Normen
B-VG Art12 Abs1 Z3;
B-VG Art15 Abs6;
GSGG §1 Abs1;
GSGG §1;
GSGG §2 Abs1 Z1;
GSGG §2;
GSGG §4;
GSGG;
GSLG Vlbg 1963 §1;
GSLG Vlbg 1963 §2 Abs1;
GSLG Vlbg 1963 §2;
GSLG Vlbg 1963 §4;
GSLG Vlbg 1963 §5;
VwRallg;
B-VG Art12 Abs1 Z3;
B-VG Art15 Abs6;
GSGG §1 Abs1;
GSGG §1;
GSGG §2 Abs1 Z1;
GSGG §2;
GSGG §4;
GSGG;
GSLG Vlbg 1963 §1;
GSLG Vlbg 1963 §2 Abs1;
GSLG Vlbg 1963 §2;
GSLG Vlbg 1963 §4;
GSLG Vlbg 1963 §5;
VwRallg;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Vorarlberg hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
Die mitbeteiligte Partei (mP) ist grundbücherliche Alleineigentümerin der Liegenschaft EZ 51 Grundbuch B., zu der (u.a.) die Grundstücke Nr. 572/1 und 573 gehören. Der Beschwerdeführer ist (seit 1997) grundbücherlicher Alleineigentümer der Liegenschaft EZ 8 Grundbuch B. mit den Grundstücken Nr. 574/1 (Katasterfläche 1337 m2), 575 (Katasterfläche 11.419 m2) und .142/1 (Katasterfläche 61 m2).
Der Beschwerdeführer und sein Bruder Norbert N. stellten mit Schreiben vom 26. Juli 1994 bei der Agrarbezirksbehörde Bregenz (ABB) den Antrag, ihnen als jeweilige Hälfteeigentümer der Grundstücke Nr. 575 (Wiese), 574/1 (Wald) und Bauparzelle 142/1 (Maisäß) ein Bringungsrecht zu Lasten des Grundstückes Nr. 573 nach dem Vorarlberger Güter- und Seilwegegesetz (GSLG) einzuräumen. Sie brachten dazu vor, dass sie nach Rücksprache mit den Behörden einen Zufahrtsweg von ihrem Grundstück Nr. 142/1 bis zum westlichen Ende des Grundstückes Nr. 575 errichtet hätten, sie ursprünglich vom Eigentümer des Grundstückes Nr. 573 die mündliche Zusage gehabt hätten, dass sie die bis an die gemeinsame Grenze führende Straße auf dem Grundstück Nr. 573 gegen anteiligen Kostenersatz mitbenützen dürften und die vom Eigentümer des Grundstückes Nr. 573 inzwischen verlangten Auflagen und Bedingungen leider nicht mehr annehmbar seien. Im Bereich des von ihnen errichteten Fahrweges auf dem Grundstück Nr. 575 bestehe ein sehr steiler Hang, und es sei die Errichtung einer neuen Straße für sie mit einem großen finanziellen Aufwand verbunden. Der begehrte Zufahrtsweg sei für ihre Bewirtschaftung sehr wichtig.
Nach Durchführung von mehreren Vermittlungsversuchen durch die ABB und Vergleichsverhandlungen zwischen den genannten Antragstellern und der mP wiederholte der Beschwerdeführer, nunmehr vertreten durch B., mit Schreiben an die ABB vom 26. Mai 1999 seinen im Jahr 1994 gestellten Antrag. Er brachte in diesem Schreiben vor, dass alle zwischenzeitig geführten Gespräche mit dem Eigentümervertreter des Grundstückes Nr. 573 gescheitert seien und das landwirtschaftliche Bringungsrecht in Form eines Geh- und Fahrtrechtes für die ordentliche Bewirtschaftung seiner landwirtschaftlich genutzten Liegenschaft dringend benötigt werde. Zusätzlich habe sich die Situation seit dem 23. Mai 1999 verschärft, weil an diesem Tag nach starken Niederschlägen im ganzen Montafon zahlreiche Muren abgegangen seien und im oberen Bereich des Grundstückes Nr. 575 zwei große Hangrutschungen zu verzeichnen seien. Auf Grund des fehlenden Zufahrtsrechtes über die benachbarte Liegenschaft könnten die dringend erforderlichen Sanierungsarbeiten nicht durchgeführt werden. Da täglich weitere Erdmassen abbrächen, bestünde, wenn nicht umgehend mit den Sanierungsarbeiten begonnen werden könnte, akute Gefahr für das oberhalb gelegene "Maisäß-Häuschen". Der Zufahrtsweg werde daher auch für die Sanierung bzw. zukünftige Sicherung und Stabilisierung des Hanges benötigt.
Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 29. Juni 1999 erließ die ABB den Bescheid vom 9. Juli 1999, in dem sie (u.a.) aussprach, dass gemäß §§ 1, 2 und 4 GSLG über das Grundstück Nr. 573 ein landwirtschaftliches Bringungsrecht in Form eines Geh- und Fahrrechtes in der Länge von ca. 18 m, abzweigend von einem näher bezeichneten Gatter, auf der Trasse des bestehenden Weges bis zur Westgrenze des Grundstückes Nr. 575 zu Gunsten des Maisäß mit den Grundstücken Nr. 574/1, 575 und .142/1 unter Vorschreibung von mehreren Auflagen eingeräumt werde, wobei das eingeräumte Bringungsrecht auch das freie Viehtriebsrecht für die Herbstweide und das Recht, die Rutschung oberhalb des Zufahrtsweges auf Grundstück Nr. 575 wieder ordentlich zu sanieren, umfasse und das Bringungsrecht als Grunddienstbarkeit zu Gunsten der Grundstücke Nr. 574/1, 575 und .142/1 im Gesamtausmaß von 12.817 m2 eingeräumt werde. Ferner sprach die ABB aus, dass Nutzungen des Wohnteils des Gebäudes auf dem Grundstück Nr. .142/1 von der Einräumung des Bringungsrechtes ausgenommen seien.
Infolge der sowohl vom Beschwerdeführer als auch von der mP erhobenen Berufungen wurde dieser Bescheid vom Landesagrarsenat Vorarlberg (der belangten Behörde) mit Bescheid vom 28. September 1999 behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die ABB zurückverwiesen. Die belangte Behörde führte in dieser Entscheidung im Wesentlichen begründend aus, es sei im Verfahren unerörtert geblieben und dieses dahin zu ergänzen, ob hinsichtlich der Entfernung des Wohnortes des Eigentümers bzw. Bewirtschafters des begünstigten Gutes eine Nächtigung und das Einnehmen von Speisen im Wohnteil des begünstigten Gutes erforderlich seien, ob die beabsichtigte Verwendung des Maisäß als Herbstweide betriebswirtschaftlich sinnvoll sei, wie die in der Berufung des Beschwerdeführers angesprochenen Wege verliefen, ob diese mit den erforderlichen landwirtschaftlichen Fahrzeugen und Maschinen befahrbar seien, welche Vorteile und Nachteile die im erstinstanzlichen Bescheid zugesprochenen Bringungsrechte gegenüber den in der Berufung des Beschwerdeführers angesprochenen Wegen hätten und ob weitere Hangrutschungen zu befürchten seien.
Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 6. Juni 2000 vor der ABB brachte der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 7. Juni 2000 vor, dass abzweigend vom A.-Weg auch das im Alleineigentum der mP stehende Grundstück Nr. 572/1 befahren werden müsse, damit man auf seine Liegenschaft komme, und deshalb der Antrag auf Einräumung eines Bringungsrechtes hinsichtlich dieses Grundstückes ausgedehnt werde.
In weiterer Folge erstattete der von der ABB beigezogene Amtssachverständige das landwirtschaftliche Gutachten vom 30. Juni 2000, in dem dieser u.a. ausführte, dass auf der vorhandenen Futterfläche der Grundstücke des Beschwerdeführers etwa 10 Rinder ca. 8 Tage hindurch oder 10 Milchkühe ca. 6 Tage hindurch gehalten werden könnten. Die Bewirtschaftung (Mäharbeit) der landwirtschaftlichen Nutzfläche sei teilweise händisch bzw. mit dem Motormäher erfolgt. Der Vertreter des Beschwerdeführers, B., habe angegeben, der Beschwerdeführer würde einen landwirtschaftlichen Betrieb mit ca. 20 Stk. Großvieh betreiben. Der Amtssachverständige habe jedoch bei dessen Wohnsitzgemeinde die Auskunft erhalten, dass der Beschwerdeführer keine Landwirtschaft betreiben würde und auch keinen Mehrfachantrag für das Jahr 2000 gestellt hätte, sondern Betreiber einer Landwirtschaft dessen Bruder Norbert N. wäre. Die Entfernung vom Wohnort des Beschwerdeführers zu diesen Grundstücken betrage ca. 20 km. Der in der Verhandlung am 6. Juni 2000 besichtigte Teil des auf dem Grundstück Nr. .142/1 errichteten Gebäudes diene größtenteils der landwirtschaftlichen Nutzung. Da der Beschwerdeführer selbst keinen landwirtschaftlichen Betrieb führe, wäre eine Beweidung des Maisäß mit Stellvieh bzw. eine Verpachtung der Fläche möglich.
