Normen
AVG §38;
AVG §69 Abs1 Z3;
AVG §69 Abs3;
MRG §37 Abs1 Z8;
MRG §37 Abs1;
MRG §39 Abs1;
MRG §39 Abs4;
MRG §40 Abs1;
VwGG §34 Abs1;
AVG §38;
AVG §69 Abs1 Z3;
AVG §69 Abs3;
MRG §37 Abs1 Z8;
MRG §37 Abs1;
MRG §39 Abs1;
MRG §39 Abs4;
MRG §40 Abs1;
VwGG §34 Abs1;
Spruch:
I. Der angefochtene Bescheid wird - soweit damit die amtswegige Wiederaufnahme des mit rechtskräftigem Bescheid der Schlichtungsstelle vom 20. November 2000 abgeschlossenen Verfahrens verfügt wurde - wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
II. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Die Bundeshauptstadt Wien hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von EUR 1089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführer waren in der Zeit vom 1. Juni 1991 bis 31. Dezember 1998 Mieter der im Hause W, W 5 im 3. Stock befindlichen Wohnung; die Mitbeteiligten sind Eigentümer dieses Hauses.
Mit Sachbeschluss des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 30. Dezember 1998, 20 Msch 127/96w-55, wurde über Antrag der Beschwerdeführer das gesetzlich zulässige Zinsausmaß für diese Wohnung für den Zeitraum 6/91 bis einschließlich 4/96 festgestellt und hinsichtlich der Überzahlungsbeträge ein Rückerstattungsbefehl im Sinne des § 37 Abs. 4 MRG erlassen.
Gegen diesen Sachbeschluss erhoben die Beschwerdeführer Rekurs.
Mit Sachbeschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 28. April 1999, 41 R 165/99i, wurde dem Rekurs Folge gegeben und der erstinstanzliche Sachbeschluss insoweit abgeändert, als - ausgehend von der Einordnung der betreffenden Wohnung in die Kategorie C - der gesetzlich zulässige Mietzins in einem noch geringeren (im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ziffernmäßig nicht interessierenden) Ausmaß festgesetzt wurde, woraus sich ein wesentlich höherer Rückerstattungsbetrag zugunsten der Beschwerdeführer ergab. Der ordentliche Revisionsrekurs wurde vom Rekursgericht für nicht zulässig erklärt.
Dennoch erhoben die Mitbeteiligten außerordentlichen Revisionsrekurs an den Obersten Gerichtshof, der diesem Revisionsrekurs mit Beschluss vom 23. November 1999, 5 Ob 201/99s, Folge gab und in Abänderung des Sachbeschlusses des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 28. April 1999 den erstinstanzlichen Sachbeschluss vom 30. Dezember 1998 wieder herstellte, im Wesentlichen mit der Begründung, das Rekursgericht sei ohne entsprechendes Vorbringen, ohne Durchführung einer Beweiswiederholung und ohne jegliche aktenmäßige Grundlage davon ausgegangen, dass das Badezimmer und das WC sich außerhalb des Bestandobjekts befunden hätten, durch diese Aktenwidrigkeit seien tragende Verfahrensgrundsätze verletzt worden, die im Rahmen eines außerordentlichen Rechtsmittels aufzugreifen gewesen seien. In der Sache selbst teilte der Oberste Gerichtshof die vom Erstgericht vertretene Beurteilung der Rechtssache.
Bereits mit Eingabe vom 4. März 1999 hatten die Beschwerdeführer einen weiteren Antrag auf Mietzinsüberprüfung betreffend den (an den Gegenstand des zuvor beschriebenen Verfahrens bildenden Zeitraum) anschließenden Zeitraum vom 5/96 bis 12/98 bei der belangten Behörde eingebracht, die das Verfahren im Hinblick auf das - zum damaligen Zeitpunkt noch anhängige - gerichtliche Verfahren über den vorher gehenden Zeitraum mit Bescheid vom 21. April 1999 "gemäß § 38 AVG" unterbrach.
Am 2. August 2000 langte bei der belangten Behörde der (irrtümlich zunächst beim Bezirksgericht Innere Stadt Wien eingebrachte) Antrag der Beschwerdeführer auf Fortsetzung des Verfahrens ein. Über Aufforderung der belangten Behörde, eine Kopie des rechtskräftigen Sachbeschlusses über jenes Verfahren vorzulegen, legte der Mietervertreter den abändernden Sachbeschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 28. April 1999 vor (und nicht richtigerweise den den erstgerichtlichen Sachbeschluss wiederherstellenden Beschluss des OGH vom 23. November 1999).
