VwGH 2001/06/0094

VwGH2001/06/009420.3.2003

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hofer, über die Beschwerde der A-Ges.m.b.H., vertreten durch Dr. Peter Primus, Rechtsanwalt in Graz, Schlögelgasse 5/II, gegen den Bescheid der Berufungskommission der Landeshauptstadt Graz vom 5. Juni 2001, Zl. A 17-1.708/2000-1, betreffend Baubewilligung für die Errichtung einer Werbetafel, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §52;
BauG Stmk 1995 §33 Abs4 Z3;
BauG Stmk 1995 §33 Abs4;
BauG Stmk 1995 §33 Abs5;
BauG Stmk 1995 §43 Abs2 Z7;
AVG §52;
BauG Stmk 1995 §33 Abs4 Z3;
BauG Stmk 1995 §33 Abs4;
BauG Stmk 1995 §33 Abs5;
BauG Stmk 1995 §43 Abs2 Z7;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat der Landeshauptstadt Graz Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Eingabe vom 14. August 1998 wurde von der beschwerdeführenden Partei die Renovierung der auf dem Grundstück Nr. 1117/5 KG W befindlichen Werbeeinrichtung angezeigt und im Wesentlichen ausgeführt, infolge des desolaten Zustandes der als Einfriedung dieses Grundstücks seit 1950 bestehenden Plakatierungstafel habe eine Renovierung derselben vorgenommen werden müssen. Diese Anlage sei in gleicher Situierung auf dem bezeichneten Grundstück errichtet worden, wobei lediglich anstelle der grünlackierten Holzverkleidungen grünes Wellblech verwendet worden sei. Außerdem sei die Werbeeinrichtung mit einem Leuchtbalken versehen worden. Diese Werbeeinrichtung sei in gleicher Situierung und gleicher Flucht ausgerichtet worden wie die vor 48 Jahren bewilligte.

Mit Schreiben des Magistrats der Landeshauptstadt Graz vom 10. September 1998 wurde der beschwerdeführenden Partei mitgeteilt, dass die Baubehörde gemäß § 33 Abs. 5 Stmk. BauG ein Baubewilligungsverfahren eingeleitet habe, weil aufgrund der mit der Bauanzeige vorgelegten Unterlagen eine Beeinträchtigung des Straßen-, Orts- und Landschaftsbildes nicht ausgeschlossen werden könne.

Die Baubehörde erster Instanz holte ein Gutachten des Stadtplanungsamtes (vom 31. Mai 2000) ein, in welchem der Sachverständige zum Ergebnis gelangte, die (bereits errichtete) Werbeeinrichtung entspreche in Größe, Auffälligkeitswert und Beleuchtung weder der in den 50-iger Jahren bewilligten noch der Bauanzeige und sei in Hinblick auf das gepflegte, begrünte Orts- und Straßenbild des in Betracht kommenden Straßenabschnitts der Mstraße und des Jweges negativ zu beurteilen. Dem Gutachten angeschlossen ist eine Fotodokumentation.

In Wahrung des ihr eingeräumten Parteiengehörs machte die beschwerdeführende Partei mit Stellungnahme vom 25. September 2000 im Wesentlichen geltend, die Ortsbeschreibung des Sachverständigen sei unvollständig, vielmehr werde der relevante Teilbereich der Mstraße durch die für Hauptausfahrstraßen typische, verschiedenartige und uneinheitliche Bebauung und starke Verkehrsbelastung gekennzeichnet. An dieser Straße befänden sich neben Wohnbauten auch etliche gewerbliche Betriebsbauten und eine große Anzahl unterschiedlicher Werbeanlagen. Im östlichen Bereich der Mstraße, den der Sachverständige nicht berücksichtigt habe, seien schon besonders viele und große Plakatwände vorhanden. Die Aufstellung einer Plakatwand sei bereits mit Bescheid vom 24. November 1950 bewilligt worden. Nach Unwetterschäden sei diese 1998 (gemeint wohl: 1988) erneuert und erweitert worden. Dies sei bei der Behörde angezeigt worden. Aus einem beigeschlossenen Foto lasse sich ersehen, dass die Anlage im Jahr 1988 gleiche Ausmaße aufgewiesen habe wie die gegenständliche. Der Sachverständige sei auf Grund seiner unobjektiven Darstellung als befangen anzusehen.

