Normen
AsylG 1997 §7;
AsylG 1997 §8;
FrG 1997 §57;
VwGG §28 Abs1 Z5;
VwGG §41 Abs1;
AsylG 1997 §7;
AsylG 1997 §8;
FrG 1997 §57;
VwGG §28 Abs1 Z5;
VwGG §41 Abs1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 908,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein am 25. April 1999 nach Österreich eingereister Staatsangehöriger der (damaligen) Bundesrepublik Jugoslawien, stammt aus dem Kosovo und gehört der albanischen Volksgruppe an. Mit Bescheid vom 1. Juli 1999 wies das Bundesasylamt seinen Asylantrag vom 27. April 1999 gemäß § 7 AsylG ab (Spruchpunkt I.); zugleich sprach es aus, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers "in die Bundesrepublik Jugoslawien" gemäß § 8 AsylG zulässig sei (Spruchpunkt II.). Der dagegen erhobenen Berufung gab der unabhängige Bundesasylsenat (die belangte Behörde) mit Bescheid vom 9. Juni 2000 "gemäß §§ 7, 8 AsylG" keine Folge.
Mit Erkenntnis vom 4. April 2001, Zl. 2000/01/0362, wies der Verwaltungsgerichtshof die gegen den Bescheid vom 9. Juni 2000 erhobene Beschwerde insoweit, als damit die Entscheidung der belangten Behörde in der Asylfrage bekämpft wurde, als unbegründet ab. Hingegen hob er den angefochtenen Bescheid im Umfang des Ausspruchs nach § 8 AsylG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes auf, und zwar deshalb, weil dieser Ausspruch die gesamte Bundesrepublik Jugoslawien umfasse, obwohl eine inhaltliche Prüfung der Zulässigkeit einer Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nur bezüglich des "Herkunftsstaates Kosovo" stattgefunden habe.
Im fortgesetzten Berufungsverfahren erstattete der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 16. Mai 2001 ein ergänzendes Vorbringen, wobei er nach Beschreibung seiner individuellen Situation ua. darauf hinwies, dass infolge der immer knapper werdenden Ressourcen an Hilfsgütern, Hilfslieferungen und sonstigen Mitteln und Möglichkeiten der verschiedenen Hilfsorganisationen keinesfalls gesichert wäre, dass er und seine Angehörigen - der Beschwerdeführer ist Vater von fünf minderjährigen Kindern - im Falle der Rückkehr in den Kosovo nicht von Hunger betroffen oder bedroht wären.
Die belangte Behörde kam den im erwähnten Schriftsatz gestellten Beweisanträgen nicht nach und erließ, ohne Durchführung einer (neuerlichen) Berufungsverhandlung, den nunmehr angefochtenen Bescheid vom 17. September 2001. Damit wies sie die Berufung des Beschwerdeführers - erkennbar in ihrem noch nicht rechtskräftig erledigten Umfang - gemäß § 8 AsylG ab und stellte gemäß dieser Gesetzesstelle iVm § 57 FrG fest, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers in die Provinz Kosovo zulässig sei. Diesen Bescheid begründete sie damit, dass die nunmehr auf den Kosovo eingeschränkte Feststellung der Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers unbedenklich sei. Die im ergänzenden Schriftsatz des Beschwerdeführers dargestellten widrigen Lebensumstände im Kosovo seien auch in jener Beschwerde geltend gemacht worden, die dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 7. Juni 2000, Zl. 2000/01/0162, zugrunde gelegen habe. Über diese Beschwerde habe der Verwaltungsgerichtshof jedoch erkannt, dass eine Gefährdung bzw. Bedrohung iS des § 57 FrG nicht vorliege. Im Übrigen werde auf die Feststellungen des Vorbescheides vom 9. Juni 2000 verwiesen und festgehalten, dass die dort getroffenen Sachverhaltsfeststellungen vom Verwaltungsgerichtshof im teilaufhebenden Erkenntnis vom 4. April 2001 nicht gerügt worden seien und dass "sich auf diesem mittlerweile auch nichts geändert hat".
Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof - in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat - erwogen:
Der angefochtene Bescheid gleicht insoweit, als die belangte Behörde einerseits auf die - bezüglich der Situation im Kosovo auf Erkenntnisquellen aus dem Herbst 1999 beruhenden - Feststellungen ihres ersten Bescheides vom 9. Juni 2000 verwiesen und andererseits - ohne (erkennbare) Durchführung eines Ermittlungsverfahrens und ohne Beschäftigung mit der konkreten individuellen Situation des Beschwerdeführers - ausgeführt hat, dass sich "mittlerweile auch nichts geändert" habe, jenem, der dem hg. Erkenntnis vom 9. Juli 2002, Zl. 2001/01/0164, zugrunde lag. Aus den im genannten Erkenntnis näher dargestellten Gründen, auf die gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, ist demnach auch der vorliegende Bescheid mit Verfahrensmängeln behaftet. Diesen Verfahrensmängeln kommt Relevanz zu, weil im gegenständlichen Fall - ebenso wie in dem dem genannten Erkenntnis vom 9. Juli 2002 zugrunde liegenden Beschwerdefall - nicht ausgeschlossen werden kann, dass die belangte Behörde bei ordnungsgemäßer Beschäftigung mit der aktuellen Lage im Kosovo jedenfalls unter Bedachtnahme auf die besonderen Verhältnisse des Beschwerdeführers zu dem Ergebnis hätte gelangen müssen, dass dem Beschwerdeführer im Kosovo mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine Situation drohe, die seine Abschiebung dorthin iS des § 57 Abs. 1 FrG unzulässig machen würde. Wenn der bekämpfte Bescheid unter diesem Gesichtspunkt das hg. Erkenntnis vom 7. Juni 2000, Zl. 2000/01/0162, anführt, so ist klarstellend darauf hinzuweisen, dass sich das nunmehrige Beschwerdevorbringen, welches in weiten Teilen dem Vorbringen im Schriftsatz vom 16. Mai 2001 entspricht, jedenfalls insoweit vom Vorbringen in der diesem Erkenntnis zugrunde liegenden Beschwerde unterscheidet, als eine seit August 2000 eingetretene Verschlechterung der Verhältnisse im Kosovo und konkret das Fehlen von (ausreichender) Unterstützung durch Hilfsorganisationen oder durch staatliche Hilfeleistungen, sodass nicht einmal das "absolute Minimum einer allernotdürftigsten Lebensgrundlage" abgedeckt werden würde, behauptet wird. Dass schließlich die im Bescheid vom 9. Juni 2000 getroffenen Feststellungen in dem diesen Bescheid teilweise aufhebenden Erkenntnis vom 4. April 2001 "nicht gerügt wurden", ist unerheblich, zumal sich der Verwaltungsgerichtshof im Hinblick auf die damalige Verkennung der Rechtslage seitens der belangten Behörde vor dem Hintergrund des § 8 AsylG mit diesen Feststellungen gar nicht näher zu beschäftigen hatte.
Nach dem Gesagten kann der angefochtene Bescheid keinen Bestand haben. Er war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2001.
Wien, am 25. März 2003
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