VwGH 2002/12/0247

VwGH2002/12/024718.12.2003

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höß und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Bayjones, Dr. Schick und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lamprecht, über die Beschwerde der Dr. F in I, vertreten durch Dr. Walter Riedl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz Josefs-Kai 5, gegen den Bescheid des Bundesministers für Justiz vom 6. November 2001, Zl. 6839/1-III 6/01, betreffend Anspruch auf Bezüge und Gehaltsvorrückung, zu Recht erkannt:

Normen

11992E119 EGV Art119;
11997E141 EG Art141;
31975L0117 Entgelts-RL;
AVG §56;
RDG §66 Abs4 idF 1999/I/009;
RDG §66 Abs5;
11992E119 EGV Art119;
11997E141 EG Art141;
31975L0117 Entgelts-RL;
AVG §56;
RDG §66 Abs4 idF 1999/I/009;
RDG §66 Abs5;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin ist Richterin des Bezirksgerichtes X.

Aus Anlass der bevorstehenden Geburt ihres ersten Kindes, das am 25. August 1995 geboren wurde, wurde die Beschwerdeführerin mit Ablauf des 15. Juni 1995 wegen des Beschäftigungsverbotes für werdende Mütter nach § 3 Abs. 1 des Mutterschutzgesetzes (MSchG) vom Dienst enthoben; die Beschwerdeführerin konsumierte im Anschluss an das mit 17. November 1995 endende Beschäftigungsverbot Erholungsurlaub und trat danach den ihr bis einschließlich bis 25. August 1997 gewährten Karenzurlaub nach § 15 MSchG an. Nach Beendigung dieses Karenzurlaubes konsumierte die Beschwerdeführerin Erholungsurlaub und befand sich aus Anlass der bevorstehenden Geburt ihres zweiten Kindes, das am 12. November 1997 geboren wurde, vom 15. September 1997 bis 4. Februar 1998 neuerlich im Beschäftigungsverbot nach dem MSchG. Daran anschließend konsumierte die Beschwerdeführerin vom 5. Februar 1998 bis 11. November 1999 einen weiteren Karenzurlaub nach § 15 MSchG. Danach wurde ihr für die Zeit vom 12. November 1999 bis einschließlich 29. Februar 2000 ein Karenzurlaub gemäß § 75 Abs. 1 des Richterdienstgesetzes (RDG) zur Betreuung ihres Sohnes gewährt. Die Beschwerdeführerin trat am 1. März 2000 ihren Dienst wieder an, wobei ihre Auslastung gemäß § 76a RDG auf die Hälfte herabgesetzt wurde.

Die Beschwerdeführerin war zuletzt mit 1. Jänner 1995 in die Gehaltsstufe 7 der Gehaltsgruppe I vorgerückt. Am 30. April 1996 hatte der Personalsenat des Landesgerichtes Innsbruck die Gesamtbeurteilung der Beschwerdeführerin gemäß § 54 Abs. 3 RDG für das Kalenderjahr 1995 erneut (wie auch schon für das Jahr 1994) mit dem Kalkül "entsprechend" festgesetzt. Daraufhin hatte der Präsident des Oberlandesgerichtes Innsbruck mit Bescheid vom 7. Juni 1996 gemäß § 66 Abs. 5 RDG festgestellt, dass die Beschwerdeführerin auf Grund der rechtskräftigen Dienstbeschreibung für das Jahr 1995 die Gehaltsstufe 8 der Gehaltsgruppe I nicht erreiche. Eine dagegen erhobene Berufung wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 7. Jänner 1997 abgewiesen.

Mit Wirksamkeit vom 1. Jänner 1999 bewirkte die Beschwerdeführerin ihre Überleitung gemäß § 167 RDG in die Gehaltsgruppe R 1a, Gehaltsstufe 3.

Mit Beschluss vom 6. März 2001 setzte der Personalsenat des Landesgerichtes Innsbruck die Gesamtbeurteilung der seit 1. März 2000 wieder dienstleistenden Beschwerdeführerin gemäß § 54 Abs. 3 RDG für das Kalenderjahr 2000 mit "sehr gut" fest, wobei zur Begründung insbesondere ausgeführt wurde, dass die in den vorangehenden Dienstbeschreibungen als mangelhaft beurteilte Entschlusskraft und Zielstrebigkeit nun aufgebracht werde und die Beschwerdeführerin mittlerweile rückstandsfrei arbeite.

