Normen
FrG 1997 §36 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z1;
FrG 1997 §37;
FrG 1997 §38 Abs1 Z4;
FrG 1997 §39;
VwGG §42 Abs2 Z1;
FrG 1997 §36 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z1;
FrG 1997 §37;
FrG 1997 §38 Abs1 Z4;
FrG 1997 §39;
VwGG §42 Abs2 Z1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 908,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich (der belangten Behörde) vom 2. August 2002 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen kroatischen Staatsangehörigen, gemäß § 36 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 1 iVm §§ 37 und 39 Fremdengesetz 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen.
Der Beschwerdeführer sei (seit 10. August 1993) kroatischer Staatsangehöriger und am 5. Dezember 1980 in Vöcklabruck geboren worden. Mit 21. Jänner 1981 sei seiner Mutter ein bis 15. Jänner 1982 gültiger Sichtvermerk, der auch für den Beschwerdeführer gültig gewesen sei, erteilt worden. In der Folge seien weitere Sichtvermerke, zuletzt mit einer Gültigkeit bis 23. September 1985 erteilt worden. Nach den melderechtlichen Unterlagen sei der Beschwerdeführer am 28. Februar 1984 in seine Heimat verzogen und habe ab 28. Oktober 1984 erneut seinen ordentlichen Wohnitz in Österreich begründet. Am 8. September 1987 sei er neuerlich in sein Heimatland zurückgekehrt. Am 13. Juni 1988 sei er wieder nach Österreich zurückgekommen und habe hier seinen ordentlichen Wohnsitz begründet.
Im Folgenden traf die belangte Behörde Feststellungen zu den drei rechtskräftigen Verurteilungen des Beschwerdeführers und den zu Grunde liegenden Straftaten.
Der Beschwerdeführer habe u.a. vorgebracht, sich nur in den oben festgehaltenen Zeiträumen in seiner Heimat aufgehalten zu haben. Den Rest seines Lebens, insbesondere die letzten 14 Jahre wäre er rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen gewesen.
Im Folgenden führte die belangte Behörde aus, aus welchen Gründen die in § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt und das Aufenthaltsverbot im Grund des § 37 Abs. 1 und Abs. 2 FrG zulässig sei. Dabei hielt sie dem Beschwerdeführer im Rahmen der Interessenabwägung gemäß § 37 FrG u.a. zugute, dass er sich "zweifelsohne großteils (bis auf zwei Unterbrechungen - 8 Monate und 10 Monate) in Österreich aufgehalten" habe.
Der Aufenthaltsverbotsgrund gemäß § 38 Abs. 1 Z. 4 FrG komme beim Beschwerdeführer schon deshalb nicht zum Tragen, weil er in seinem dritten Lebensjahr für acht Monate und in seinem sechsten Lebensjahr für zehn Monate in seine Heimat zurückgekehrt sei. Aus diesem Grund sei er nicht von klein auf im Inland aufgewachsen.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn aufzuheben.
3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, sah jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift ab.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Gemäß § 38 Abs. 1 Z. 4 FrG darf ein Aufenthaltsverbot nicht erlassen werden, wenn der Fremde von klein auf im Inland aufgewachsen und hier langjährig rechtmäßig niedergelassen ist.
2. Die belangte Behörde hat festgestellt, dass sich der in Österreich geborene Beschwerdeführer von 28. Februar 1984 bis 28. Oktober 1984 sowie von 8. September 1987 bis 13. Juni 1988 in seiner Heimat aufgehalten hat. Sie vertrat die Ansicht, dass der Beschwerdeführer nicht "von klein auf im Inland aufgewachsen" sei, weil er "im 3. Lebensjahr für einen längeren Zeitraum (ca. 8 Monate)" und im "6. Lebensjahr" für "ca. 10 Monate" in seine Heimat zurückgekehrt sei.
3. Die Wendung "von klein auf" in § 38 Abs. 1 Z. 4 FrG ist nach der hg. Judikatur so zu deuten, dass sie jedenfalls für eine Person, die erst im Alter von vier Jahren oder später nach Österreich eingereist ist, nicht zum Tragen kommen kann. Aber auch eine Person, die zwar vor Vollendung ihres vierten Lebensjahres nach Österreich eingereist bzw. im Inland geboren ist, sich aber (kurz) danach wieder für längere Zeit ins Ausland begeben hat und somit nicht schon im Kleinkindalter sozial in Österreich integriert worden ist, wird man von dieser Regelung - weil eine solche Person nicht in Österreich "aufgewachsen" ist - nicht als erfasst ansehen können. (Vgl. den Beschluss vom 17. September 1998, Zl. 96/18/0150, und das Erkenntnis vom 2. März 1999, Zl. 98/18/0244, mwN.) Bei Heimataufenthalten eines in Österreich geborenen oder vor Vollendung des vierten Lebensjahres in das Bundesgebiet eingereisten Fremden kommt es darauf an, ob diese Aufenthalte in ihrer Gesamtheit dazu geführt haben, dass der Fremde mit dem Land, dessen Staatsbürgerschaft er besitzt, ähnlich wie ein ständig dort Lebender vertraut ist, es somit tatsächlich als seine Heimat angesehen werden kann. Dabei kommt es jedenfalls primär auf die Dauer dieser Aufenthalte (in Relation zum Lebensalter des Fremden) an; nicht unwesentlich ist aber auch, in welchen Lebensabschnitt diese Aufenthalte jeweils fallen. (Vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. November 1999, Zl. 99/18/0112.)
Der Beschwerdeführer hat sich nach den Feststellungen im angefochtenen Bescheid lediglich acht Monate während seines vierten Lebensjahres und etwa neun Monate während des siebenten und achten Lebensjahres in seiner Heimat aufgehalten. Die restlichen Zeiträume, somit nahezu sein gesamtes Leben, hat er im Inland verbracht.
Die beiden Heimataufenthalte in der Dauer von acht Monaten und neun Monaten in der Kindheit des Beschwerdeführers konnten keinesfalls dazu führen, dass der Beschwerdeführer mit den Gegebenheiten seines Heimatlandes so vertraut ist wie ein ständig dort Lebender.
4. Auf dem Boden der im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen kann somit vor dem Hintergrund der obigen Erwägungen der Auffassung der belangten Behörde, der Beschwerdeführer sei nicht als von klein auf im Inland aufgewachsen anzusehen und erfülle daher nicht die (erste) Tatbestandsvoraussetzung des § 38 Abs. 1 Z. 4 FrG, nicht beigepflichtet werden.
Dass die belangte Behörde die Ansicht vertrete, der Beschwerdeführer sei im Bundesgebiet nicht langjährig rechtmäßig niedergelassen (zweites Tatbestandselement der vorzitierten Gesetzesbestimmung), kann dem angefochtenen Bescheid nicht entnommen werden.
5. Da die belangte Behörde daher mit ihrer Ansicht, der Tatbestand des § 38 Abs. 1 Z. 4 FrG sei nicht erfüllt, die Rechtslage verkannt hat, war der angefochtene Bescheid schon deshalb gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
6. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.
Wien, am 18. März 2003
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