VwGH 2000/08/0199

VwGH2000/08/019918.12.2003

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Sulyok, Dr. Strohmayer und Dr. Köller als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, über die Beschwerde der Ernestine F in P, vertreten durch Dr. Walter Strigl und Dr. Gerhard Horak, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Tuchlauben 8, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 5. Oktober 2000, Zl. GS8-9612-2000, betreffend Formalversicherung nach § 21 ASVG (mitbeteiligte Partei: Niederösterreichische Gebietskrankenkasse, 3100 St. Pölten, Dr. Karl Renner-Promenade 14-16), zu Recht erkannt:

Normen

ASVG §19a;
ASVG §21 Abs1;
ASVG §415;
AVG §38;
AVG §39 Abs2;
AVG §69 Abs1 Z3;
BSVG §12 Abs1;
BSVG §182;
VwRallg;
ASVG §19a;
ASVG §21 Abs1;
ASVG §415;
AVG §38;
AVG §39 Abs2;
AVG §69 Abs1 Z3;
BSVG §12 Abs1;
BSVG §182;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund (Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz) Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse stellte mit Bescheid vom 11. Juli 2000 fest, dass die Beschwerdeführerin auf Grund der per 1. Jänner 1989 von der E. GmbH erstatteten Anmeldung nicht der Voll- (Kranken-, Unfall-, Pensions-) und Arbeitslosenversicherung unterlegen sei. Diese Anmeldung werde wegen Nichtbestandes der Versicherungspflicht abgelehnt. Die für den Zeitraum vom 1. Jänner 1989 bis 10. Mai 1998 durchgeführte Versicherung werde storniert. Eine Formalversicherung sei nicht eingetreten. Die zu Ungebühr entrichteten Beiträge könnten nur zurückgefordert werden, sofern daraus nicht ein Leistungsanspruch abgeleitet worden sei.

In der Begründung führte die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse aus, im Zuge des gegen die E. GmbH geführten Konkursverfahrens sei gegenüber dem Geschäftsführer Ing. Günther E. die Haftung für Sozialversicherungsbeiträge ausgesprochen worden. In diesem Verfahren habe Ing. Günther E. Einspruch erhoben. In der Begründung habe er unter anderem vorgebracht, das Beschäftigungsverhältnis der Beschwerdeführerin sei ein Scheindienstverhältnis gewesen. Er habe sich "auf ein vom Finanzamt M. vor dem Landesgericht Korneuburg geführtes Verfahren" berufen. Das Landesgericht Korneuburg habe festgestellt, dass die Beschwerdeführerin keinerlei Arbeiten für die E. GmbH verrichtet habe. Die Gehaltszahlungen durch die E. GmbH seien für Leistungen erfolgt, die der Ehemann der Beschwerdeführerin für die E. GmbH erbracht habe.

Ing. Günther E. habe angegeben, die Beschwerdeführerin sei von einem anderen Unternehmen, mit welchem geschäftliche Beziehungen bestanden hätten, übernommen worden. Ein eigener Aufgabenkreis sei ihr nicht übertragen worden. Sie sei zu keiner Arbeitsleistung verpflichtet gewesen. Sie habe keine Arbeitszeit einzuhalten gehabt und sei nicht einmal im Betrieb anwesend gewesen.

Die Beschwerdeführerin habe in Beantwortung der an sie gestellten schriftlichen Fragen ausgeführt, dass sie zur persönlichen Arbeitsleistung verpflichtet gewesen sei. Sie hätte eine bestimmte Arbeitzeit einzuhalten gehabt. Sie habe bei Kalkulationen mitgeholfen und sei bei Anbotseröffnungen anwesend gewesen, wobei sie die Ergebnisse mitgeschrieben habe. Diesbezüglich sei sie von der Geschäftsführung, dem Prokuristen sowie dem zuständigen Sachbearbeiter kontrolliert worden.