Mit Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Graz vom 11. Oktober 2000 wurde das Ansuchen der beschwerdeführenden Partei um nachträgliche Bewilligung zur Errichtung einer Werbeeinrichtung (Plakatwand) mit Leuchtbalken auf dem Grundstück Nr. 1117/5 EZ. 50000 KG W gemäß § 29 Stmk. BauG abgewiesen. Die Behörde ging dabei davon aus, dass nach dem Ergebnis des Amtsgutachtens die eingereichte Werbeeinrichtung mit einer Länge von 18,7 m und einer Höhe von ca. 2,50 m mit der geplanten Situierung an der Straßenfluchtlinie des Jweges in der Ausführung mit Metalltrapez- und Werkstoffplatten, als flächiges, wandartiges und baulich völlig geschlossen in Erscheinung tretendes Bauelement, welches gegenüber den in der Natur vorhandenen Einfriedungen und Bauwerken entlang den Straßenfluchtlinien als ein Bauwerk unmaßstäblicher Größe anzusehen sei, welches den vorgegebenen ortsüblichen Rahmen hinsichtlich der Bauwerksmaße für Bauwerke mit Einfriedungscharakter sprenge und somit dem dortigen Straßen- und Ortsbild keinesfalls gerecht werde. Es folgt die wörtliche Wiedergabe des Gutachtens einschließlich der Feststellung, es handle sich bei der gegenständlichen Plakatwand nicht um die bloße Renovierung einer bereits bestehenden Anlage, sondern um eine Neuerrichtung, weil die frühere Plakatwand zur Gänze beseitigt worden sei. Diese sei kürzer, anders montiert und nicht beleuchtet gewesen und habe aus anderen Materialien bestanden. Auch sei sie auf dem Grundstück Nr. 1063/15 der EZ. 172 und nicht - wie die gegenständliche Plakatwand - auf Grundstück Nr. 1117/5 EZ. 50000 situiert gewesen. Es handle sich um ein völlig geändertes Erscheinungsbild, das dem Orts- und Straßenbild widerspreche.

Gegen diesen Bescheid erhob die beschwerdeführende Partei Berufung, in der sie wiederum darauf verwies, die gegenständliche Werbeeinrichtung bestehe schon seit 50 Jahren und sei - entgegen der Annahme des Amtssachverständigen - bereits im Jahre 1988 renoviert worden, und zwar ohne gänzliche Entfernung der Werbefläche; es seien lediglich die Plakatierungsflächen ausgetauscht und die ursprüngliche Ausbildung der geschlossenen grünen Bretterverschalung zum Boden hin durch Trapezbleche erneuert worden. Im Übrigen wurden die Ausführungen zum Ortsbildschutz bestritten.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belange Behörde dieser Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG keine Folge. Nach Darstellung des Verfahrensganges, insbesondere wörtlicher Wiedergabe der Berufung, und der Rechtslage führte die belangte Behörde begründend aus, das von der Behörde erster Instanz eingeholte Gutachten sei inhaltlich klar gegliedert und auch - durch die angeschlossene Fotodokumentation untermauert - schlüssig und nachvollziehbar. Die Behörde teile die vom Sachverständigen getroffene Schlussfolgerung, das Bauwerk werde aufgrund seiner Dimension dem Straßen- und Ortsbild nicht gerecht. Die Stellungnahme der beschwerdeführenden Partei zu diesem Gutachten sei nicht auf gleicher fachlicher Ebene abgegeben. Es wäre der beschwerdeführenden Partei freigestanden, auch bei der Behörde zweiter Instanz jederzeit ein Gutachten auf gleicher fachlicher Ebene vorzulegen, was unterblieben sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten mit einer Gegenschrift vor, in der sie lediglich auf die Bescheidbegründung verweist, und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 20 Z. 3 lit. a des Steiermärkischen Baugesetzes, LGBl. Nr. 59/1995 - Stmk. BauG, ist die Errichtung, Änderung oder Erweiterung von a) Werbe- und Ankündigungseinrichtungen (Tafeln, Schaukästen, sonstige Vorrichtungen und Gegenstände, an denen Werbungen und Ankündigungen angebracht werden können, Bezeichnungen, Beschriftungen, Hinweise u.dgl.) anzeigepflichtig, wobei die Behörde nach § 33 Abs. 5 leg. cit. binnen acht Wochen nach der erfolgten Anzeige das Baubewilligungsverfahren einzuleiten hat, wenn nicht zeitgerecht beurteilt werden kann, ob eine Beeinträchtigung des Straßen-, Orts- und Landschaftsbildes besteht. Dies ist im Beschwerdefall geschehen, was auch von der Beschwerdeführerin zugestanden wird. Dies hatte weiters (wie sich aus dem Sinngehalt dieses Abs. 5 ergibt) zur Folge, dass die Bauanzeige fortan (ex lege) als Baugesuch zu behandeln war. Der inhaltliche Prüfungsumfang in einem Bewilligungsverfahren nach § 33 Abs. 5 Stmk. BauG ergibt sich allein und ausschließlich aus § 33 Abs. 4 leg. cit. (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 29. März 2001, Zl. 2000/06/0196, und vom 23. Mai 2001, Zl. 99/06/0109). Zur näheren Auslegung des § 33 Abs. 4 Z. 3 Stmk. BauG kann § 43 Abs. 2 Z. 7 leg. cit. herangezogen werden.

