Normen
AVG §56;
AVG §66 Abs4;
AVG §68 Abs1;
StudFG 1992 §43;
AVG §56;
AVG §66 Abs4;
AVG §68 Abs1;
StudFG 1992 §43;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird im Umfang seiner Anfechtung (Spruchpunkt 3.) wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.172,88 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin beantragte am 14. Dezember 1999 bei der Studienbeihilfenbehörde für Studierende der Universität Wien die Gewährung von Studienbeihilfe.
Mit Schreiben der Studienbeihilfenbehörde vom 15. Dezember 1999 wurde sie daraufhin aufgefordert, die in der Beilage genannten fehlenden Nachweise ("Meldezettel Wien kopiert") innerhalb von zwei Wochen vorzulegen. Die Behörde wies darauf hin, dass der Antrag gemäß § 39 Abs. 6 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305/1992 (StudFG), in Verbindung mit § 13 Abs. 3 AVG zurückgewiesen werden müsste, sofern die Beschwerdeführerin dieser Aufforderung nicht nachkomme.
Der Verbesserungsauftrag wurde der Beschwerdeführerin an ihre Wiener Wohnadresse (Studentenheim) zugestellt und dort offensichtlich von einem Bediensteten des Heims entgegen genommen.
Mit Bescheid vom 31. Jänner 2000 wies die Studienbeihilfenbehörde den Antrag der Beschwerdeführerin auf Gewährung einer Studienbeihilfe vom 14. Dezember 1999 unter Berufung auf § 39 Abs. 6 StudFG in Verbindung mit § 13 Abs. 3 AVG zurück. Nach der Begründung sei die Beschwerdeführerin der ihr am 17. Dezember 1999 ordnungsgemäß zugestellten Aufforderung bisher nicht nachgekommen. Der Antrag auf Gewährung einer Studienbeihilfe sei daher als mangelhaft zurückzuweisen gewesen.
Im Rahmen einer Vorsprache bei der Studienbeihilfenbehörde am 1. Februar 2000 gab die Beschwerdeführerin an, den Verbesserungsauftrag vom 15. Dezember 1999 "auf Grund eines Zustellmangels" nicht erhalten zu haben. Sie erhob noch am selben Tag gegen den Bescheid der Studienbeihilfenbehörde vom 31. Jänner 2000 eine als "Einspruch" bezeichnete Vorstellung. Sie begründete diese im Wesentlichen damit, dass ihr die Aufforderung vom 15. Dezember 1999 nicht ordnungsgemäß zugestellt worden sei. Sie habe deshalb der Aufforderung nicht Folge leisten können und bitte, die Bearbeitung ihres Antrages wieder aufzunehmen.
Mit Bescheid der Studienbeihilfenbehörde vom 2. Februar 2000 wurde der Beschwerdeführerin ab 1. September 1999 eine Studienbeihilfe in der Höhe von S 5.630,-- pro Monat zuerkannt.
Auf Grund der Vorstellung der Beschwerdeführerin sprach der Senat der Studienbeihilfenbehörde mit Bescheid vom 13. Juni 2000 aus, dass der Bescheid vom 31. Jänner 2000 wie folgt abgeändert wird:
- "1. Der zurückweisende Bescheid vom 31.1.2000 wird aufgehoben.
- 2. Der bewilligende Bescheid vom 2.2.2000 wird aufgehoben.
- 3. Der Antrag auf Gewährung einer Studienbeihilfe wird abgewiesen.
