Normen
ASVG §203 Abs1;
GdUFG OÖ 1969 §27 Abs1;
ASVG §203 Abs1;
GdUFG OÖ 1969 §27 Abs1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Oberösterreich hat der Stadtgemeinde Vöcklabruck Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Mitbeteiligte stand im beschwerdegegenständlichen Zeitraum als Gemeindebeamter in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zur Stadtgemeinde Vöcklabruck. Am 30. August 1993 erlitt er bei einem Verkehrsunfall eine Prellung des Kopfes und des Bauches sowie eine Zerrung der Halswirbelsäule.
Fest steht, dass es sich bei diesem Verkehrsunfall um einen Dienstunfall im Sinn des § 2 des Gesetzes vom 9. Mai 1969 über die Unfallfürsorge der oberösterreichischen Gemeinden und Gemeindeverbände - O.ö. Gemeinde-Unfallfürsorgegesetz (in der Folge kurz: GdUFG OÖ 1969), LGBl. Nr. 36, handelte.
Soweit den vorgelegten Verwaltungsakten zu entnehmen ist, versagte der Bürgermeister der Stadtgemeinde Vöcklabruck mit Bescheid vom 9. April 1996 einen Anspruch des Mitbeteiligten auf Versehrtenrente aus Anlass dieses Dienstunfalls mit der Begründung, dass die durch den Dienstunfall bedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit ein Ausmaß habe, das keinen Rentenanspruch begründe. Gegen diesen Bescheid erhob der Mitbeteiligte Berufung. Mit Bescheid vom 8. Juni 1998 wies der Gemeinderat der Stadtgemeinde Vöcklabruck die Berufung als unbegründet ab, weil das Unfallereignis vom 30. August 1993 zu keinen Unfallfolgen in erwerbsmindernder Höhe geführt habe. Gegen diesen Bescheid erhob der Mitbeteiligte Vorstellung.
Mit Bescheid vom 21. Dezember 1998 gab die Oberösterreichische Landesregierung (die belangte Behörde) der Vorstellung Folge, behob den Bescheid des Gemeinderates der Stadtgemeinde Vöcklabruck "wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften" und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung zurück. Begründend führte die belangte Behörde aus, es sei nicht geprüft worden, ob überhaupt im zeitlichen Anschluss an den Dienstunfall eine Minderung der Erwerbsfähigkeit des Mitbeteiligten um mindestens 20 % während eines Zeitraums von mehr als drei Monaten eingetreten sei. Sein Anspruch auf Versehrtenrente wäre schon deshalb verneint worden, weil eine allenfalls eingetretene Minderung der Erwerbsfähigkeit jedenfalls nicht auf die Folgen des Dienstunfalls, sondern auf schon bestehende degenerative Vorschädigungen zurückzuführen seien. Bei der Beurteilung der Bedingtheit der Minderung der Erwerbsfähigkeit durch die Folgen eines Dienstunfalls gingen Rechtsprechung und Lehre von der Theorie der "wesentlichen Bedingung" aus. Danach sei es für eine solche Bedingtheit dann, wenn der Unfallschaden auf mehrere Ursachen zurückgehe, erforderlich, dass der Unfall eine wesentliche Ursache der Schädigung sei. Dies sei dann der Fall, wenn er nicht im Hinblick auf andere mitwirkende Ursachen erheblich in den Hintergrund trete. Nur jene Bedingung, ohne deren Mitwirkung der Erfolg überhaupt nicht oder nur zu einem erheblich anderen Zeitpunkt oder nur in geringerem Umfang eingetreten wäre, sei eine wesentliche Bedingung. Wirkten bei Entstehen einer Körperschädigung eine krankhafte Veranlagung und ein Unfallereignis zusammen, so sei demnach zu beurteilen, ob das Unfallereignis eine wesentlich mitwirkende Bedingung für die Schädigung gewesen sei oder ob die krankhafte Veranlagung alleinige oder überragende Ursache gewesen sei. Letzteres sei anzunehmen, wenn die Krankheitslage so leicht ansprechbar gewesen