Auf Grund der aufgetretenen Widersprüche habe die Kasse weitere Erhebungen gepflogen. Sie habe vom Landesgericht Korneuburg die Übermittlung der Aktenunterlagen angefordert. Daraus habe sich ergeben, dass Ing. Günther E. angegeben habe, dass zwischen ihm und dem Ehemann der Beschwerdeführerin, der bei der E. GmbH in leitender Position tätig gewesen sei, vereinbart worden sei, die Beschwerdeführerin im Betrieb anzumelden, um mit dieser Gehaltszahlung die Überstunden des Ehemannes der Beschwerdeführerin abzudecken. Diese Angaben habe der Ehemann der Beschwerdeführerin auch vor der Staatsanwaltschaft Korneuburg bestätigt. Zeugenaussagen in diesem Verfahren sei zu entnehmen gewesen, dass die Beschwerdeführerin lediglich bei Weihnachtsfeiern im Betrieb anwesend gewesen sei. Sie habe keinerlei Arbeiten im Büro verrichtet. Sie habe bloß ihren Ehemann zu den Baustellen chauffiert.

Dieser Sachverhalt führe aus rechtlichen Überlegungen zur Ablehnung der Anmeldung. Die Merkmale eines Dienstverhältnisses, nämlich eine Beschäftigung in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt, seien nicht feststellbar gewesen. Die Beschwerdeführerin sei keinem Arbeitgeber in dienender Stellung unterworfen gewesen. Die Anmeldung der Genannten sei auf Grund von vorsätzlich unrichtigen Angaben erfolgt.

Die Beschwerdeführerin erhob Einspruch. Darin führte sie aus, im Verfahren 17 Hv 20/98 des Landesgerichtes Korneuburg hätten sowohl die Beschwerdeführerin als auch ihr Ehemann ihre Tätigkeit genau beschrieben. Ihr Ehemann habe klar aufgezeigt, dass lediglich ein Teil ihres Gehaltes zur Abdeckung seiner Überstunden verwendet worden sei. Hingegen sei eindeutig klargestellt worden, dass die Beschwerdeführerin tatsächlich Tätigkeiten für die E. GmbH erbracht und hiefür berechtigterweise Gehalt bezogen habe. In tendenziöser Weise habe die Behörde erster Instanz die Zeugenaussage von Mitarbeitern der E. GmbH ausschließlich zum Nachteil der Beschwerdeführerin verwertet. Diese Mitarbeiter hätten naturgemäß nicht jene Tätigkeiten, die die Beschwerdeführerin für die E. GmbH zu Hause erbracht habe, bestätigen können. Diese Zeugen hätten aber die Tatsache und das Ausmaß dieser Tätigkeit der Beschwerdeführerin nicht widerlegen können. Lediglich Ing. Günther E., der die Ehegatten F. mit geradezu "biblischem Hass" verfolge, habe wahrheitswidrig angegeben, dass die Beschwerdeführerin gar keine Tätigkeit für die E. GmbH erbracht hätte. Sowohl aus der Beantwortung der an sie schriftlich gestellten Fragen sowie aus den Aussagen der Beschwerdeführerin sowie ihres Ehemannes im Verfahren vor dem Landesgericht Korneuburg ergebe sich somit klar, dass die Voraussetzungen für ein der Voll- und Arbeitslosenversicherung unterliegendes Dienstverhältnis gegeben gewesen seien. Dass ein "Mehrbetrag" für die teilweise Abdeckung von Überstunden ihres Ehemannes verwendet worden sei, sei für diesen Umstand unschädlich.

Die Beschwerdeführerin stellte im Einspruch das Beweisanbot:

"Akte 17 Hv 20/98 und 17 Hv 49/49 jeweils des LG Korneuburg", ihre Einvernahme sowie die ihres Ehemannes.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dem Einspruch keine Folge und bestätigte den bekämpften Bescheid mit der Maßgabe, dass § 21 ASVG als Rechtsgrundlage für die Feststellung der nicht eingetretenen Formalversicherung angeführt werde. In der Begründung führte die belangte Behörde nach Darstellung des Verwaltungsgeschehens zur Feststellung, dass die Beschwerdeführerin nicht der Vollversicherung unterlegen sei, zur Stornierung der Anmeldung und der vom 1. Jänner 1989 bis 10. Mai 1998 durchgeführten Versicherung Folgendes aus:

Mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes Korneuburg vom 14. Dezember 1999, 17 Hv 38/99, sei die Beschwerdeführerin wegen des Vergehens der Abgabenhinterziehung als Beteiligte nach den §§ 11, zweiter Fall, 33 Abs. 2 lit. b FinStrG nach der am 25. August und 14. Dezember 1999 durchgeführten Hauptverhandlung schuldig gesprochen worden, im Zeitraum vom 1. Jänner 1989 bis 31. Dezember 1997 Ing. Günther E. als Geschäftsführer der E. GmbH vorsätzlich dazu bestimmt zu haben, "unter Verletzung der Verpflichtung zur Führung von dem § 76 Einkommensteuergesetz 1972 entsprechenden Lohnkonten sowie dadurch, dass sie Lohnzahlungen als angeblich Beschäftigte" der E. GmbH entgegengenommen habe, eine Verkürzung von Lohnsteuer in Höhe von S 655.879,-- zu bewirken und wobei Ing. Günther E. dies nicht nur für möglich, sondern für gewiss gehalten habe.

Begründend sei in dem am 20. Dezember 1999 in Rechtskraft erwachsenen Urteil Folgendes ausgeführt worden:

"Aufgrund des durchgeführten Beweisverfahrens, nämlich Verlesung der Anzeige, der Aussagen Dr. Helmut P, der abgesondert verfolgte Ing. Günter E und Ing. Manfred F, Charlotte E, Leopold W, Rudolf H, Franz R, Erich S, Franz K, Gerhard F, Zeugin Elfriede G, der Berechnungen des Finanzamtes Mistelbach sowie der Verantwortung der Angeklagten ..., wurde nachstehender Sachverhalt als erwiesen angenommen:

Die 44-jährige Angeklagte ... ist die Gattin des abgesondert verfolgten Ing. Manfred F, welcher über Jahre bei der Firma E Ges.m.b.H. letztlich auch als Prokurist tätig war. Ernestine F ist Geschäftsführerin der Firma R und bezieht als solche ein monatliches Nettoeinkommen von S 11.000,--. Sie ist Eigentümerin eines Hauses in P, R-Straße 4, zweier landwirtschaftlich genutzter Keller in F und P sowie je einer Eigentumswohnung in K und M. Die Angeklagte treffen keinerlei Sorgepflichten. Sie ist bisher unbescholten. Die Angeklagte war seit 1978 bei der Firma A und ab 1.1.1989 bei der E Ges.m.b.H. als beschäftigt gemeldet. Ab 1.1.1989 verrichtete sie jedoch keinerlei Arbeiten für die E Ges.m.b.H., sondern erfolgte ihr Gehaltsbezug bei der Ges.m.b.H. für Leistungen, die ihr Gatte Manfred F für die E Ges.m.b.H. erbrachte.

Der diesbezüglich abgesondert verfolgte Ing. Günther E war von der Angeklagten und ihren Gatten dazu bestimmt worden, weil einerseits Exekutionen gegen Manfred F liefen und man andererseits die bereits erworbenen Pensionszeiten der Angeklagten erhalten wollte. Sowohl der (die) Angeklagte(n) als auch den (die) abgesondert(en) verfolgten Manfred F und Ing. Günther E wussten, dass durch diese Vorgangsweise Lohnsteuer verkürzt werde und Ing. Günther E als Geschäftsführer der E Ges.m.b.H. die ihn finanzrechtlich treffenden Verpflichtungen zur Führung von den § 76 des Einkommensteuergesetzes 1972 entsprechenden Lohnkonten verletzen werde. In der Folge unterstützte sie das strafbare Verhalten des Günther E zumindest psychisch auch dadurch, dass sie die Gehaltszahlungen, denen keinerlei Leistungen ihrer Person gegenüberstanden, entgegennahm.

