VwGH 2002/14/0030

VwGH2002/14/003022.10.2002

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Zorn, Dr. Robl und Dr. Büsser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. iur. Mag. (FH) Schärf, über die Beschwerde der S Aktiengesellschaft in L, vertreten durch Dorda, Brugger & Jordis Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Dr. Karl Lueger - Ring 12, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich (Berufungssenat I) vom 28. Dezember 2001, GZ. RV 1024/1-6/2001, betreffend Körperschaftsteuer 1997 bis 1999, zu Recht erkannt:

Normen

EStG 1972 §4 Abs4 Z4;
EStG 1988 §20 Abs2;
EStG 1988 §4 Abs4 Z4;
EStG 1988 §4 Abs7;
EStG 1988 §6 Z10;
EStG 1988 §8 Abs2;
KStG §12 Abs2;
EStG 1972 §4 Abs4 Z4;
EStG 1988 §20 Abs2;
EStG 1988 §4 Abs4 Z4;
EStG 1988 §4 Abs7;
EStG 1988 §6 Z10;
EStG 1988 §8 Abs2;
KStG §12 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 332 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die beschwerdeführende Aktiengesellschaft hat in den Streitjahren jeweils Forschungsfreibeträge gemäß § 4 Abs. 4 Z. 4 EStG 1988 geltend gemacht.

Im Gefolge einer abgabenbehördlichen Prüfung ergingen geänderte Körperschaftsteuerbescheide der Jahre 1997 bis 1999, gegen die die Beschwerdeführerin Berufung erhob und beantragte (teilweise in Abweichung von den eingereichten Steuererklärungen), die Bemessungsgrundlagen für den Forschungsfreibetrag für das Wirtschaftsjahr 1996/1997 um 1,287.000,-- S, das Wirtschaftsjahr 1997/1998 um 2,792.111,18 S und das Wirtschaftsjahr 1998/1999 um 5,175.797,95 S zu erhöhen. Begründend wies die Beschwerdeführerin darauf hin, bei den genannten Beträgen handle es sich um Förderungsbeiträge des Forschungsförderungsfonds der Gewerblichen Wirtschaft sowie um EU-Förderungen, welche - wie im vorgelegten Rechtsgutachten eingehend dargestellt werde - nicht aus der Bemessungsgrundlage zur Bildung des Forschungsfreibetrages auszuscheiden seien. In dem erwähnten Rechtsgutachten wird zusammenfassend ausgeführt:

"1. § 4 Abs. 4 Z. 4 EStG ist eine Vorschrift, die ausgehend vom allgemeinen Begriff der Aufwendungen, den besonderen Begriff der Forschungsaufwendungen einengend umschreibt und damit eine in sich geschlossene rechtliche Größe als Grundlage für die Berechnung des Forschungsfreibetrages bildet, ohne dass insoweit § 20 Abs. 2 EStG 1988 (§ 12 Abs. 2 KStG) einschränkend einzuwirken vermöchte. Dies sei abgesehen davon gesagt, dass Aufwendungen, die von dieser Bestimmung angesprochen sein können, die also in einem 'unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang' mit nicht steuerpflichtigen Einnahmen stehen, von vornherein nur Aufwendungen sein können, die der Erlangung, Sicherung und Erhaltung nicht steuerpflichtiger Einnahmen dienen, nicht auch Aufwendungen, die ihren Finanzierungsgrund in nicht steuerpflichtigen Einnahmen gefunden haben und in der Verwendung dieser Mittel bestehen.

