Normen
FrG 1997 §34 Abs1 Z1;
FrG 1997 §34 Abs1 Z2;
FrG 1997 §35 Abs2;
FrG 1997 §35;
FrG 1997 §38 Abs1 Z2;
FrG 1997 §34 Abs1 Z1;
FrG 1997 §34 Abs1 Z2;
FrG 1997 §35 Abs2;
FrG 1997 §35;
FrG 1997 §38 Abs1 Z2;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 8. Februar 2002 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen Staatsangehörigen von Indien, gemäß § 36 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 9 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von fünf Jahren erlassen.
Der Beschwerdeführer sei nach der Aktenlage erstmals im Februar 1991 (mit einem Sichtvermerk) in das Bundesgebiet eingereist. Er sei von der Bundespolizeidirektion Wien wegen eines illegalen Aufenthaltes im Zeitraum vom 9. März bis zum 3. November 1991 nach den Bestimmung des Fremdengesetzes bestraft worden. Nach der Erteilung von Sichtvermerken und weiterer (zuletzt mit 4. September 1999) befristeter Aufenthaltstitel habe der Beschwerdeführer am 25. August 1999 einen Verlängerungsantrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung zum Zweck "Familiengemeinschaft mit Österreicher" gestellt, denn er habe am 24. November 1997 die am 9. Juli 1947 geborene österreichische Staatsbürgerin Johanna L. geheiratet. Auf Grund dieses Antrags habe der Beschwerdeführer am 14. September 1999 von der Bundespolizeidirektion Wien einen unbefristeten Aufenthaltstitel erhalten.
Die Ehe des Beschwerdeführers sei mit Urteil des Bezirksgerichtes Josefstadt vom 13. März 2001 (rechtskräftig seit 10. Mai 2001) gemäß § 23 Ehegesetz für nichtig erklärt worden. Aus der Urteilsbegründung ergebe sich, dass die Aufnahme einer ehelichen Lebensgemeinschaft, und zwar einer Geschlechtsgemeinschaft, Wirtschafts- und Lebensgemeinschaft, zwischen den beiden Personen nie beabsichtigt gewesen und auch nie erfolgt sei. Die Ehe sei ausschließlich deswegen geschlossen worden, um dem Beschwerdeführer problemlos eine Arbeits- und Aufenthaltsbewilligung und damit eine Anwartschaft auf den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft zu verschaffen. Nach den Feststellungen des Gerichtes sei die spätere Ehegattin des Beschwerdeführers, Frau L., von einer Bekannten namens Ingrid G. in die Wohnung eines ihr bekannten Ehepaares mit den Vornamen Carmen und Otti mitgenommen worden. Dort habe Frau L. den Beschwerdeführer kennen gelernt. Die Vermittlerin namens Carmen habe daraufhin Frau L. das Angebot gemacht, den Beschwerdeführer um einen Betrag in Höhe von S 30.000,-- (nunmehr EUR 2.180,19) zu heiraten. Da der Beschwerdeführer gehofft habe, durch die Heirat mit einer Österreicherin eine Arbeitsbewilligung in Österreich zu bekommen, habe er eingewilligt, Frau L. für den Preis von S 30.000,-- zu ehelichen. Der Beschwerdeführer habe in einer am 17. Jänner 2001 durchgeführten Verhandlung ausgesagt, dass niemals beabsichtigt gewesen sei, die eheliche Gemeinschaft mit Frau L. aufzunehmen.
Der Beschwerdeführer habe sich für die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung und eines Befreiungsscheines auf eine Ehe berufen, aber mit der Ehegattin ein gemeinsames Familienleben nie geführt und für die Eheschließung einen Vermögensvorteil geleistet. Daher sei der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z 9 FrG erfüllt. Dem Vorbringen des Beschwerdeführers in der Berufung, er habe für die Eheschließung keinen Geldbetrag bezahlt und zu Beginn der Eheschließung sehr wohl eine Ehe geführt, stelle eine bloße Schutzbehauptung dar. Es sei entbehrlich, die (frühere) Ehegattin des Beschwerdeführers neuerlich über ihr Familienleben zu befragen.
Das beschriebene Fehlverhalten des Beschwerdeführers liege auch noch keinesfalls so lange zurück, dass wegen des seither verstrichenen Zeitraumes die im § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme nicht mehr gerechtfertigt wäre. Sohin lägen - vorbehaltlich der Bestimmungen der §§ 37 und 38 leg. cit. - (auch) die Voraussetzungen des § 36 (Abs. 1) leg. cit. vor.
Der Beschwerdeführer sei nunmehr ledig und für niemanden sorgepflichtig. Andere familiäre Bindungen seien dem Akteninhalt nicht zu entnehmen und würden auch nicht behauptet. Auf Grund des langjährigen inländischen Aufenthaltes des Beschwerdeführers und im Hinblick darauf, dass er im Zeitraum von 1991 bis 1998 einer Beschäftigung nachgegangen sei, sei von einem mit dem Aufenthaltsverbot verbundenen Eingriff in dessen Privatleben auszugehen. Dieser Eingriff sei aber zur Verteidigung eines geordneten Fremdenwesens, somit zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele, dringend geboten.