sei, dass es zur Auslösung akuter Erscheinungen nicht besonderer äußerer Einwirkungen bedurft habe, sondern jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis zur selben Zeit die Erscheinungen ausgelöst hätte. Für die Frage, ob die Auswirkungen des Dienstunfalls eine rechtlich wesentliche Teilursache des nach dem Unfall eingetretenen Leidenszustandes seien, sei in erster Linie von Bedeutung, ob dieser Leidenszustand auch ohne den Unfall etwa zum gleichen Zeitpunkt eingetreten wäre oder durch ein anderes alltäglich vorkommendes Ereignis hätte ausgelöst werden können. Der Gemeinderat der Stadtgemeinde Vöcklabruck sei davon ausgegangen, dass die Gesundheitsbeschränkungen des Mitbeteiligten ausschließlich degenerative Ursachen hätten und der Unfallhergang auch nicht als Teilursache angesehen werden könnte. Diese Beurteilung sei für die belangte Behörde nicht nachvollziehbar, weil in Sachverständigengutachten festgehalten sei, dass die beim Mitbeteiligten festgestellten beträchtlichen Bewegungseinschränkungen der Halswirbelsäule nicht mit ausreichender bzw. entsprechender Sicherheit dem Unfallereignis vom 30. August 1993 zugeordnet werden könnten. Es sei verabsäumt worden, diesen offenkundigen Widerspruch durch Einholung ergänzender Stellungnahmen oder durch weitere Sachverständigengutachten zu klären. Schließlich habe der Gemeinderat der Stadtgemeinde Vöcklabruck dem Gutachten des vom Mitbeteiligten beigezogenen fachärztlichen Sachverständigen Dr. R.
- nicht nachvollziehbar - wegen mangelnden inneren Wertes des materiellen Inhaltes nicht den absoluten Beweiswert zuerkannt.
Hierauf wurde von Univ. Prof. Dr. V., Wien, ein - in den vorgelegten Verwaltungsakten nicht zur Gänze wiedergegebenes - Sachverständigengutachten über die Unfallfolgen beim Mitbeteiligten eingeholt. Dieser Sachverständige gelangte in seinem Gutachten zur folgender "Beurteilung":
"Als Ergebnis der Untersuchung ... konnten folgende Diagnosen erhoben werden:
1. degenerative Veränderungen im Bereiche der Halswirbelsäule mit Einschränkung der Beweglichkeit für alle Bewegungsqualitäten;
2. Bewegungseinschränkung der Brustwirbelsäule mit degenerativen Veränderungen dieses Wirbelsäulenabschnittes;
3. eingeschränkte Beweglichkeit der rechten Schulter mit Kraftreduktion des rechten Armes im Seitenvergleich;
4. sensible Wurzelirritation der cervikalen Wurzel 6 rechts.
Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass diese gutachtliche Untersuchung erst 6 Jahre nach dem gegenständlichen Unfall stattfindet, kann eine Beurteilung vornehmlich nur an Hand der schriftlichen Aufzeichnungen ... erfolgen.
...
Im Lichte der oben erfolgten Ausführungen werden daher sowohl die Schulterschmerzen, als auch die Sensibilitätsstörung im Bereiche des rechten Armes bzw. Hand als ein so genanntes Pseudoradikuläres Syndrom aufgefasst.
Auf Grund der frühzeitig im Zusammenhang mit der Erstdiagnostik nachgewiesenen degenerativen Veränderung der Wirbelsäule, unter Bedachtnahme auf die vorliegenden Röntgenbefunde bis zum Zeitpunkt dieser Letztuntersuchung, kann vermutet werden, dass der Mitbeteiligte an einem prätraumatischen Cervicalsyndrom gelitten hat, und das Schleudertrauma zu einer Verstärkung bzw. Verschlimmerung seiner Beschwerden sowohl im Sinne der Änderung des Beschwerdecharakters, als auch in seiner Ausprägung geführt hat. Die Beschwerden haben sich vom mittleren in den unteren Halswirbelsäulenbereich verlagert, womit einem unteren Cervicalsyndrom ... der Weg gebahnt wurde.