Der Präsident des Oberlandesgerichtes Innsbruck stellte mit Bescheid vom 9. Mai 2001 fest, dass rückwirkend ab 1. März 2000 ein Anspruch auf die Bezüge gemäß § 66 RDG der Gehaltsgruppe R 1a, Gehaltsstufe 4, bestehe und als Zeitpunkt für die Vorrückung in die Gehaltsstufe 5 der 1. Jänner 2004 in Betracht kommen werde. Dieser Bescheid wurde im Wesentlichen damit begründet, dass die Beschwerdeführerin auf Grund des Bescheides vom 7. Juni 1996 die Gehaltsstufe 8 der Gehaltsgruppe I bzw. nach ihrer Überleitung im Hinblick auf § 66 Abs. 4 RDG (neue Fassung) die Gehaltsstufe 4 der Gehaltsgruppe R 1a nicht erreicht habe. In den Jahren 1996 bis 1999 habe die Beschwerdeführerin infolge der Karenzurlaube nach MSchG und RDG nicht neu beschrieben werden können. Auf Grund der auf "sehr gut" lautenden Dienstbeschreibung für das Kalenderjahr 2000 sei nunmehr die Bezugseinstufung rückwirkend ab dem Dienstantritt nach dem Karenzurlaub, also ab 1. März 2000, neu festzusetzen gewesen.

Die Beschwerdeführerin erhob Berufung und beantragte die Feststellung, dass rückwirkend ab 1. März 2000 ein Anspruch auf Bezüge gemäß § 66 RDG der Gehaltsgruppe R 1a, Gehaltsstufe 5 bestehe und als Zeitpunkt für die Vorrückung in die Gehaltsstufe 6 der 1. Jänner 2003 in Betracht komme.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführerin ab und bestätigte den Bescheid des Präsidenten des Oberlandesgerichtes Innsbruck vom 9. Mai 2001. Nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens zitierte die belangte Behörde die Bestimmung des § 66 Abs. 4 RDG in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 5/1999, wonach der Richter der Gehaltsgruppe R 1a oder R 1b die Gehaltsstufe 4 nur dann erreiche, wenn er mindestens eine seinem Dienstalter entsprechende Durchschnittsleistung erbringe. Soweit die Beschwerdeführerin ausführe, dass eine "entsprechende Durchschnittsleistung" im Sinne dieser Bestimmung schon dann erbracht sei, wenn die Gesamtbeurteilung auf das Kalkül "entsprechend" laute, sei ihr entgegen zu halten, dass nach der Legaldefinition des § 54 Abs. 3 RDG das Kalkül "entsprechend" nur bedeute, dass das zur ordnungsgemäßen Versehung des Dienstes unerlässliche Mindestmaß an Leistung ständig erreicht werde, während das Kalkül "gut" durchschnittlichen Kenntnissen, Fähigkeiten und Leistungen entspreche. Damit ergebe sich schon aus dem Gesetzeswortlaut, dass die für die Vorrückung in die Gehaltsstufe 4 erforderliche Durchschnittsleistung grundsätzlich erst dann als erbracht gelten könne, wenn die Gesamtbeurteilung zumindest auf "gut" laute.

Auch dem weiteren Argument der Beschwerdeführerin, der angefochtene Bescheid verstoße gegen gemeinschaftsrechtliche Bestimmungen, komme keine Berechtigung zu. Die Beschwerdeführerin habe unter diesem Gesichtspunkt im Wesentlichen ausgeführt, der angeführte Bescheid verstoße gegen das in Art. 141 EG-Vertrag verankerte Diskriminierungsverbot, weil es weiblichen Arbeitnehmern, die durch die Geburt bzw. Erziehung von Kindern vorübergehend nicht die Möglichkeit besäßen, ihre Tätigkeit auszuüben, verwehrt sei, in der Zeit der "Mutterschutzkarenz" bzw. des Beschäftigungsverbotes die für die Erreichung der Gehaltsstufe 4 notwendigen Voraussetzungen gemäß § 66 Abs. 4 RDG zu erreichen, was zu dem gemeinschaftsrechtswidrigen Ergebnis führe, dass die Beschwerdeführerin an ihre letzte, vor Antritt der Karenz datierende Gesamtbeurteilung zu ihren Lasten gebunden bleibe, obwohl gemäß § 51 Abs. 5 RDG ein Richter für das nächstfolgende Kalenderjahr zu beschreiben sei, falls die Gesamtbeurteilung nicht zumindest mit "sehr gut" festgesetzt worden sei.