Rechtens kann es forschungsbezogen zu einer Überschneidung des Aufwendungstatbestandes des § 4 Abs. 4 Z. 4 EStG mit § 20 Abs. 2 EStG gar nicht kommen. Die gesetzliche Definition der Forschungsaufwendungen des § 4 Abs. 4 Z. 4 erster Satz, zweiter Halbsatz, erfasst Aufwendungen, die der Forschung und Entwicklung dienen, dies ohne Rücksicht auf das Herkommen der Finanzmittel, § 20 Abs. 2 hingegen spricht Aufwendungen an, die mit den nicht steuerpflichtigen Einnahmen in unmittelbarem (wirtschaftlichem) Zusammenhang stehen. Aufwendungen sohin, die in der gedanklichen Vorstufe der Erlangung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen anfallen. Nicht auch Ausgaben, die in der Verwendung der angefallenen nicht steuerpflichtig zugeflossenen Mitteln bestehen. Es kann schon deswegen eine Kürzung der Berechnungsgrundlage für den Forschungsfreibetrag um steuerfreie Forschungszuwendungen (Subventionen) nicht in Betracht kommen.

2. Gemäß § 4 Abs. 4 Z. 4 EStG bemisst sich der Forschungsfreibetrag nach den 'Forschungsaufwendungen'. Forschungsaufwendungen sind Aufwendungen zur Entwicklung oder Verbesserung volkswirtschaftlich wertvoller Erfindungen, ausgenommen Verwaltungs- und Vertriebskosten sowie bestimmte Anlagenaufwendungen. Die forschungsbezogenen Aufwendungen, die von den Folgen ausgeschlossen sein sollen, die mit der Legalumschreibung 'Forschungsaufwendungen' erfasst sind, sind erschöpfend aufgezählt. Der Ausnahmekatalog hat die der Forschung zugeführten Mittel, die forschungsbedingten betrieblichen Aufwendungen also, die mit Hilfe nicht steuerpflichtiger Einnahmen finanziert werden, nicht aufgenommen. Diese Aufwendungen können sohin aus der Grundlage für die Berechnung des Forschungsfreibetrages ohne Rechtsverstoß nicht ausgeschieden werden.

3. Aus Gründen der Geschlossenheit des Legalbegriffes 'Forschungsaufwendungen' vermag auch § 20 Abs. 2 EStG eine Erweiterung der Ausnahmen von diesem Terminus um die nicht steuerpflichtig bezogenen Forschungsförderungen (um die steuerfrei subventionierten Forschungsaufwendungen) nicht zu bewirken. Dies abgesehen davon, dass § 20 Abs. 2 EStG ohnedies und nur auf Ausgaben abstellt, die mit der Gewinnung und Sicherung der (steuerfreien) Einnahmen in einem unmittelbaren Zusammenhang stehen, nicht aber auch auf die Ausgaben, die in der Verwendung steuerfrei gewonnener Mittel gelegen sind.

4. Ein Interpretationsleitgedanke, Begünstigungsbestimmungen seien dahingehend zu verstehen, dass bei tatbestandsmäßiger Anwendbarkeit zweier oder mehrerer Begünstigungen auf ein und denselben objektiv begünstigten Sachverhalt eine (gesetzlich nicht ausdrücklich ausgeschlossene) Kumulation der in Betracht kommenden Begünstigungen ausgeschlossen sei, und sohin bei der Rechtsanwendung zu verhindern sei, ist dem einschlägigen positiven Recht nicht abzugewinnen."

