassen, die durch die Bauoberbehörde für Wien aufgehoben worden seien. Auf dem Gehsteig seien links und rechts Schanigärten eröffnet worden. Weder die eingerichteten zwei Schanigärten noch der Kiosk der Beschwerdeführerin stellten ein Hindernis dafür dar, dass man auf dem Gehsteig Bäume pflanze.

Am 15. Oktober 2002 erstattete die MA 19 folgendes Gutachten (Abkürzungen durch den Verwaltungsgerichtshof):

"Der Blumenverkaufsstand widerspricht dem im Jahr 1994 ausgearbeiteten Konzept zur Umgestaltung des F-J-Platzes im Zuge der Oberflächengestaltung der Verlängerung der U-Bahnlinie. Dieses Konzept beinhaltet eine Entfernung von Baulichkeiten, wie Verkaufsständen vor Hausfassaden und die Absiedelung an speziell dafür ausgewiesene Örtlichkeiten wie zB eine speziell dafür errichtete Pergola im Bereich des P-P-Platzes. In den gegenüber dem Bestand wesentlich verbreiterten Gehsteigen sollen nur mehr Einrichtungen wie Schanigärten erlaubt werden, die maximal eine Höhe von 1 m aufweisen, um eine räumliche Überschaubarkeit und erlebbare Großzügigkeit des Platzbereiches zu ermöglichen. Eine Baumreihe mit in regelmäßigem Abstand mittig zwischen den Bäumen situierten Beleuchtungskörpern soll eine Gliederung des Straßenraums und Attraktivierung der Straßenfront S-Straße gewährleisten. Die Konzentration von Verkaufsständen an großzügig angelegten Bereichen wie eben am P-P-Platz in Verbindung mit dem dort ausgewiesenen Marktgebiet für Weihnachts-, Ostermarkt oder andere temporäre Veranstaltungen soll die dafür weniger geeigneten Bereiche, wie die Gehsteigbereiche in Front S-Straße 9-15 und F-J-Platz 2-8 von solchen Einrichtungen befreien bzw frei halten. Durch eine Weiterbelassung des Blumenverkaufsstands an oa Örtlichkeit ist dieses Gestaltungskonzept in seiner Grundkonzeption in Frage gestellt, da die angesprochenen Kriterien nicht erfüllt werden. Dem Ansuchen der Beschwerdeführerin um Erteilung einer unbefristeten Genehmigung zur Belassung des Blumenverkaufsstands konnte aus Sicht der Stadtgestaltung nicht entsprochen werden, da

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die im vorliegenden Fall maßgeblichen Bestimmungen des Gebrauchsabgabegesetz 1966 für Wien idF LGBl Nr 26/2000 (GAG) lauten auszugsweise:

"§ 1 Gebrauchserlaubnis

(1) Für den Gebrauch von öffentlichem Gemeindegrund, der als Verkehrsfläche dem öffentlichen Verkehr dient, samt den dazugehörigen Anlagen und Grünstreifen einschließlich seines Untergrundes und des darüber befindlichen Luftraumes ist vorher eine Gebrauchserlaubnis zu erwirken, wenn der Gebrauch über die widmungsmäßigen Zwecke dieser Fläche hinausgehen soll.

...

§ 2 Erteilung der Gebrauchserlaubnis

...

(2) Die Gebrauchserlaubnis ist zu versagen, wenn dem Gebrauch öffentliche Rücksichten, wie Umstände sanitärer oder hygienischer Art, Gründe der Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs, der Parkraumbedarf, städtebauliche Interessen, Gesichtspunkte des Stadt- und Grünlandbildes oder Umstände des Natur-, Denkmal- oder Bodenschutzes, entgegenstehen; bei Erteilung der Gebrauchserlaubnis sind Bedingungen, Befristungen oder Auflagen vorzuschreiben, soweit dies zur Wahrung dieser Rücksichten erforderlich ist.

...

§ 6 Beseitigung von Einrichtungen bei unerlaubtem Gebrauch

Der Magistrat ist berechtigt, den Besitzer von Einrichtungen, durch die ein im § 1 umschriebener Gebrauch ohne Vorliegen einer Gebrauchserlaubnis ausgeübt wird, durch Bescheid zu verpflichten, diese Einrichtungen binnen einer angemessenen Frist zu beseitigen.

..."

Die Beschwerdeführerin macht geltend, dass sie seit dem Widerruf der Gebrauchserlaubnis bzw. der Versagung ihres Antrages auf Gebrauchsbewilligung im Jahr 1992 die Gebrauchsabgabe bezahle, die als Miete zu definieren sei, da sie auch vom Umsatz abhänge. Durch die Akzeptanz dieser Zahlungen als Miete sei konkludent ein Mietverhältnis auf unbestimmte Zeit zu Stande gekommen, das einseitig durch Entzug der Gebrauchserlaubnis nicht beendet werden könne.