Somit kann die Beschwerdesymptomatik als Unfallfolge für den begrenzten Zeitraum vom Unfallereignis bis zur Wiederaufnahme der Arbeitstätigkeit zugeordnet werden. Die fortschreitenden Beschwerden in der Folge werden ausschließlich den degenerativen Veränderungen, die zunehmend die gesamte Wirbelsäule erfassen und zum Teil lehrbuchmäßigen Charakter besitzen, zugeschrieben. Der Gutachter erblickt in dem Resultat der klinischen und neurologischen Untersuchung, in dem Umstand, dass keinerlei Muskelschwund vorliegt, sondern dass vielmehr die Verschwielung der rechten Hand ähnlich beschaffen ist, wie es bei gewohnheitsmäßiger manueller Tätigkeit der Fall ist, und dem Ausmaß der vorgebrachten Beschwerden einen konkreten Widerspruch.
...
Entsprechend dem Auftrag der Zuordnung der Bewegungseinschränkungen und vorliegenden Beschwerden nach dem Dienstunfall vom 30. August 1993 ist die überwiegende Wahrscheinlichkeit der Unfallkausalität nicht gegeben."
Im weiteren Verfahren gab der Mitbeteiligte gegen dieses Gutachten eine Stellungnahme ab und legte seinerseits ein von ihm eingeholtes Gutachten von Prim. Dr. R., Facharzt für Unfallchirurgie in Linz, vor, der zu folgender "Beurteilung" gelangte:
"Abschließend ist von mir aus zu bemerken, dass ein Trauma an der rechten Schulter mit überwiegender Wahrscheinlichkeit die Ursache für die Veränderung im Bereich der rechten Schulter war. Es ist glaubhaft und auch mit Sicherheit anzunehmen, dass vorher schon arthrotische Veränderungen vorgelegen haben, aber dieses Trauma hat meiner Ansicht nach eine deutliche Verschlechterung der Gesamtsituation, auch was die Störungen der Halswirbelsäule betrifft, gebracht. Ich glaube nicht, dass es richtig ist, alle Schäden, die an der rechten Schulter und im Bereich der Halswirbelsäule aufgetreten sind, einem reinen degenerativen Vorgang zuzuordnen, sondern ich bin nach wie vor der Meinung, dass ein bereits durch degenerative Veränderungen geschädigter Körperteil bei einem Trauma eine wesentliche Verschlechterung finden kann, was ich im gegenständlichen Fall auch annehme."
Hierauf wurde vom Sachverständigen Univ. Prof. Dr. V. folgende ergänzende Stellungnahme eingeholt:
"In Beantwortung Ihrer ... 4 Fragen darf ich wie folgt antworten:
1.) Ich welchem Zeitraum lag eine Minderung der Erwerbsfähigkeit um mindestens 20 von 100 Prozent vor?
Vom 30.8.1993 bis 6.12.1993: 100 %, da für diese Zeit der Mitbeteiligte sich im Krankenstand befand. Allerdings ist diese Minderung der Erwerbsfähigkeit nur zum geringen Teil unfallkausal.
2.) Ist das Unfallereignis eine wesentlich mitwirkende Bedingung für die Schädigung gewesen oder ist die krankhafte Veranlagung die alleinige oder überragende Ursache für die seit 1994 bestehenden Schmerzen (Erwerbsminderung)?
Die krankhafte Veranlagung wird als überragende Ursache für die seit 1994 bestehenden Schmerzen eingestuft.
3.) Wäre der konkrete Leidenszustand auch ohne den Unfall zum gleichen Zeitpunkt eingetreten oder hätte er durch ein anderes alltäglich vorkommendes Ereignis ausgelöst werden können?
a) Der konkrete Leidenszustand hätte durch ein anderes alltäglich vorkommendes Ereignis ebenso ausgelöst werden können.
b) Ob der konkrete Leidenszustand allerdings auch ohne Unfall zum gleichen Zeitpunkt eingetreten wäre, kann nicht mit ausreichender Sicherheit beantwortet werden.
4.) Wie konnte es zu den widersprüchlichen Ansichten der einzelnen bisher tätig gewordenen Gutachter kommen?
Da auf Grund der Aktenlage eine weit gehende Übereinstimmung des Ergebnisses von Vertretern verschiedener Fachbereiche, die als Gutachter tätig geworden sind, besteht (Orthopäde, Unfallchirurg, Neurologe) und nur ein einziger Gutachter in seiner Beurteilung zu einer gänzlich anderen Schlussfolgerung kommt, wäre diese Frage wohl am ehesten durch Herrn Hofrat Primarius i.R. Dr. R zu beantworten. Eine schlüssige und nachvollziehbare Argumentation erkennt der Gefertigte in dem angesprochenen Gutachten jedenfalls nicht."
Mit Bescheid vom 18. Jänner 2001 wies der Gemeinderat der Stadtgemeinde Vöcklabruck die Berufung des Mitbeteiligen gemäß § 27 GdUFG OÖ 1969 und § 66 Abs. 4 AVG ab. Nach Darstellung des Verfahrensganges und der Ermittlungsergebnisse wurde begründend ausgeführt, der Mitbeteiligte habe beim Unfall vom 30. August 1993 eine Stauchung und/oder Zerrung der Halswirbelsäule (neben anderen, im gegenständlichen Verfahren unerheblichen Verletzungen) erlitten. Die Verletzungsfolgen hätten weder zu neurologischen Ausfallserscheinungen noch zu röntgenologisch erfassbaren Brüchen und/oder Verrenkungen im Bereich der Halswirbelsäule geführt. Keinesfalls habe eine schwere Verletzung der Halswirbelsäule vorgelegen, weil diese immer mit manifesten nervösen Ausfallserscheinungen und/oder erfassbaren Verrenkungen oder Verrenkungsbrüchen im Bereich der Halswirbelsäule einhergehe. Die von der ersten Befunderhebung an beschriebenen degenerativen Veränderungen der Halswirbelsäule seien derart massiv gewesen, dass der Heilungsprozess für die Zerrung der Halswirbelsäule unter erschwerten Bedingungen und unter Verlängerung der Rekonvaleszenzzeit habe vonstatten gehen müssen. Zerrverletzungen der Halswirbelsäule heilten bis zur Erlangung der völligen Beschwerdefreiheit in einer konkreten Zeit ab, sie verursachten definitionsgemäß keinen unfallkausalen Dauerschaden, während es die Eigenart von degenerativen Wirbelsäulenerkrankungen sei, dass sie die Eigenschaft zur Progredienz und zur Verschlechterung sowie zur Wiederkehr der Beschwerden hätten. Die beim Mitbeteiligten bestehenden Einschränkungen des Bewegungsausmaßes sowie die Veränderungen der kleinen Wirbelgelenke hätten zu Nackenschmerzen, Schulterschmerzen, Schmerzen, die bis in den Hinterkopf ausstrahlten, und zu Schmerzen, die zwischen den beiden Schulterblättern empfunden würden, geführt. Diese Beschwerden als Unfallfolge seien für den Zeitraum vom Unfallereignis am 30. August 1993 bis zur Wiederaufnahme der Arbeitstätigkeit am 6. Dezember 1993 dem Unfall zuzuordnen, es hätte dieser Leidenszustand aber auch durch ein anderes, alltäglich vorkommendes Ereignis ebenso ausgelöst werden können. Jedenfalls die seit 1994 bestehenden Schmerzen hätten ihre überragende Ursache in den degenerativen Veränderungen, die zunehmend die gesamte Wirbelsäule erfassten. Nach weiterer Darstellung eines vom Mitbeteiligten betriebenen Schadenersatzprozesses und Darlegung der Beweiswürdigung schloss der Bescheid in rechtlicher Hinsicht, ausgehend von der bindenden Entscheidung der belangten Behörde vom 21. Dezember 1998 sei bei der Beurteilung der Bedingtheit der Minderung der Erwerbsfähigkeit durch die Folgen eines Dienstunfalls von der Theorie der "wesentlichen Bedingung" auszugehen. Auf Grund der getroffenen Sachverhaltsfeststellungen, insbesondere auf Grund des Gutachtens von Prof. V. und seiner ergänzenden Stellungnahme sei die krankhafte Veranlagung überragende Ursache für die beim Mitbeteiligten bestehenden Schmerzen und hätte der konkrete Leidenszustand jederzeit auch durch ein anderes, alltäglich vorkommendes Ereignis ausgelöst werden können. Aus diesem Grund bestehe daher kein Anspruch des Mitbeteiligten auf Zahlung einer Versehrtenrente.
