Normen
AVG §71 Abs1 Z1;
BAO §308 Abs1;
LAO Krnt 1991 §233 Abs1;
VwGG §46 Abs1;
AVG §71 Abs1 Z1;
BAO §308 Abs1;
LAO Krnt 1991 §233 Abs1;
VwGG §46 Abs1;
Spruch:
Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Land Kärnten Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Kostenersatzbegehren der mitbeteiligten Landeshauptstadt wird abgewiesen.
Begründung
Der Stadtsenat der Landeshauptstadt Klagenfurt als Berufungsbehörde wies mit Bescheid vom 15. Jänner 1997 im Instanzenzug ein Begehren der Beschwerdeführerin auf Grundsteuerbefreiung für eine bestimmte Liegenschaft ab. Der Bescheid enthielt die Rechtsmittelbelehrung, dass gemäß § 91 Abs. 2 des Klagenfurter Stadtrechtes bzw. § 217 LAO kein weiteres ordentliches Rechtsmittel zulässig sei und dass der gemeindebehördliche Instanzenzug erschöpft sei.
Dieser Bescheid wurde der Beschwerdeführerin am 17. Jänner 1997 durch Hinterlegung beim Postamt 9023 Klagenfurt zugestellt, wobei die Abholfrist am 20. Jänner 1997 begann. Eine zweiwöchige Frist währte daher bis 3. Februar 1997.
Mit Schriftsatz vom 12. Februar 1997, gerichtet an die belangte Behörde und dort eingelangt am 13. Februar 1997, beantragte die Beschwerdeführerin die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung der Vorstellung und holte gleichzeitig die Vorstellung nach. Darin wurde vorgebracht, dass anlässlich einer am 28. Jänner 1997 stattgefundenen Streitverhandlung der Geschäftsführer der Beschwerdeführerin seinem auch nunmehrigen Rechtsvertreter Dr. Wagner vom gegenständlichen Bescheid berichtet und ihn ersucht habe, diesbezüglich die Vorstellung an die Kärntner Landesregierung zu erheben. Am 30. oder 31. Jänner 1997 habe der Geschäftsführer der Beschwerdeführerin einen Aktenordner, beinhaltend den gegenständlichen Bescheid, in der Kanzlei seines Rechtsvertreters einer Sekretärin mit dem Bemerken übergeben, er habe bereits mit dem Rechtsvertreter Dr. Wagner gesprochen. Die Kanzleimitarbeiterin sei seit vielen Jahren in der Kanzlei selbstständig mit der Eintragung und dem Vormerken von Fristen und der diesbezüglichen Bearbeitung eingehender Poststücke befasst. Sie habe den gesamten übergebenen Akt nicht angesehen und es daher verabsäumt, die Rechtsmittelfrist bezüglich des im Akt befindlichen Bescheides im Fristbuch einzutragen. Den Akt selbst habe sie bei einigen anderen Unterlagen auf ihrem Schreibtisch liegen gelassen und erst am 6. Februar 1997 an Dr. Wagner übergeben, welcher feststellen musste, dass die Rechtsmittelfrist bereits abgelaufen war. Daher sei die Beschwerdeführerin durch ein unvorhersehbares und für sie abwendbares (gemeint wohl: unabwendbares) Ereignis daran gehindert worden, die gegenständliche Vorstellung fristgerecht bei der Vorstellungsbehörde zu überreichen.
Diesem Schriftsatz wurde eine eidesstättige Erklärung der Kanzleikraft S. angeschlossen, die darin die Angaben des Rechtsvertreters bestätigt. Insbesondere gibt sie an, dass sie in den übergebenen Akt nicht hineingeschaut habe und daher keine Kenntnis davon gehabt habe, dass sich darin ein Bescheid befinde. Sie habe den Akt in weiterer Folge aus gewisser Nachlässigkeit auf ihrem Schreibtisch liegen gelassen und diesen erst am 6. Februar 1997 an Dr. Wagner übergeben. In ihrer bereits langjährigen Tätigkeit sei ihr ein derartiges Versehen noch nicht unterlaufen.
Über Aufforderung durch die belangte Behörde hat die Beschwerdeführerin, wie sich aus dem vorgelegten Schreiben der belangten Behörde an die mitbeteiligte Stadtgemeinde vom 29. Dezember 1997 ergibt, ergänzende Angaben zum Wiedereinsetzungsbegehren gemacht. Danach habe die Kanzleimitarbeiterin den ausdrücklichen Auftrag gehabt, alle, auf welche Art immer, eingehenden Schriftstücke dahingehend zu überprüfen, ob Termine oder Fristen in Vormerk zu nehmen seien. Sämtliche Schriftstücke würden dann noch am selben Tag dem Beschwerdeführervertreter oder im Falle seiner Abwesenheit einem seiner beiden Kanzleipartner vorgelegt werden. Sämtliche Schriftstücke, welche einen Termin oder eine Fristeintragung notwendig machten, hätten zu dem Zeitpunkt, in welchem sie zu ihm oder zu einem seiner Partner gelangten, auf dem ersten Blatt einen handschriftlichen Vermerk aufzuweisen, aus welchem entnommen werden könne, dass eine Frist in das Fristenbuch eingetragen würde. Für den Fall, dass der Vermerk der Fristeintragung auf einem Schriftstück nicht aufscheinen sollte, falle dies dann in die Kompetenz des Beschwerdeführervertreters oder seiner Partner, durch die die Fristeintragung unverzüglich überprüft bzw. veranlasst werde. Darüber hinaus würden Akten, in welchen Fristen einzuhalten seien, von ihnen persönlich derart kalendiert, dass die rechtzeitige Vorlage vor Fristablauf gewährleistet sei. Diesbezüglich würden im Terminbuch auch Vorfristen eingetragen werden. Die Organisation des Kanzleibetriebes gewährleiste daher in höchst erzielbarem Maß die Einhaltung von Fristen und Terminen.