Der in Art. 141 (vormals Art. 119) EG-Vertrag und der darauf basierenden Richtlinie 75/117/EWG des Rates vom 10. Februar 1975 normierte Grundsatz des gleichen Entgelts für Männer und Frauen stelle unmittelbar anwendbares Recht dar und verdränge entgegenstehendes innerstaatliches Recht. Das in diesen gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen zum Ausdruck kommende Diskriminierungsverbot umfasse sowohl unmittelbare als auch mittelbare Diskriminierungen. Eine unmittelbare Diskriminierung liege vor, wenn Männer und Frauen für die selbe Arbeit unterschiedlich bezahlt würden und das unterschiedliche Entgelt ausdrücklich mit dem Geschlechtsunterschied begründet werde. Vom Vorliegen einer mittelbaren Diskriminierung sei dann auszugehen, wenn das unterschiedliche Entgelt Ergebnis der Anwendung eines scheinbar neutralen Kriteriums sei, das gleichwohl auf Grund der faktischen Sachlage, auf die es angewendet werde, eine Gruppe benachteilige, die sich ganz oder überwiegend aus Angehörigen eines Geschlechts zusammensetze, und wenn diese Differenzierung nicht objektiv (sachlich) gerechtfertigt sei.

Durch den vorliegenden Feststellungsbescheid sei die Beschwerdeführerin aber weder direkt noch indirekt diskriminiert worden. Die Bestimmung des § 66 Abs. 4 RDG gelte für Männer und Frauen gleichermaßen. Es bestehe kein Anhaltspunkt dafür, dass von dieser Regelung ganz oder überwiegend Frauen betroffen seien. Für eine rückwirkende Anwendung der Bestimmungen über die Dienstbeschreibung und eine fiktive Annahme der Erbringung einer Durchschnittsleistung für Zeiten, in denen überhaupt keine Dienstleistung erbracht werde, sei hier kein Raum.

Die Beschwerdeführerin erhob gegen diesen Bescheid Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher mit Beschluss vom 11. Juni 2002, B 1685/01-5, die Behandlung der Beschwerde ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

In der ergänzten Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof macht die Beschwerdeführerin Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften sowie Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend. Sie erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Recht auf "gesetzmäßige Gehaltsstufenvorrückung im Sinne des § 66 RDG durch unrichtige Anwendung dieser Norm in Verbindung mit den Bestimmungen des MSchG" als verletzt.

Unter dem Aspekt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit bringt die Beschwerdeführerin wie schon in der Berufung vor, dass unter der "dem Dienstalter entsprechenden Durchschnittsleistung" des § 66 Abs. 4 RDG auch eine auf "entsprechend" lautende Gesamtbeurteilung genügt hätte. Es könne höchstens bei einer "nicht entsprechend" lautenden Gesamtbeurteilung ohne weiteres angenommen werden, dass auch das negative Tatbestandserfordernis des § 66 Abs. 4 RDG erfüllt sei. Hätte die belangte Behörde die Prüfung unmittelbar auf Grund der Regelung des § 66 Abs. 4 RDG vorgenommen, so hätte sie erkannt, dass von der Beschwerdeführerin auch in jener Zeit eine Durchschnittsleistung erbracht worden sei, als ihre Gesamtbeurteilung auf "entsprechend" gelautet habe. Unabhängig davon aber sei - selbst wenn davon auszugehen wäre, dass sie damals weniger als eine Durchschnittsleistung erbracht habe - ab Beginn ihrer mutterschaftsbedingten Dienstabwesenheit die negative Tatbestandsmäßigkeit des § 66 Abs. 4 RDG nicht mehr als gegeben anzusehen. Dies deshalb, weil das maßgebliche EU-Recht (Art. 141 EG-Vertrag in Verbindung mit der Richtlinie 75/117/EWG) wie auch eine dem Gebot der verfassungskonformen Gesetzesinterpretation gemäße Gesetzesanwendung verlange, dass Frauen nicht dadurch einen Nachteil erlitten, dass sie unvermeidlich zufolge Mutterschaft weit länger während ihrer Berufslaufbahn Pausen der effektiven Arbeitsausübung einlegen müssten, als dies bei Männern der Fall sei.