Gegen diesen Bescheid erhob der Mitbeteiligte wiederum Vorstellung an die belangte Behörde.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dieser Vorstellung Folge, hob den Bescheid des Gemeinderates der beschwerdeführenden Gemeinde "wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften" auf und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung "an die Stadtgemeinde Vöcklabruck". Begründend führte die belangte Behörde unter Hinweis auf die im ersten Rechtsgang erlassenen Bescheide vom 8. Juni 1998 sowie vom 21. Dezember 1998 aus, da die damalige Vorstellungsentscheidung nicht angefochten worden sei, seien im weiteren Verfahren sowohl die Parteien als auch die Aufsichtsbehörde selbst an diese Entscheidung gebunden. Der nunmehr vom Mitbeteiligten angefochtene Bescheid des Gemeinderates der beschwerdeführenden Gemeinde vom 18. Jänner 2001 werde dieser Entscheidung nicht gerecht. Feststellungen über den Grad und die Dauer der Minderung der Erwerbsfähigkeit (eventuell auch nur für einen begrenzten Zeitraum) nach dem Unfallereignis und die diesbezügliche rechtliche Beurteilung fehlten zur Gänze. Die Gemeindebehörde habe im fortgesetzten Verfahren ihre negative Entscheidung insbesondere auf das Gutachten vom Prof. V. und seine ergänzende Stellungnahme gestützt. In seiner Beurteilung stelle jedoch auch Prof. V. fest, dass seine Untersuchung erst sechs Jahre nach dem gegenständlichen Unfall stattgefunden habe und daher eine Beurteilung vornehmlich nur an Hand der vorgelegten schriftlichen Aufzeichnungen habe erfolgen können und die Beschwerdesymptomatik als Unfallfolge für den begrenzten Zeitraum vom Unfallereignis bis zur Wiederaufnahme der Arbeitstätigkeit zugeordnet werden könne. Die Schlussfolgerung von Prof. V., dass mit überwiegender Wahrscheinlichkeit eine Unfallkausalität nicht gegeben wäre, führe wieder nur zu Feststellungen, wie sie sich bereits im vorangegangenen Verfahren dargestellt hätten. Die einzelnen im bisherigen Verfahren von den Parteien eingeholten gutachterlichen Beurteilungen tendierten mehr oder minder deutlich jeweils in die Richtung, die dem jeweiligen Parteieninteresse diene. Nach dem Grundsatz der materiellen Wahrheitsfindung gemäß § 8 Abs. 1 DVG in Verbindung mit § 39 Abs. 2 AVG sei es der Gemeindebehörde in dem bisherigen jahrelangen Verfahren nicht gelungen, die unfallbedingte Kausalität einer mindestens 20 %-igen Erwerbsminderung durch einen Zeitraum von länger als drei Monaten nach dem Unfall schlüssig und einwandfrei zu widerlegen; ein solcher eindeutiger Beweis sei auf Grund des nun beinahe acht Jahre zurückliegenden Unfalls auch nicht mehr zu erwarten. Die belangte Behörde komme daher bei gesamtheitlicher Betrachtung des Verfahrensablaufes und der einzelnen Beweismittel zum Ergebnis, dass insbesondere unter Zugrundelegung der fachärztlichen Begutachtung und der Beurteilung durch Primarius Dr. R. (zuletzt dessen Gutachten vom 8. Oktober 1999) die Kausalität zwischen dem Unfall des Mitbeteiligen vom 30. August 1993 und der dadurch bewirkten Minderung der Erwerbsfähigkeit als plausibel anzusehen sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde der Stadtgemeinde Vöcklabruck, in der die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften begehrt wird.
Die belangte Behörde hat Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Mitbeteiligte hat eine Gegenschrift erstattet, in der er ebenfalls die (kostenpflichtige) Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht darauf verletzt, dass ein in ihrem Wirkungsbereich letztinstanzlich erlassener Bescheid nur bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen, nämlich einer Rechtsverletzung des Vorstellungswerbers, durch die Aufsichtsbehörde behoben werde. Erkennbar wendet sie sich aber auch dagegen, dass ihr für das fortgesetzte Verfahren eine unrichtige Rechtsansicht überbunden wurde.
Die Beschwerdeführerin sieht den angefochtenen Bescheid neuerlich schon deshalb mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet, weil die belangte Behörde die Auffassung vertrete, dass die Unaufklärbarkeit der Frage, ob eine Erwerbsminderung auf einen bestimmten Unfall zurückzuführen sei, dazu führe, dass dem Beamten die beanspruchte Versehrtenrente zuzusprechen sei.
Mit diesem Vorbringen ist die Beschwerde im Recht.
Nach § 27 Abs. 1 GdUFG OÖ 1969 besteht Anspruch auf Versehrtenrente, wenn die Erwerbsfähigkeit des Beamten (Funktionärs) durch die Folgen eines Dienstunfalles oder einer Berufskrankheit länger als drei Monate ab dem nach § 7 maßgeblichen Zeitpunkt - beim Dienstunfall das Unfallereignis - um mindestens 20 von 100 vermindert ist. Die Versehrtenrente gebührt für die Dauer der Minderung der Erwerbsfähigkeit um mindestens 20 von 100. Nach Abs. 2 dieser Bestimmung fällt die Versehrtenrente mit dem Tag nach dem Wegfall der durch den Dienstunfall oder die Berufskrankheit verursachten Arbeitsunfähigkeit, spätestens nach Ablauf des dritten Monates nach dem nach § 7 maßgeblichen Zeitpunkt an. Nach Abs. 3 ist die Versehrtenrente nach dem Grad der durch den Dienstunfall oder durch die Berufskrankheit herbeigeführten Minderung der Erwerbsfähigkeit zu bemessen. Nach Abs. 4 leg. cit. beträgt die Versehrtenrente, solange der Beamte (Funktionär) in Folge des Dienstunfalles oder der Berufskrankheit völlig erwerbsunfähig geht, zwei Drittel der Bemessungsgrundlage (Vollrente). Solange der Beamte (Funktionär) teilweise erwerbsunfähig ist, gebührt der dem Grad seiner Erwerbsfähigkeitsminderung entsprechende Hundertsatz der Vollrente (Teilrente).
Im vorliegenden Fall ist unbestritten, dass es sich beim Unfall vom 30. August 1993 um einen Dienstunfall im Sinne des GdUFG OÖ 1969 handelte.
Der Gemeinderat der beschwerdeführenden Gemeinde ließ in seinem vor der belangten Behörde bekämpften Bescheid vom 18. Jänner 2001 offen, ob im zeitlichen Anschluss an den besagten Dienstunfall überhaupt eine Minderung der Erwerbsfähigkeit des Mitbeteiligten um mindestens 20 von 100 durch einen Zeitraum von mehr als drei Monaten eingetreten ist; er verneinte den Anspruch des Mitbeteiligten auf Versehrtenrente schon deshalb, weil eine allenfalls eingetretene Minderung der Erwerbsfähigkeit jedenfalls nicht auf die Folgen des Dienstunfalls, sondern auf die krankhafte Veranlagung als überragende Ursache zurückzuführen sei.
Der Verwaltungsgerichtshof vertritt bei der Beantwortung der Frage der Bedingtheit der Minderung der Erwerbsfähigkeit durch Folgen eines Arbeits- bzw. Dienstunfalls - in Anlehnung an die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur inhaltlich vergleichbaren Bestimmung des § 203 Abs. 1 ASVG - in ständiger Rechtsprechung die Theorie der "wesentlichen Bedingung". Danach ist es für eine solche Bedingtheit - dann, wenn der Unfallschaden auf mehrere Ursachen zurückgeht - erforderlich, dass der Unfall eine wesentliche Ursache der Schädigung ist. Dies ist er dann, wenn er nicht im Hinblick auf andere mitwirkende Ursachen erheblich in den Hintergrund tritt. Nur jene Bedingung, ohne deren Mitwirkung der Erfolg überhaupt nicht oder nur zu einem erheblich anderen Zeitpunkt oder nur im geringeren Umfang eingetreten wäre, ist wesentliche Bedingung. Wirken eine krankhafte Veranlagung und ein Unfallereignis bei Entstehung einer Körperschädigung zusammen, so ist demnach zu beurteilen, ob das Unfallereignis eine wesentlich mitwirkende Bedingung für die Schädigung gewesen ist oder ob die krankhafte Veranlagung alleinige oder überragende Ursache war. Letzteres ist anzunehmen, wenn die Krankheitsanlage so leicht ansprechbar war, dass es zur Auslösung akuter Erscheinungen nicht besonderer, in ihrer Eigenart unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern jedes andere alltäglich vorkommende ähnlich gelagerte Ereignis zur selben Zeit die Erscheinung ausgelöst hätte. Eine krankhafte Veranlagung hindert also die Annahme eines Arbeitsunfalls nicht. Ein solcher kann auch vorliegen, wenn eine vorhandene krankhafte Veranlagung zu einer plötzlichen, in absehbarer Zeit nicht zu erwartenden Entwicklung gebracht oder eine bereits entstehende Erkrankung verschlimmert worden ist. Für die Frage, ob die Auswirkungen des Unfalles eine rechtlich wesentliche Teilursache des nach dem Unfall eingetretenen Leidenszustandes sind, ist in erster Linie von Bedeutung, ob dieser Leidenszustand auch ohne den Unfall etwa zum gleichen Zeitpunkt eingetreten wäre oder durch ein anderes alltäglich vorkommendes Ereignis hätte ausgelöst werden können, ob also die äußere Einwirkung (Unfall) wesentliche Teilursache oder nur Gelegenheitsursache war. Ist nach diesen Grundsätzen die Leistungspflicht der Unfallversicherung zu bejahen, so muss sie den gesamten, nicht nur den Verfrühungs- oder Verschlechterungsschaden zahlen und hat so lange zu leisten, als der unfallbedingte Leidenszustand nicht gebessert ist (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 27. September 1990, Zlen. 88/12/0137 und 89/12/0245, unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes sowie etwa das hg. Erkenntnis vom 13. September 2002, Zl. 99/12/0221).
Der Oberste Gerichtshof führte die Theorie der "wesentlichen Bedingung" in seiner weiteren Rechtsprechung dahingehend fort, es komme in diesem Zusammenhang nicht darauf an, ob wegen der krankhaften Veranlagung jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis dieselbe Schädigung hätte herbeiführen können, sondern darauf, ob ein solches Ereignis mit Wahrscheinlichkeit in naher Zukunft tatsächlich vorgekommen wäre und dieselbe Schädigung ausgelöst hätte (vgl. das Urteil des OGH vom 10. März 1992, 10 ObS 57/92). Alltäglich seien die Belastungen, die altersentsprechend üblicherweise mit gewisser Regelmäßigkeit im Leben aufträten, wenn auch nicht jeden Tag, wie etwa normales oder auch beschleunigtes Gehen, unter Umständen auch kurzes schnelles Laufen, Treppensteigen, Bücken, leichtes bis mittelschweres Heben oder ähnliche Kraftanstrengungen. Eine Traumatisierung des Handgelenkes könne etwa ebenso wenig als ein alltägliches Ereignis qualifiziert werden wie Hundebisse, Verkehrsunfälle oder Stürze (vgl. das Urteil des OGH vom 22. März 1994, 10 ObS 50/94). Es seien Feststellungen darüber erforderlich, welche konkreten anderen Ereignisse dieselbe Schädigung ausgelöst hätten. Es reiche für den Gegenbeweis völlig aus, wenn der Versicherte irgendein Verletzungstrauma erlitten hätte, das ebenso leicht wie im Schutzbereich aufgetreten wäre und dieselben Folgen ausgelöst hätte, wobei eine hohe Wahrscheinlichkeit genügen würde (vgl. den Beschluss des OGH vom 13. Oktober 1992, 10 ObS 240/92, sowie dessen Urteil vom 15. Oktober 1997, 10 ObS 325/97k). Ein äußeres Ereignis im Maß einer alltäglichen Belastung sei bei einem mitwirkenden Vorschaden immer nur eine so genannte Gelegenheitsursache, begründe also keinen Arbeitsunfall (vgl. das Urteil des OGH vom 14. September 1999, 10 ObS 194/99y).