Bei der nach § 37 Abs. 2 FrG vorzunehmenden Interessenabwägung sei auf die sich aus der Dauer des Aufenthaltes und aus der Beschäftigung des Beschwerdeführers ableitbare Integration Bedacht zu nehmen. Das Gewicht dieser Integration werde durch das rechtsmissbräuchliche Verhalten des Beschwerdeführers jedoch wesentlich vermindert. Den - solcherart - geschmälerten persönlichen Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib im Bundesgebiet stehe das hoch zu veranschlagende öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens gegenüber. Die Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers wögen nicht schwerer als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von seiner Erlassung.
Der Maßnahme stünden auch nicht die aufenthaltsverfestigenden Bestimmungen des Fremdengesetzes entgegen, zumal der Beschwerdeführer im Zeitpunkt des Eingehens der Scheinehe noch keine acht Jahre im Sinn § 35 Abs. 2 FrG ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen gewesen sei. Vor diesem Hintergrund und mangels Vorliegens besonderer berücksichtigungswürdiger Umstände habe auch nicht im Rahmen des Ermessens von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes Abstand genommen werden können. Ein Wegfall des für das Aufenthaltsverbot maßgeblichen Grundes könne nicht vor Verstreichen des für die Gültigkeit des Aufenthaltsverbotes festgesetzten Zeitraumes erwartet werden.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Gemäß § 36 Abs. 1 FrG kann gegen einen Fremden ein Aufenthaltsverbot erlassen werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen eine der in den Z 1 und 2 umschriebenen Annahmen gerechtfertigt ist.
Gemäß § 36 Abs. 2 Z 9 leg. cit. hat als bestimmte Tatsache im Sinn des Abs. 1 zu gelten, wenn ein Fremder eine Ehe geschlossen, sich für die Erteilung eines Aufenthaltstitels oder eines Befreiungsscheines auf die Ehe berufen, aber mit dem Ehegatten ein gemeinsames Familienleben im Sinn des Art. 8 EMRK nie geführt und für die Eheschließung einen Vermögensvorteil geleistet hat.
2.1. Die Beschwerde bestreitet nicht die im angefochtenen Bescheid getroffenen und auf das rechtskräftige Urteil des Bezirksgerichtes Josefstadt vom 13. März 2001 (als Beweismittel) gestützten Feststellungen im Zusammenhang mit seiner für nichtig erklärten Ehe. Ebenso unbestritten lässt der Beschwerdeführer den Umstand, dass er sich in seinem Antrag auf Erteilung einer weiteren Niederlassungsbewilligung vom 25. August 1999 auf die am 24. November 1997 geschlossene Ehe berufen habe. Die Auffassung der belangten Behörde, das Verhalten des Beschwerdeführers sei als bestimmte Tatsache im Sinn des § 36 Abs. 2 Z 9 FrG zu werten, begegnet daher keinen Bedenken.
2.2. Angesichts des hohen Stellenwertes, welcher der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) zukommt (vgl. aus der hg. Rechtsprechung etwa das Erkenntnis vom 14. November 2000, Zl. 2000/18/0178, mwH), kann es nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn die Behörde vorliegend die Annahme gemäß § 36 Abs. 1 FrG für gerechtfertigt erachtete. Aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers, er habe sich stets rechtstreu verhalten und das rechtsmissbräuchliche Eingehen der Ehe sei während eines mehr als zehnjährigen Aufenthaltes im Bundesgebiet sein einziges Fehlverhalten gewesen, ist kein Wegfall, aber auch keine maßgebliche Minderung der mit einem weiteren Verbleib des Beschwerdeführers in Österreich verbundenen Gefahr im Sinn der zuletzt genannten Bestimmung ableitbar. Dass der Beschwerdeführer im Zeitpunkt des Eingehens der Ehe (24. November 1997) noch im Besitz seines vom 1. September 1993 bis zum 4. September 1999 gültigen Aufenthaltstitels gewesen sei, ändert nichts daran, dass er sich zum Zweck der Verlängerung des ihm zuletzt erteilten Aufenthaltstitels rechtsmissbräuchlich auf die von ihm geschlossene Ehe berufen hat.
