Normen
ABGB §287;
AVG §42 idF 1998/I/158;
AVG §8;
BauPolG Slbg 1997 §9 Abs1 Z6;
BauRallg;
BebauungsgrundlagenG Slbg 1968 §25 Abs3;
LStG Slbg 1972 §40 Abs1 lita;
ROG Slbg 1998 §18 Abs1;
ROG Slbg 1998 §30;
ROG Slbg 1998 §31 Abs4;
ABGB §287;
AVG §42 idF 1998/I/158;
AVG §8;
BauPolG Slbg 1997 §9 Abs1 Z6;
BauRallg;
BebauungsgrundlagenG Slbg 1968 §25 Abs3;
LStG Slbg 1972 §40 Abs1 lita;
ROG Slbg 1998 §18 Abs1;
ROG Slbg 1998 §30;
ROG Slbg 1998 §31 Abs4;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerinnen haben dem Land Salzburg insgesamt Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 und den mitbeteiligten Parteien Aufwendungen in der Höhe von jeweils EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren der zweitmitbeteiligten Partei wird abgewiesen.
Begründung
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft S vom 29. Mai 2000 wurden die im Eigentum der erstmitbeteiligten Partei stehenden Grundstücke Nr. .7/2 und .239/1 sowie weitere bestimmt bezeichnete Teilflächen aus den Grundstücken Nr. 8/1, 8/3 und 1.070, alle KG D, zum Bauplatz erklärt, wobei u.a. die Baufluchtlinie gemäß § 31 Salzburger Raumordnungsgesetz 1998 (in der Folge: ROG 1998) festgelegt wurde.
Die Beschwerdeführerinnen sind Miteigentümerinnen des an diesen Bauplatz bzw. der zu diesem gehörigen Teilflächen der Grundstücke Nr. 8/1 und .7/2 nördlich angrenzenden Grundstückes Nr. 5/4, EZ. 128, KG D, auf dessen an den Bauplatz angrenzenden Teil zwischen der drittmitbeteiligten Gemeinde und den Rechtsvorgängern der Beschwerdeführerinnen mit Dienstbarkeitsvertrag vom 15. März 1995 in seinem Punkt IV. ein Gehrecht zu Gunsten der mitbeteiligten Gemeinde sowie ein Fahrtrecht für näher genannte Anrainer eingeräumt worden war. In diesem Vertrag wurde weiters vereinbart, dass es der mitbeteiligten Gemeinde freistehe, das ihr eingeräumte Gehrecht - entsprechend dem im Lageplan des DI J L vom 13. Mai 1993 bezeichneten Teil - von jedermann ausüben zu lassen.
Mit Bescheid des Bürgermeisters der drittmitbeteiligten Gemeinde vom 4. September 2000 wurde der erstmitbeteiligten Partei (als Grundeigentümerin und Bauwerberin) sowie der zweitmitbeteiligten Partei (als Mitbauwerberin) nach Durchführung einer mündlichen Bauverhandlung die Baubewilligung für die Errichtung eines Wohn- und Bürogebäudes mit Tiefgarage (Gemeindezentrum) auf dem aus den oben bezeichneten Grundstücken gebildeten Bauplatz unter Vorschreibung von Auflagen erteilt.
Gegen diesen Bescheid erhoben u.a. die Beschwerdeführerinnen Berufung.
Noch während des anhängigen Berufungsverfahrens wurde von der drittmitbeteiligten Gemeinde ein Bebauungsplan der Grundstufe "Ortszentrum 1" erlassen, welcher am 23. August 2001 wirksam wurde, und welcher mit Wirksamkeitsbeginn vom 2. Februar 2002 eine erste Änderung erfuhr. In diesem Bebauungsplan wurde (u.a.) auf einem an der Grenze zum gegenständlichen Bauplatz gelegenen Teil des im Miteigentum der Beschwerdeführerinnen befindlichen Grundstückes Nr. 5/4, KG D, ein 4 m breiter Weg als "wichtige Straßenfläche" ausgewiesen und in Bezug auf den Bauplatz eine Baufluchtlinie festgelegt.
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft S vom 8. Februar 2002 wurde über Antrag der erst- und zweitmitbeteiligten Parteien die Bauplatzerklärung (vom 29. Mai 2000) gemäß § 24a des Salzburger Bebauungsgrundlagengesetzes (BGG) dem Bebauungsplan in seiner am 2. Februar 2002 wirksam gewordenen Fassung angepasst.
Mit Bescheid der Gemeindevertretung der drittmitbeteiligten Gemeinde vom 14. Mai 2002 wurde der gegen den Baubewilligungsbescheid vom 4. September 2000 erhobenen Berufung (u.a.) der Beschwerdeführerinnen teilweise stattgegeben und der bekämpfte Bewilligungsbescheid hinsichtlich des zwischenzeitig (Antrag am 4. September 2001 eingelangt) modifizierten Bauvorhabens - in einem im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht mehr relevanten Umfang - abgeändert, der Berufung im Übrigen jedoch keine Folge gegeben.
Die gegen diesen Bescheid gerichtete Vorstellung der Beschwerdeführerinnen wurde mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen.
Soweit dies im verwaltungsgerichtlichen Verfahren noch entscheidungsrelevant ist, führte die belangte Behörde begründend aus, die örtlichen Verhältnisse seien notorisch und von jedem Laien augenscheinlich wahrnehmbare Tatsachen. Die Liegenschaft der Beschwerdeführerinnen bzw. der vom Bauvorhaben berührte Bauplatz befänden sich mitten im Ortszentrum von P. Beide Grundstücke seien durch eine mäßig ansteigende und durchgehend asphaltierte Fläche getrennt, über die derzeit nicht nur zur Liegenschaft der Beschwerdeführerinnen, sondern auch zu einem weiteren Objekt zugefahren werde. Diese asphaltierte Grundfläche bilde überdies die Verlängerung jener Flächen, über welche etwa die Pfarrkirche, der "Kirchenwirt" sowie der Festsaal der mitbeteiligten Gemeinde erschlossen würden. Insgesamt handle es sich bei dieser Grundfläche um eine Verkehrsfläche im Sinne des § 25 Abs. 3 BGG bzw. § 31 ROG 1998. Ausgehend von der Qualifikation dieser Fläche als Verkehrsfläche sei die Festlegung einer Baufluchtlinie in gesetzeskonformer Weise erfolgt. Insoweit die Beschwerdeführerinnen die rechtliche Würdigung der in Rede stehenden asphaltierten Fläche als "Verkehrsfläche" im Sinne des Bebauungsgrundlagen- bzw. Raumordnungsgesetzes in Frage stellten, sei darauf zu verweisen, dass diese Qualifikation nicht davon bestimmt werde, ob es sich um einen "Privatweg" oder um eine "dem öffentliche Verkehr dienende Privatstraße" im Sinn des § 40 des Landesstraßengesetzes handle. Ebenso wenig sei die Qualifikation dieser Fläche als Verkehrsfläche "im Sinne des § 25 Abs. 3 BGG" davon abhängig, ob die Nutzung derselben durch Dritte "nur" auf der Grundlage einer zivilrechtlich begründeten Dienstbarkeit erfolge, weil die maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen nicht auf das Vorhandensein einer öffentlichen Verkehrsfläche, sondern nur auf das Vorliegen einer "Verkehrsfläche" abstellten. Auch aus § 18 ROG 1998 sei für die Beschwerdeführerinnen nichts zu gewinnen, weil aus der vom Gesetzgeber in dieser Bestimmung verwendeten Formulierung nicht geschlossen werden könne, dass schlichtweg jede Verkehrsfläche einer Gemeinde als solche im Flächenwidmungsplan ausgewiesen werden müsse. Das bedeute weiters, dass die Möglichkeit der Festlegung einer Baufluchtlinie nicht auf die Ausweisung der betreffenden Verkehrsfläche im Flächenwidmungsplan im Sinne des § 18 ROG 1998 beschränkt sei. Vielmehr müsse das Vorliegen einer Verkehrsfläche im Sinne des § 25 Abs. 3 BGG bzw. § 31 ROG jeweils im Einzelfall geprüft werden. Eine diesbezügliche Aufklärung des Sachverhaltes sei im vorliegenden Fall im Rahmen des durchgeführten Verfahrens in ausreichender Weise erfolgt. Die belangte Behörde als Aufsichtsbehörde könne keinen Mangel daran finden, dass die Baubehörden unter den gegebenen Umständen vom Vorliegen einer Verkehrsfläche ausgegangen seien.