Darauf hin erließ die belangte Behörde ohne weitere Verfahrensschritte den Bescheid vom 20. November 2000, mit welchem gemäß § 37 Abs. 1 Z. 8 MRG festgestellt wurde, dass den Beschwerdeführern gegenüber für die bezeichnete Wohnung durch Vorschreibung eines Hauptmietzinses von S 11.274,30 das gesetzlich zulässige Zinsausmaß im Zeitraum 5/96 bis 12/98 um S 9.808,63 monatlich überschritten worden sei (Spruchpunkt I); gleichzeitig schrieb die belangte Behörde den sich hieraus ergebenden Gesamtbetrag zur Rückzahlung gemäß § 37 Abs. 4 MRG vor (Spruchpunkt II).
Binnen der gesetzlichen Frist zur Anrufung des zuständigen Bezirksgerichtes (§§ 39 Abs. 4 und 40 Abs. 1 MRG) begehrten weder die Antragsteller noch die Antragsgegner die gerichtliche Entscheidung.
Erst nach Ablauf der vierwöchigen Frist zur Anrufung des Gerichtes stellten die Mitbeteiligten den Antrag auf gerichtliche Entscheidung gemäß § 40 Abs. 1 MRG, welcher jedoch wegen Verspätung zurückgewiesen wurde; dem sodann gestellten Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist des § 40 Abs. 1 MRG wurde vom Bezirksgericht Innere Stadt Wien nicht stattgegeben.
Nachdem der belangten Behörde dieser Sachverhalt in mehreren Eingaben von Seiten der mitbeteiligten Parteien zur Kenntnis gebracht und die Wiederaufnahme des Schlichtungsverfahrens angeregt worden war, erließ sie den nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 10. Oktober 2001, mit welchem sie das mit Entscheidung vom 20. November 2000 rechtskräftig abgeschlossene Schlichtungsverfahren gemäß § 69 Abs. 3 in Verbindung mit § 69 Abs. 1 Z. 3 AVG von Amts wegen wieder aufnahm (Spruchpunkt I) und gemäß § 37 Abs. 1 Z. 8 in Verbindung mit § 16 Abs. 1 Z. 5 MRG die Überschreitung des gesetzlich zulässigen Zinsausmaßes gegenüber den Beschwerdeführern für die bezeichnete Wohnung durch Vorschreibung eines monatlichen Mietzinses von S 11.274,30 für den Zeitraum 5/96 bis 12/98 um monatlich S 1.691,10 feststellte (Spruchpunkt II).
Die amtswegig verfügte Wiederaufnahme des Verfahrens begründete die belangte Behörde nach Darstellung des Ganges der relevanten Verwaltungsverfahrensschritte damit, dass die belangte Behörde erstmals und nachträglich, d. h. nach Erlassung der rechtkräftig gewordenen Entscheidung vom 20. November 2000, mit Schreiben der Antragsgegnervertreter (Vertreter der Mitbeteiligten) vom 15. Mai 2001 davon informiert worden sei, dass der vorgelegte Sachbeschluss des Landesgerichtes für ZRS Wien nicht rechtskräftig, sondern vielmehr durch die Erhebung eines außerordentlichen Revisionskurses vom OGH dahingehend abgeändert worden sei, und dass der erstgerichtliche Sachbeschluss, der einen angemessenen Hauptmietzins gemäß § 16 Abs. 1 Z. 5 MRG (aF) festgestellt habe, wiederhergestellt worden sei. Sinn und Zweck der Unterbrechung des wiederaufgenommenen Verfahrens sei aber gewesen, dass die für beide Verfahren gemeinsam entscheidungsrelevante Frage bindend für das den weiteren Zeitraum betreffende Verfahren geklärt und auf Basis der rechtskräftigen Gerichtsentscheidung das Schlichtungsverfahren abgeschlossen werden sollte und sich somit ein weiterer Rechtsgang erübrigt hätte. Nach Übermittlung des als rechtskräftig bezeichneten Sachbeschlusses des Landesgerichtes für ZRS Wien habe die Schlichtungsstelle mit gutem Grund davon ausgehen können, dass dieser Sachbeschluss auch tatsächlich rechtskräftig geworden sei. Vertrauend darauf sei die Entscheidung vom 20. November 2000 erlassen worden, die jedoch (da inhaltlich falsch) in