Nach § 43 Abs. 1 Stmk. BauG muss jedes Bauwerk in all seinen Teilen nach den Regeln der Technik und den bautechnischen Vorschriften so geplant und ausgeführt werden, dass es nach seinem Verwendungszweck und den örtlichen Verhältnissen den in Abs. 2 angeführten Anforderungen entspricht. Nach Abs. 2 Z. 7 leg. cit. muss das Bauwerk derart geplant und ausgeführt werden, dass es in seiner gestalterischen Bedeutung dem Straßen-, Orts- und Landschaftsbild gerecht wird. Ob eine Werbeeinrichtung in ihrem Erscheinungsbild im Orts-, Straßen- und/oder Landschaftsbild eine Störung verursacht, ist unter Beiziehung eines Sachverständigen zu beurteilen, der die konkrete örtliche Situation zu beschreiben hat. Die Behörde hat sodann das vom Sachverständigen auf dieser Grundlage zu erstattende Gutachten auf seine Vollständigkeit und Schlüssigkeit zu überprüfen. Erst dann kann es Grundlage der behördlichen Entscheidung sein. Die Voraussetzung des § 43 Abs. 2 Z. 7 Stmk. BauG sahen die Verwaltungsbehörden als nicht erfüllt an.

Die beschwerdeführende Partei hatte im Verwaltungsverfahren unter Beifügung von Fotos behauptet, die gegenständliche Werbeeinrichtung existiere seit dem Jahr 1950, nach einem Unwetterschaden im Jahr 1988 sei sie erneuert und gleichzeitig vergrößert worden. Der im Jahr 1988 gestellte Baubewilligungsantrag sei bis dato unerledigt geblieben. Die verfahrensgegenständliche Werbeeinrichtung in der Ausformung der im Jahr 1988 nach den eigenen Angaben der beschwerdeführenden Partei vorgenommenen "Erneuerung" mit einer Erweiterung der Anlage stellt somit keinen konsentierten Bestand dar, für die nunmehr daran vorgenommenen Renovierungen kann somit aus der Bewilligung 1950 nichts mehr gewonnen werden. Dass die Werbeeinrichtung in der gegenständlichen Form, Größe und Platzierung bereits Gegenstand einer weiteren Bewilligung gewesen wäre, stellt sie selbst nach ihrem eigenen Vorbringen in Abrede. Damit lag aber ein konsentierter Zustand zumindest seit 1988 nicht mehr vor.

Die Behörde hat den dem Verfahren zugrunde liegenden Antrag im Wesentlichen unter Hinweis auf Befund und Gutachten des beigezogenen Sachverständigen und diesem inhaltlich folgend als mit dem Orts- und Straßenbild in Widerspruch stehend abgewiesen. Demgegenüber machte die beschwerdeführende Partei im Wesentlichen geltend, es hätte in Hinblick auf § 43 Abs. 2 Z. 7 Stmk. BauG eine großräumigere Betrachtungsweise angestellt werden müssen. Die dem Gutachten des Sachverständigen zu Grunde liegende (lediglich den westlichen Bereich der Mstraße und des Jweges berücksichtigende) Befundaufnahme sei unvollständig, insbesondere weil weitere Gewerbebetriebe und deren Werbeeinrichtungen im östlichen Bereich des Straßenverlaufs nicht berücksichtigt seien.

Der im Sinne des § 41 Abs. 1 VwGG auf die Prüfung der Mängelfreiheit und Schlüssigkeit der von der Verwaltungsbehörde gemäß § 45 Abs. 2 AVG vorzunehmenden Beweiswürdigung beschränkte Verwaltungsgerichtshof vermag jedoch im Beschwerdefall nicht zu erkennen, dass die Beurteilung durch den Sachverständigen den Denkgesetzen widerspräche oder unschlüssig und somit als für eine abschließende rechtliche Beurteilung wesentliche Tatsachengrundlage ungeeignet sei. Sowohl aus den beigelegten Fotodokumentationen als auch aus der der Befundaufnahme angeschlossenen Einzelbeschreibung der im Umfeld befindlichen Bauwerke und Einfriedungen ergibt sich eine ausreichend großräumige Gesamtdarstellung, wobei der Sachverständige auch begründete, weshalb er den östlichen Bereich der Mstraße nach der im Befund beschriebenen Rechtskurve nicht weiter in die Betrachtung einbezogen hat. Wenn die beschwerdeführende Partei der Auffassung gewesen wäre, dass diese Begründung unzureichend gewesen und damit dem Gutachten eine unvollständige Befundaufnahme zu Grunde gelegt und daher auch eine sachlich unrichtige Beurteilung vorgenommen worden sei, wäre es ihr - wie die belangte Behörde bereits bemerkte - freigestanden, dem Gutachten durch ein Gegengutachten konkret entgegenzutreten, was aber im Verwaltungsverfahren nicht geschehen ist (vgl. dazu auch das hg. Erkenntnis vom 23. Mai 2001, Zl. 99/06/0109). Das erst mit der ?eschwerde vorgelegte Gutachten konnte in Hinblick auf § 41 VwGG nicht mehr berücksichtigt werden. Da das Gutachten des Sachverständigen als nachvollziehbar und schlüssig anzusehen ist, konnte die belangte Behörde rechtlich zutreffend zu dem Schluss gelangen, die von der beschwerdeführenden Partei bereits errichtete Werbeeinrichtung bilde insbesondere durch ihre Größe und Aufdringlichkeit eine Beeinträchtigung des Orts- und Straßenbildes im Sinne des § 43 Abs. 2 Z. 7 Stmk. BauG.

Aus diesen Gründen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 20. März 2003

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte