VwGH AW 2003/04/0004

VwGHAW 2003/04/000417.2.2003

Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag der K GmbH in W, vertreten durch die H, I & P Rechtsanwälte OEG, gegen den Bescheid des Bundeskommunikationssenates vom 6. September 2002, Zl. 611.092/002-BKS/2002, betreffend Veranstaltung eines Hörfunkprogrammes (mitbeteiligte Partei: N GmbH), erhobenen Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:

Normen

VwGG §30 Abs2;
VwGG §30 Abs2;

 

Spruch:

Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag stattgegeben.

Begründung

Der beschwerdeführenden Partei wurde mit Bescheid vom 5. Dezember 1997 die Zulassung zur Veranstaltung eines Rundfunkprogrammes für das näher bezeichnete Versorgungsgebiet erteilt und wurde der Sendebetrieb im Juni 1998 aufgenommen.

Nach Aufhebung des Sendelizenzbescheides durch den Verfassungsgerichtshof wurde der beschwerdeführenden Partei mit Bescheid vom 19. Dezember 2000 eine einstweilige Zulassung erteilt.

Die KommAustria hat (neuerlich) mit Bescheid vom 18. Juni 2001 der beschwerdeführenden Partei die Zulassung zur Veranstaltung eines Rundfunkprogrammes für das genannte Versorgungsgebiet erteilt und die aufschiebende Wirkung allfälliger Berufungen ausgeschlossen; die beschwerdeführende Partei hat nunmehr auf Grund dieses Bescheides ihr Hörfunkprogramm verbreitet.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 6. September 2002 hat der Bundeskommunikationssenat der Berufung der mitbeteiligten Partei Folge gegeben und dieser die Zulassung erteilt. Der Antrag der beschwerdeführenden Partei wurde abgewiesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, zur hg. Zl. 2003/04/0016 protokollierte Beschwerde, mit der der Antrag verbunden ist, ihr die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Dieser Antrag ist im Wesentlichen - unter Vorlage von Bescheinigungsmittel - damit begründet, die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ermögliche es der beschwerdeführenden Partei, den Sendebetrieb aufrecht zu erhalten. Bei Versagung der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung müsste die beschwerdeführende Partei den Betrieb sofort einstellen und würde nach einer Berechnung der R GmbH, einem Beratungsunternehmen für Rundfunkveranstalter, der Schaden bei einer Betriebseinstellung von nur einem halben Jahr zumindest EUR 2,433.571,-- betragen. Die sofortige Betriebseinstellung wäre im Hinblick auf bisher getätigte Investitionen existenzbedrohend. Die beschwerdeführende Partei wäre um die einzige Möglichkeit gebracht, ihre Investitionen zurückzuverdienen und Umsatz zu erzielen. Für die mitbeteiligte Partei wäre ein Zuwarten zumutbar und würde kein unverhältnismäßiger Nachteil entstehen. Diese habe den Sendebetrieb bisher nicht aufgenommen und habe auch noch keine Investitionen in den Sendebetrieb tätigen können. Die Aufrechterhaltung des Sendebetriebes für die Dauer des Beschwerdeverfahrens liege gemäß Art. 10 EMRK im öffentlichen Interesse.

Der belangten Behörde sowie der mitbeteiligten Partei wurde Gelegenheit gegeben, zum Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung Stellung zu nehmen. Die belangte Behörde teilte mit, von einer diesbezüglichen Stellungnahme abzusehen. Von der mitbeteiligten Partei langte eine Äußerung nicht ein.

Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof auf Antrag des Beschwerdeführers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, insoweit dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung aller berührten Interessen mit dem Vollzug oder mit der Ausübung der mit Bescheid eingeräumten Berechtigung durch einen Dritten für den Beschwerdeführer ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung dargetan hat, kann von zwingenden öffentlichen Interessen im Sinne des § 30 Abs. 2 VwGG nur gesprochen werden, wenn die konkrete Interessenslage öffentliche Rücksichten berührt, die einen umgehenden Vollzug des angefochtenen Bescheides gebieten. Der Umstand, dass öffentliche Interessen am Vollzug einer behördlichen Maßnahme bestehen, berechtigt nicht ohne Weiteres schon zur Annahme, dass eben diese Interessen auch eine sofortige Verwirklichung der getroffenen Maßnahmen zwingend gebieten. Hiezu bedarf es noch des Hinzutretens weiterer Umstände, um die öffentlichen Interessen als "zwingend" im Sinne der genannten Gesetzesstelle ansehen zu können (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 2. April 1994, Zl. AW 94/17/0008, und die dort zitierte Vorjudikatur).

Dass derartige Umstände vorlägen, hat das Verfahren nicht ergeben.

Bei einer sohin vorzunehmenden Interessensabwägung ist davon auszugehen, dass das Rechtsinstitut der aufschiebenden Wirkung als ein die Funktionsfähigkeit des Rechtsschutzsystems der Verwaltungsrechtsordnung stützendes Element anzusehen ist. Die in der Bescheidprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof gegebene Rechtsschutzfunktion soll durch einen Vollzug des angefochtenen Bescheides während der Dauer des Beschwerdeverfahrens nicht ausgehöhlt bzw. ausgeschaltet werden (vgl. hiezu etwa den Beschluss vom 25. Februar 1991 - verstärkter Senat -, Slg. Nr. 10.381/A). Die Interessensabwägung schlägt daher in der Regel zu Gunsten des Beschwerdeführers aus, wenn der ihm durch den Vollzug des angefochtenen Bescheides drohende Nachteil im Falle eines Erfolges der Beschwerde nicht oder nur schwer rückgängig gemacht werden kann, während vom Standpunkt der öffentlichen Interessen ein Zuwarten mit der Durchsetzung des normativen Gehaltes des Bescheides zumutbar ist (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 10. September 1990, Zlen. AW 90/17/0022, 90/17/0059).

Solch ein Fall ist hier gegeben. Es ist in diesem Provisorialverfahren nicht zu sehen, dass das Vorbringen der beschwerdeführenden Partei über die ihr bei sofortigem Vollzug des angefochtenen Bescheides drohenden, irreversiblen Nachteile unzutreffend sei. Da andererseits nicht zu erkennen ist, dass bei Fortführung des Sendebetriebes durch die beschwerdeführende Partei der mitbeteiligten Partei ein unmittelbarer Schaden in Form von frustrierten Aufwendungen oder ein sonstiger gegenüber jenem der beschwerdeführenden Partei ins Gewicht fallender Schaden drohe, schlägt die Interessensabwägung zu Gunsten der beschwerdeführenden Partei aus.

Der Verwaltungsgerichtshof ist somit der Auffassung, dass sowohl vom Standpunkt der öffentlichen Interessen als auch der Interessen der mitbeteiligten Partei ein Zuwarten mit der Durchsetzung des normativen Gehaltes des Bescheides hingenommen werden kann, damit die in der Bescheidprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof gegebene Rechtsschutzfunktion durch einen Vollzug des angefochtenen Bescheides während der Dauer des Beschwerdeverfahrens nicht ausgehöhlt bzw. ausgeschaltet wird.

Dem Antrag war daher stattzugeben.

Wien, am 17. Februar 2003

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