VwGH 2002/16/0119

VwGH2002/16/011930.4.2003

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Fellner und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Stummer, über die Beschwerde des A in Wien, vertreten durch Mag. Wolfgang Kleinhappel, Rechtsanwalt in Wien I, Rabensteig 8/3A, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland als Finanzstrafbehörde zweiter Instanz vom 21. Jänner 2002, GZ RV/2-13/99, betreffend Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, zu Recht erkannt:

Normen

FinStrG §167 Abs1;
FinStrG §167 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 332 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Strafverfügung des Hauptzollamtes Wien als Finanzstrafbehörde erster Instanz vom 9. Februar 1997 wurde der Beschwerdeführer der vorsätzlichen Hinterziehung von Eingangsabgaben nach § 35 Abs 3 FinStrG schuldig erkannt. Der Bescheid wurde nach einem ersten Zustellversuch am 14. Februar 1997 - worüber im Hausbrieffach eine Verständigung hinterlassen wurde - und einem zweiten Zustellversuch am 17. Februar 1997 am letztgenannten Tag beim Postamt 1034 Wien hinterlegt. Die Sendung wurde nicht behoben.

Im Zuge eines Vollstreckungsverfahrens wurde die Strafverfügung dem Beschwerdeführer am 21. August 1997 ausgehändigt.

In einem am 9. September 1997 eingebrachten Schriftsatz beantragte der Beschwerdeführer "Wiedereinsetzung" und erhob gegen die Strafverfügung Einspruch. Er erinnere sich nicht, einen Zettel vorgefunden zu haben. Laut Kalender seines Arztes und seinem eigenen Terminkalender sei er in dieser Zeit krank gewesen, und zwar sei er an einer schweren Grippe erkrankt gewesen. Da der Beschwerdeführer auch Diabetiker sei und an Hochblutdruck leide, sei er im Bett gelegen und sei anschließend zur Erholung im Ausland gewesen.

Nach einer entsprechenden Aufforderung der Finanzstrafbehörde legte der Beschwerdeführer am 10. November 1997 eine Krankmeldung über die Zeit vom 14. Februar 1997 bis 7. März 1997 vor.

Am 2. März 1998 langte bei der Finanzstrafbehörde ein Schreiben des Jan K., Bratislava, ein, in dem dieser ausführte, der Beschwerdeführer habe ihm Anfang Februar 1997 erzählt, sein Arzt habe ihm einen Urlaub in einer ruhigen Lage zur Erholung empfohlen. Er habe ihm wieder sein in Senec, Slowakei, an einem See gelegenes Haus angeboten. Anfang März habe ihm dieser die Schlüssel für dieses Haus zurückgegeben.

Mit Bescheid vom 21. Dezember 1998 wurde der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand abgewiesen. Gleichzeitig wurde der Einspruch gegen die Strafverfügung zurückgewiesen. Die Finanzstrafbehörde ging dabei davon aus, dass sich der Beschwerdeführer am Tag der Hinterlegung an der Abgabestelle aufgehalten habe, da die Erkrankung erst am 14. Februar 1997 begonnen hatte. Die Versäumung der Einspruchsfrist stelle kein unabwendbares Ereignis dar.

Gegen diesen Bescheid wurde (Administrativ-)Beschwerde erhoben. Darin wurde insbesondere ausgeführt, die Finanzbehörde wisse nicht, wie schwer die Krankheit war, von der die Ärzte nicht klar hätten erkennen können, ob es ein Virus im Darm oder ein Nierenstein gewesen sei. Wie könne ein Bürger, der ständig Brechdurchfall habe, ständige Schmerzen, mit Hoch-Blutdruck und Diabetes sowie einem Herzfehler über irgendeine andere Sache nachdenken.

Diese Beschwerde wurde mit dem angefochtenen Bescheid der Finanzstrafbehörde zweiter Instanz als unbegründet abgewiesen. In der Begründung des Bescheides ging die belangte Behörde davon aus, dass der Beschwerdeführer nach seinen eigenen Angaben und denen seines Arztes ab 14. Februar 1997 zu Hause im Bett gelegen sei. Eine weite Reise in einem durch die Erkrankung geschwächten Zustand sei auszuschließen. Es sei daher anzunehmen, dass der Beschwerdeführer eine Woche nach dem 14. Februar 1997 bettlägerig gewesen sei und sich an der Abgabestelle aufgehalten habe. Er habe sich somit bei beiden Zustellversuchen an der Abgabestelle aufgehalten. Es liege daher eine rechtmäßige Hinterlegung der Sendung vor. Weiters nahm die belangte Behörde an, dass der Beschwerdeführer in der Zeit vom 14. bis 21. Februar 1997 bettlägerig gewesen sei. Demnach sei er nach dem 21. Februar 1997 während der Zeit der bescheinigten Arbeitsunfähigkeit von Wien in die Slowakei gereist und spätestens am 7. März 1997 in seine Wohnung nach Wien zurückgekehrt. Dies bedeute, dass der Beschwerdeführer während seiner Arbeitsunfähigkeit seine Dispositionsfähigkeit wieder erlangt habe, weil er fähig gewesen sei, während des Krankenstandes in die Slowakei zu reisen. Der Beschwerdeführer sei daher in der Lage gewesen, den Inhalt des Briefkastens zu überprüfen. Auch nach der Rückkehr von seinem Erholungsurlaub am 7. März 1997 sei die Abholfrist (10. März 1997) noch offen gewesen. Die Erkrankung sei kein unabwendbares oder unvorhergesehenes Ereignis gewesen, das dem Beschwerdeführer den Zustellvorgang nicht erkennen ließ.

In der Beschwerde gegen diesen Bescheid erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem Recht auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand verletzt.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift und legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 167 Abs 1 FinStrG ist gegen die Versäumung einer Frist auf Antrag des Beschuldigten die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn der Antragsteller durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet und glaubhaft macht, dass er durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten.

Der Beschuldigte hat den behaupteten Wiedereinsetzungsgrund im Wiedereinsetzungsantrag glaubhaft zu machen. Dabei hat die Partei selbst einwandfrei und unter Ausschluss jeden Zweifels das Vorliegen all jener Umstände darzulegen, auf die eine solche Wiedereinsetzung gestützt werden kann. Das Vorliegen von Wiedereinsetzungsgründen ist nur in jenem Rahmen zu untersuchen, der durch die Behauptungen des Wiedereinsetzungswerbers gedeckt ist (vgl zB den hg Beschluss vom 11. Juli 2000, Zlen 2000/16/0311, 0312).

Der Beschwerdeführer geht im Wiedereinsetzungsantrag vom 9. September 1997 sinngemäß davon aus, dass er die Frist zur Einbringung eines Einspruches gegen die in Rede stehende Strafverfügung deswegen versäumt habe, weil ihm die Hinterlegung der diese Strafverfügung enthaltenden Sendung nicht zur Kenntnis gelangt ist. Im Antrag wird dazu lediglich ausgeführt, der Beschwerdeführer erinnere sich nicht, einen "Zettel" vorgefunden zu haben. Gleichzeitig verwies er auf eine Grippeerkrankung. Mit diesem Vorbringen hat der Beschwerdeführer einen Wiedereinsetzungsgrund aber nicht konkret dargestellt.

Die belangte Behörde hat aus den Hinweisen des Beschwerdeführers auf eine schwere Grippeerkrankung sowie den Hinweisen in der Administrativbeschwerde auf weitere Krankheiten zutreffend geschlossen, dass er sich zum Zeitpunkt der beiden Zustellversuche an der Abgabestelle aufgehalten hat. Die erstmals in der Beschwerde aufgestellte Behauptung, der Beschwerdeführer sei bereits vom 14. Februar 1997 bis zum 7. März 1997 in der Slowakei gewesen, stellt ein im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof unbeachtliches neues Vorbringen dar.

War aber davon auszugehen, dass sich der Beschwerdeführer an der Abgabestelle aufgehalten hat, so fehlen Angaben darüber, warum die beiden bescheinigten Zustellversuche am 14. und am 17. Februar 1997 - die sich ja nicht in der Ablage der Verständigungen hierüber im Brieffach erschöpft haben konnten - erfolglos geblieben sind. Dass die Erkrankung Beschwerdeführers zu einer Dispositionsunfähigkeit gegenüber diesen Zustellversuchen geführt hatte, wurde vom Beschwerdeführer nicht behauptet. Dabei ist darauf zu verweisen, dass aus einer Erkrankung als solcher noch nicht auf die völlige Dispositionsunfähigkeit geschlossen werden kann. Insbesondere hat der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren auch nicht konkretisiert, wann er den Briefkasten tatsächlich entleert hat.

Soweit der Beschwerdeführer unter dem Gesichtspunkt der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht, die belangte Behörde habe es unterlassen, den Zusteller dazu zu befragen, dass dieser "keine Verständigung" im Brieffach deponiert habe, ist ihm entgegenzuhalten, dass ein derartiger Beweisantrag im Verwaltungsverfahren nicht gestellt worden ist. Die Behörde war dabei zu einer solchen Beweisaufnahme schon deswegen nicht verpflichtet, weil im Wiedereinsetzungsantrag nur behauptet wurde, der Beschwerdeführer könne sich nicht erinnern, einen "Zettel" vorgefunden zu haben. Überdies steht diese Rüge mit dem Vorbringen an anderer Stelle der Beschwerde, der Beschwerdeführer habe die Hinterlegungsanzeige infolge geringgradigen Versehens gemeinsam mit Prospektmaterial weggeworfen, in Widerspruch.

Die belangte Behörde ist somit zu Recht davon ausgegangen, dass der Beschwerdeführer in seinem Wiedereinsetzungsantrag vom 9. September 1997 einen konkreten Wiedereinsetzungsgrund nicht glaubhaft gemacht hat. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 30. April 2003

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