In seinem schriftlichen Ergänzungsgutachten vom 19. Juli 2000 führte der Amtssachverständige aus, dass z.B. eine großflächige Beweidung des Maisäß durch ortsansässige Landwirte als betriebswirtschaftlich sinnvoll angesehen werden könnte und drei in der Verhandlung vom 6. Juni 2000 erörterte Wegverbindungen des Maisäß deutlich länger und auf Grund der Steigungsverhältnisse beschwerlicher befahrbar seien als das durch den Wegebau geschaffene und beantragte Bringungsrecht über die Grundstücke Nr. 572/1 und 573.
Mit Bescheid der ABB vom 18. August 2000 wurde (1.) gemäß § 16 Abs. 3 GSLG festgestellt, dass das begehrte Bringungsrecht nicht unter die Bestimmungen über die Einräumung der Bringungsrechte falle, und (2.) der Antrag des Beschwerdeführers vom 26. Mai 1999, ein landwirtschaftliches Bringungsrecht über das Grundstück Nr. 573 einzuräumen, abgewiesen. Begründend vertrat die ABB im Wesentlichen die Auffassung, für die Einräumung eines Bringungsrechtes sei Voraussetzung, dass beim Antragsteller ein landwirtschaftlicher Betrieb vorliege. Nicht entscheidend sei dabei allerdings, ob im Rahmen dieses landwirtschaftlichen Betriebes die antragsgegenständlichen Liegenschaften als Eigentümer, Fruchtnießer oder Pächter bearbeitet würden. Auch könne ein landwirtschaftliches Bringungsrecht erst nach Kenntnis der konkreten Bewirtschaftungsart des jeweiligen landwirtschaftlichen Betriebes eingeräumt werden und sei die Belastung fremden Eigentums mit einem Bringungsrecht nur auf das Vorliegen echter Notfälle eingeschränkt. Erst im Laufe des Verfahrens habe sich herausgestellt, dass Norbert N., der Bruder des Beschwerdeführers, und nicht dieser Bewirtschafter der antragsgegenständlichen Liegenschaften sei. Vom Amtssachverständigen habe daher keine betriebswirtschaftliche Beurteilung der Bewirtschaftung durch den Beschwerdeführer abgegeben werden können, und es sei auch eine Interessenabwägung zwischen den mit der Einräumung eines Bringungsrechtes verbundenen Nachteilen und den damit zusammenhängenden Vorteilen nicht möglich.
Der Beschwerdeführer erhob gegen diesen Bescheid Berufung und brachte darin im Wesentlichen unter Hinweis auf das Güter- und Seilwege-Grundsatzgesetz (GSGG) vor, dass für die Antragslegitimation des Grundeigentümers lediglich ein zu land- oder forstwirtschaftlichen Zwecken gewidmetes Grundstück vorliegen müsse, nicht jedoch auch ein land- oder forstwirtschaftlicher Betrieb. Ohne die Einräumung des Bringungsrechts sei eine Bewirtschaftung der Liegenschaft des Beschwerdeführers nicht möglich. Auch sei weder dem GSGG noch dem GSLG zu entnehmen, dass ein Bringungsrecht lediglich dem Eigentümer eines land- und forstwirtschaftlichen Grundstücks eingeräumt werde, wenn er selbst einen landwirtschaftlichen Betrieb betreibe, und es müsse der Eigentümer eines solchen Grundstückes nicht immer mit dem Bewirtschafter ident sein. Auch könne keine Rede davon sein, dass gegenwärtig keine betriebswirtschaftlich sinnvolle Bewirtschaftung erfolge. Beim gegenwärtigen Verfahrensstand sei eine Verpachtung an ortsansässige Landwirte nicht möglich, weil diesen Pächtern ebenso ein Zufahrtsrecht fehlen würde. Die Nutzung des Wohnteils des genannten Gebäudes erfordere ebenfalls eine landwirtschaftliche Zufahrt, weil es mitunter vorkommen könne, dass sich Bewirtschaftungsaktivitäten über mehr als einen Tag hinzögen, und es wäre zumindest ein Gehrecht zur Nutzung des Wohnteils einzuräumen gewesen. Völlig unerörtert sei geblieben, ob weitere Hangrutschungen zu befürchten seien und nicht bereits deshalb ein Bringungsrecht einzuräumen sei.
Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 15. Dezember 2000 wies die belangte Behörde gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm § 16 Abs. 3, §§ 1 und 4 Abs. 3 und 4 GSLG die Berufung ab.
Nach Wiedergabe der maßgeblichen Bestimmungen des GSLG führte die belangte Behörde begründend aus, dass die zwangsweise Begründung eines Wegerechts über fremden Grund nur das letzte Mittel darstellen solle, wenn die Bewirtschaftbarkeit eines landwirtschaftlichen oder forstwirtschaftlichen Grundstücks auf andere Art gar nicht oder nicht mit angemessenem Aufwand erreicht werden könne. Der Beschwerdeführer führe keinen landwirtschaftlichen Betrieb. Dies wäre jedoch nach Ansicht der ABB Voraussetzung für die Einräumung eines Bringungsrechtes, und es werde diese Ansicht von der belangten Behörde geteilt. Eine betriebswirtschaftliche Beurteilung, die von der Entfernung des Heimbetriebes, der Gesamtgröße der beweideten Fläche und der Art der zu erstellenden Einzäunungen und der Beaufsichtigung des Weideviehs abhängig sei, sei gemäß § 1 iVm § 4 Abs. 3 und 4 GSLG notwendig, um die dadurch erreichten Vorteile und Nachteile gegeneinander abzuwägen. Die Einräumung eines Bringungsrechtes für einen Grundstückseigentümer, der über keinen land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb verfüge, von dem aus die antragsgegenständlichen Grundstücke bewirtschaftet würden, sei daher nicht zulässig. Im vorliegenden Fall sei es jedoch zulässig, dass der Bewirtschafter der antragsgegenständlichen Liegenschaften, der Bruder des Beschwerdeführers, einen Antrag auf Einräumung eines landwirtschaftlichen Bringungsrechtes im Rahmen seines landwirtschaftlichen Betriebes stelle. Sollte ein solcher Antrag gestellt werden, hätte die ABB unter Abwägung der berührten Interessen zu entscheiden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete - ebenso wie die mP - eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Beschwerdefall ist strittig, ob die Einräumung eines landwirtschaftlichen Bringungsrechtes zur Voraussetzung hat, dass der Eigentümer einer land- oder forstwirtschaftlich genutzten Liegenschaft, der die Einräumung des Bringungsrechtes beantragt, einen land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb führt.
Die im vorliegenden Zusammenhang maßgeblichen Bestimmungen des Vorarlberger Güter- und Seilwegegesetzes, LGBl. Nr. 25/1963 idF LGBl. Nr. 42/1984, lauten:
"Anspruch auf Einräumung eines Bringungsrechtes
§ 1. Wenn die zweckmäßige Bewirtschaftung einer land- oder forstwirtschaftlich genutzten Liegenschaft dadurch unmöglich gemacht oder erheblich beeinträchtigt wird, dass zur Bringung der im land- oder forstwirtschaftlichen Betriebe gewonnenen oder gewinnbaren land- oder forstwirtschaftlichen Erzeugnisse oder zur Heranschaffung der zur zweckmäßigen Bewirtschaftung der Liegenschaft erforderlichen Sachen keine oder nur eine unzulängliche oder den Betrieb mit unverhältnismäßigen Kosten belastende Verbindung besteht, kann der Eigentümer, Fruchtnießer oder Pächter (§ 5) begehren, dass ihm die zur Behebung dieser Nachteile notwendigen land- und forstwirtschaftlichen Bringungsrechte - im Folgenden kurz Bringungsrechte genannt - eingeräumt werden.