4. Die ohne Rechtsgrundlage ausbezahlte Studienbeihilfe in Höhe von S 33.780,-- ist zurückzuzahlen."
Nach der Begründung sei die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 15. Dezember 1999 aufgefordert worden, fehlende Unterlagen nachzureichen. Da sie die dafür gesetzte Frist von 14 Tagen nicht eingehalten habe, sei am 31. Jänner 2000 ein zurückweisender Bescheid ergangen. Am 1. Februar 2000 (noch vor Zustellung des zurückweisenden Bescheides) habe die Beschwerdeführerin bei der Studienbeihilfenbehörde persönlich vorgesprochen und angegeben, dass sie das Schreiben vom 15. Dezember 1999 auf Grund eines Zustellmangels nicht erhalten habe. Aus diesem Grund habe sie am selben Tag schriftlich Vorstellung erhoben. Am 2. Februar 2000 sei auf Grund einer fehlerhaften EDV-Bearbeitung ein bewilligender Bescheid ergangen, mit dem der Beschwerdeführerin ab September 1999 Studienbehilfe zuerkannt worden sei; bis Februar 2000 seien danach insgesamt S 33.780,-- ausbezahlt worden. Das Ermittlungsverfahren bezüglich der Vorstellung habe jedoch ergeben, dass der Antrag auf Gewährung von Studienbeihilfe mangels sozialer Bedürftigkeit der Beschwerdeführerin abzuweisen wäre, weil die zumutbare Unterhaltsleistung der Eltern S 143.854,-- betrage. Da die Beschwerdeführerin die angeforderten Unterlagen nachgereicht habe, sei der zurückweisende Bescheid vom 31. Jänner 2000 aufzuheben gewesen. Gleichzeitig sei auch der bewilligende Bescheid vom 2. Februar 2000 aufzuheben gewesen und über die Höhe der Studienbeihilfe zu entscheiden. Da die zumutbare Unterhaltsleistung der Eltern die höchstmögliche Studienbeihilfe übersteige, habe der Antrag abgewiesen werden müssen. Da der Antrag auf Studienbeihilfe nicht bewilligt worden sei, müsse die Beschwerdeführerin die ausbezahlte Studienbeihilfe in Höhe von insgesamt S 33.780,-- zurückzahlen.
Gegen diesen Bescheid hat die Beschwerdeführerin Berufung erhoben, in der sie im Wesentlichen vorbrachte, ihr Antrag auf Gewährung einer Studienbeihilfe sei mit Bescheid vom 31. Jänner 2000 aus formellen Gründen zurückgewiesen worden. Am 1. Februar 2000 habe sie gegen diesen Bescheid Vorstellung erhoben, da sie auf Grund eines Zustellmangels vom Schreiben vom 15. Dezember 1999 (Verbesserungsauftrag) keine Kenntnis erlangt habe. Gegenstand der Vorstellung sei daher lediglich der Zurückweisungsbescheid vom 31. Jänner 2000 gewesen. Mit Bescheid vom 2. Februar 2000 sei sodann ihr Antrag auf Gewährung einer Studienbeihilfe bewilligt worden. Über den Antrag auf Gewährung einer Studienbeihilfe sei somit materiell rechtskräftig abgesprochen worden, da sie dagegen kein Rechtsmittel erhoben habe. Der rechtskräftige Bescheid vom 2. Februar 2000 sei nunmehr durch den Bescheid des Senates der Studienbeihilfenbehörde vom 13. Juni 2000 behoben worden, ohne dass es hiefür eine gesetzliche Grundlage gebe. Mit ihrer Vorstellung vom 1. Februar 2000 habe sie nur den Bescheid vom 31. Jänner 2000 bekämpft und nicht auch den Bescheid vom 2. Februar 2000, da dieser zum Zeitpunkt der Vorstellung noch gar nicht erlassen gewesen sei. Demzufolge könne auf Grund ihrer Vorstellung lediglich über den Zurückweisungsbescheid vom 31. Jänner 2000 abgesprochen werden.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des Senates der Studienbeihilfenbehörde vom 13. Juni 2000 hinsichtlich der Entscheidung über den Bescheid der Studienbeihilfenbehörde vom 3. Februar 2000 (richtig: 2. Februar 2000), hinsichtlich der Abweisung des Antrages und hinsichtlich der Rückforderung von Studienbeihilfe gemäß den §§ 66 und 68 AVG stattgegeben und der Bescheid (vom 13. Juni 2000) aufgehoben (Spruchpunkt 1.).
Mit Spruchpunkt 2. wurde die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des Senates der Studienbeihilfenbehörde hinsichtlich der Entscheidung über den Bescheid der Studienbeihilfenbehörde vom 31. Jänner 2000 gemäß § 13 Abs. 3 AVG abgewiesen.
Mit Spruchpunkt 3. wurde schließlich der Bescheid der Studienbeihilfenbehörde vom 2. Februar 2000 gemäß § 68 Abs. 4 Z. 1 AVG als nichtig erklärt.
In der Begründung vertrat die belangte Behörde nach Darstellung des bisherigen Verfahrensgeschehens die Auffassung, der Zurückweisungsbescheid vom 31. Jänner 2000 sei zu Recht bereits durch den Bescheid des Senates der Studienbeihilfenbehörde vom 13. Juni 2000 aufgehoben worden, da der Zurückweisungsbescheid zu dem Zeitpunkt noch nicht zugestellt gewesen sei, als die Beschwerdeführerin ihren Antrag verbessert habe. Somit sei eine Rechtsgrundlage für die Erlassung des Zurückweisungsbescheides, der der Beschwerdeführerin nicht vor dem 1. Februar 2000 zugegangen sei, nicht mehr gegeben.
Hinsichtlich des Bescheides vom 2. Februar 2000, mit dem die Studienbeihilfenbehörde der Beschwerdeführerin eine Studienbeihilfe in Höhe von monatlich S 5.630,-- zuerkannt habe, gelte Folgendes: Dieser Bescheid sei über einen Antrag ergangen, über den bereits durch den Zurückweisungsbescheid (wenn auch rechtswidrig) entschieden worden sei. Es sei somit keine Zuständigkeit der Studienbeihilfenbehörde für die Erlassung dieses Bescheides mehr vorgelegen. Dieser Bescheid sei daher rechtswidrig. Die Beschwerdeführerin habe diesen Bescheid jedoch nicht angefochten, sodass er in Rechtskraft erwachsen sei. Die Aufhebung dieses rechtskräftigen Bescheides durch den Bescheid des Senates der Studienbeihilfenbehörde sei ohne Rechtsgrundlage erfolgt. Die Entscheidung sei daher rechtswidrig und insoweit sei der Berufung der Beschwerdeführerin stattzugeben gewesen. Auch die im Bescheid des Senates der Studienbeihilfenbehörde vorgenommene Abweisung des Antrages auf Gewährung von Studienbeihilfe und die Rückforderung der bereits ausbezahlten Studienbeihilfe seien rechtswidrig.
Gemäß § 68 Abs. 4 Z. 1 AVG könne jedoch die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde im Wege des Aufsichtsrechtes die von einer unzuständigen Behörde erlassenen Bescheide als nichtig erklären. Die belangte Behörde sei sachlich in Betracht kommende Aufsichtsbehörde gegenüber der Studienbeihilfenbehörde und daher berechtigt, eine derartige Nichtigerklärung vorzunehmen. Da die Studienbeihilfenbehörde über den Antrag der Beschwerdeführerin bereits (mit Zurückweisung) entschieden habe, sei sie für einen weiteren Bescheid in dieser Angelegenheit nicht mehr zuständig gewesen. Die Studienbeihilfenbehörde werde nunmehr neuerlich über den Antrag der Beschwerdeführerin auf Gewährung von Studienbeihilfe zu entscheiden haben. Die bereits ausbezahlte Studienbeihilfe sei auf die Entscheidung über diesen neuerlichen Bescheid anzurechnen. Eine allfällig zu viel ausbezahlte Studienbeihilfe werde durch die Studienbeihilfenbehörde zurückzufordern sein.
Die vorliegende Beschwerde richtet sich lediglich gegen Spruchpunkt 3. des angefochtenen Bescheides (Nichtigerklärung des Bescheides der Studienbeihilfenbehörde vom 2. Februar 2000).