Die von der Behörde getroffene Gesetzesinterpretation spreche zudem überhaupt nicht für die behördliche Version. Das wäre nicht einmal dann der Fall, wenn § 66 Abs. 4 RDG unmittelbar an die Gesamtbeurteilung (mit schlechterem Kalkül als "gut") anknüpfte. Es bestehe nämlich keinerlei Gesetzesregel, wonach eine für die Zeit unmittelbar vor einem Karenzurlaub gültige Gesamtbeurteilung (fiktiv) auch für die Zeit des Karenzurlaubes selbst zu gelten habe. Nicht einmal für den Fall der fortlaufenden effektiven Dienstverrichtung gebe es ein solches Weitergeltungsprinzip. § 51 Abs. 5 RDG ordne explizit an, dass bei einer in einem Kalenderjahr nicht mindestens auf "sehr gut" lautenden Gesamtbeurteilung im nächsten Kalenderjahr neuerlich eine Bewertung durchzuführen sei, was naturgemäß die (automatische) Weitergeltung der schlechten Beurteilung ausschließe.

Auf den konkreten Fall bezogen erstrecke sich der zeitliche Anwendungsbereich einer Regelung, die an die Qualität einer Leistungserbringung anknüpfe, nicht auf Zeiten, in welchen überhaupt keine Leistung zu erbringen sei. Für solche Zeiten könne weder die Aussage einer (mindestens) durchschnittlichen Leistungsqualität, noch die Aussage einer unterdurchschnittlichen Leistungsqualität getroffen werden.

Die Beschwerdeführerin sei dementsprechend der Ansicht, dass schon auf Grund des feststehenden Sachverhaltes von Gesetzes wegen vollständig zu ihren Gunsten hätte entschieden werden müssen. Könnte auf Grund konkreter Umstände mit ausreichender Verlässlichkeit die Schlussfolgerung gezogen werden, dass auch während einer bestimmten Abwesenheitszeit im Fall der Dienstverrichtung nur die gleichen unterdurchschnittlichen Leistungen erbracht worden wären, wie vor dieser Abwesenheitszeit, so gebe es einen konkreten Sachgrund für den Vorrückungsstop, was bei der behördlichen Gesetzesinterpretation eindeutig nicht der Fall sei. Es könne aber ihres Erachtens Derartiges nur gesetzlich normiert werden und dürfe ebenfalls nicht im Rahmen der Gesetzesvollziehung hinzuerfunden werden, auch wenn es im Gegensatz zur behördlicherseits angewandten Interpretation als sachgerecht erscheinen könne. Außerdem sei nochmals darauf hinzuweisen, dass aus der Gesamtheit ihrer Leistungen vor und nach der gegenständlichen Abwesenheit eindeutig hervorgehe, dass die geringere Leistungswertigkeit eine vorübergehende Ausnahme dargestellt habe; durch nichts sei die Annahme gerechtfertigt, dass sie fortgedauert hätte, wenn sie in der Folge nicht mutterschaftsbedingt vom Dienst abwesend gewesen wäre.

Diesem vom Gesetz her in jeder Beziehung und bei jeder vertretbaren Gesetzesinterpretation eindeutigen Ergebnis könnte höchstens der Bescheid des Präsidenten des Oberlandesgerichtes Innsbruck vom 7. Juni 1996 entgegenstehen, mit dem festgestellt worden sei, dass sie auf Grund der Dienstbeschreibung für das Jahr 1995 die Gehaltsstufe 8 der Gehaltsgruppe I nicht erreiche. Ein solcher Bescheid könne nur die Rechtsfolge haben, welche mit dem Gesetz im Einklang zu bringen sei, soweit sein Wortlaut nicht eindeutig etwas Gesetzwidriges zum Ausdruck bringe. Die Dienstbeschreibung habe sich eindeutig nur auf die Zeit vor Beginn der mutterschaftsbedingten Abwesenheit vom Dienst bezogen und darauf beschränke sich daher ihres Erachtens auch die Aussagekraft und Wirkung dieses Bescheides.