Inhalt des Bringungsrechtes
§ 2. (1) Das Bringungsrecht besteht entweder in dem Rechte, land- oder forstwirtschaftliche Erzeugnisse oder andere Sachen der im § 1 bezeichneten Art über fremde Liegenschaften ohne Weganlage zu bestimmten Zeiten zu befördern, oder in dem Rechte, zu dem in § 1 angeführten Zweck Güterwege (Fußsteige, Saumpfade, Fahrwege, u. dgl.) oder Seilwege anzulegen, unzulänglich bestehende Verbindungen auszugestalten und diese Wege oder schon bestehende Verbindungen zu benützen.
....
Voraussetzung für die Einräumung
§ 4. ...
(3) Die Einräumung eines Bringungsrechtes kann nur dann erfolgen, wenn der hiedurch zu erreichende Vorteil die damit verbundenen Nachteile offenbar überwiegt.
(4) Bei der Bestimmung von Art, Inhalt und Umfang eines Bringungsrechtes ist vom Bedarfe der Liegenschaft, für die das Bringungsrecht eingeräumt werden soll, nach Maßgabe ihrer gegenwärtigen oder glaubhaft gemachten geplanten Bewirtschaftungsart und von den Grundsätzen auszugehen, dass Gefahren für Menschen und Sachen vermieden, fremde Liegenschaften und Baustoffe in möglichst geringem Maße in Anspruch genommen und durch die Ausübung des Bringungsrechtes dem Berechtigten möglichst geringe Kosten verursacht werden. Es ist insbesondere auch auszusprechen, ob und inwieweit das Bringungsrecht das freie Viehtriebsrecht umfasst.
Grunddienstbarkeit oder persönliches Recht
§ 5. (1) Das Bringungsrecht kann entweder als Grunddienstbarkeit (§ 473 ABGB) oder als bloß persönliches Recht gegen den Besitzer, Fruchtnießer oder Pächter einer anderen Liegenschaft eingeräumt werden.
(2) Ein Bringungsrecht kann als Grunddienstbarkeit nur dem Eigentümer einer land- oder forstwirtschaftlich genutzten Liegenschaft und bloß dann eingeräumt werden, wenn das Bringungsrecht der Befriedigung eines dauernden oder regelmäßig wiederkehrenden Bedürfnisses zu dienen hat.
(3) Ein Bringungsrecht kann als persönliches Recht gegen den Besitzer, Fruchtnießer oder Pächter einer Liegenschaft dem Eigentümer, aber auch dem Fruchtnießer oder Pächter einer land- oder forstwirtschaftlich genutzten Liegenschaft für einen einzelnen Fall oder für eine bestimmte Zeit eingeräumt werden.
(4) Grunddienstbarkeiten oder andere Rechte, die inhaltlich einem Bringungsrecht (§ 2 Abs. 1) entsprechen, sind auf Antrag des Eigentümers des dienenden Grundstückes ganz oder teilweise aufzuheben, wenn sie durch die Einräumung eines Bringungsrechtes ganz oder teilweise entbehrlich werden."
Entgegen der Ansicht der belangten Behörde ist für die Einräumung eines Bringungsrechtes nach dem GSLG weder Voraussetzung, dass die Bewirtschaftung einer land- oder forstwirtschaftlich genutzten Liegenschaft im Rahmen der Führung eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebes erfolgt, noch, dass der Eigentümer dieser Liegenschaft diese selbst bewirtschaftet. Die in § 1 leg. cit. normierte weitere - alternative - Tatbestandsvoraussetzung, dass zur Heranschaffung der zur zweckmäßigen Bewirtschaftung der Liegenschaft erforderlichen Sachen keine oder nur eine unzulängliche Verbindung besteht, lässt durchaus die Deutungsmöglichkeit zu, dass die Bewirtschaftung einer solchen Liegenschaft nicht notwendigerweise im Rahmen eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebes erfolgen muss. Für diese Auslegung spricht auch die Bestimmung des § 5 GSLG, in der in Bezug auf den Begünstigten auf dessen Rechtsverhältnis zu einer land- oder forstwirtschaftlichen genutzten Liegenschaft, nicht jedoch (auch) auf die Führung eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebes durch ihn abgestellt wird.
Bestätigt wird dieses Normenverständnis jedoch vor allem auf Grund folgender Überlegungen:
Bei der Regelung des Bringungsrechtes handelt es sich um eine Angelegenheit der Bodenreform (Art. 12 Abs. 1 Z. 3 B-VG) und somit um eine Materie, in der der Bundesgesetzgeber mittels eines Grundsatzgesetzes bindende Determinanten und Grundsätze für die Ausführungsgesetzgebung der Länder vorgibt. Ein solches Ausführungsgesetz ist verfassungswidrig, wenn es einem Grundsatzgesetz des Bundes widerspricht. Wird ein Grundsatzgesetz neu erlassen bzw. geändert und entspricht ein bestehendes Ausführungsgesetz nicht den vom Bundesgesetzgeber aufgestellten Grundsätzen, so führt dies - gegebenenfalls nach Ablauf einer bundesgesetzlich zu bestimmenden Anpassungsfrist - zur Verfassungswidrigkeit der landesgesetzlichen Bestimmungen (vgl. Art. 15 Abs. 6 B-VG; ferner Walter/Mayer, Bundesverfassungsrecht9, Rz 266, 268).
In dem für das GSLG maßgeblichen Güter- und Seilwege-Grundsatzgesetz 1967, BGBl. Nr. 198 (GSGG), hat der Bundesgesetzgeber für die Landesgesetzgebung (u.a.) folgende Grundsätze aufgestellt:
"§ 1. (1) Ein Bringungsrecht im Sinne dieses Gesetzes ist das zugunsten von Grundstücken, die land- oder forstwirtschaftlichen Zwecken gewidmet sind, eingeräumte Recht, Personen und Sachen über fremden Grund zu bringen.
....
§ 2. (1) Bringungsrechte sind auf Antrag einzuräumen, wenn
1. die zweckmäßige Bewirtschaftung von Grundstücken, die land- oder forstwirtschaftlichen Zwecken gewidmet sind, oder eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebes dadurch erheblich
beeinträchtigt wird, dass für die Bringung der auf den Grundstücken oder im Betrieb gewonnenen oder gewinnbaren Erzeugnisse oder der zur Bewirtschaftung erforderlichen Personen oder Sachen keine oder nur eine unzulängliche Bringungsmöglichkeit besteht, und
2. dieser Nachteil nur durch ein Bringungsrecht, das öffentliche Interessen nicht verletzt und den im Abs. 2 aufgestellten Erfordernissen entspricht, beseitigt oder gemildert werden kann.
(2) Art, Inhalt und Umfang der Bringungsrechte sind so festzusetzen, dass
1. die durch die Einräumung und Ausübung des Bringungsrechtes erreichbaren Vorteile die damit verbundenen Nachteile überwiegen,
- 2. weder Menschen noch Sachen gefährdet werden,
- 3. fremder Grund unter Berücksichtigung seines Verwendungszweckes in möglichst geringem Ausmaß in Anspruch genommen wird und
4. möglichst geringe Kosten verursacht werden.
....
§ 4. Bringungsrechte, denen ein dauerndes oder regelmäßig wiederkehrendes Bedürfnis zugrunde liegt, sind zeitlich unbegrenzt, andere nur für einen bestimmten Zeitraum einzuräumen.
...."
Nach dem klaren Wortlaut des § 2 Abs. 1 Z. 1 GSGG setzt die Einräumung eines Bringungsrechtes alternativ voraus, dass die zweckmäßige Bewirtschaftung von land- oder forstwirtschaftlichen Zwecken gewidmeten Grundstücken oder eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebes erheblich beeinträchtigt wird. Keineswegs ist jedoch Voraussetzung, dass nur bei der im Rahmen eines solchen Betriebes erfolgten Bewirtschaftung eines land- oder forstwirtschaftlichen Zwecken gewidmeten Grundstückes ein Bringungsrecht eingeräumt werden kann.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 26. April 2001, Zl. 97/07/0171, ausgeführt, was unter dem Begriff "Grundstücke, die land- oder forstwirtschaftlichen Zwecken gewidmet sind", zu verstehen ist. Darin wurde u.a. dargelegt, dass der Ausdruck "gewidmet" auch im Sinne einer tatsächlichen Nutzung des betroffenen Grundstückes zu land- oder forstwirtschaftlichen Zwecken zu verstehen ist und dem Fall einer aktuell bestehenden Nutzungsart auch solche Nutzungsarten gleich kommen, für welche vom Eigentümer des betroffenen Grundstückes die ernsthafte Absicht ihrer Ausübung als erwiesen anzusehen ist, wobei das Fehlen entsprechender Vorbereitungshandlungen des Eigentümers für die beabsichtigte Nutzung eine ansonsten als erweislich anzusehende Absicht für sich allein dann nicht widerlegen könnte, wenn solche Vorbereitungshandlungen gerade am Fehlen der Bringungsmöglichkeit scheitern. Insoweit wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf dieses Erkenntnis verwiesen.