wesentlichen Punkten von der Entscheidung des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien abweiche. Gemäß § 38 AVG könne das Verfahren bis zur Entscheidung der Vorfrage ausgesetzt werden, wenn die Vorfrage schon den Gegenstand eines anhängigen Verfahrens bei der zuständigen Behörde (oder Gericht) bilde. Für die Lösung der Frage nach dem gesetzlich zulässigen Zinsausmaß seien letztlich die Gerichte im Verfahren außer Streit zuständig gewesen. Als Zeitpunkt der vollständigen Kenntnis des Wiederaufnahmegrundes des § 69 Abs. 1 Z. 3 AVG sei der 18. Mai 2001 zu bezeichnen, da an diesem Tag das Schreiben des Antragsgegnervertreters bei der Schlichtungsstelle eingelangt sei. Die im § 69 Abs. 3 AVG normierte Dreijahresfrist sei somit offen. Da der Schlichtungsstelle erst nach Erlassung ihrer Entscheidung das materiell-rechtlich gänzlich andere Entscheiden des Gerichtes bekannt geworden sei und auch die anderen Voraussetzungen der Verfahrenswiederaufnahme (Rechtskraft der eigenen Entscheidung, Einhaltung der Dreijahresfrist und Präjudizialität) gegenständlich vorgelegen seien, sei der Anregung der Antragsgegner nachzukommen und von Amts wegen die Wiederaufnahme zu verfügen gewesen.
Im Übrigen verwies die belangte Behörde zu Spruchpunkt II lediglich auf den (nunmehr rechtskräftigen) Sachbeschluss des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 30. Dezember 1998.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides sowie Unzuständigkeit der belangten Behörde geltend gemacht wird.
Die Beschwerdeführer erachten sich in ihrem Recht auf Unterbleiben der verfügten Wiederaufnahme des vor der Schlichtungsstelle rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens.
In Ausführung dieser Beschwerdepunkte bringen sie vor, eine Wiederaufnahme des Schlichtungsverfahrens im Sinne des § 69 Abs. 1 Z. 3 AVG sei schon deshalb unzulässig, weil die Entscheidung der belangten Behörde in diesem Verfahren kein Bescheid, vielmehr "eine Art gutachterlicher Äußerung" sei; auch sei die Begründung unzutreffend, weil die Entscheidung des Obersten Gerichthofes keine bindende Entscheidung über eine Vorfrage gewesen sei, an die die belangte Behörde gebunden gewesen wäre. Nach Abweisung des Antrages auf Bewilligung der Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Frist zur Einbringung des Antrages nach § 40 Abs. 1 MRG bei Gericht und Feststellung der Rechtskraft der Schlichtungsstellenentscheidung durch dieses sei die belangte Behörde für die Entscheidung über einen Wiederaufnahmeantrag in dieser Sache nicht mehr zuständig gewesen, da sie andernfalls "die Entscheidung des Gerichtes unterlaufen würde" , was dem Prinzip der Gewaltentrennung widerspräche.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Zu Spruchpunkt I:
Gemäß § 37 Abs. 1 Z. 8 Mietrechtsgesetz (MRG), BGBl. Nr. 520/1981 in der auf Grund des Antragsdatums (4. März 1999) anzuwendenden Fassung BGBl. I Nr. 1140/1997, entscheidet u.a. über den Antrag auf Angemessenheit des vereinbarten oder begehrten Hauptmietzinses (§§ 12a, 16, 43, 44, 46, 46a, 46c), Untermietzinses (§ 26) und Anrechnung von Dienstleistungen auf den Hauptmietzins (§ 28) das für Zivilrechtssachen zuständige Bezirksgericht, in dessen Sprengel das Miethaus gelegen ist. Ergibt sich in einem Verfahren nach Abs. 1 ein Anspruch des antragstellenden Mieters auf Rückforderung oder Ersatz, so ist sein Gegner auch zur Zahlung des hienach zustehenden Betrages samt Zinsen binnen 14 Tagen bei Exekution zu verhalten (§ 37 Abs. 4 leg. cit).