Der Verwaltungsgerichtshof schließt sich zur Beantwortung der Frage der Bedingtheit der Minderung der Erwerbsfähigkeit durch einen Dienstunfall im Sinn des § 27 Abs. 1 GdUFG OÖ 1969 der wiedergegebenen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes an.
Unter Heranziehung dieser Grundsätze erwies sich der Bescheid des Gemeinderates der beschwerdeführenden Gemeinde vom 18. Jänner 2001 - wie die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid im Ergebnis zwar zutreffend beurteilte - mit Rechtswidrigkeit belastet. Denn, nach den eingangs wiedergegebenen Feststellungen des Bescheides vom 18. Jänner 2001 seien die Beschwerden des Mitbeteiligten als Unfallfolge für den Zeitraum vom Unfallereignis bis zur Wiederaufnahme der Arbeitstätigkeit am 6. Dezember 1993 dem Unfall zuzuordnen; es hätte dieser Leidenszustand aber auch durch ein anderes, alltäglich vorkommendes Ereignis ebenso ausgelöst werden können. Jedenfalls die seit 1994 bestehenden Schmerzen hätten ihre überragende Ursache in den degenerativen Veränderungen, die zunehmend die gesamte Wirbelsäule erfassten. Damit schloss sich der Gemeinderat der beschwerdeführenden Gemeinde erkennbar der ergänzenden Stellungnahme des Sachverständigen Univ. Prof. Dr. V. an, ohne jedoch - auf Grund ergänzender Ermittlungen - näher zu begründen, welches konkrete andere, "alltäglich vorkommende Ereignis" in gleicher Weise den Leidenszustand des Mitbeteiligten hätte auslösen können. Die belangte Behörde hätte gerade die differenzierende Stellungnahme des Sachverständigen Univ. Prof. Dr. V. nicht schlichtweg übergehen dürfen, wonach nicht mit ausreichender Sicherheit beantwortet werden könne, ob der konkrete Leidenszustand allerdings auch ohne Unfall zum gleichen Zeitpunkt eingetreten wäre, weil der Sachverständige damit zu erkennen gab, dass er die - nach der wiedergegebenen Rechtsprechung geforderte - Wahrscheinlichkeit einer alternativen Schädigung durch andere "alltäglich vorkommende Ereignisse" nicht für gegeben sah. Nach der wiedergegebenen Rechtsprechung zur Theorie der wesentlichen Bedingung wären jedoch nur solche Belastungen als alltäglich anzusehen, die im Leben altersentsprechend üblicherweise mit gewisser Regelmäßigkeit, wenn auch nicht jeden Tag, auftreten.
Allerdings belastete die belangte Behörde ihren Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, weil sie - aufbauend auf dem noch nicht hinreichend ermittelten Sachverhalt - zum Ergebnis gelangte, die Kausalität zwischen dem Unfall des Mitbeteiligten vom 30. August 1993 und der dadurch bewirkten Minderung seiner Erwerbsfähigkeit sei als plausibel anzusehen, und damit dem Gemeinderat der beschwerdeführenden Gemeinde für das weitere Verfahren die für die Aufhebung im angefochtenen Bescheid tragende Sachverhaltsprämisse bindend übertrug (zur Bindungswirkung des aufhebenden Bescheides nach Art. 119a Abs. 5 B-VG vgl. etwa die bei Mayer, B-VG3 (2002), zu Art. 119a B-VG IV.9. nachgewiesene Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes).
Da die belangte Behörde die Aufhebung des gemeindebehördlichen Bescheides in Verkennung der Rechtslage auf eine mangelhaft begründete Sachverhaltsannahme stützte, belastete sie ihrerseits den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2001, BGBl. II Nr. 501. Die im Betrag von S 2.500,-- entrichtete Gebühr nach § 24 Abs. 3 VwGG war im Betrag von EUR 181,68 zuzusprechen.
Wien, am 26. Mai 2003
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