Nach der "Konformitätsregel" (Grundsatz der verfassungskonformen Interpretation) ist im Zweifel kein Rechtsakt so zu verstehen, dass er fehlerhaft erscheint, und engt sich, wenn ein Gesetzestext in verschiedener Weise auslegbar ist, die Wahl auf jene Auslegung ein, die das Gesetz verfassungskonform erscheinen lassen (vgl. dazu etwa die in Walter/Mayer, aaO, zu Rz 135 zitierte Judikatur). Vor diesem Hintergrund ist - entgegen der Auffassung der belangten Behörde - das GSLG so auszulegen, dass die Einräumung eines Bringungsrechtes nicht zur Voraussetzung hat, dass eine land- oder forstwirtschaftlich genutzte Liegenschaft im Rahmen der Führung eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebes bewirtschaftet werden muss.
Im Übrigen kann weder aus dem GSLG, noch dem GSGG abgeleitet werden, dass der Eigentümer einer land- oder forstwirtschaftlich genutzten Liegenschaft, wenn dieser den Antrag auf Einräumung eines Bringungsrechtes stellt, diese selbst nutzen oder bewirtschaften muss, sondern reicht es aus, wenn ein anderer dessen Liegenschaft land- oder forstwirtschaftlich bewirtschaftet oder wenn eine solche Bewirtschaftung durch den Liegenschaftseigentümer oder einen Dritten ernsthaft angestrebt wird, eine solche jedoch erst auf Grund der Einräumung des Bringungsrechtes ermöglicht wird oder ohne erhebliche Beeinträchtigung erfolgen kann. Für dieses Auslegungsergebnis spricht einerseits, dass nach der Begriffsbestimmung des § 1 Abs. 1 GSGG das Bringungsrecht zu Gunsten von Grundstücken (als Realrecht) - und nicht mehr auch, wie nach der früheren Rechtslage, als persönliches Recht - eingeräumt werden soll (vgl. RV 461 BlgNR 11. GP: "Zu § 1"). Dies deutet wohl darauf hin, dass es für die Einräumung des Bringungsrechtes nicht auf die Person des Antragstellers und nicht darauf ankommt, dass er selbst das zu land- oder forstwirtschaftlichen Zwecken gewidmete Grundstück bewirtschaftet. Die §§ 1 und 2 GSGG stellen vielmehr darauf ab, dass ein Bringungsrecht für die zweckmäßige Bewirtschaftung des Grundstückes notwendig ist, weil für die Bringung der gewonnenen oder gewinnbaren Erzeugnisse oder der zur Bewirtschaftung erforderlichen Personen oder Sachen keine oder nur eine unzulängliche Bringungsmöglichkeit besteht. Für dieses Normenverständnis spricht überdies auch die Überlegung, dass bei einer gegenteiligen Auslegung dieser Bestimmungen z.B. der Eigentümer einer solchen Liegenschaft, wenn er diese zur land- oder forstwirtschaftlichen Nutzung verpachten oder selbst bewirtschaften will und wenn dies jedoch erst nach Einräumung eines Bringungsrechtes durchführbar ist, seine Absicht nicht realisieren könnte, was mit dem mit der Regelung von Bringungsrechten verbundenen Ziel, nämlich der Erhaltung und Stärkung einer leistungsfähigen Landwirtschaft, nicht in Einklang zu bringen wäre.
Die belangte Behörde hat daher mit ihrer Auffassung, dass die Einräumung eines Bringungsrechtes auf Grund des Antrages des Beschwerdeführers nicht zulässig sei, weil dieser als Liegenschaftseigentümer keinen landwirtschaftlichen Betrieb führe, von dem aus die antragsgegenständlichen Grundstücke bewirtschaftet würden, die Rechtslage verkannt.
Demzufolge war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm § 3 Abs. 2 Z. 2 Eurogesetz, BGBl. I Nr. 72/2000, und der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.
Wien, am 3. Juli 2003
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