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 68 Abs. 4 Z. 1 AVG hat folgenden Inhalt:
"Außerdem können Bescheide von Amts wegen in Ausübung des Aufsichtsrechtes von der sachlich in Betracht kommenden Oberbehörde als nichtig erklärt werden, wenn der Bescheid
1. von einer unzuständigen Behörde oder von einer nicht richtig zusammengesetzten Kollegialbehörde erlassen wurde,"
Dem angefochtenen Bescheid liegt sachverhaltsbezogen die Auffassung zu Grunde, dass der Beschwerdeführerin zunächst der Bescheid der Studienbeihilfenbehörde vom 31. Jänner 2000 zugestellt worden ist, mit dem ihr Antrag auf Gewährung einer Studienbeihilfe mangels Vorlage der dafür erforderlichen Unterlagen zurückgewiesen worden ist. Gegen diesen Bescheid habe die Beschwerdeführerin am 1. Februar 2000 Vorstellung erhoben. Erst danach sei der Bescheid der Studienbeihilfenbehörde vom 2. Februar 2000 ergangen, mit dem der Beschwerdeführerin eine Studienbeihilfe in Höhe von S 5.630,-- pro Monat zuerkannt worden sei.
Die Beschwerdeführerin ist dem weder im Verwaltungsverfahren noch in ihrer Beschwerde entgegen getreten. In dieser vertritt sie vielmehr die Auffassung, die belangte Behörde habe § 68 Abs. 4 Z. 1 AVG insofern unrichtig ausgelegt, als diese die Auffassung vertrete, die Studienbeihilfenbehörde sei zur Erlassung des Bescheides vom 2. Februar 2000 unzuständig gewesen sei. Die belangte Behörde verkenne dabei den Begriff der Zuständigkeit, wie er von Lehre und Rechtsprechung angewendet werde. Unter der Zuständigkeit sei demnach die grundsätzliche Zuständigkeit zu verstehen, die sich als sachliche, örtliche und funktionelle Zuständigkeit äußere. Die von der belangten Behörde angeführte Begründung sei als res iudicata aufzufassen, welche jedoch im gegenständlichen Fall keinen Grund für eine Nichtigerklärung nach § 68 AVG darstelle.
Dem hält die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift unter Hinweis auf das Erkenntnis vom 25. November 1988, Zl. 88/18/0333, die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entgegen, wonach eine Behörde mit einer Entscheidung über eine bereits entschiedene Sache eine ihr nach dem Gesetz nicht zustehende Kompetenz in Anspruch nehme und daher ihre Entscheidung mit Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit belaste.
Mit dieser Auffassung ist die belangte Behörde allerdings aus folgenden Erwägungen nicht im Recht:
Nach der von der belangten Behörde zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes darf zwar die Berufungsbehörde über ein und dasselbe Rechtsmittel im selben Rechtsgang bei sonstigem Verstoß gegen das Verbot, über eine entschiedene Sache nochmals zu entscheiden, nicht nochmals entscheiden. Eine Behörde, die über eine bereits rechtskräftig entschiedene Sache neuerlich entscheidet, nimmt eine ihr nach dem Gesetz nicht zustehende Kompetenz in Anspruch und belastet ihre Entscheidung mit Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit.
Der Beschwerdefall ist jedoch insofern anders gelagert, als die Beschwerdeführerin auf Grund des Zurückweisungsbescheides der Studienbeihilfenbehörde vom 31. Jänner 2000 Vorstellung (von ihr als "Einspruch" bezeichnet) erhoben hat. Damit ist aber davon auszugehen, dass sich die Sachlage zwischen dem Zurückweisungsbescheid vom 31. Jänner 2000 und dem Gewährungsbescheid vom 2. Februar 2000 in entscheidungswesentlicher Weise geändert hat. Es kann daher nicht gesagt werden, dass die Studienbeihilfenbehörde mit der Entscheidung vom 2. Februar 2000 eine ihr nicht zustehende Kompetenz in Anspruch genommen hat, kann die Studienbeihilfenbehörde doch gemäß § 43 StudFG ohne Befassung des zuständigen Senates auf Grund einer Vorstellung und allfälliger weiterer Ermittlungen binnen zwei Monaten den von ihr erlassenen Bescheid nach jeder Richtung abändern, ergänzen oder aufheben. Ihre Entscheidung vom 2. Februar 2000 ist somit nicht mit Unzuständigkeit behaftet.
Da die belangte Behörde dies verkannt hat, war ihre Entscheidung im bekämpften Umfang (Spruchpunkt 3. des angefochtenen Bescheides) wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Kostenersatzverordnung 2003.
Wien, am 18. Mai 2004
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