In eventu mache sie geltend, dass der besagte Bescheid höchstens für den damaligen Sachverhalt einschließlich des damals laufenden Karenzurlaubes Wirksamkeit hätte haben können. Davon ausgehend hätte seine Wirksamkeit am 25. August 1997 geendet. Nur aus äußerster Vorsicht sei auch noch angeführt, dass allerspätestens durch ihre Überleitung in das neue Schema gemäß § 167 RDG mit 1. Jänner 1999 die Wirkung des Bescheides vom 7. Juni 1996 weggefallen und daher ihre Vorrückung - nunmehr in die Gehaltsstufe 4 der Gehaltsgruppe R 1a - eingetreten sei. Abschließend sei noch bemerkt, dass ausgehend von der Eventualversion der Maßgeblichkeit der wahrscheinlichen (fiktiven) Leistung während der Abwesenheitszeit die Vorrückungshemmung ebenfalls rückwirkend zur Gänze wegfalle. Dies nämlich unter dem Aspekt, dass im Hinblick auf ihre überdurchschnittliche Leistungserbringung unmittelbar ab Wiederantritt des Dienstes nunmehr eine neue Sachverhaltsgrundlage für den Entscheidungsgegenstandes des Bescheides vom 7. Juni 1996 hinsichtlich der gesamten Abwesenheitszeit bestehe, sodass anzunehmen sei, dass schon am ersten möglichen Vorrückungstermin, dem 1. Jänner 1997, die negative Voraussetzung des damaligen § 66 Abs. 5 RDG nicht mehr erfüllt und die Vorrückung auch nicht mehr gehemmt gewesen sei.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die entscheidungswesentlichen Bestimmungen des RDG, BGBl. Nr. 305/1961, erfuhren zwar hinsichtlich der Struktur der Gehaltsgruppen und der Absatzbezeichnungen der hier zur Anwendung gelangenden Normen durch die Novellen BGBl. I Nr. 5/1999 und 9/1999 eine neue Fassung, am materiell-rechtlichen Gehalt dieser Bestimmungen änderte sich jedoch für den vorliegenden Fall nichts Entscheidendes. Es genügt daher im Folgenden die Wiedergabe der Rechtslage, die im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides galt.

Die entscheidungswesentlichen Bestimmungen des RDG haben folgenden Wortlaut:

"§ 51. (1) Wenn ein Richter zu beschreiben ist, so hat dies im ersten Viertel des Kalenderjahres für das abgelaufene Kalenderjahr zu geschehen.

(2) Die Richter der Gehaltsgruppen I und II, mit Ausnahme der Vizepräsidenten und Senatspräsidenten der Oberlandesgerichte sowie der Präsidenten der Gerichtshöfe erster Instanz, sind für das zweite ihrer Ernennung folgende Kalenderjahr zu beschreiben.

...

(5) Falls die Gesamtbeurteilung eines Richters nicht zumindest mit "sehr gut" festgesetzt wurde, ist der Richter auch für das nächstfolgende Kalenderjahr zu beschreiben.

(6) Eine Dienstbeschreibung nach Abs. 2 oder 3 ist auf das nächste Kalenderjahr aufzuschieben, wenn der Richter in dem betreffenden Kalenderjahr weniger als sechs Monate Dienst versehen hat oder wenn sich seine Dienstleistung ausschließlich aus ihm nicht vorwerfbaren Gründen vorübergehend verschlechtert hat.

§ 66. (1) ..

(2) Die Gehaltsstufe und der Vorrückungstermin bestimmen sich nach der für die Vorrückung in höhere Bezüge maßgebenden Dienstzeit. Die Gehaltsstufe 2 fällt nach einer gemäß § 8 Abs. 2 des Gehaltsgesetzes 1956 gerundeten Dienstzeit von 8 Jahren an. Für die weiteren Vorrückungen ist § 8 Abs. 1 und 2 des Gehaltsgesetzes 1956 mit der Maßgabe anzuwenden, dass an Stelle eines zweijährigen Zeitraumes ein vierjähriger Zeitraum erforderlich ist.

(3) ...

(4) Der Richter der Gehaltsgruppe R 1a oder R 1b erreicht die Gehaltsstufe 4 nur dann, wenn er mindestens eine seinem Dienstalter entsprechende Durchschnittleistung erbringt.

...

(8) § 10 Abs. 1 des Gehaltsgesetzes 1956 ist auf Richter mit der Maßgabe anzuwenden, dass an die Stelle des in Z. 1 angeführten Hemmungsgrundes folgende Hemmungsgründe treten:

  1. 1. ...
  2. 2. ...
  3. 3. eine auf "nicht entsprechend" lautende Gesamtbeurteilung; die Hemmung beginnt mit dem Zeitpunkt der Rechtskraft der Gesamtbeurteilung; die Dauer der Hemmung richtet sich nach der Anzahl der Kalenderjahre, für die die Gesamtbeurteilung auf "nicht entsprechend" lautet.

    § 10 Abs. 2 und 3 des Gehaltsgesetzes 1956 ist auf die in den Z. 1 bis 3 angeführten Fälle anzuwenden.

(9) ...

§ 167. (1) Ein Richter des Dienststandes, der einer der Gehaltsgruppen I bis III angehört, kann durch eine schriftliche Erklärung nach Maßgabe der im § 65 festgelegten Zuordnung seiner Planstelle seine Überleitung in die Gehaltsgruppen R 1a bis R 3 bewirken. Eine solche Erklärung ist rechtsunwirksam, wenn ihr der Richter eine Bedingung beifügt.

(2) Wird die Erklärung bis zum Ablauf des Jahres 1999 abgegeben, wird die Überleitung mit 1. Jänner 1999 oder mit dem in der Erklärung angegebenen Monatsersten des Jahres 1999 wirksam. Wird die Erklärung erst nach dem Jahr 1999 abgegeben, wird die Überleitung mit dem auf die Abgabe der Erklärung folgenden Monatsersten wirksam.

(3) Die Gehaltsstufe und der Vorrückungstermin eines nach Abs. 1 in die Gehaltsgruppe R 1a bis R 3 übergeleiteten Richters bestimmen sich nach der Zeit, die für die Vorrückung des Richters nach § 66 maßgebend gewesen wäre. Eine (allfällige) Dienstzulage steht dem übergeleiteten Richter nur nach Maßgabe des § 68 und eine (allfällige) Ergänzungszulage nur nach Maßgabe des § 66 Abs. 12 zu. Die Aufwandsentschädigung des übergeleiteten Richters bestimmt sich nach § 68c."

§ 10 Abs. 1, 2 und 4 des Gehaltsgesetzes 1956 - GehG (Abs. 1 Z. 3 in der Fassung des Karenzurlaubserweiterungsgesetzes, BGBl. Nr. 408/1990, Abs. 2 in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 662/1977, sowie Abs. 4 Z. 1 in der Fassung BGBl. Nr. 297/1995), lautet:

"§ 10. (1) Die Vorrückung wird gehemmt

  1. 1. ...
  2. 2. ...
  3. 3. durch Antritt eines Karenzurlaubes, soweit nicht gemäß § 75 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979, BGBl. Nr. 333, oder gemäß § 75 des Richterdienstgesetzes, BGBl. Nr. 305/1961, etwas anderes verfügt wurde; eine Hemmung tritt jedoch während einer Karenz nach den §§ 15 bis 15d und 15i des Mutterschutzgesetzes 1979 (MSchG) BGBl. Nr. 221, oder nach den §§ 2 bis 6 und 9 des Eltern-Karenzurlaubsgesetzes (EKUG), BGBl. Nr. 651/1989, nicht ein.

(2) Die Zeit der Hemmung ist für den Lauf der Vorrückungsfrist (§ 8 Abs. 1) nicht zu berücksichtigen.

...

(4) Der im Abs. 1 Z 3 angeführte Hemmungszeitraum wird für folgende Karenzurlaube mit dem Tag des Wiederantrittes des Dienstes zur Hälfte für die Vorrückung wirksam:

1. Karenzurlaub, der zur Betreuung

  1. a) eines eigenen Kindes oder
  2. b) eines Wahl- oder Pflegekindes oder
  3. c) eines sonstigen Kindes, das dem Haushalt des Beamten angehört und für dessen Unterhalt überwiegend er und (oder) der Ehegatte des Beamten aufkommt, bis längstens zum Beginn der Schulpflicht des betreffenden Kindes gewährt worden ist,

    2. ... "

    Die Beschwerdeführerin stellt die Sachverhaltsfeststellungen des angefochtenen Bescheides, die mit der Aktenlage in Übereinstimmung stehen, nicht in Frage.