Die getroffenen Feststellungen gründen sich im Wesentlichen auf die Aussage des Günther E, welcher lebensnah die Hintergründe dafür darlegte, dass ein dem Manfred F zustehender Gehaltsbestandteil als Gehalt der Angeklagten ausbezahlt wurde und Ernestine F tatsächlich keinerlei Leistungen für die E Ges.m.b.H. im Deliktszeitraum erbrachte. Die Aussage Günther E's wurde aber nicht nur durch seine Gattin Charlotte E (Band I, Seite 205) als auch den Zeugen Rudolf H, welcher glaubwürdig versicherte, er habe Ernestine F lediglich bei den Weihnachtsfeiern in der Firma und sonst nirgends gesehen (Band I, Seite 242), bestätigt. Auch die Buchhalterin Elfriede G, in deren Zuständigkeit die Lohnverrechnung der Firmen der E Firmengruppe fiel, deponierte klar und deutlich, dass von der Angeklagten keinerlei Arbeiten geleistet wurden (Band I, Seite 331). Der Zeuge Leopold W, der als Vorarbeiter bei der E Ges.m.b.H. beschäftigt war, erklärte hinsichtlich der Tätigkeiten der Angeklagten für die E Ges.m.b.H., dass diese keine Büroarbeiten verrichtete, sondern lediglich ihren Mann zu Baustellen chauffiert hat (Band I, Seite 239). Wie sich im Verfahren gegen Manfred F und seine Gattin gezeigt hat, haben einige, der bei E beschäftigten Angestellten, Partei für Manfred F ergriffen, wobei der Eindruck entstand, dass deren Aussagen nicht völlig unbeeinflusst, sondern teilweise abgesprochen waren. Möglicherweise resultierte dieses Bemühen, Manfred F in seinem Strafverfahren behilflich zu sein, darauf, dass wie es gerüchteweise hieß, Manfred F in einer von ihm gegründeten und geleiteten Firma die zwischenzeitig durch Konkurs der E Firmen arbeitslos gewordenen Bauarbeiter übernehmen wollte. In diesem Sinne ist auch die Aussage des Zeugen W zu verstehen. Besonders deutlich kann dieses Bemühen, der Familie F mit einer entsprechenden Aussage behilflich zu sein, bei der Einvernahme des Zeugen Franz R (Band I, Seite 24) zum Ausdruck, wenn dieser glaubhaft machen will, dass er sich an ein völlig alltägliches Gespräch, welches vor vier oder mehr Jahren vor seiner Vernehmung, zwischen Manfred F und dessen Gattin erinnern will, bei welchem Manfred F seine Frau angerufen und gesagt haben soll, dass sie einen Termin betreffend die Baustelle G vereinbaren soll. Aus welchem Grund sich der Zeuge an ein derartig alltägliches Gespräch nach so langer Zeit noch erinnern sollte, konnte dieser selbst nicht erklären. Ebenso wenig, wie er noch Aussagen zum Inhalt des angeblichen Gespräches machen konnte, weil er, wie er selbst sagte, sich daran nicht erinnern konnte. Nachdem der Zeuge auch über intensives Befragen zunächst erklärt hatte, dass über dieses angebliche Telefonat in letzter Zeit nicht gesprochen worden sei, gestand er letztlich zu, dass es sein könne, dass seine Erinnerung daran in letzter Zeit durch ein Gespräch aufgefrischt worden sei, wobei er einschränkte, dass dies jedenfalls nicht mit F gewesen sei. Nachdem sich der Zeuge durch die Befragung in die Enge getrieben sah, gestand er nunmehr ganz offensichtlich den Tatsachen entsprechend zu, dass er selbst die Angeklagte F weder auf einer seiner Baustellen gesehen, noch dass er bemerkt habe, dass sie den Angeklagten F zu Baustellen chauffiert habe, deponierte jedoch sofort, dass man sie des Öfteren im Büro gesehen habe, wobei er selbst sie vielleicht zwei- bis dreimal in zwei Jahren im Büro herumgehen gesehen habe, wobei er nicht wisse, was sie dort gemacht habe. Einer derart absurden Aussage kommt keinerlei Glaubwürdigkeit zu.