Insofern bilde die Festlegung einer Baufluchtlinie gegenüber der in Rede stehenden Fläche keine Gesetzwidrigkeit. Insoweit die Beschwerdeführerinnen darzutun versucht hätten, im Hinblick auf das aus dem Dienstbarkeitsvertrag abzuleitende "Gehrecht" sei davon auszugehen, dass keine Verkehrsfläche, sondern eben nur ein "Weg" bzw. "Gehweg" vorliege, befänden sie sich auch aus dem im Folgenden dargelegten weiteren Grund im Rechtsirrtum: Würde man als "Verkehrsfläche" nur qualifizieren, was im Sinne des Landesstraßengesetzes eine "Straße" darstelle, so sei darauf zu verweisen, dass die Bestimmungen des Landesstraßengesetzes die Begriffe "Straße" und "Weg" synonym verwendeten. Aus der Bezeichnung "Weg" oder "Straße" allein lasse sich eine unterschiedliche Rechtsqualität im landesstraßenrechtlichen Sinne nicht ableiten. Die Anwendung des Begriffsverständnisses des Landesstraßengesetzes im hier vorliegenden Zusammenhang bedeute nämlich, dass auch ein nur dem Fußgängerverkehr bestimmter "Weg" als Verkehrsfläche im Sinn des § 25 Abs. 3 BGG bzw. § 31 ROG 1998 zu qualifizieren sei.
Unterstelle man allerdings dem Vorbringen der Beschwerdeführerinnen den Sinngehalt, dass die Grenze des Bauplatzes für den die Baufluchtlinie festgelegt worden sei, mit der Grundgrenze der Verkehrsfläche zusammenfallen müsse, und dies vorliegendenfalls nicht der Fall sei, weil der aus dem Dienstbarkeitsvertrag ableitbare "Gehweg" schmäler dimensioniert sei als die gesamte asphaltierte Fläche zwischen den Liegenschaften der Beschwerdeführerinnen einerseits und dem Bauplatz andererseits, könne für sie daraus ebenfalls nichts gewonnen werden. Es möge zwar sein, dass die mit der Dienstbarkeit belastete Fläche nicht unmittelbar an den Bauplatz angrenze und schmäler sei als die beschriebene Fläche; dies mache allerdings die Qualifikation der gesamten Fläche als Verkehrsfläche nicht fehlerhaft. Die Baubehörde sei nicht gebunden, nur jenen Teil oder jenes Ausmaß einer Fläche als Verkehrsfläche anzusehen, welche mit einer Dienstbarkeit belastet sei.
Darüber hinaus werde auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. April 2002, Zl. 2000/06/0160, verwiesen, aus dem sich auf den vorliegenden Sachverhalt angewandt, ergebe, dass den Beschwerdeführerinnen auch als Eigentümerinnen (Miteigentümerinnen) an der zu Recht als Verkehrsfläche qualifizierten (Teil-)fläche keine Parteistellung zukomme und somit auch keine Verletzung ihrer subjektivöffentlichen Nachbarrechte vorliegen könne. Davon zu unterscheiden sei die Frage der Berührung von Nachbarrechten insoweit, als die Beschwerdeführerinnen (auch) Miteigentümerinnen des jenseits der Verkehrsfläche gelegenen Bauplatzes seien. Aber auch aus dieser Position sei für sie nichts zu gewinnen gewesen, zumal sie nicht behauptet hätten, dass die mit dem Bebauungsplan festgelegte Baufluchtlinie durch das gegenständliche Vorhaben nicht gewahrt werde.