Gemäß § 39 Abs. 1 MRG in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 19/1999 kann, wenn eine Gemeinde über einen in Mietangelegenheiten fachlich geschulten Beamten oder Angestellten verfügt und die Anzahl der dort nach § 37 Abs. 1 anfallenden Verfahren die Betrauung der Gemeinde zum Zwecke der Entlastung des Gerichtes rechtfertigt, ein Verfahren nach § 37 Abs. 1 bei Gericht hinsichtlich der in der Gemeinde gelegenen Mietgegenstände nur eingeleitet werden, wenn die Sache vorher bei der Gemeinde anhängig gemacht worden ist. Nach Abs. 3 dieser Bestimmung hat die Gemeinde nach Vornahme der erforderlichen Ermittlungen, wenn der Versuch einer gütlichen Beilegung des Streites erfolglos geblieben ist, über den Antrag nach § 37 Abs. 1 zu entscheiden. Auf das Verfahren sind § 37 Abs. 2, Abs. 2a, Abs. 3 Z. 1 bis 14, 19 und 20a sowie Abs. 4 sinngemäß anzuwenden, im Übrigen auch die Bestimmungen des AVG 1991. Nach Abs. 4 dieser Bestimmung kann die Entscheidung der Gemeinde durch kein Rechtsmittel angefochten werden. Sie bildet, wenn die Frist zur Anrufung des Gerichts nach § 40 Abs. 1 abgelaufen ist, einen Exekutionstitel im Sinne des § 1 der Exekutionsordnung.
Gemäß § 40 Abs. 1 MRG kann die Partei, die sich mit der Entscheidung der Gemeinde über einen Antrag nach § 37 Abs. 1 nicht zufrieden gibt, die Sache innerhalb von vier Wochen ab Zustellung der Entscheidung bei Gericht anhängig machen. Durch die Anrufung des Gerichtes tritt die Entscheidung der Gemeinde außer Kraft. Sie tritt jedoch wieder in Kraft, wenn der Antrag auf Entscheidung des Gerichtes zurückgezogen wird. Die Entscheidung über einen Antrag auf Bewilligung der Wiedereinsetzung gegen den Ablauf der Anrufung der Frist obliegt dem Gericht, der Wiedereinsetzungsantrag ist unmittelbar bei Gericht einzubringen.
Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen hat (vgl. dazu die hg. Erkenntnisse vom 17. Dezember 1998, Zl. 98/06/0160, und vom 21. November 2002, Zl. 2000/06/0061), ist die Anrufung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes ungeachtet der Regelung der sukzessiven Zuständigkeit der Gerichte in § 40 Abs. 1 MRG in Bezug auf selbstständige verfahrensrechtliche Entscheidungen der Schlichtungsstelle, wie beispielsweise eine Entscheidung über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, zulässig ist. Der Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheides, welcher die amtswegige Wiederaufnahme verfügt und vom Spruchpunkt II (der sodann ergehenden materiellrechtlichen Erledigung) trennbar ist, stellt eine solche selbstständige verfahrensrechtliche Entscheidung gemäß § 37 Abs. 1 MRG dar. Die Anrufung des Verwaltungsgerichtshofes erweist sich daher in diesem Umfange als zulässig; sie ist auch berechtigt.
Gemäß § 69 Abs. 1 Z. 3 AVG in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 158/1998 ist dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und der Bescheid gemäß § 38 AVG von Vorfragen abhängig war und nachträglich über eine solche Vorfrage von der hiefür zuständigen Behörde (Gericht) in wesentlichen Punkten anders entschieden wurde.
Nach Abs. 3 dieser Bestimmung kann unter den Voraussetzungen des Abs. 1 die Wiederaufnahme des Verfahrens auch von Amts wegen verfügt werden. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Bescheides kann die Wiederaufnahme auch von Amts wegen nur mehr aus den Gründen des Abs. 1 Z 1 stattfinden.
§ 38 AVG sieht vor, dass, sofern die Gesetze nicht anderes bestimmen, die Behörde berechtigt ist, im Ermittlungsverfahren auftauchende Vorfragen, die als Hauptfragen von anderen Verwaltungsbehörden oder von den Gerichten zu entscheiden wären, nach der über die maßgebenden Verhältnisse gewonnenen eigenen Anschauung zu beurteilen und diese Beurteilung ihrem Bescheid zugrunde zu legen. Sie kann aber auch das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Vorfrage aussetzen, wenn die Vorfrage schon den Gegenstand eines anhängigen Verfahrens bei der zuständigen Behörde bildet oder ein solches Verfahren gleichzeitig anhängig gemacht wird.