    Demnach war mit Beschluss des Personalsenates des Landesgerichtes Innsbruck vom 30. April 1996 die Gesamtbeurteilung der Beschwerdeführerin gemäß § 54 Abs. 3 RDG für das Kalenderjahr 1995 mit dem Kalkül "entsprechend" festgesetzt worden. Mit rechtskräftigem Bescheid der belangten Behörde vom 7. Jänner 1997 war (im Instanzenzug) festgestellt worden, dass die Beschwerdeführerin, die sich seit 1. Jänner 1995 in der Gehaltsstufe 7 der Gehaltsgruppe I befand, auf Grund der rechtskräftigen Dienstbeschreibung für das Jahr 1995 die nächste Gehaltsstufe der Gehaltsgruppe I nicht erreiche.

    Ein näheres Eingehen auf die von der Beschwerdeführerin eingangs ihrer Beschwerde aufgeworfene Frage, ob die auf "entsprechend" lautende Gesamtbeurteilung für das Jahr 1995 eine "ihrem Dienstalter entsprechende Durchschnittsleistung" im Sinne des § 66 Abs. 4 RDG sei, erübrigt sich schon deshalb, weil der Bescheid der belangten Behörde vom 7. Jänner 1997, dem diese Rechtsansicht maßgeblich zu Grunde lag, rechtskräftig ist. Die Rechtskraft dieses Bescheides, mit dem festgestellt worden war, dass die nach dem ebenfalls rechtskräftigen Beschluss des Personalsenates des Landesgerichtes Innsbruck mit "entsprechend" beschriebene Beschwerdeführerin die Gehaltsstufe 8 der Gehaltsgruppe I nicht erreiche, bindet aber auch den Verwaltungsgerichtshof.

    Mit diesem Bescheid wird eine Feststellung getroffen, die sich auf einen Zeitraum (ab Rechtskraft bis auf weiteres) bezieht; ein Endtermin ist nicht genannt. Wie der Verwaltungsgerichtshof schon mehrfach dargelegt hat, gilt ein derartiger Ausspruch mangels eines im Bescheid festgelegten Endzeitpunktes für den Zeitraum, in dem die rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse keine Änderung erfahren (vgl. das hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 99/12/0159, und vom 20. Oktober 1999, Zl. 97/08/0122, und die dort zitierte Vorjudikatur). Die Feststellung des Nichterreichens der nächsten Gehaltsstufe gilt daher so lange, als keine Änderung der Rechtslage (die wortgleiche Übernahme des § 66 Abs. 5 RDG mit der Novelle BGBl. I Nr. 9/1999 in den Abs. 4 dieser Bestimmung und die zahlenmäßig unterschiedliche Bezeichnung der Gehaltsstufen und Gehaltsgruppen durch die Novelle BGBl. I Nr. 5/1999 erfüllt diese Voraussetzung nicht) oder der Sachlage eintritt.

    Die Beschwerdeführerin befand sich demnach im Zeitpunkt ihrer Überleitung gemäß § 167 RDG mit Wirksamkeit vom 1. Jänner 1999 - nach dem Inhalt des eben zitierten Bescheides - in der Gehaltsstufe 7 der Gehaltsgruppe I; durch ihre Erklärung wurde somit ihre Überleitung in die Gehaltsgruppe R 1a, Gehaltsstufe 3 gemäß § 167 Abs. 3 RDG bewirkt. Dass die Gehaltsstufe 7 der Gehaltsgruppe I (alt) der Gehaltsstufe 3 der Gehaltsgruppe R 1a (neu) entspricht, wird von der Beschwerdeführerin nicht bestritten.

    Aus der rechtswirksamen Überleitung auf Grundlage des zitierten rechtskräftigen Bescheides der belangten Behörde vom 7. Jänner 1997 ergibt sich somit eine Einstufung der Beschwerdeführerin mit Wirksamkeit vom 1. Jänner 1999 in der Gehaltsgruppe R 1a, Gehaltsstufe 3, ohne dass dies mit dem Umstand etwas zu tun hätte, dass sich die Beschwerdeführerin seit Mitte 1995 "in Karenz" (dh. Beschäftigungsverbot und Karenzurlaub nach MSchG) befand. Die Überleitung berührt zudem den normativen Gehalt des Bescheides der belangten Behörde vom 7. Jänner 1997 nicht, wonach die Beschwerdeführerin die nächste Gehaltsstufe (nunmehr: 4) nicht erreiche.