Ungeachtet des Umstandes, dass ein diesbezügliches Vorbringen nicht erstattet worden sei, sei aber zutreffend, dass Nachbarn (grundsätzlich) ein subjektiv-öffentliches Recht auf Einhaltung der festgelegten Baufluchtlinie hätten. Eine Nachprüfung durch die belangte Behörde (unter Verweis auf das Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. A vom 5. Februar 2002) habe aber ergeben, dass durch das bewilligte Bauvorhaben eine Überschreitung der Baufluchtlinie nicht erfolge. Insofern sei daher keine Verletzung in subjektiv-öffentlichen Rechten der Beschwerdeführerinnen erfolgt.
Den Themenkreis betreffend die Einhaltung des gesetzlichen Mindestabstandes zum Grundstück der Beschwerdeführerinnen (die Behauptung der gesetzwidrigen Festlegung der Baufluchtlinie, die Verletzung von subjektiv-öffentlichen Rechten durch nicht gesetzmäßige Festlegung derselben, die Verletzung von subjektivöffentlichen Rechten im Hinblick auf die räumliche Nähe der Objekte und die bewilligte bzw. im Bebauungsplan festgelegte Höhe des Projektes), gelte es festzuhalten, dass sich der einzuhaltende Mindestabstand in einem Fall wie dem vorliegenden, in dem ein Bebauungsplan aufgestellt worden sei, nicht aus den Bestimmungen des BGG, sondern vielmehr aus § 31 ROG 1998 in der Fassung LGBl. Nr. 75/2002 ergebe. Hiezu sei aber von den Beschwerdeführerinnen ein konkretes Vorbringen, dass nämlich die Festlegung der Baufluchtlinie in gesetzwidriger Weise erfolgt sei, nicht erstattet worden. Ungeachtet dessen werde festgehalten, dass aus dem Austauschplan des Architekten DI E vom 31. August 2001 (Ordnungsnummer 106) der Abstand zwischen den beiden Bauten (des Hauses der Beschwerdeführerinnen einerseits und des geplanten Gemeindezentrums andererseits) mit 10 m angegeben sei. Die Baufluchtlinie sei mit 4 m, gemessen ab der Grundgrenze bzw. ab der Verkehrsfläche festgestellt worden und werde - wie aus dem Plan ersichtlich - zweifelsfrei eingehalten. Daraus ergebe sich rechnerisch und auch unter Zuhilfenahme des Planes ein Abstand der Baufluchtlinie vom aufgehenden Mauerwerk des Gebäudes der Beschwerdeführerinnen von 6 m.
Aus dem in den Plänen enthaltenen Schnitt A - A 1 : 100 seien ferner die wesentlichen Höhenangaben zu entnehmen. So weise das Vorhaben - bezogen auf das bestehende Gelände (Urgelände) eine Traufenhöhe von 7,45 m auf. Unter Anwendung des § 31 Abs. 4 ROG 1998 ergebe sich von dieser Höhe aus berechnet, ein "Sollabstand" der Baufluchtlinie von der Achse der Verkehrsfläche mit 4,96 m. Daraus ergebe sich ferner, dass die Baufluchtlinie bzw. die bewilligte Bauhöhe des Projektes den durch § 31 Abs. 4 ROG 1998 bestimmten "Soll-Abstand" bei Weitem einhalte.
Eine weitere sachverständigenmäßige Prüfung, ob die Gemeinde bei Festlegung der Baufluchtlinie in Verbindung mit der bewilligten Höhe im Hinblick auf die räumliche Nähe zum Haus der Beschwerdeführerinnen ihr Planungsermessen gesetzeskonform gehandhabt habe, sei mangels eines entsprechenden Vorbringens unterblieben, letztlich aber auch deshalb, weil die bewilligte Bauhöhe (Traufenhöhe 7,45 m) im Hinblick auf die Lage im Ortszentrum und die Höhen- und Volumensentwicklungen der umgebenden Bebauung keinesfalls überzogen sei. Die Traufenhöhe von 7,45 m entspreche vielmehr einer "normalen Wohnbebauung". Das bewilligte Vorhaben sei in seiner Höhenentwicklung niedriger als der gegenüberliegende Bau der Beschwerdeführerinnen. Insgesamt seien die oben getroffenen Aussagen aus den Plänen ableitbar, leicht nachvollziehbar und geradezu offensichtlich. Zusammenfassend sei daher in diesem Punkt festzuhalten gewesen, dass die belangte Behörde nicht habe erkennen können, dass im Hinblick auf die räumliche Nähe bzw. die Höhenentwicklung des Vorhabens die Baufluchtlinie in gesetzwidriger oder in einer die subjektiv-öffentlichen Nachbarrechte der Beschwerdeführerinnen verletzenden Weise festgelegt worden wäre.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der die Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird.