Bei einer Vorfrage im Sinne der § 38 und § 69 Abs 1 Z 3 AVG handelt es sich nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes um eine Frage, zu deren Beantwortung die in einer Verwaltungsangelegenheit zur Entscheidung berufene Behörde sachlich nicht zuständig ist, die aber für ihre Entscheidung eine notwendige, unabdingbare Grundlage bildet und daher von ihr bei ihrer Beschlussfassung berücksichtigt werden muss (vgl. das hg. Erkenntnis vom 7. Juli 2000, Zl. 2000/19/0093). Bloß daraus, dass in zwei Verfahren als Grundlage für die Beurteilung jeweils verschiedener Ansprüche derselbe Sachverhalt zu beurteilen ist, folgt noch nicht, dass mit einem dieser Verfahren bis zur Erledigung des anderen zuzuwarten ist, und zwar auch dann nicht, wenn in dem anderen Verfahren über diese Frage als Hauptfrage zu entscheiden wäre (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. April 1998, Zl. 95/08/0139). Die rechtliche Beurteilung einer Vorfrage erwächst nicht in Rechtskraft.
Im Beschwerdefall wurde ein Antrag auf Überprüfung des gesetzlich zulässigen Zinsausmaßes - wie wohl nicht ausdrücklich, jedoch sachbezogen nicht anders zu lesen - betreffend den Zeitraum 5/96 bis 12/98 gestellt, wobei auf das den Zeitraum 1. Dezember 1994 bis 30. April 1996 betreffende Mietzinsüberprüfungsverfahren, welches bereits vor dem Bezirksgericht Innere Stadt Wien anhängig war, hingewiesen wurde. Beide Verfahren haben die Überprüfung des gesetzlich zulässigen Mietzinses zum Gegenstand (Hauptfrage) - wenn auch für verschiedene Zeiträume -, wobei in beiden Verfahren lediglich als Vorfrage die Kategorisierung des Mietgegenstandes zu beurteilen war. Es kann daher nicht gesagt werden, dass die Frage der Kategorisierung des Mietgegenstandes in einem der beiden Verfahren als Hauptfrage zu entscheiden gewesen sei, vielmehr oblag es den zur Entscheidung berufenen Behörden, jeweils auf Grund der eigenen Ermittlungsergebnisse darüber zu entscheiden, welcher Kategorie der Mietgegenstand angehöre und welcher Hauptmietzins hierfür zulässigerweise verlangte hätte werden dürfen. Dass gleichlautende Entscheidungen betreffend den selben Mietgegenstand, jedoch verschiedener Zinszeiträume wünschenswert und insoweit ein Zuwarten bis zum Vorliegen einer rechtkräftigen Entscheidung verfahrensökonomisch gewesen wäre, ändert nichts daran, dass die Voraussetzungen des § 38 AVG hier schon mangels Vorliegens eines Verhältnisses Haupt- zu Vorfrage nicht vorgelegen sind.
Da die belangte Behörde dies verkannt hat und in irriger Annahme einer Bindung an die rechtskräftige Vorentscheidung die Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 69 Abs. 1 Z. 3 AVG verfügte, war - soweit es den Spruchpunkt I betrifft - der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Zu Spruchpunkt II:
Insoweit sich die Beschwerde gegen den in Spruchpunkt II erfolgten materiell-rechtlichen Abspruch betreffend die Feststellung des gesetzlich zulässigen Zinsausmaßes und die Auferlegung der Rückerstattungsverpflichtung der zuviel gezahlten Beträge richtet, war sie wegen Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes zurückzuweisen, weil - wie bereits oben dargelegt - die Unzuständigkeit der Gerichte und demgemäß die Möglichkeit, gegen den Bescheid der Schlichtungsstelle unmittelbar den Verwaltungsgerichtshof oder den Verfassungsgerichtshof anzurufen, nur für Fälle selbständiger verfahrensrechtlicher Entscheidungen, nicht aber auch für materiell-rechtliche Absprüche gegeben ist. Hinsichtlich der im Spruchpunkt II des angefochtenen Bescheides vorgenommenen materiell-rechtlichen Entscheidung wäre vielmehr eine Anrufung des zuständigen Bezirksgerichtes möglich gewesen, weshalb eine Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes in diesem Umfange nicht in Frage kommt. In diesem Umfange war daher die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 2 Z. 2 VwGG als unzulässig zurückzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. II Nr. 501/2001.
Wien, am 18. Juni 2003
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)