VwGH 2000/03/0355

VwGH2000/03/035529.1.2003

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Gall und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Winter, 1. über den Antrag des I in Debrecen, Ungarn, vertreten durch Mag. Rudolf Lind, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Krugerstraße 17, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Erhebung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof (hg. Zl. 2001/03/0035) und 2. über die Beschwerde derselben Partei gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Burgenland vom 30. August 2002, Zl. K 038/02/2000.039/003, betreffend Übertretung des Güterbeförderungsgesetzes 1995 (hg. Zl. 2000/03/0355),

Normen

31994R3298 idF 31996R1524 ÖkopunktesystemV Lkw Transit Österreich Art1 Abs1 lita;
31994R3298 idF 31996R1524 ÖkopunktesystemV Lkw Transit Österreich Art12;
31994R3298 idF 31996R1524 ÖkopunktesystemV Lkw Transit Österreich Art13;
EURallg;
GütbefG 1995 §23 Abs1 Z8 idF 1998/I/017;
VStG §51e idF 1998/I/158;
31994R3298 idF 31996R1524 ÖkopunktesystemV Lkw Transit Österreich Art1 Abs1 lita;
31994R3298 idF 31996R1524 ÖkopunktesystemV Lkw Transit Österreich Art12;
31994R3298 idF 31996R1524 ÖkopunktesystemV Lkw Transit Österreich Art13;
EURallg;
GütbefG 1995 §23 Abs1 Z8 idF 1998/I/017;
VStG §51e idF 1998/I/158;

 

Spruch:

1. den Beschluss gefasst:

Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird zurückgewiesen.

2. zu Recht erkannt:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund ist schuldig, dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 908,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1. Zum Wiedereinsetzungsantrag:

Der angefochtene Bescheid wurde dem vormaligen (ungarischen) Vertreter des Beschwerdeführers am 8. September 2000 nachweislich zugestellt. Am 16. Oktober 2000 langte beim Verwaltungsgerichtshof eine Beschwerde mit einem Antrag auf Verfahrenshilfe, gefertigt durch den damaligen Rechtsvertreter des Beschwerdeführers, ein. Nach Verbesserung des Antrages auf Verfahrenshilfe wurde diese dem Beschwerdeführer mit Beschluss vom 27. November 2000 gewährt. Dieser Beschluss wurde dem Verfahrenshilfevertreter des Beschwerdeführers laut Zustellschein am 4. Jänner 2001 zugestellt, der Auftrag des Verwaltungsgerichtshofes, die Beschwerde in näher bezeichneten Punkten innerhalb einer Frist von zwei Wochen zu verbessern, jedoch erst am 16. Jänner 2001 abgefertigt und dem Verfahrenshelfer am 17. Jänner 2001 zugestellt. Datum der Postaufgabe der gegenständlichen Beschwerdeverbesserung ist der 31. Jänner 2001.

Die Bewilligung einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand setzt gemäß § 46 VwGG u.a. voraus, dass die antragstellende Partei im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof eine Frist versäumt hat. Wie oben dargestellt, wurde die gegenständliche Beschwerde rechtzeitig erhoben und es wurde auch sonst keine Frist versäumt. Es fehlt daher eine der Voraussetzungen zur Erhebung des Wiedereinsetzungsantrages, weshalb dieser zurückzuweisen war.

2. Zur Beschwerde:

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer für schuldig erkannt, er habe am 14. Oktober 1998 als Fahrer eines nach dem Kennzeichen bestimmten Lastkraftwagens mit einem Gesamtgewicht von mehr als 7,5 Tonnen eine ökopunktepflichtige Transitfahrt von Deutschland über Österreich mit der beabsichtigten Weiterfahrt zu einem in Ungarn gelegenen Zielort durchgeführt, wobei bei der Ausreisekontrolle am Grenzübergang Nickelsdorf um 08.50 Uhr von einem Aufsichtsorgan festgestellt worden sei, dass das Fahrzeug keinen Umweltdatenträger benutzt habe und vom Beschwerdeführer weder ein ordnungsgemäß ausgefülltes Einheitsformular noch eine österreichische Bestätigung der Entrichtung von Ökopunkten (Ökokarte) mitgeführt worden sei. Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 23 Abs. 1 Z. 8 Güterbeförderungsgesetz in der Fassung BGBl. I Nr. 17/1998 in Verbindung mit Art. 1 lit. a der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 der Kommission in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 1524/96 begangen, weshalb über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von S 20.000,--, im Uneinbringlichkeitsfalle eine Ersatzfreiheitsstrafe von drei Tagen verhängt wurde.

Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, bei seiner Anhaltung habe der Beschwerdeführer ein gebrauchtes Fahrzeug von Deutschland durch Österreich überstellt. Der Anhänger des vom Beschwerdeführer gelenkten Sattelkraftfahrzeuges sei nicht beladen gewesen. Bei der Grenzkontrolle durch ein Zollorgan habe der Beschwerdeführer kein vollständig ausgefülltes Formular oder eine österreichische Bestätigung für die Entrichtung der Ökopunkte (Ökokarte) für die betreffende Fahrt mitgeführt, ebenso wenig sei das Fahrzeug mit einem Umweltdatenträger (ecotag) ausgerüstet gewesen. Nach Zitat der maßgeblichen Regelungen führte die belangte Behörde weiter aus, die gegenständliche Fahrt habe dem Zweck der Überstellung eines gebrauchten Fahrzeuges vom Ort des Erwerbs in Deutschland über Österreich zum Bestimmungsort nach Ungarn gedient. Es sei weder ein fabrikneues Fahrzeug noch eine Beförderung vom Hersteller zum Bestimmungsort vorgelegen. Ob es eine Leerfahrt gewesen sei, sei deshalb unerheblich, weil die in Anhang C genannten Ausnahmeregelungen im Anlassfall keine Anwendung fänden. Die Fahrt sei mit einem in einem EU-Mitgliedstaat zugelassenen KFZ über 7,5 Tonnen Gesamtgewicht durchgeführt worden. Sohin liege eine ökopunktepflichtige Transitfahrt vor, auch wenn keine Güter befördert worden seien. Bei gegenständlichem Ungehorsamsdelikt sei Fahrlässigkeit als Schuldform anzunehmen, weil der Beschwerdeführer als Fahrer aus Anlass einer Transitfahrt durch Österreich verpflichtet gewesen wäre, sich über seine diesbezüglichen Pflichten als Verkehrsteilnehmer in Österreich, so auch insbesondere betreffend die Pflicht zur Entrichtung von Ökopunkten bei einer hiefür zuständigen Behörde zu erkundigen. Dies getan zu haben, bringe er nicht einmal vor. Offenbar habe er sich, wenn man seinen Angaben in seiner schriftlichen Rechtfertigung glaube, auf die Information einer ungarischen Zollbehörde verlassen, was jedoch nicht ausreichte.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag auf dessen kostenpflichtige Aufhebung.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und verzichtete auf die Erstattung einer Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 23 Abs. 1 Z. 8 des Güterbeförderungsgesetzes 1995 (GütbefG), BGBl. Nr. 593/1995 in der Fassung BGBl. I Nr. 17/1998, begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe bis zu S 100.000,-- zu ahnden ist, wer unmittelbar anwendbare Vorschriften der Europäischen Union über den Güterverkehr auf der Straße verletzt, sofern dies nicht nach anderen Vorschriften zu bestrafen ist.

Gemäß § 23 Abs. 2 zweiter Satz GütbefG 1995, BGBl. Nr. 593/1995 in der Fassung BGBl. I Nr. 17/1998, hat bei Verwaltungsübertretungen gemäß "Abs. 1 Z. 3 und Z. 7 bis 9" die Geldstrafe mindestens S 20.000,-- zu betragen.

Gemäß Art. 1 des dem EU-Beitrittsakt beigefügten Protokolles über den Straßen- und Schienenverkehr sowie den kombinierten Verkehr in Österreich (BGBl. Nr. 45/1995) gilt als Transitverkehr durch Österreich jeder Verkehr durch österreichisches Hoheitsgebiet, bei dem der Ausgangs- und Zielpunkt außerhalb Österreichs liegen (lit. c), als Straßengütertransitverkehr durch Österreich jeder Transitverkehr, der mit Lastkraftwagen durchgeführt wird, unbeschadet ob diese Lastkraftwagen beladen oder unbeladen sind (lit. e).

Gemäß Art. 1 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 der Kommission in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 1524/96 der Kommission hat der Fahrer eines Lastkraftwagens im Hoheitsgebiet Österreichs

"die nachstehenden aufgeführten Unterlagen mitzuführen und diese auf Verlangen der Aufsichtsbehörden zur Prüfung vorzulegen, entweder:

a) ein ordnungsgemäß ausgefülltes Einheitsformular oder eine österreichische Bestätigung der Entrichtung von Ökopunkten für die betreffende Fahrt; ein Muster dieser als 'Ökokarte" bezeichneten Bestätigung ist im Anhang A enthalten; oder

b) ein im Kraftfahrzeug eingebautes elektronisches Gerät, dass eine automatische Entwertung der Ökopunkte ermöglicht und als 'Umweltdatenträger' ('eco-Tag') bezeichnet wird; oder

c) die in Art. 13 aufgeführten geeigneten Unterlagen zum Nachweis dafür, dass es sich um eine Fahrt gemäß Anhang C handelt, für die keine Ökopunkte benötigt werden; oder

d) geeignete Unterlagen, aus denen hervorgeht, dass es sich nicht um eine Transitfahrt handelt und, wenn das Fahrzeug mit einem Umweltdatenträger ausgestattet ist, dass dieser für diesen Zweck eingestellt ist. ..."

Gemäß Art. 12 der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 der Kommission müssen für eine Transitfahrt keine Ökopunkte entrichtet werden, wenn der alleinige Zweck der Fahrt die Auslieferung eines fabrikneuen Fahrzeugs bzw. einer fabrikneuen Fahrzeugkombination vom Hersteller zu einem Bestimmungsort in einem anderen Staat ist, auf der Fahrt keine Güter befördert werden und für das Fahrzeug oder die Fahrzeugkombination die erforderlichen internationalen Zulassungspapiere und Ausfuhrkennzeichen vorhanden sind.

Gemäß Art. 13 der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 der Kommission müssen für eine Transitfahrt keine Ökopunkte entrichtet werden, wenn es sich um eine Leerfahrt im Zusammenhang mit einer Beförderung gemäß Anhang C handelt, für die keine Ökopunkte benötigt werden, und geeignete Nachweisunterlagen mitgeführt werden. Solche geeigneten Nachweisunterlagen sind:

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