Die Beschwerdeführerinnen erachten sich in ihrem Recht auf Einhaltung der nachbarrechtlichen Mindestabstände sowie in ihrem Recht auf Festsetzung einer Baufluchtlinie in gesetzeskonformer Anwendung der Bestimmungen des § 31 Abs. 4 Slbg. ROG 1998 verletzt.
In Ausführung dieser Beschwerdepunkte rügen die Beschwerdeführerinnen zunächst, die von der belangten Behörde vertretene Ansicht, sie sei nicht daran gebunden, nur jenen Teil oder jenes Ausmaß einer Fläche als Verkehrsfläche anzusehen, welche mit einer Dienstbarkeit belastet sei, sei unrichtig. Eine derartige Rechtsauffassung hätte zur Folge, dass einem willkürlichen Eingriff in das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Unverletzlichkeit des Eigentums Tür und Tor geöffnet wäre. Eine derartige Einschränkung des Rechtes auf Unverletzlichkeit des Eigentums sei nur in den Fällen und in der Art zulässig, die das Gesetz bestimme. Für die Beschwerdeführerinnen bestehe - im Gegensatz zu den von der belangten Behörde zitierten Erkenntnissen - nach wie vor die privatrechtliche Nutzungsmöglichkeit an jenem Teil ihrer Liegenschaft, die nicht von der für die drittmitbeteiligte Gemeinde eingeräumten Dienstbarkeit des Gehens laut Dienstbarkeitsvertrag vom 15. März 1995 erfasst werde. Diese Fläche könne somit von den Beschwerdeführerinnen weiterhin unbeschränkt und unbeschränkbar für privatrechtliche Zwecke, wie etwa zum Abstellen von PKWs, verwendet werden. Auch stehe es ihnen frei, diese Fläche für jegliche andere Zwecke im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen zu verwenden. Diese weitere Nutzungsmöglichkeit sei auch vor dem Hintergrund zu sehen, dass Dienstbarkeiten nicht erweitert werden dürften, sondern eingeschränkt werden müssten, insoweit es ihre Natur und der Zweck der Bestellung gestatte (§ 484 ABGB). Nachdem die drittmitbeteiligte Gemeinde laut dem genannten Dienstbarkeitsvertrag nur einen Teil der Gesamtfläche zur Ausübung ihrer Dienstbarkeit in Anspruch nehmen wolle, sei es unzulässig, nunmehr nach eigenem Gutdünken eine Verkehrsfläche auch für jene Fläche anzunehmen, die zuvor auf Grund der vertraglichen Vereinbarung nicht erfasst worden sei. Gegenteilige Handlungen der drittmitbeteiligten Gemeinde stellten eine rechtswidrige Ermessensüberschreitung dar. Die gesamte im Miteigentum der Beschwerdeführerinnen befindliche Liegenschaft (bestehend aus Grundstück 5/4, KG D, und somit auch jener von der belangten Behörde als Verkehrsfläche behandelte Teil desselben sei im Flächenwidmungsplan als "Bauland - Kerngebiet" und nicht als "Verkehrsfläche" im Sinne der Bestimmung des § 18 ROG 1998 ausgewiesen. Es handle sich bei keiner Teilfläche dieser Liegenschaft um eine dem öffentlichen Verkehr dienende Privatstraße im Sinn des § 40 des Landesstraßengesetzes. Die rechtswidrigerweise in der Bauplatzerklärung enthaltene Baufluchtlinie sei in den Bebauungsplan der Grundstufe "Ortszentrum 1" (per 23. August 2001 wirksam geworden) übernommen worden. Seit Wirksamkeitsbeginn dieses Bebauungsplanes bestehe für jedermann das Recht, den