Wie der Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis vom 3. März 2001, Zl KI-2/99, betreffend Alttextil-Sammelbehälter, ausgesprochen hat, stellt das Aufstellen auf öffentlichem, als Verkehrsfläche dem öffentlichen Verkehr dienendem Gemeindegrund iSd § 1 Abs 1 GAG eine über den Gemeingebrauch in qualitativer Hinsicht hinausgehende Sondernutzung am öffentlichen Gut dar und es liegt sohin ein Rechtsverhältnis vor, das durch das GAG in das öffentliche Recht übertragen und durch Akte der Hoheitsverwaltung gestaltet wird. Für die Begründung zivilrechtlicher Rechtsverhältnisse besteht daher im Umfang des Regelungsbereiches des zitierten Gesetzes kein Raum.

Die Beschwerdeführerin bringt vor, im im angefochtenen Bescheid angeführten Gutachten der MA 19 werde dargestellt, dass die Grundlage für die Neugestaltung des F-J-Platzes im Jahr 1994 lediglich ein Konzept gewesen sei. Damals sei die Ansicht vertreten worden, dass der Platz frei von Ständen sein solle, weil diese die "erlebbare Großzügigkeit" des Platzes verhindern würden. Zwischenzeitlich stelle sich die Großzügigkeit des Platzes anders dar. Quer über den Platz und parallel zur Front des Bahnhofsgebäudes ziehe sich eine die Sicht einschränkende Barriere aus Wartehäuschen für diverse Straßenbahnen. Optisch werde damit die Hälfte des Platzes verbraucht. Der Blumenstand der Beschwerdeführerin befinde sich an der Schmalseite des noch freien Teiles, getrennt vom eigentlichen Platz vor dem Bahnhof durch Straßenbahnschienen und Fahrbahn. Der Blumenstand bestehe auf drei Seiten fast ausschließlich aus Glasfenstern, nur auf der der Straße zugewandten Seite befänden sich keine Fenster. Der Stand sei anschließend an eine Baumscheibe aufgestellt. In nur etwa 2 m Abstand davon befinde sich rechter Hand ein Schanigarten mit Sonnenschirmen und linker Hand zwischen der erwähnten Baumscheibe und dem nächsten Baum ebenfalls ein ausgedehnter Schanigarten. Vom Blumenstand könne daher keine Störung des öffentlichen Stadtbildes ausgehen. Das Gutachten der MA 19 sei einzig auf Grund der vorhandenen Pläne und Konzepte erstellt worden und nehme keine Rücksicht auf die derzeitigen Gegebenheiten. Die Schanigärten seien von Mai bis Oktober in Betrieb. Davor sei am F-J-Platz ein ausgedehnter Ostermarkt und ab November ein großer Weihnachtsmarkt erlaubt. Insgesamt seien etwa zwei Drittel des Jahres die Platzflächen belegt. In dieser Zeit könne niemand behaupten, dass der Blumenstand optisch auffällig sei. Die restliche Zeit sei derart kurz, dass sie zu vernachlässigen sei. Die Beschwerdeführerin habe zwar früher der vorgeschlagenen Verlegung zugestimmt, die damit verbundenen Kosten seien jedoch zu hoch.

Im Zuge des behördlichen Verfahrens betreffend eine beantragte Gebrauchserlaubnis nach dem Wiener Gebrauchsabgabegesetz ist unter anderem festzustellen, ob dieser Gesichtspunkte des Stadtbildes oder städtebauliche Interessen entgegenstehen. Diese Feststellung ist Gegenstand des Beweises durch Sachverständige.

Für den hier zu beurteilenden Blumenkiosk ist unter dem Gesichtspunkt des Stadtbildes sowie der städtebaulichen Interessen daher auch das aus der Platzanlage hervorleuchtende angestrebte Gestaltungsprinzip, das die Charakteristik des örtlichen Straßenraumes prägt, mit zu berücksichtigen.

Im ergänzenden Gutachten der MA 19 vom 15. Oktober 2002 wird bezüglich jedes von der Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren geltend gemachten Einwandes ausgeführt, aus welchen stadtgestalterischen Gründen der Blumenkiosk entfernt werden soll. Die Beschwerdeführerin ist diesem Gutachten nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten. Auf Grund des schlüssig und nachvollziehbar begründeten Gutachtens bestand für die belangte Behörde keine Veranlassung zur weiteren Beweisaufnahme. Die belangte Behörde hat das vorliegende Beweisergebnis zutreffend ihrem Bescheid zugrundegelegt. Die beantragte Gebrauchserlaubnis wurde daher wegen Widerspruches zu den dargestellten städtebaulichen Interessen im Ergebnis zu Recht aus öffentlichen Rücksichten versagt.

Die Beschwerde erwies sich somit als unbegründet, sodass sie gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG. Zum Zeitpunkt des Einlangens der Gegenschrift der belangten Behörde beim Verwaltungsgerichtshof am 22. September 2003 war bereits die Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003 in Kraft. Da die belangte Behörde aber den Kostenersatz nach der Verordnung BGBl II Nr. 501/2001 beantragte, waren ihr auch nur diese Beträge zuzusprechen.

Wien, am 12. Oktober 2004

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