    Entscheidend ist, ob und wann man im vorliegenden Fall vom Vorliegen eines geänderten Sachverhaltes und damit vom Ende der Feststellungswirkung des rechtskräftigen Bescheides vom 7. Jänner 1997 sprechen kann. Dieser Bescheid wurde in einem Zeitpunkt erlassen, in welchem sich die Beschwerdeführerin in Karenzurlaub (nach MSchG) befand und keine Dienstleistung erbrachte. Dieser Sachverhalt blieb bis Ende Februar 2000 im Wesentlichen unverändert, wobei es sachverhaltsbezogen keinen Unterschied macht, ob die Beschwerdeführerin deshalb keine Dienstleistung erbrachte, weil sie (neuerlich) nach dem MSchG dem Beschäftigungsverbot unterlag, Erholungsurlaub konsumierte oder auf Grundlage des MSchG oder des RDG karenziert war.

    Die Rechtswirkungen des Bescheides der belangten Behörde vom 7. Jänner 1997, an die auch der Verwaltungsgerichtshof gebunden ist, erstrecken sich angesichts der für das Restjahr 2000 erfolgten Dienstbeschreibung auf "sehr gut" somit bis Ende Februar 2000. Ausgehend davon, dass sich die Beschwerdeführerin in diesem Zeitraum in der Gehaltsstufe 3 befand und eine Vorrückung in die Gehaltsstufe 4 nicht möglich war, wäre die Beschwerdeführerin in dem von ihr genannten Recht auf "gesetzmäßige Gehaltsstufenvorrückung" nur dann verletzt, wenn der angefochtene Bescheid ihre besoldungsrechtliche Stellung durch Einstufung in die Gehaltsstufe 4 (ab 1. März 2000) und durch Festlegung des nächsten Vorrückungstermins mit 1. Jänner 2004 in einer nicht dem Gesetz entsprechenden Weise gestaltet hätte. Dies ist aber nicht zu erkennen.

    Die Beschwerdeführerin erbrachte ab März 2000 Leistungen, deren Qualität ein Vorrücken in die Gehaltsstufe 4 und eine Festlegung der nächsten Vorrückung mit 1. Jänner 2004 bewirkten. Dies entspricht auf einfachgesetzlicher Ebene der Rechtslage; eine Verletzung des von der Beschwerdeführerin geltend gemachten Rechtes war nicht zu erkennen.

    Zu den verfassungsrechtlichen Bedenken, die auch noch in der ergänzten Beschwerde anklingen, ist auf die mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 11. Juni 2002 erfolgte Ablehnung der Beschwerde durch den Verfassungsgerichtshof zu verweisen. Aber auch die aus dem Gemeinschaftsrecht abgeleiteten Bedenken der Beschwerdeführerin führen die Beschwerde nicht zum Erfolg.

    Art. 141 EG (vormals Art. 119 EG-Vertrag) und die darauf basierende Richtlinie 75/117/EWG des Rates vom 10. Februar 1975 normieren den Grundsatz des gleichen Entgelts für Männer und Frauen und stellen unmittelbar anwendbares Recht dar. Eine unmittelbare Diskriminierung wird von der Beschwerdeführerin nicht behauptet und ist auch nicht erkennbar. Die Beschwerdeführerin sieht allerdings in ihrem Fall eine mittelbare Diskriminierung verwirklicht, weil das unterschiedliche Entgelt Ergebnis der Anwendung eines scheinbar neutralen Kriteriums sei, das gleichwohl auf Grund der faktischen Sachlage, auf die es angewendet werde, eine Gruppe benachteilige, die sich ganz oder überwiegend aus Angehörigen des weiblichen Geschlechtes zusammensetze, wobei diese Differenzierung nicht sachlich gerechtfertigt sei.

    Die Umstände des Falles der Beschwerdeführerin sind aber nicht geeignet eine solche mittelbare Diskriminierung der in Rede stehenden Bestimmung des § 66 Abs. 4 (vormals Abs. 5) RDG aufzuzeigen, weil vorliegendenfalls nicht diese Bestimmung, sondern die Rechtskraft des Bescheides der belangten Behörde vom 7. Jänner 1997 entscheidend war. Die Beschwerdeführerin hätte ihre Bedenken aus gemeinschaftsrechtlicher Sicht bereits im dortigen Verfahren einwenden und gegebenenfalls Beschwerde an die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes erheben müssen. Angesichts der hier vorliegenden Fallkonstellation können ihre erst jetzt geäußerten Bedenken der Beschwerde aber nicht zum Erfolg verhelfen.

    Die Beschwerde erweist sich aus den dargestellten Gründen somit als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

    Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

    Wien, am 18. Dezember 2003

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