Ebenso wie dieser Zeuge, versuchte der Zeuge Erich S (Seite 249) offensichtlich ihm Vorgegebenes in der Verhandlung zu deponieren. So vermeinte er zunächst, er habe die Angeklagte auf Baustellen in Begleitung ihres Gatten gesehen und erklärt über weiteres Befragen, ob sie dort irgendwelche Agenden übergehabt hatte, dies nicht zu wissen, weil er 'auf Gemeinden nicht dabei war'. Über näheres Befragen, woher er wisse, dass die Angeklagte bei Besprechungen auf Gemeinden dabei war, entgegnete der Zeuge völlig aus der Fassung gebracht, dass er gesehen habe, wie die Angeklagte mit dem Auto auf die Baustelle gekommen und von dort mit ihrem Mann weitergefahren sei. Auf die nochmalige Frage, ob er daraus schließe, dass sie zu Gemeinden gefahren sei, gibt der Zeuge, dem offensichtlich zwischenzeitig selbst die Absurdität seiner Aussage klar geworden war, keine weitere Antwort mehr, um danach zuzugeben, dass es sich bei dem von ihm Gesagten lediglich um Annahmen seinerseits gehandelt habe. Auch der Zeuge K wollte zunächst in seiner Aussage glaubhaft machen, dass die Angeklagte auf Baustellen und auch in der Firma anwesend war, muss jedoch zugestehen, dass sie teilweise zu den Baustellen ihren Gatten begleitet habe und er, nachdem er selbst selten in der Firma gewesen sei, auch nicht sagen könne, welche Tätigkeiten sie dort verrichtet habe.

Auch der Zeuge Gerhard F (Seite 262) deponiert lediglich, dass er die Angeklagte mehrmals auf Baustellen als Chauffeurin gesehen habe.

Völlig absurd mutet auch zunächst die Aussage der Zeugin Eva J an (Seite 285, Band I), welche erklärte, dass sie die Angeklagte zwar nicht in den Büroräumlichkeiten gesehen habe, jedoch wisse, dass sie mit ihrem Gatten immer auf die Baustellen mitgefahren sei, wobei sie dieses Wissen damit erklärte, dass sie dies gehört habe, wenn sie Manfred F angerufen habe. Die Angeklagte sei automatisch mitgefahren, wenn Manfred F weiter weg auf eine Baustelle fuhr, damit dieser zwei bis drei Stunden habe arbeiten können. Dass diese Aussage keineswegs den Tatsachen entspricht, sondern lediglich ebenfalls von dem Bemühen der Zeugin getragen wurde, der Familie F mit ihrer Aussage behilflich zu sein, wurde erst verständlich, nachdem die Zeugin nach dezitierten Vorhalten, welchen sie zunächst mit Ausflüchten zu beantworten suchte, zugeben musste, die Lebensgefährtin des Sohnes F und die Mutter dessen Kindes zu sein. Im Hinblick darauf, dass auch Manfred F das gegenständliche Faktum angelastet wurde, ist es durchaus verständlich, dass er glaubhaft zu machen sucht, dass seine Gattin für das von ihr bezogene Gehalt zwar nicht im Büro aber zu Hause und unterwegs Gegenleistungen erbracht hat und kommt seiner diesbezüglichen Aussage keinerlei Glaubwürdigkeit zu, weil es sich um eine reine Schutzbehauptung handelt. Aber auch die Ausführungen der Angeklagten selbst hinsichtlich ihrer angeblichen Tätigkeit für die Firma E sind derart absurd, dass ihnen kein Glaube geschenkt werden konnte. So vermeinte sie, dass zum Beispiel ihre Tätigkeit darin bestanden habe, dass sie sich zu Vertretern, die ihren Mann zu Hause aufsuchen wollten, 'dazu gesetzt habe', weil sie diese ja nicht alleine warten habe können lassen, weil sie nicht so 'unfreundlich' sei. Im Hinblick darauf, dass ihr Gehalt in den letzten Jahren bereits S 22.000,-- bzw. S 39.000,-- netto betragen hatte, müsste der abgesondert verfolgte Ing. Günther E völlig verrückt gewesen sein, für eine derartige Tätigkeit sowie sonstige Hilfsleistungen wie das allfällige Chauffieren eines Angestellten bzw. Ausfüllen von Formularen eine derartigen Summe bezahlt zu haben. Auch wenn die Angeklagte, wie bereits ausgeführt, vermeint, dass ihre Tätigkeit im Ausarbeiten von Angeboten bestanden habe, kommt dem keinerlei Glaubwürdigkeit zu. Wie sich im Zuge der Vernehmung der Angeklagten herausstellte, verfügte sie keineswegs über die entsprechenden Fachkenntnisse, um eigenständig Anbote auszuarbeiten und musste sie auch selbst ihre diesbezügliche Aussage im Zuge näherer Befragung dahingehend einschränken, dass sie lediglich ihr vorgegebene Beträge in Anbote handschriftlich eingesetzt habe, weil sie auch mit der Bedienung eines Computers nicht vertraut war. Im Hinblick darauf, dass die Firma E gerichtsbekannterweise eine eigene Kalkulationsfirma beschäftigte, handelte es sich auch hiebei - wie bei ihren gesamten Ausführungen - um reine Schutzbehauptungen, mit welchen sie ihre Gehaltsbezüge rechtfertigen wollte."