im Bebauungsplan als "wichtige Straßenfläche" ausgewiesenen Teil der Liegenschaft der Beschwerdeführerinnen uneingeschränkt zu benutzen. Im Gegensatz zu dem zwischen den Rechtsvorgängern der Beschwerdeführerinnen einerseits und der drittmitbeteiligten Gemeinde andererseits abgeschlossenen Dienstbarkeitsvertrag, mit welchem der Gemeinde und deren Rechtsnachfolgern hinsichtlich eines eingeschränkten Bereiches ein Gehrecht eingeräumt worden sei, könne der oben beschriebene Bereich in einer Breite von 4 m nunmehr auch mit Fahrzeugen aller Art befahren werden. Durch die Festlegung als "wichtige Straßenfläche" in einer Breite von 4 m auf der Liegenschaft der Beschwerdeführerinnen an der Grenze zu dem im gegenständlichen Fall zu bebauenden Bauplatz seien sie nicht nur in ihrem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unverletzlichkeit des Eigentums an ihrer Liegenschaft verletzt worden, sondern es sei auch die Festlegung der Baufluchtlinie zu ihrer Liegenschaft rechtswidrig erfolgt, wodurch sie in ihrem subjektiv-öffentlichen Recht auf Einhaltung der nachbarrechtlichen Mindestabstände verletzt worden seien.
Da somit auf Grund der aufgezeigten Rechtswidrigkeit obiger Festlegungen im Bebauungsplan der Grundstufe "Ortszentrum 1" und somit mangels rechtmäßiger raumordnungsrechtlicher Widmung nicht von einer Verkehrsfläche und daher auch nicht von einer rechtmäßig festgesetzten Baufluchtlinie auszugehen sei, hätte für die Beurteilung, ob die nachbarrechtlichen Mindestabstände zur Liegenschaft der Beschwerdeführerinnen durch das gegenständliche Bauvorhaben der § 25 Abs. 3 zweiter und vierter Satz BGG herangezogen werden müssen. Ausgehend von den Austauschplänen (des DI E vom 21. August 2001) erhebe sich das Projekt 7,28 m über das gewachsene Gelände, der nachbarrechtliche Mindestabstand betrage somit 5,46 m. Dieser werde durch die Einhaltung eines Abstandes von lediglich 4 m eklatant unterschritten.
Schließlich regen die Beschwerdeführerinnen die Antragstellung nach Art. 135 Abs. 4 in Verbindung mit Art. 39 Abs. 2 und Art. 139 Abs. 1 B-VG beim Verfassungsgerichtshof auf Aufhebung der Verordnung der Gemeindevertretung der drittmitbeteiligten Gemeinde, mit welcher der Bebauungsplan der Grundstufe "Ortszentrum 1" erlassen worden sei, an.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift - wie auch sämtliche mitbeteiligten Parteien -, in welchen die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das Mitspracherecht des Nachbarn im Baubewilligungsverfahren in zweifacher Weise beschränkt: Es besteht einerseits nur insoweit als dem Nachbarn nach den in Betracht kommenden baurechtlichen Vorschriften subjektiv-öffentliche Rechte zukommen und andererseits nur in jenem Umfang, in dem der Nachbar solche Rechte im Verfahren durch die rechtzeitige Erhebung entsprechender Einwendungen wirksam geltend gemacht hat (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Dezember 1980, Slg. Nr. 10.317/A, u. v.a.). Dies gilt auch für Parteien, die gemäß § 42 AVG ihre Parteistellung beibehalten haben.
Im Beschwerdefall ist das Salzburger Baupolizeigesetz 1997, LGBl. Nr. 40 (in der Folge: BaupolG), in der Fassung LGBl. Nr. 9/2001 anzuwenden, nach dessen § 9 Abs. 1 Z. 6 die Baubewilligung zu versagen ist, wenn durch die baulichen Maßnahmen ein subjektiv-öffentliches Recht einer Partei verletzt wird. Solche Rechte werden durch jene baurechtlichen Vorschriften begründet, welche nicht nur dem öffentlichen Interesse dienen, sondern im Hinblick auf die räumliche Nähe auch den Parteien; hiezu gehören insbesondere die Bestimmungen über die Höhe und Lage der Bauten im Bauplatz.
Gemäß § 25 Abs. 3 des Salzburger Bebauungsgrundlagengesetzes (BGG), LGBl. Nr. 69/1968 in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 8/2001, gilt für den Abstand der Bauten von der Grundgrenze gegen die Verkehrsfläche die Baufluchtlinie oder die Baulinie, im Übrigen müssen die Bauten im Bauplatz so gelegen sein, dass ihre Fronten von den Grenzen des Bauplatzes jeweils einen Mindestabstand im Ausmaß von drei Viertel ihrer Höhe bis zum obersten Gesims oder zur obersten Dachtraufe, jedenfalls aber von 4 m, haben.
Nach § 18 Abs. 1 des Salzburger Raumordnungsgesetzes 1998 (ROG 1998) LGBl. Nr. 44 (Wiederverlautbarung), sind im Flächenwidmungsplan als Verkehrsflächen wichtige Verkehrsflächen der Gemeinde samt den dazu gehörigen baulichen Anlagen und den angrenzenden Grünstreifen auszuweisen, die für die Anlage oder ihren Schutz notwendig sind. Hierzu gehören auch solche Verkehrsflächen, die in nächster Zukunft einen solchen Zweck gewidmet werden sollen.
§ 30 ROG 1998 bestimmt, dass die Straßenfluchtlinien die Verkehrsflächen der Gemeinde einschließlich jener Grundflächen, die zur Herstellung der Verkehrsflächen benötigt werden (Böschungen, Gräben, Stütz- und Futtermauern udgl), von den übrigen Grundflächen abgrenzen. Verkehrsflächen sind Grundflächen, die für den öffentlichen Fußgänger- oder Fahrzeugverkehr und für die Errichtung jener Verkehrsanlagen bestimmt sind, die der Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs unmittelbar dienen. Bei ihrer Festlegung ist darauf zu achten, dass die Verkehrsflächen eine ihrer Funktion und den darauf vorgesehenen Verkehrsarten gerecht werdende Breite und Linienführung aufweisen.
§ 31 leg. cit. enthält nähere Bestimmungen zu Baufluchtlinien und Baulinien. Diese Bestimmungen lauten auszugsweise:
"(1) Die Baufluchtlinie ist jene Linie, die durch oberirdische Bauten gegen die Verkehrsfläche hin nicht überschritten werden darf.
(2) ...
(3) ...
(4) Die Baufluchtlinie oder die Baulinie ist unter Bedachtnahme auf die besonderen örtlichen Erfordernisse festzulegen; dabei sind insbesondere das gegebene oder beabsichtigte Orts- und Straßenbild und eine mögliche Verminderung der gesundheitsschädigenden Auswirkungen des Verkehrs zu berücksichtigen. Ihr Abstand soll von der Achse der Verkehrsfläche nach Tunlichkeit wenigstens zwei Drittel der für das oberste Gesimse oder die oberste Dachtraufe festgelegten Höchsthöhe jener Bauten betragen, für die die Baufluchtlinien oder Baulinien gelten.
(5) ..."
Es war zunächst zu untersuchen, ob die Festlegung der (im Übrigen von den Beschwerdeführerinnen unbestrittenermaßen eingehaltenen) Baufluchtlinie im Bebauungsplan rechtskonform erfolgt ist. Dies ist im Sinne des § 31 Abs. 1 und 4 ROG 1998 dann der Fall, wenn
- a) eine Verkehrsfläche vorliegt und
- b) auf die besonderen örtlichen Erfordernisse sowie auf die in dieser Bestimmung genannten Kriterien Bedacht genommen wurde.