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung in diesem Punkt ab. Begründend führte sie aus, gemäß § 20 Abs. 2 EStG 1988 (§ 12 Abs. 2 KStG 1988) dürften bei der Ermittlung der Einkünfte Aufwendungen und Ausgaben, soweit sie mit nicht steuerpflichtigen Einnahmen in unmittelbarem wirtschaftlichem Zusammenhang stünden, nicht abgezogen werden. Nach § 3 Abs. 1 Z. 3 EStG 1988 seien Bezüge oder Beihilfen aus öffentlichen Mitteln, aus Mitteln einer öffentlichen Stiftung oder aus Mitteln einer in § 4 Abs. 4 Z. 5 EStG 1988 genannten Institution zur unmittelbaren Förderung von Wissenschaft und Forschung von der Einkommensteuer befreit. Aus diesem Grunde dürften Forschungsaufwendungen im Zusammenhang mit steuerfreien Subventionen bei der Ermittlung der Einkünfte nicht abgezogen werden und würden diese Forschungsaufwendungen in der Folge auch keine Bemessungsgrundlage für den Forschungsfreibetrag darstellen. Für diese Auslegung spreche zudem die "Stellung" und Beschreibung der Bemessungsgrundlage für den Forschungsfreibetrag. Diese wiesen darauf hin, dass zuerst nach allgemeinen Regeln jene Betriebsausgaben festzustellen seien, die sowohl dem allgemeinen Betriebsausgabenbegriff des § 4 Abs. 4 EStG 1988 als auch der speziellen Umschreibung der Bemessungsgrundlage für den Forschungsfreibetrag iSd § 4 Abs. 4 Z 4 leg. cit. entsprechen würden. Im Rahmen dieser Prüfung sei zuerst festzustellen, ob § 20 Abs. 2 EStG 1988 Anwendung finde. Soweit bei dieser Feststellung der Betriebsausgaben solche Aufwendungen mit steuerfreien Subventionen in Verbindung stünden, seien diese aus den Betriebsausgaben auszuscheiden und könnten in der Folge auch nicht als Bemessungsgrundlage für den Forschungsfreibetrag dienen. Eine Auslegung im Sinne des Berufungsbegehrens würde zur Folge haben, dass jemand, der keine Aufwendungen aus eigenem zu tragen hätte, durch die zusätzliche Gewährung des Forschungsfreibetrages zu einer zusätzlichen (doppelten) Förderung gelange. Vom Sinn und Zweck der Bestimmung (Prämie für volkswirtschaftlich nützliche Tätigkeit, Verdienstprinzip) sei aber davon auszugehen, dass der Gesetzgeber nur solche Abgabepflichtige habe fördern wollen, die Aufwendungen iSd § 4 Abs. 4 Z. 4 EStG 1988 aus eigenem tatsächlich zu tragen hätten.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen erhobene Beschwerde erwogen:

Die Beschwerde räumt zunächst ein, dass sich die von der belangten Behörde vertretene Rechtsansicht auf einschlägige Fachliteratur (u.a. Quantschnigg/Schuch, Einkommensteuer-Handbuch, § 20 Tz. 40f, Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer, § 20 Tz. 11, Kotschnigg, ÖStZ 1995, 432ff) stützen kann. Diese bisher vertretene Rechtsansicht beruhe allerdings "mehr auf allgemeinen Erwägungen denn auf einer fundierten Untersuchung". Eine solche sei erstmals in dem von der Beschwerdeführerin vorgelegten Rechtsgutachten erfolgt. Danach nehme § 4 Abs. 4 Z. 4 EStG 1988 eine taxative Aufzählung der Ausnahmen vom Grundtatbestand der Abzugsfähigkeit von Aufwendungen vor, in dem bestimmt werde, dass "Verwaltungs- oder Vertriebskosten sowie Aufwendungen für Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens nicht als Forschungsaufwendungen gelten". "Aufwendungen, die durch Subventionen abgedeckt" würden, fänden sich nicht unter den nichtabzugsfähigen Aufwendungen, weshalb es auch unerheblich sei, dass derartige Aufwendungen nicht als Betriebsausgaben abzugsfähig seien. Freibetragsbegünstigte Forschungsaufwendungen seien sohin alle forschungsbezogenen betrieblichen Aufwendungen, soweit sie nicht durch die Legaldefinition des Begriffes der "Forschungsaufwendungen" in § 4 Abs. 4 Z. 4 EStG 1988 vom Abzug ausgeschlossen seien.

§ 4 Abs. 4 Z. 4 EStG 1988 lautet:

"... Betriebsausgaben sind jedenfalls:

...

4. Ein Forschungsfreibetrag für Aufwendungen zur Entwicklung oder Verbesserung volkswirtschaftlich wertvoller Erfindungen, ausgenommen Verwaltungs- oder Vertriebskosten sowie Aufwendungen für Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens (Forschungsaufwendungen). Der volkswirtschaftliche Wert der angestrebten oder abgeschlossenen Erfindung ist durch eine Bescheinigung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten nachzuweisen. Die Bescheinigung ist nicht erforderlich, wenn die Erfindung bereits patentrechtlich geschützt ist.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte