VwGH 2002/14/0015

VwGH2002/14/001526.5.2004

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Zorn, Dr. Robl und Dr. Büsser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pfau, über die Beschwerde des J E in D, vertreten durch Dr. Josef Kehrer, Rechtsanwalt in 4050 Traun, Mitterfeldstraße 7/1, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich (Berufungssenat I) vom 14. Dezember 2001, RV1036/1-7/2001, betreffend Einkommensteuer 1994, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §293;
BAO §293;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer bezog im Jahr 1994 Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit und Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit handelt es sich um einen Pensionsbezug der Sozialversicherungsanstalt der Bauern, um einen von der Gemeinde D bezahlten Bezug für die Tätigkeit des Beschwerdeführers vom 1. Jänner bis 24. Juni 1994 als Bürgermeister dieser Gemeinde sowie um eine für die Zeit ab 1. Juli 1994 (bis 31. Dezember 1994) vom Gemeindeverband ausgeschiedener Bürgermeister bezahlte "Bürgermeisterpension".

In der beim Finanzamt am 1. Februar 1996 eingereichten Einkommensteuererklärung gab der Beschwerdeführer in der Rubrik "Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit" als "bezugs/pensionsauszahlende Stelle" an:

"Gemeinde D - Aufwandsentschädigung als Bgm 1.1. - 24.6. 1994 lt. Lohnzettel

Bauernpension 1.1. - 31.1. (richtig: 12.) lt. Lohnzettel Bürgermeisterpension 1.7. - 31.12.1994 lt. Lohnzettel".

Die drei Lohnzettel (L 16) waren der Einkommensteuererklärung beigefügt.

Mit Ausfertigungsdatum 28. März 1996 erließ das Finanzamt den Einkommensteuerbescheid 1994, aus welchem sich ergibt, dass im Rahmen der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit lediglich die Bezüge der Sozialversicherungsanstalt der Bauern und die Bezüge des Gemeindeverbandes ausgeschiedener Bürgermeister erfasst wurden.

Mit dem gemäß § 293 BAO berichtigten Einkommensteuerbescheid 1994 vom 10. Oktober 2000 änderte das Finanzamt die Einkommensteuerfestsetzung, indem es auch die von der Gemeinde D bezahlten Bürgermeisterbezüge erfasste. Durch einen Schreibfehler seien bei der Steuerberechnung für das Jahr 1994 nur zwei Lohnzettel berücksichtigt worden, obwohl Dienstverhältnisse zu drei verschiedenen Arbeitgebern bzw Sozialversicherungsanstalten bestanden hätten.

In der Berufung gegen diesen Bescheid wendete der Beschwerdeführer ein, dass kein nach § 293 BAO berichtigbarer Fehler vorliege.

Mit dem angefochtenen Beschied wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. In der Einkommensteuererklärung sei unter Punkt 4a die Anzahl der bezugsauszahlenden Stellen mit "2" angegeben; diese Eintragung weise ein anderes Schriftbild auf als die vom Beschwerdeführer vorgenommenen Eintragungen. Aufgrund eines Vorhaltes habe der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 29. Oktober 1999 (neuerlich) den von der Gemeinde D ausgestellten Lohnzettel (in Kopie) vorgelegt und vorgebracht, laut Auskunft der Gemeinde D würden seit 1994 alle Lohnzettel der Bediensteten über das Bundesrechenamt dem Finanzamt übermittelt. Die Gemeinde habe einen schriftlichen Lohnzettel mit Ausfertigungsdatum 20. Jänner 1995 erstellt; trotz automatisierter Datenübermittlung folge sie die Lohnzettel noch immer an ihre Bediensteten aus. Der Beschwerdeführer habe den Lohnzettel zusammen mit der Einkommensteuererklärung beim Finanzamt eingereicht.