Im vorliegenden Fall wurde die Bauplatzerklärung mit Bescheid vom 8. Februar 2002 dem während des Berufungsverfahrens erlassenen Bebauungsplan angepasst.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem bereits von der belangten Behörde herangezogenen Erkenntnis vom 26. April 2002, Zl. 2000/06/0160, unter Bezugnahme auf dort näher zitierte Vorerkenntnisse ausgeführt, dass dem Nachbarn zwar im Verfahren über die Bauplatzerklärung keine Parteistellung zukommt, es ihm jedoch frei steht, ihm in dieser Hinsicht zustehende subjektivöffentliche Rechte mit Einwendungen im Baubewilligungsverfahren geltend zu machen. Dieses Recht machten die Beschwerdeführerinnen geltend.
In diesem Vorerkenntnis wurde aber auch ausgesprochen, dass Regelungsgegenstand der Bestimmung des § 18 Abs. 1 Slbg. ROG lediglich die Ausweisungsverpflichtung der Gemeinde "wichtige Gemeindestraßen" betreffend ist, und diese Bestimmung keinen Rückschluss darauf zulässt, ob es sich bei einer tatsächlich als Weg bzw. Zufahrtsstraße benützten Fläche trotz Unterlassung einer solchen Ausweisung um eine "Verkehrsfläche" im Sinne des § 25 Abs. 3 BGG handelt. Der Begriff "Verkehrsfläche" in § 25 Abs. 3 BGG kann schon deshalb nicht ausschließlich im Sinne des § 18 Abs. 1 ROG verstanden werden, weil die Ausweisung von Verkehrsflächen im Flächenwidmungsplan eben nur für bestimmte ("wichtige") Straßen zu erfolgen hat, während die Festsetzung "sonstiger" Verkehrsflächen Gegenstand des Bebauungsplanes (§§ 27ff ROG) und des Landesstraßengesetzes zu sein hat (vgl. dazu Hauer, Salzburger Baurecht3, Seite 333, Anm. 1 zu § 18 ROG). Der Hinweis der Beschwerdeführerinnen auf diese Bestimmung verhilft daher ihrem Rechtsstandpunkt nicht zum Erfolg.
Im Beschwerdefall ist vielmehr maßgeblich, dass an jenem (an den Bauplatz unmittelbar angrenzenden) Teil des Grundstückes der Beschwerdeführerinnen zu Gunsten der Gemeinde ein Gehrecht eingeräumt wurde, welches nach Gutdünken der Gemeinde von "jedermann" ausgeübt werden darf. Damit wurde insofern Gemeingebrauch am fraglichen Grundstreifen begründet, der somit als öffentliche Verkehrsfläche iS des § 287 ABGB (siehe Spielbüchler in Rummel I3, RZ 4 zu § 287 ABGB) wie auch iS der §§ 30 und 31 Abs. 4 ROG anzusehen ist, zumal im Beschwerdefall die vertragliche Einräumung des Gemeingebrauches einer Widmung im Sinne des § 40 Abs. 1 lit. a LandestraßenG gleich zu halten ist. Dass der Gemeingebrauch bzw. die Widmung auf ein Gehrecht beschränkt sind, steht der Qualifikation als öffentliche Verkehrsfläche iS der §§ 30 und 31 Abs. 4 ROG nicht entgegen.
Dass, davon ausgehend, die fragliche Baufluchtlinie (hinsichtlich ihres Abstandes von der Verkehrsfläche) entgegen den Vorgaben des § 31 Abs. 4 ROG festgelegt worden wäre, zeigen die Beschwerdeführerinnen nicht auf. Da das Vorhaben diese Linie einhält, sind auch "die nachbarrechtlichen Mindestabstände" eingehalten.
Da die Beschwerdeführerinnen somit durch den angefochtenen Bescheid im Beschwerdepunkt nicht verletzt wurden, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen. Vor diesem Hintergrund bestand für den Verwaltungsgerichtshof auch kein Anlass für die angeregte Vorgangsweise gemäß Art. 139 B-VG.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 22. Juni 2004
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