Die belangte Behörde sei bei ihrer Beurteilung - unabhängig von diesen gerichtlichen Ausführungen - zur selben Wertung wie im gegenständlichen Gerichtsurteil gekommen. Umgelegt auf das gegenständliche sozialversicherungsrechtliche Verfahren bedeute dies, dass die für das Bestehen eines voll- und arbeitslosenversicherungspflichtigen Dienstverhältnisses erforderlichen Kriterien (persönliche und wirtschaftliche Abhängigkeit, persönliche Arbeitspflicht, Entgeltlichkeit etc.) in keiner Weise gegeben seien, sodass für den angemeldeten Zeitraum vom 1. Jänner 1989 bis 10. Mai 1998 keinerlei Sozialversicherungspflicht bestanden habe.

Zur Formalversicherung sei erwogen worden:

Die Beschwerdeführerin habe ab Beginn des angeblichen Dienstverhältnisses, also ab 1. Jänner 1989, keinerlei Arbeiten für die E. GmbH verrichtet. Sie habe ihr "Gehalt" ausschließlich für Leistungen, die ihr Ehemann für die E. GmbH erbracht habe, bezogen. Von grober oder gar leichter Fahrlässigkeit könne daher im Zusammenhang mit der Anmeldung des behaupteten versicherungspflichtigen Dienstverhältnisses keine Rede sein. Vielmehr liege eine absichtliche bzw. zumindest bewusste und mit Vorsatz erfolgte unrichtige Anmeldung vor. Auch im genannten Urteil des Landesgerichtes Korneuburg habe das Schöffengericht zu Recht erkannt, dass die Beschwerdeführerin u.a. dadurch, dass sie Lohnzahlungen als angeblich Beschäftigte der E. GmbH, denen ihrerseits keinerlei Leistungen gegenübergestanden seien, entgegengenommen und dadurch die Abgabenhinterziehung sowohl als Anstifterin als auch als Beitragstäterin begangen habe.

Gegen den Abspruch über die Formalversicherung gemäß § 21 ASVG richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht und die kostenpflichtige Aufhebung dieses Abspruches beantragt wird.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete ebenso wie die mitbeteiligte Partei eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt wird. Die Beschwerdeführerin erstattete zu den Gegenschriften eine Stellungnahme.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Zunächst ist festzuhalten, dass die Beschwerde zulässig ist. In Angelegenheiten der Formalversicherung steht nämlich die Berufung an den Bundesminister nicht zu, weil es sich dabei um keine Angelegenheit der Versicherungspflicht oder der Berechtigung zur Weiterversicherung oder Selbstversicherung handelt (vgl. zuletzt etwa das hg. Erkenntnis vom 20. Juni 2001, 95/08/0036).

Hat ein Versicherungsträger bei einer nicht der Pflichtversicherung nach diesem oder einem anderen Bundesgesetz unterliegenden Person auf Grund der bei ihm vorbehaltslos erstatteten, nicht vorsätzlich unrichtigen Anmeldung den Bestand der Pflichtversicherung als gegeben angesehen und für den vermeintlich Pflichtversicherten drei Monate ununterbrochen die Beiträge unbeanstandet angenommen, so besteht ab dem Zeitpunkt, für den erstmals die Beiträge entrichtet worden sind, eine Formalversicherung (§ 21 Abs. 1 ASVG).

Gemäß § 33 Abs. 1 ASVG haben die Dienstgeber jeden von ihnen beschäftigten, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung Pflichtversicherten bei Beginn der Pflichtversicherung unverzüglich beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden. Die An- sowie die Abmeldung des Dienstgebers wirkt auch für den Bereich der Unfall- und Pensionsversicherung, soweit der Beschäftigte in diesen Versicherungen pflichtversichert ist.

Die Beantwortung der Frage, ob eine unrichtige Anmeldung vorsätzlich im Sinne des § 21 Abs. 1 ASVG erstattet wurde, erfordert insbesondere Feststellungen über den Inhalt der Anmeldung, über die tatsächlichen, mit dem Inhalt der Anmeldung in Widerspruch stehenden Gegebenheiten und - sofern nicht schon der Widerspruch zwischen dem Meldungsinhalt und den tatsächlichen Gegebenheiten den Vorsatz in Bezug auf die Erstattung der unrichtigen Meldung klar erkennen lässt - über allfällige weitere Umstände, aus denen die vorsätzliche Erstattung einer unrichtigen Versicherungsanmeldung abgeleitet werden könnte, zumal ein allfälliger Rechtsirrtum den Vorsatz ausschließt und selbst die Unterlassung von Erkundigungen nicht zwingend auf Vorsatz schließen lässt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 5. November 2003, 2003/08/0103).

Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes machte die Beschwerdeführerin geltend, sie sei im Streitzeitraum der Lohnsteuerpflicht unterlegen und gelte daher gemäß § 4 Abs. 2 ASVG als Dienstnehmerin und unterliege damit der Pflichtversicherung.

Die Beschwerdeführerin ist darauf hinzuweisen, dass Gegenstand des Verfahrens der Abspruch über die Formalversicherung ist.

Die von der Beschwerdeführerin angeschnittene Frage der Versicherungspflicht ist für die Frage der Formalversicherung eine Vorfrage im Sinne des § 38 AVG (vgl. den Beschluss vom 20. Februar 1996, 94/08/0227). Die belangte Behörde hat diese Frage im Rahmen einer gleichzeitig ergangenen Hauptfragenentscheidung verneint. Daran war sie bei der Entscheidung über die Formalversicherung ungeachtet dessen gebunden, dass der Rechtszug betreffend die Entscheidung über die Pflichtversicherung an den Bundesminister geht (vgl. dazu aus der ständigen Rechtsprechung etwa das hg. Erkenntnis vom 5. März 1991, Slg. Nr. 13.399/A). Daher kann auf die Frage, ob die Pflichtversicherung zu Recht verneint wurde, derzeit nicht eingegangen werden. Sollte diese Frage im Berufungsverfahren gegenteilig entschieden werden, läge ein Fall für eine Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 69 Abs. 1 Z. 3 AVG vor. Zu beurteilen ist im Beschwerdefall nur, ob die belangte Behörde auf Grund ihrer Vorfragenlösung und der sonstigen Sachverhaltsfeststellungen die Formalversicherung zutreffend verneint hat. Gemäß § 21 Abs. 1 ASVG besteht dann, wenn ein Versicherungsträger bei einer nicht der Pflichtversicherung unterliegenden Person auf Grund der bei ihm vorbehaltslos erstatteten, nicht vorsätzlich unrichtigen Anmeldung den Bestand der Pflichtversicherung als gegeben angesehen und für den vermeintlichen Pflichtversicherten drei Monate ununterbrochen die Beiträge unbeanstandet angenommen hat, ab dem Zeitpunkt, für den erstmals die Beiträge entrichtet worden sind, eine Formalversicherung. Was unter einer "vorbehaltslos erstatteten" Anmeldung zu verstehen ist, sagt das Gesetz nicht. Krejci, Das Sozialversicherungsverhältnis, S. 352 f, meint, es könne nicht jeder Vorbehalt den Eintritt der Formalversicherung verhindern. Im Allgemeinen komme nämlich Vorbehalten, welche Versicherungspflichtige bzw. Meldepflichtige bezüglich des Inhaltes des Sozialversicherungsverhältnisses machten, keinerlei Bedeutung zu. Dennoch seien durchaus Vorbehalte denkbar, die im Zusammenhang mit dem Institut der Formalversicherung relevant sein könnten. Soweit der Anmeldende nämlich über den Bestand seiner Versicherungspflicht dermaßen unsicher sei, dass er seine Anmeldung für möglicherweise oder sogar wahrscheinlich gesetzwidrig halte, spreche die Zielsetzung der Formalversicherung nicht dagegen, die Anmeldung unter ausdrücklichem Hinweis auf diese Unsicherheit vorzubringen und mit dem Begehren zu verbinden, über das Vorliegen bzw. Nichtvorliegen eines Pflichtversicherungsverhältnisses bescheidmäßig zu befinden. In solchen Fällen werde der Sozialversicherungsträger nicht ohne Weiteres "auf Grund der ... Anmeldung den Bestand der Pflichtversicherung als gegeben" ansehen können, womit eine der Voraussetzungen für das Entstehen der Formalversicherung fehle und daher auch der Eintritt der Formalversicherung ausgeschlossen sei. Der Verwaltungsgerichtshof schloss sich dieser Auffassung ausdrücklich an (vgl. das hg. Erkenntnis vom 5. März 1982, 81/08/0127). Vorbehalte irgendwelcher Art im Zuge der Anmeldung der Beschwerdeführerin liegen im Beschwerdefall unbestrittenermaßen nicht vor. Die belangte Behörde geht aber davon aus, dass die Anmeldung der Beschwerdeführerin vorsätzlich unrichtig erstattet wurde. Dieser Umstand allein schlösse das Bestehen der Formalversicherung gemäß § 21 ASVG aus. Soweit die Beschwerdeführerin die Feststellungen der belangten Behörde in diesem Zusammenhang bekämpft, ist zunächst zu prüfen, ob die Tatbestandswirkung des gegen die Beschwerdeführerin ergangenen Strafurteiles eine andere Beurteilung ausschließt: Dieses Strafurteil entfaltet nämlich Bindungswirkung für den Rechtskreis des Verurteilten. Die Bindung erstreckt sich auf die den Schuldspruch notwendiger Weise begründenden Tatsachen. Vom Strafgericht festgestellte Tatsachen, die über den Straftatbestand hinausreichen, binden demgemäß nicht (vgl. dazu die Rechtsprechung des OGH in SZ 68/195). Der Verurteilung der Beschwerdeführerin wegen vorsätzlicher Abgabenhinterziehung als Beteiligter liegt zu Grunde, dass die Beschwerdeführerin ohne entsprechende Arbeitsleistung für Lohnteile gemeldet worden war bzw. Entgelte sogar entgegengenommen hat, die als Gegenleistung für Arbeitsleistungen ihres Ehemannes ausbezahlt worden sind. Es kann auf sich beruhen, ob die Formalversicherung - wie es der Wortlaut des § 21 ASVG auf den ersten Blick nahe zu legen scheint - auch dann zu Stande kommen könnte, wenn in einer Anmeldung offen gelegt würde, dass diese nur zum Schein erfolgt und die Gebietskrankenkasse dies übersehen hätte, oder ob dies überdies voraussetzt, dass zumindest eine Tätigkeit entfaltet wird, von der in zumindest vertretbarer Weise der Meinung vertreten werden konnte, dass sie der Versicherungspflicht unterliegt. Die Beschwerdeführerin behauptet an keiner Stelle der Beschwerde eine solche Offenlegung der tatsächlichen Verhältnisse gegenüber der Gebietskrankenkasse, sodass schon deshalb der belangten Behörde nicht entgegen zu treten ist, wenn sie ausgehend von einer nur zum Schein vorgenommenen Meldung eines Dienstverhältnisses das Vorliegen einer Formalversicherung verneint hat.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 18. Dezember 2003

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