2.3. Soweit der Beschwerdeführer vorbringt, seit dem Zeitpunkt der Eheschließung bis zur Erlassung des angefochtenen Bescheides seien mehr als vier Jahre vergangen, in denen er sich wohl verhalten und dadurch die ungünstige Zukunftsprognose der belangten Behörde widerlegt habe, ist ihm zu entgegnen, dass der Verwaltungsgerichtshof in einer Reihe von Erkenntnissen klar gestellt hat, dass nur eine zumindest fünf Jahre zurückliegende rechtsmissbräuchliche Eheschließung die Annahme, der weitere Aufenthalt des Fremden gefährde die öffentliche Ordnung, nicht mehr rechtfertige (vgl. etwa das Erkenntnis vom 17. Februar 2000, Zl. 99/18/0252). Seit dem Eingehen der Ehe des Beschwerdeführers bis zur angefochtenen Entscheidung sind jedoch lediglich vier Jahre und drei Monate vergangen. Es sind auch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass ausnahmsweise schon vor Ablauf des genannten Zeitraums keine Gefährdung mehr anzunehmen wäre.
3. Gemäß § 38 Abs. 1 Z 2 FrG darf ein Aufenthaltsverbot nicht erlassen werden, wenn eine Ausweisung gemäß § 34 Abs. 1 Z 1 oder 2 FrG wegen des maßgeblichen Sachverhaltes unzulässig wäre. Die dabei zu berücksichtigende Möglichkeit einer Aufenthaltsverfestigung im Sinn des § 35 FrG steht damit auch einem Aufenthaltsverbot entgegen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. Februar 2002, Zl. 99/18/0128). Gemäß § 35 Abs. 2 FrG dürfen Fremde, die vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet auf Dauer niedergelassen waren, nur mehr ausgewiesen (bzw. mit einem Aufenthaltsverbot belegt) werden, wenn sie von einem inländischen Gericht wegen Begehung einer strafbaren Handlung rechtskräftig verurteilt wurden und ihr weiterer Aufenthalt die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherung gefährden würde. Der Beschwerdeführer hält sich seit Februar 1991 im Bundesgebiet auf, der Aufenthalt vom 9. März 1991 bis zum 3. November 1991 war jedoch nicht rechtmäßig. Der in § 35 Abs. 2 genannte Zeitpunkt "vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes" ist bereits ab dem tatsächlichen Eintritt des ersten der in ihrer Gesamtheit maßgeblichen Umstände, sohin im vorliegenden Fall ab dem Eingehen der Ehe am 24. November 1997 zu berechnen. Zwischen dem 3. November 1991 und diesem Zeitpunkt liegen lediglich sechs Jahre. Daher kann der Beschwerdeführer eine Aufenthaltsverfestigung für sich nicht in Anspruch nehmen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 14. November 2000, Zl. 98/18/0166, und vom 14. Februar 2002, Zl. 99/18/0128).
4. Im Übrigen bestreitet die Beschwerde nicht die im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen, dass der Beschwerdeführer ledig und für niemanden sorgepflichtig sei und auch sonst über keine familiären Bindungen verfüge. Bei der Interessenabwägung gemäß § 37 Abs. 1 und Abs. 2 FrG hat die belangte Behörde dem Beschwerdeführer die Dauer des inländischen Aufenthaltes sowie seine Beschäftigung im Zeitraum von 1991 bis 1998 zugute gehalten und deswegen einen mit dem Aufenthaltsverbot verbundenen Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers angenommen. Sie hat aber ebenso zutreffend erkannt, dass den dargestellten privaten Interessen des Beschwerdeführers die Gefährdung des zumindest gleich zu gewichtenden maßgeblichen öffentlichen Interesses an der Wahrung eines geordneten Fremdenwesens (Art. 8 Abs. 2 EMRK) gegenüber steht. Gegen die Ansicht der belangten Behörde, dass das Aufenthaltsverbot dringend geboten sei (§ 37 Abs. 1 FrG) und die Auswirkungen dieser Maßnahme auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers nicht schwerer wögen als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung (§ 37 Abs. 2 leg. cit.), bestehen demnach keine Bedenken.
Der Vorwurf des Beschwerdeführers, die belangte Behörde habe "die intensiven privaten Bindungen des Beschwerdeführers im Bundesgebiet" nicht berücksichtigt, trifft wie die vorstehenden Ausführungen zeigen, nicht zu. Die Beschwerde führt auch keine (sonstigen) Umstände an, die die privaten Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib im Bundesgebiet verstärken könnten. Zum Vorwurf, die belangte Behörde hätte dem Beschwerdeführer Parteiengehör zu den in der Berufungsentscheidung herangezogenen Ergebnissen des Ehenichtigkeitsverfahrens gewähren müssen, genügt der Hinweis, dass der Beschwerdeführer das Ergebnis des Ehenichtigkeitsverfahrens nicht bestritten hat. Weitere Ermittlungen darüber, "seit wann der Beschwerdeführer tatsächlich im Bundesgebiet aufhältig ist", sind entbehrlich, weil sich am Ergebnis der dargestellten Interessenabwägung nichts ändern würde. Soweit der Beschwerdeführer mit diesem Vorbringen eine Aufenthaltsverfestigung anspricht, wird auf die Ausführungen oben 3. verwiesen.
4. Da somit bereits der Beschwerdeinhalt erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 24. Mai 2002
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)