Mit den angefochtenen Bescheiden wies die belangte Behörde den Wiedereinsetzungsantrag als unbegründet ab und die nachgeholte Vorstellung als verspätet zurück. Die belangte Behörde sah es als entscheidend an, dass der Beschwerdeführervertreter bereits am 28. Jänner 1997 vom Geschäftsführer der Beschwerdeführerin über den Fall informiert und gleichzeitig beauftragt wurde, eine Vorstellung an die Kärntner Landesregierung zu erheben. Ob der Aktenordner auf Grund eines auffallend sorglosen Verhaltens der Anwaltssekretärin über den Vorstellungstermin hinaus auf ihrem Schreibtisch liegen geblieben sei, sei nach der Ansicht der belangten Behörde von untergeordneter Bedeutung; weit schwerer wiege, dass der Parteienvertreter in Kenntnis der Dringlichkeit bis zum 6. Februar 1997 kein einziges Mal die Vorlage des Aktes urgiert habe, obwohl ihm schon am 28. Jänner 1997 der Auftrag erteilt worden war, den zulässigen Rechtsbehelf zu erheben. Da der Fehler des beauftragten Anwaltes wie ein eigener Fehler der Partei zuzurechnen sei, sei die begehrte Wiedereinsetzung abzuweisen gewesen.
Mit dem zweitangefochtenen Bescheid wurde die Vorstellung wegen Verspätung zurückgewiesen; die belangte Behörde verwies darauf, dass die Vorstellung an sie adressiert worden sei und daher über Weiterleitung erst am 14. Februar 1997 beim Magistrat der Landeshauptstadt Klagenfurt eingelangt sei.
Gegen beide Bescheide hat die Beschwerdeführerin Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben; sie erachtet sich im Recht auf Gewährung der begehrten Wiedereinsetzung und im Recht auf Erteilung der begehrten Grundsteuerbefreiung verletzt und begehrt die Aufhebung der angefochtenen Bescheide.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete bezüglich des Bescheides über die Wiedereinsetzung eine Gegenschrift. Die Gegenschrift der mitbeteiligten Landeshauptstadt bezieht sich auf beide Beschwerden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat beide Beschwerden zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbunden und erwogen:
Nach § 217 K-LAO ist gegen Berufungsentscheidungen und gegen sonstige Bescheide der Abgabenbehörde zweiter Instanz ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig.
Nach § 92 Abs. 1 des Klagenfurter Stadtrechts (hier in der Fassung LGBl. Nr. 112/1993) kann, wer durch den Bescheid eines Gemeindeorganes in einer Angelegenheit des eigenen Wirkungsbereiches aus dem Bereich der Landesvollziehung in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet, nach Erschöpfung des Instanzenzuges innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Bescheides dagegen Vorstellung an die Landesregierung erheben. Nach Abs. 2 dieser Bestimmung ist die Vorstellung schriftlich oder telegrafisch beim Magistrat einzubringen.
Die Beschwerdeführerin hat die in § 92 Abs. 1 Klagenfurter Stadtrecht normierte Frist versäumt.
Die Voraussetzungen einer Wiedereinsetzung sind im § 233 K-LAO geregelt. Diese Bestimmung lautet:
"§ 233
(1) Gegen die Versäumung einer Frist (§§ 84 bis 86) ist auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.
(2) Der Wiedereinsetzungsantrag kann nicht auf Umstände gestützt werden, die die Abgabenbehörde schon früher für unzureichend befunden hat, um die Verlängerung der versäumten Frist zu bewilligen.
(3) Der Antrag auf Wiedereinsetzung muss binnen einer Frist von drei Monaten nach Aufhören des Hindernisses bei der Abgabenbehörde eingebracht werden, bei der die Frist wahrzunehmen war. Gleichzeitig mit dem Wiedereinsetzungsantrag hat der Antragsteller die versäumte Handlung nachzuholen."
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das Verschulden des Vertreters einer Partei an der Fristversäumung dem Verschulden der Partei selbst gleichzuhalten. Das Versehen einer Kanzleiangestellten eines bevollmächtigten Rechtsanwaltes ist dem Rechtsanwalt (und damit der Partei) nur dann als Verschulden anzulasten, wenn er die ihm zumutbare und nach der Sachlage gebotene Überwachungspflicht gegenüber den Kanzleiangestellten verletzt hat.
Wohl hat der Verwaltungsgerichtshof schon mehrfach ausgesprochen, dass die - weisungswidrige - Nichtvorlage eines fristgebundenen Schriftstückes an den Anwalt als manipulative Tätigkeit, wie etwa die Kuvertierung, Beschriftung eines Kuverts oder die Postaufgabe angesehen werden muss, sodass in solchen Fällen, sofern nicht ein eigenes Verschulden des Rechtsanwaltes hinzutritt, das Verschulden der sonst verlässlichen Kanzleiangestellten seinem Verschulden nicht gleichzusetzen ist (siehe das hg. Beschluss vom 28. Juni 2001, Zl. 2001/16/0010 m.w.N).
Im vorliegenden Fall ist aber, wie die belangte Behörde zu Recht hervorgehoben hat, nicht das Versehen der Kanzleikraft von entscheidender Bedeutung, sondern der Umstand, dass der Beschwerdeführervertreter vom Geschäftsführer der Beschwerdeführerin am 28. Jänner 1997 ausdrücklich auf den erlassenen Bescheid und die Erforderlichkeit der Erhebung einer Vorstellung hingewiesen worden war. Nach dem Vorbringen im Wiedereinsetzungsbegehren erging am 28. Jänner 1997 nicht etwa, wie dies jetzt in der Beschwerde dargestellt wird, das Ersuchen eines "aktuellen oder zukünftigen Mandanten, irgendwelche Tätigkeiten zu entfalten", sondern wurde ausdrücklich besprochen, dass ein Bescheid vorhanden sei und dass gegen ihn eine Vorstellung zu erheben sei. Durch diese Information konnte es der Beschwerdeführervertreter nicht auf sich beruhen lassen, dass ihm der Bescheid irgendwann, von wem immer, zukomme und er dann den Rechtsbehelf erhebe, sondern war er gehalten, durch entsprechende organisatorische Maßnahmen dafür zu sorgen, dass die schon begonnene Frist eingehalten wird.
Ob er sich schon am 28. Jänner 1997 über den Fristbeginn informiert hat, hat er nicht angegeben; ebenso hat er offen gelassen, welche diesbezügliche Rechtsbelehrung er seinem Mandanten erteilt hat. Da schon an diesem Tag der Auftrag des Mandanten vorlag, wäre es seine Sache gewesen, durch geeignete Vorkehrungen für die Einhaltung der Frist zu sorgen. Dazu hätte insbesondere eine unverzügliche Informationsaufnahme über den Beginn und den Ablauf der Frist gehört, damit geeignete Überwachungsmaßnahmen hätten gesetzt werden können. Hätte er sich über den Fristbeginn informiert, dann hätten die von ihm beschriebenen organisatorischen Maßnahmen gegriffen (persönliche Kalendierung) und es wäre unabhängig vom Fehlverhalten der Kanzleikraft spätestens am 3. Februar zu Tage getreten, dass der Akt bereits in der Kanzlei vorhanden war.
Das passive Abwarten, ob irgendwann das schon vorhandene fristauslösende Schriftstück dem Rechtsvertreter vorgelegt wird, kann im gegebenen Zusammenhang keinesfalls als minderer Grad des Versehens angesehen werden.
Trifft den Parteienvertreter ein maßgebliches Verschulden an der Versäumung der Frist, so ist dieses nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes der Partei zuzurechnen; der Wiedereinsetzungswerber oder sein Vertreter darf nicht auffallend sorglos gehandelt haben, somit nicht die im Verkehr mit Behörden und Gerichten für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt außer Acht gelassen haben (siehe zuletzt das Erkenntnis vom 30. April 2003, Zl. 2003/16/0002 m.w.N.). Genau diese auffallende Sorglosigkeit muss dem Beschwerdeführervertreter vorgeworfen werden, weshalb die belangte Behörde völlig zu Recht die begehrte Wiedereinsetzung abgelehnt hat.
Daraus folgt aber, dass die Vorstellung nicht fristgerecht erhoben worden war, sodass auch die diesbezügliche Zurückweisung zu Recht erfolgte.
Die Beschwerden erweisen sich somit als unbegründet, sodass sie gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen waren. Auf Basis der zitierten Rechtsprechung konnte die Entscheidung in einem gem. § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat getroffen werden.
Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003, insbesondere deren § 3 Abs. 2. Das Kostenersatzbegehren der mitbeteiligten Gemeinde war abzuweisen, weil sie nicht durch einen Rechtsanwalt vertreten war (§ 49 Abs. 1 VwGG idF der
Novelle BGBl. I Nr. 88/1997) und weil sich diese Bestimmung auch auf § 48 Abs 3 Z 2 VwGG bezieht (hg. Erkenntnis vom 19. Jänner 1999, Zl. 96/08/0269).
Wien, am 7. August 2003
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