Für das Jahr 1994 habe erstmals die Rechtslage bestanden, nach welcher flächendeckend von den Arbeitgebern Lohnzettel dem Finanzamt zu übermitteln gewesen seien (elektronisch oder in Papierform). In der entsprechendenden Datenbank der Finanzverwaltung sei der Lohnzettel der Sozialversicherungsanstalt der Bauern ab 11. Februar 1995, jener des Gemeindeverbandes ausgeschiedener Bürgermeister ab 12. März 1995 und jener der Gemeinde D ab 8. Juli 1997 verfügbar gewesen. Der Lohnzettel der Gemeinde D sei zwar schon mit 21. April 1995 in die Lohnzetteldatenbank aufgenommen worden; er sei aber damals noch nicht für das Veranlagungsverfahren zur Verfügung gestanden, weil der Familienname des Beschwerdeführers unterschiedlich geschrieben worden sei (SZ statt SS), bei der Anschrift des Beschwerdeführers der Straßenname anders angegeben worden sei und die Angabe der Sozialversicherungsnummer unterblieben sei. Dieser Lohnzettel sei daher "erst nach durchgeführter Subjektvereinigung" ab 8. Juli 1997 zur Verfügung gestanden. Wären die elektronischen Daten der Gemeinde D bei der Veranlagung bereits vorhanden gewesen, wäre der Einkommensteuerbescheid richtig ergangen.

Das Finanzamt habe nicht infolge unrichtiger Annahme des Sachverhaltes oder infolge eines Rechtsirrtums tatsächlich beabsichtigt, den Lohnzettel der Gemeinde D "unversteuert" zu lassen. Dem Bediensteten des Finanzamtes sei bekannt gewesen, dass der Beschwerdeführer im Jahr 1994 drei Bezüge erhalten habe. Er habe auch davon ausgehen können, dass alle drei Lohnzettel überspielt würden. Im Zuge der EDV-Abfrage seien aber nur zwei Lohnzettel aufgeschienen. Diese Zahl zwei habe der Bedienstete in die Abgabenerklärung eingetragen. Er habe sich darauf verlassen, "dass die EDV diese Diskrepanz aufklären und - falls dies nicht möglich sei - eine Fehlermeldung machen würde". Wegen der Umstellung von der Erfassung von Papierlohnzetteln auf die elektronische Übermittlung von Lohnzetteln und den dadurch bedingten Testphasen habe der Bedienstete nicht gewusst, welchen Vorgang er durch die Eintragung der Ziffer "2" als Anzahl der bezugsauszahlenden Stellen auslöse. Nach Ansicht der belangen Behörde habe sich der Bedienstete darauf verlassen können, dass die EDV-Anlage keinen unvollständigen Bescheid erlassen bzw zustellen werde. Daher seien die Voraussetzungen der Berichtigung nach § 293 BAO gegeben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 293 BAO lautet:

"Die Abgabenbehörde kann auf Antrag einer Partei (§ 78) oder von Amts wegen in einem Bescheid unterlaufene Schreib- und Rechenfehler oder andere offenbar auf einem ähnlichen Versehen beruhende tatsächliche oder ausschließlich auf dem Einsatz einer automationsunterstützten Datenverarbeitungsanlage beruhende Unrichtigkeiten berichtigen."

Die Beschwerde führt aus, der Bedienstete des Finanzamtes habe wissen müssen, welchen Vorgang er durch die Eintragung der Ziffer "2" auslöse. Dieser Eintragung liege eine Willensbildung zu Grunde. Als bei der EDV-Abfrage nur zwei Lohnzettel aufgeschienen seien, habe er sich zu dieser Eintragung entschlossen. Andere Aktenteile habe er ignoriert. Durch diese Angabe der Ziffer "2" habe die "EDV-Routine für die Aufdeckung der Differenz nicht greifen" können.

Die belangte Behörde hat die Sachverhaltsfeststellung getroffen, dass der Bescheidwille des Finanzamtes auf die Erfassung der Bezüge aus allen drei Quellen nichtselbständiger Einkünfte gerichtet gewesen ist. Nach dem Gesamtbild der Verhältnisse, insbesondere vor dem Hintergrund, dass in der Einkommensteuererklärung alle drei bezugsauszahlenden Stellen angegeben waren und - im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichthof unstrittig - alle drei Jahreslohnzettel der Einkommensteuererklärung beigelegt waren, hält die dieser Sachverhaltsfeststellung zugrunde liegende Beweiswürdigung der verwaltungsgerichtlichen Schlüssigkeitskontrolle stand.

Im Hinblick auf die im vorigen Absatz dargestellte Sachverhaltsfeststellung steht auch die weitere Sachverhaltsfeststellung, das Finanzamt habe zwar bewusst die Anzahl der bezugsauszahlenden Stellen mit zwei angegeben (weil dies dem aktuellen Stand der bereits in der EDV verfügbaren Lohnzettel entsprach), aber keine Kenntnis über die mit dieser Angabe im EDV-Programm ausgelösten Folgen gehabt, nicht mit der allgemeinen Lebenserfahrung in Widerspruch.

Ausgehend von dieser Sachlage wurde der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid nicht in seinen Rechten verletzt.

Die Einrichtung des § 293 BAO dient nicht dazu, Irrtümer der Behörde bei der Auslegung des Gesetzes zu berichtigen, sondern nur zur Beseitigung des infolge bestimmter Fehlerquellen gegen den Willen der Behörde entstandenen erkennbaren Auseinanderklaffens von Bescheidabsicht und formeller Erklärung des Bescheidwillens. Dabei trägt die Bestimmung u.a. dem Umstand Rechnung, dass auch bei der Unterstützung durch eine automatisierte Datenverarbeitungsanlage Fehler unterlaufen können, durch die bewirkt wird, dass der Bescheid anders lautet als es die Abgabenbehörde beabsichtigt hat (vgl das hg Erkenntnis vom 4. Juni 1986, 85/13/0076).

Alle Fehler, die bei händischen Ausfertigungen zu solchen führen, die als offenkundige Unrichtigkeiten zu bezeichnen sind, sind auch dann Unrichtigkeiten iSd § 293 BAO, wenn sich die Behörde beim technischen Vorgang der Erstellung und Ausfertigung der Bescheide einer automationsunterstützten Datenverarbeitungsanlage bedient hat. Darüber hinaus erfasst die Bestimmung auch solche Mängel, die ihre Wurzel in der Unkenntnis über den Programmablauf haben, der durch Eintragungen im Eingabebogen in Gang gesetzt wird (vgl Stoll, BAO-Kommentar, 2823).

Im gegenständlichen Fall hat das Finanzamt nicht infolge einer unrichtigen Annahme des Sachverhaltes oder infolge eines Rechtsirrtums beabsichtigt, die Dienstbezüge, die der Beschwerdeführer von der Gemeinde D bezogen hat, im Jahreseinkommen außer Ansatz zu lassen. Die unrichtige Eingabe in dem als Eingabebogen für die elektronische Datenverarbeitung dienenden Teil der Abgabenerklärungen hat zur Erlassung eines Einkommensteuerbescheides geführt, mit welchem das Einkommen nur unvollständig erfasst worden ist. Hätte der Bedienstete des Finanzamtes, nach dessen Eintragung der Ziffer "2" in die Einkommensteuererklärung die elektronische Datenverarbeitung den betreffenden Einkommensteuerbescheid ausdruckte, die weitere Bemessung selbst durchzuführen gehabt, hätte er ohne Zweifel die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit durch Zusammenfassen aller drei ihm vorliegenden Lohnzettel ermittelt.

Die Tatsache, dass die in Rede stehenden Unrichtigkeiten gegen den Willen der Behörde in der Folge durch den programmierten Ablauf des maschinellen Veranlagungsverfahrens tatsächlich eingetreten sind und in den ausgedruckten Bescheiden ihren Niederschlag fanden, beruht somit ausschließlich auf dem Einsatz einer automationsunterstützten Datenverarbeitungsanlage.

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet und war somit gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl II 333/2003.

Wien, am 26. Mai 2004

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